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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 17.04.2003
Aktenzeichen: 13 U 225/02
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 3
Ein Sonderpostenmarkt, der Fahrräder mit einer Abbildung in fahrbereitem Zustand zu 'Abholpreisen' bewirbt und die Fahrräder in dem Geschäft in Kartons verpackt mit in Fahrtrichtung gedrehten Lenkern und nach innen gerichteten Pedalen zum Verkauf bereit hält, handelt nicht irreführend in Sinn des § 3 UWG.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

13 U 225/02

Verkündet am 17. April 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 8. April 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und den Richter am Oberlandesgericht ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 21. November 2002 geändert. Die einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 6. September 2002 wird aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Der Verfügungskläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Gründe:

I.

Der Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) ist der Verein für lauteren Wettbewerb e.V. in #######. Die Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) betreibt einen Sonderpostenmarkt. Am 15. August 2002 bewarb sie in einer Zeitungsbeilage ein Fahrrad mit einer Abbildung, die das Fahrrad komplett montiert zeigt. In dem Geschäft der Beklagten standen die Fahrräder in Kartons verpackt zum Verkauf bereit. Die Lenker waren zur Fahrtrichtung gedreht und die Pedale nach innen gerichtet.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Werbung der Beklagten sei irreführend im Sinn des § 3 UWG. Der Verkehr gehe davon aus, dass die Fahrräder so wie in der Werbung abgebildet verkauft würden, also fahrbereit.

Das Landgericht hat auf Antrag des Klägers der Beklagten bei Meidung der üblichen Ordnungsmittel untersagt, in Zeitungsanzeigen oder sonstigen Mitteilungen, die sich an einen größeren Personenkreis richten, für den Verkauf von Fahrrädern unter Abbildung derselben in fahrbereitem Zustand zu werben, sofern bei den angebotenen Fahrrädern die Pedale nicht montiert sind und der Lenker nicht justiert ist, ohne dass auf diesen Umstand in der Webung zugleich deutlich hingewiesen wird oder dem kaufinteressierten Kunden bei Wahrnehmung des Angebots die Montage der Pedale unaufgefordert angeboten wird. Es hat ausgeführt, die beanstandete Werbung sei irreführend. Sie erwecke den Eindruck, die Fahrräder stünden endmontiert bereit oder würden bei einer Besichtigung unaufgefordert endmontiert. Dies sei im Geschäft der Beklagten nicht der Fall, wie die Beweisaufnahme ergeben habe.

Die Beklagte verfolgt mit der Berufung ihren erstinstanzlichen Antrag weiter.

II.

Die Berufung ist begründet.

1. Die grundsätzlich von Amts wegen zu prüfende Frage, ob der Kläger ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen im Sinn des

§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist, kann offen bleiben, weil die Klage in der Sache unbegründet ist (vgl. Baumbach/Hefermehl, 22. Aufl., § 13 UWG Rdn. 32).

2. Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung zu Unrecht erlassen. Der geltend gemachte Verfügungsanspruch aus § 3 UWG steht dem Kläger nicht zu.

Für die Beurteilung der beanstandeten Werbung als irreführend kommt es gemäß § 3 UWG darauf an, welchen Inhalt das Publikum der Werbung entnimmt und ob dieser Eindruck mit der Wirklichkeit übereinstimmt.

Das Landgericht hat angenommen, die Werbung erwecke den Eindruck, die beworbenen Fahrräder stünden bei der Beklagten endmontiert bereit oder würden zumindest bei einer Besichtigung unaufgefordert durch die Beklagte endmontiert. Gegen diese Beurteilung wendet die Beklagte sich mit Erfolg.

Dem durchschnittlich informierten Verbraucher ist bekannt, dass Sonderpostenmärkte Waren verschiedenster Art anbieten, die sie aufgrund besonderer Umstände - Insolvenzen, Schadensfälle u.s.w. - günstig einkaufen und weit unter den üblichen Marktpreisen verkaufen. Ein mit dem Fachhandel vergleichbarer Kundenservice ist bei Sonderpostenmärkten wegen des ständig wechselnden Warensortiments und ihrer Ausrichtung auf den schnellen Umsatz von Waren zu außergewöhnlich niedrigen Preisen nicht zu erwarten. Deshalb wird ein verständiger Verkehrsteilnehmer auch dann, wenn ein Sonderpostenmarkt Fahrräder mit einer Abbildung in fahrbereitem Zustand zum 'Abholpreis' bewirbt, nicht die feste Erwartung haben, dass die Fahrräder vollständig montiert mitgenommen werden können. Er wird vielmehr damit rechnen, dass Fachpersonal für eine korrekte, individuelle Justierung von Sattel, Lenker und Pedalen nicht vorhanden ist, dass also solche kleineren Montagearbeiten gegebenenfalls vom Käufer selbst vorgenommen werden müssen. Erst recht hat ein verständiger Verbraucher keinen Anlass für die Annahme, dass diese Montageleistungen bei dem Fahrradkauf im Sonderpostenmarkt stets unaufgefordert angeboten werden. Dem steht bereits entgegen, dass manche Kunden von sich aus auf das Verkaufspersonal zugehen und fragen werden, ob das Fahrrad auch fertig montiert zu kaufen ist, so dass für ein unaufgefordertes Angebot keine Gelegenheit besteht. Andere Kunden werden auf ein solches Angebot von vornherein keinen Wert legen, weil sie das Fahrrad wegen eines besseren Schutzes beim Transport, oder weil sie vom Sonderpostenmarkt keine fachkundige Montage erwarten, in der Verpackung mitnehmen wollen.

Der Kläger verweist auf das Urteil des OLG Hamburg vom 18.6.1998 - 3 U 56/98, in dem ausgeführt wird, es entspreche bei Baumärkten ebenso wie im Fachhandel den üblichen Gepflogenheiten, dass der Kunde ein beworbenes Fahrrad in fahrbereitem Zustand übergeben bekomme, ohne dass es einer besonderen Initiative des Kunden bedürfe. Ob dem gefolgt werden kann, braucht nicht entschieden zu werden. Der Streitfall liegt anders, weil ein verständiger Verkehrsteilnehmer bei einem Sonderpostenmarkt noch weniger als bei einem Baumarkt erwartet, dass fachkundiges Personal zur Verfügung steht, das die Montageleistungen am Fahrrad ausführen kann.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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