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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 27.08.2008
Aktenzeichen: 13 Verg 2/08
Rechtsgebiete: GWB, ZPO


Vorschriften:

GWB § 119
ZPO § 269 Abs. 3 Satz 2
Eine Beteiligung des Beigeladenen am Beschwerdeverfahren vor dem Vergabesenat ist nicht gegeben, wenn er lediglich in der mündlichen Verhandlung anwesend ist, ohne sich durch die Einreichung von Schriftsätzen, die Stellung von Anträgen oder die Abgabe von sonstigen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung in irgendeiner Weise einzubringen.

Ist aber infolgedessen keine - einem Beitritt eines Streithelfers vergleichbare - Unterstützungshandlung erkennbar und daher nicht feststellbar, welches (Rechtsschutz)Ziel ein Beigeladener in der Sache verfolgt, kommt seine kostenrechtliche Beteiligung im Nachprüfungsverfahren, sei es in Form einer zu ihren Gunsten ausgesprochenen Kostenerstattung, sei es durch eine ihm auferlegte Kostenhaftung nach §§ 91, 100 Abs.1 ZPO, nicht in Betracht. Allein auf bloße Informationsverschaffung gerichtete Tätigkeiten, wie Akteneinsichtnahme oder die sich auf die Rolle eines Zuhörers beschränkende Teilnahme an der mündlichen Verhandlung, genügen dafür nicht.


13 Verg 2/08

Beschluss

In dem Vergabenachprüfungsverfahren

hat der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. K., den Richter am Oberlandesgericht B. und die Richterin am Oberlandesgericht R. am 27. August 2008

beschlossen:

Tenor:

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens, einschließlich der den Antragsgegner und der Beigeladenen zu 1 entstandenen Kosten, sowie die vor der Vergabekammer entstandenen Kosten zu tragen.

Die Beigeladene zu 2 trägt ihre im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten selbst.

Die ihnen vor der Vergabekammer entstandenen Auslagen tragen die Beteiligten jeweils selbst.

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 15. Mai 2008 hat die Vergabekammer beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Regierungsvertretung Lüneburg - auf Antrag der Antragstellerin festgestellt, dass sie in ihren Rechten verletzt ist und die Antragsgegner verpflichtet, das Vergabeverfahren aufzuheben. Dagegen haben die Antragsgegner sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht Celle eingelegt. Nach der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat am 15. Juli 2008 hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 25. Juli 2008 mit Zustimmung der Auftraggeber ihren Nachprüfungsantrag zurückgenommen.

II.

Nach der Rücknahme des Nachprüfungsantrags war über die Kosten des Nachprüfungsverfahrens zu entscheiden. Hierbei ist zwischen den Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde und denjenigen des Verfahrens vor der Vergabekammer zu differenzieren.

1. Die Antragstellerin hat in entsprechender Anwendung von § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten der Auftraggeber und der Beigeladenen zu 1 zu tragen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind auf das vergaberechtliche Beschwerdeverfahren als streitiges Verfahren vor einem ordentlichen Gericht die Kostenvorschriften der ZPO analog anzuwenden (BGHZ 146, 202, 216. 158, 43, 59. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2005 - X ZB 15/05, NZBau 2006, 392 f.. zitiert nach Juris Tz 5). Dies gilt auch für die Kosten Beigeladener (BGHZ 158, 43, 59. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2005 a. a. O.).

a) Im Beschwerdeverfahren hat die Beigeladene zu 1 als Beteiligte ihre durch § 119 GWB begründete Stellung am Beschwerdeverfahren auch genutzt, indem sie beim Beschwerdegericht Schriftsätze eingereicht, sich argumentativ in die mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Senat eingebracht und sich damit am Beschwerdeverfahren beteiligt hat. Da sich die Beigeladene zu 1 gemäß § 120 Abs. 2 GWB vor dem Beschwerdegericht durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen musste, gehören dessen Gebühren zu den zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren notwendigen Kosten, ohne dass es hierzu eines besonderen Ausspruches bedarf (BGHZ 158 a. a. O.. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2005 a. a. O.).

b) Dagegen waren die der Beigeladenen zu 2 entstandenen Kosten nicht zu erstatten. Ein Beigeladener ist kostenrechtlich nur dann wie ein Antragsteller oder Antragsgegner zu behandeln, wenn er die durch die Beiladung begründete Stellung im Verfahren auch nutzt, indem er sich an dem Verfahren beteiligt (BGHZ 169, 131, 152 f.). Das hat die Beigeladene zu 2 im Gegensatz zu der Beigeladenen zu 1 nicht getan, da sie lediglich in der mündlichen Verhandlung vor dem Vergabesenat anwesend war, ohne sich bis zu der von der Antragstellerin erklärten Antragsrücknahme durch die Einreichung von Schriftsätzen, die Stellung von Anträgen oder die Abgabe von sonstigen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung in irgendeiner Weise am Beschwerdeverfahren zu beteiligen. Ist aber - wie hier - mangels inhaltlicher Beteiligung in dem Beschwerdeverfahren vor dem Vergabesenat keine - einem Beitritt eines Streithelfers vergleichbare - Unterstützungshandlung erkennbar und daher nicht feststellbar, welches (Rechtsschutz)Ziel ein Beigeladener in der Sache verfolgt, kommt seine kostenrechtliche Beteiligung im Nachprüfungsverfahren, sei es in Form einer zu ihren Gunsten ausgesprochenen Kostenerstattung, sei es durch eine ihm auferlegte Kostenhaftung nach §§ 91, 100 Abs.1 ZPO, nicht in Betracht. Allein auf bloße Informationsverschaffung gerichtete Tätigkeiten, wie Akteneinsichtnahme oder die sich auf die Rolle eines Zuhörers beschränkende Teilnahme an der mündlichen Verhandlung, genügen dafür nicht.

2. Die Antragstellerin hat die für die Tätigkeit der Vergabekammer anfallenden Kosten (Gebühren und Auslagen) gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG zu tragen. Hingegen findet eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Auftraggeber oder der Beigeladenen zu 1 im Verfahren vor der Vergabekammer nicht statt (BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 2005 - X ZB 22/05, VergR 2006, 73 ff., zitiert nach Juris Tz 11 und X ZB 15/05 NZBau 2006, 392 f.. zitiert nach Juris Tz 8). Weder § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB noch § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB sehen eine Erstattung von Auslagen vor, die die Auftraggeber oder die Beigeladenen im Verfahren vor der Vergabekammer gehabt haben, weil dieses Verfahren nicht durch eine ihnen günstige Entscheidung der Vergabekammer über den Nachprüfungsantrag, sondern durch dessen Rücknahme und Einstellung des Nachprüfungsverfahrens geendet hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH a. a. O.) kommt in einem solchen Fall auch nicht die entsprechende Anwendung von § 155 Abs. 2 VwGO oder § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO in Betracht, da es wegen § 128 Abs. 3 Satz 2 und 3 GWB, durch die eine Regelung über die Höhe der in diesen Fällen zu entrichtenden Gebühr nach § 128 Abs. 2 GWB getroffen wurde, insoweit an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Diese kann auch nicht darin gesehen werden, dass für das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer anders als für das verwaltungsgerichtliche oder das zivilgerichtliche Streitverfahren eine Kostenerstattung auch im Fall der Antragsrücknahme nicht vorgesehen ist (BGH a. a. O.).

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