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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 27.06.2008
Aktenzeichen: 14 U 3/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 321 a
ZPO § 522
Nach Zurückweisung der Berufung gem. § 522 ZPO ist eine Anhörungsrüge unzulässig, wenn sich das Berufungsgericht bereits im Beschlussverfahren mit dem als übergangen gerügten Vortrag des Berufungsführers auseinandergesetzt hat und es im Übrigen an einer neuen und eigenständigen Gehörsverletzung durch das Berufungsgericht fehlt.
14 U 3/08

Beschluss

In dem Rechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht K., die Richterin am Oberlandesgericht A. und den Richter am Oberlandesgericht Dr. W. am 27. Juni 2008 beschlossen:

Tenor:

Die Anhörungsrüge der Beklagten gegen den Senatsbeschluss vom 27. Mai 2008 wird verworfen.

Die Kosten des Rügeverfahrens haben die Beklagten zu tragen.

Gründe:

I.

Die Beklagten rügen die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Das Landgericht sei in seinem Urteil zu einem unzutreffenden Ergebnis gelangt, das der Senat übernommen habe, weshalb die Berufung zu Unrecht gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen worden sei. Die im Senatsbeschluss vom 27. Mai 2008 und auch in dem vorangehenden Ankündigungsbeschluss vom 25. April 2008 dargelegte Auffassung, es bedürfe keiner weiteren Beweiserhebung, sei unzutreffend. Vielmehr käme es auf die Beweisantritte der Beklagten an, über die nicht hätte hinweggegangen werden dürfen.

II.

1. Die Anhörungsrüge ist in gesetzlicher Form und Frist gem. § 321 a Abs. 4 ZPO erhoben worden, jedoch gem. § 321 a Abs. 1 S. 1 ZPO unzulässig. Denn es mangelt an einer neuen und eigenständigen Gehörsverletzung im Beschlussverfahren gemäß § 522 ZPO durch den Senat (vgl. entsprechend für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren BGH, Beschluss vom 20. November 2007 - VI ZR 38/07 , NJW 2008, 923, Rdnrn. 4 f.. Beschluss vom 19. Mai 2008 - VII ZR 159/07 , Rdnr. 3. BVerfG, Beschluss vom 30. April 2003 - 1 BBvO 1 / 02, BVerfGE 107, 395 = NJW 2003, 1924, Rdnr. 20).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (a. a. O., Rdnrn. 18 f.) verlangt das Rechtsstaatsprinzip die einmalige Möglichkeit gerichtlicher Kontrolle gegen jede neue und eigenständige Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch eine gerichtliche Entscheidung. Diese Kontrolle wird zunächst durch das gegen die betroffene Entscheidung zulässige Rechtsmittel - hier die Berufung - gewährt. Darüber hinaus ist der zusätzliche Rechtsbehelf der Anhörungsrüge nur erforderlich, wenn sich die Anhörungsrüge gegen eine neue und eigenständige Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Rechtsmittelgericht selbst richtet. Anderenfalls ist die Anhörungsrüge als Rechtsbehelf nicht geboten und infolgedessen unzulässig, weil die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bereits im Rechtsmittelverfahren zu rügen und ggf. zu bescheiden ist.

Die Beklagten beanstanden, dass das Landgericht wie auch der Senat es unterlassen haben, Beweis zu erheben durch Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens. Die Behauptung, der Kläger hätte den Beklagten zu 1 von seiner Position aus nicht sehen können, sei bereits in der Klageerwiderung erhoben und unter Beweis gestellt worden.

Diesen Vortrag hat der Senat nicht übergangen. Er hat im Hinweisbeschluss vom 25. April 2008 im Einzelnen ausgeführt, warum das Verfahren und die Entscheidung des Landgerichts nicht zu bestanden sind. Den Beklagten ist darauf Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt worden, die sie wahrgenommen haben. Der Senat hat sich im Beschluss vom 27. Mai 2008 auch mit dem weiteren Beklagtenvortrag aus dem Schriftsatz vom 21. Mai 2008 ausführlich auseinandergesetzt. Der Umstand, dass er dabei die Rechtsauffassung der Beklagten (weiterhin) nicht geteilt hat und auch deren Ansicht zur Beweiswürdigung nicht gefolgt ist, begründet für sich genommen keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Denn der Senat ist nicht über den Vortrag der Beklagten hinweggegangen, sondern lediglich aufgrund einer - aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründeten - Rechtsauffassung zu dem Ergebnis gelangt, dass es auf eine weitere Beweiserhebung nicht ankommt. Art. 103 Abs. 1 GG begründet demgegenüber kein Recht auf die unbedingte Durchführung einer Beweisaufnahme. Das Gericht bleibt ungehindert, das Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt zu lassen (BVerfG, Beschluss vom 8. April 2004 - 2 BvR 743/03 , NJWRR 2004, 1150, insbes. Rdnr. 11). Der Senat hat demgemäß die Ausführungen der Beklagten zur Kenntnis genommen, geprüft und abschließend gewürdigt und somit das rechtliche Gehör gewährt.

Die Nichtberücksichtigung eines als erheblich angesehenen Beweisangebots verstößt allerdings dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfG a. a. O.). Davon kann hier jedoch keine Rede sein. Denn wie vom Senat im Einzelnen in den beiden Beschlüssen vom 25. April und 27. Mai 2008 dargelegt, war eine weitere Beweiserhebung gerade nicht erforderlich: Das Landgericht hat zum Unfallverlauf bereits zwei Sachverständige angehört und ist nach ausführlicher Würdigung dahin gekommen, dass der Unfallverlauf letztlich unaufklärbar ist. Die demgegenüber gewünschte andere Beweiswürdigung der Beklagten ist vom Prozessrecht her nicht nur nicht geboten, sondern aus dem Verlauf des Verfahrens und auf der Grundlage der vom Senat dargelegten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu rechtfertigen. Dass der Senat die rechtliche Lage abweichend von den Beklagten beurteilt, stellt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dar. Ihr Vortrag, mit dem sie die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch den Senat rügen, wurde bereits im Beschlussverfahren gem. § 522 ZPO umfassend gewürdigt. Er kann danach nicht Gegenstand einer erneuten Überprüfung durch den Senat sein (vgl. entspr. BGH, Beschluss v. 20. November 2007 - VI ZR 38/07 - a. a. O., Rdnr. 6, Beschluss vom 19. Mai 2008 - VII ZR 159/07 , Rdnr. 3).

2. Kosten des Rügeverfahrens werden nicht erstattet. Im Übrigen haben die Beklagten die Gebühr gem. Nr. 1700 KV-GKG zu tragen.

Ende der Entscheidung

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