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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 14.10.2004
Aktenzeichen: 14 U 42/04
Rechtsgebiete: StVG, StVO


Vorschriften:

StVG § 7
StVG § 17
StVO § 9 Abs. 5
Kommt es zu einem Zusammenstoß, weil der Linksabbieger entgegen § 9 Abs. 5 StVO das Vorrecht des entgegenkommenden Verkehrs nicht beachtet, hat er seinen Schaden allein zu tragen.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

14 U 42/04

Verkündet am 14. Oktober 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 28. September 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und die Richter am Oberlandesgericht ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 5. Februar 2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Verden wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert der Beschwer und Streitwert für das Berufungsverfahren: 5.170,35 EUR.

Gründe:

(abgekürzt gemäß §§ 540, 313 a Abs. 1 ZPO)

Die Berufung des Klägers erweist sich als unbegründet.

Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht die auf Zahlung von Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall vom 23. Mai 2003 in S. gerichtete Klage abgewiesen.

Zwar vermag der Senat der Begründung des Einzelrichters nicht in allen Punkten zu folgen. So ist insbesondere nicht ersichtlich, in welcher Form sich die vom Landgericht als Verkehrsverstoß angesehene Rückwärtsfahrt des Klägers vor dem Abbiegen als Verkehrsverstoß auf den Unfall ausgewirkt haben soll: Kollidiert sind die Fahrzeuge erst und ausschließlich wegen des danach erfolgten Abbiegemanövers, nicht etwa während oder wegen der Rückwärtsfahrt. Es ist nicht einmal anzunehmen, dass die Beklagte zu 1 dieses vorangegangene Fahrmanöver überhaupt wahrgenommen hat (sie behauptet dies ja auch gar nicht), weil sie erst kurz vor der Kollision auf diejenige Straße eingebogen ist, auf welcher sich der Unfall ereignet hat.

Darüber hinaus erscheint es dem Senat auch zweifelhaft, ob, wie das Landgericht meint, die Betriebsgefahr des Fahrzeuges der Beklagten zu 1 ebenso wie ein etwaiges Mitverschulden derselben auch dann zurückzutreten hätte, wenn das Fahrzeug des Klägers im Bereich der Einfahrt zu stehen gekommen wäre und dort "einige Sekunden gestanden" hätte (S. 9 des angefochtenen Urteils, Bl. 76 d. A.). In einem solchen Falle (ein derart gestreckter zeitlicher Geschehensablauf ergibt sich allerdings aus der protokollierten Aussage des vom Landgericht vernommenen Zeugen C. nicht) dürfte eher davon auszugehen sein, dass die Beklagte zu 1 dann genug Zeit gehabt hätte, auf das sich einige Sekunden lang unverändert darbietende Hindernis des Fahrzeugs des Klägers angemessen zu reagieren.

Nach der vom Senat ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme, hier Einholung eines Sachverständigengutachtens (für welches entgegen der Auffassung des Landgerichts sehr wohl ausreichende Anknüpfungstatsachen vorgelegen haben, hier in Form der fotografisch dokumentierten Unfallbeschädigungen der Fahrzeuge), ist jedoch zur Überzeugung des Senats von einem Unfallhergang auszugehen, nach dem die Schlussfolgerung des Landgerichts (Zurücktreten der Betriebsgefahr und sogar eines etwaigen, hier aber nicht anzunehmenden geringen Mitverschuldens der Beklagten zu 1) im Ergebnis gerechtfertigt ist: Danach nämlich stand das die Fahrspur der Beklagten zu 1 querende Fahrzeug des Klägers nicht etwa bereits (schon gar nicht seit einigen Sekunden), sondern befand sich zum Zeitpunkt der Kollision noch in Bewegung. Dies hat der Sachverständige Dipl.-Ing. M. - auch gegen die Angriffe des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - überzeugend und nachvollziehbar mit dem Beschädigungsbild der unfallbeteiligten Fahrzeuge zu erklären vermocht. Weil das Fahrzeug des Klägers im Bereich des rechten Hinterrades von der Vorderfront des Fahrzeugs der Beklagten zu 1 erfasst worden ist, ist es durch die Kollision in eine Drehbewegung versetzt worden. Diese hätte zur Folge gehabt, dass es zu einer zweiten Kollision mit dem weiter fahrenden Fahrzeug der Beklagten zu 1 hätte kommen müssen (Sekundärkollision), wenn sich der Kläger nicht selber aufgrund seiner eigenen Fahrtbewegung vom Fahrzeug der Beklagten zu 1 wegbewegt hätte. Angesichts dessen kann das Fahrzeug des Klägers die Fahrspur der Beklagten zu 1 erst unmittelbar vor der Kollision gequert haben, so dass diese allenfalls bei einer sofortigen Vollbremsung die Kollision noch hätte verhindern können. Dabei ist der Sachverständige von den (ebenfalls natürlich aus den Unfallbeschädigungen herleitbaren) Fahrtgeschwindigkeiten der beiden Fahrzeuge ausgegangen. Angesichts dessen, dass der Kläger sein Fahrzeug zwecks Überqueren der Gegenfahrbahn erst in Bewegung gesetzt hat, nachdem die Beklagte zwei Sekunden zuvor in die L.straße eingebogen war (sie mithin einen ausreichenden Zeitraum als Gegenverkehr sichtbar gewesen ist), trifft ihn das weit überwiegende Verschulden in Form einer gravierenden Vorfahrtsverletzung.

Hinsichtlich der Beklagten zu 1 vermag der Senat hingegen kein Mitverschulden anzunehmen, da eine etwaige leicht verspätete Reaktion ersichtlich schreckbedingt und damit nicht vorwerfbar wäre. Anhaltspunkte dafür, dass - wie der Kläger behauptet - die Beklagte zu weit rechts gefahren ist und seinem Fahrzeug nach links hätte ausweichen können, sind nicht ersichtlich. Zum einen ist mit dem Sachverständigen M. angesichts der Überdeckung der kollisionsbedingten Beschädigungen davon auszugehen, dass das Fahrzeug des Klägers immerhin noch so weit auf der Fahrbahn gewesen sein muss, dass die Beklagte zu 1 mit ihrem Pkw in nahezu voller Breite dagegen stoßen konnte. Dass sich diese Kollision, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angenommen hat, dann eben teilweise im Bereich der Gosse oder sogar des Bürgersteiges ereignet haben müsse, ist weder anzunehmen, noch von ihm nachzuweisen. Zum anderen ist ohnehin davon auszugehen, dass eine Ausweichbewegung der Beklagten zu 1 nach rechts, also von der Gefahr weg (der Kläger querte ihre Fahrspur ja von links) als natürliche Reaktion verständlich und nicht vorwerfbar wäre.

Bei einem derartigen Unfallhergang (Kollision eines gemäß § 9 Abs. 5 StVO zu besonderer Vorsicht verpflichteten Linksabbiegers mit geradeausfahrendem Gegenverkehr) ist jedenfalls die vom Landgericht angenommene alleinige Haftung des Klägers anzunehmen (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl. 2003, Rn. 55 zu § 9 StVO mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Die Kostenentscheidung folgt § 97 Abs. 1 ZPO, die zu der vorläufigen Vollstreckbarkeit §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Den Wert der Beschwer hat der Senat mit Blick auf § 26 Nr. 8 EGZPO festgesetzt, Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 ZPO.

Ende der Entscheidung

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