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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 05.12.2002
Aktenzeichen: 14 U 46/02
Rechtsgebiete: StVG


Vorschriften:

StVG § 7
StVG § 17
1. Zur Abwägung der Verursachungsbeiträge eines Linksabbiegers zu einem zumindest bei 'dunkelgelb' in die Kreuzung einfahrenden Kfz.

2. Die Vorlage von Restwertangeboten erst im Prozess ist nicht geeignet, von der Feststellung eines vom Geschädigten eingeholten Sachverständigengutachtens abzuweichen.


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

14 U 46/02

Verkündet am 5. Dezember 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und die Richterin am Landgericht ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 29. Januar 2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Verden wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert der Beschwer und Streitwert für das Berufungsverfahren: 2.805,12 €.

Tatbestand entfällt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a. F.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung erweist sich als unbegründet.

Das Landgericht hat aus zutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 543 Abs. 1, 2. HS ZPO a. F.) die Beklagten verurteilt, dem Kläger die Hälfte des ihm infolge eines Verkehrsunfalles vom 28. November 2000 auf der Bundesstraße 209 in ####### entstandenen Schadens zu ersetzen. Lediglich ergänzend und im Hinblick auf die Berufungsangriffe der Beklagten weist der Senat auf Folgendes hin:

Der Verkehrsverstoß des Klägers, der angesichts der für seine Fahrtrichtung auf Gelb umgesprungenen Ampel nicht angehalten hat, sondern - unter Beschleunigung - die ampelgesicherte Kreuzungsanlage überfahren hat, überwiegt in seiner Gewichtung den der Beklagten zu 1, die als entgegen kommender Verkehr vor dem Kläger nach links abbiegen wollte, nicht. Ihr ist nämlich vorzuwerfen, dass sie ihre Wartepflicht gegenüber dem Kläger verletzt hat, indem sie ihr Fahrzeug trotz des entgegen kommenden Klägers kurz in Bewegung setzte, auch wenn sie es angesichts des herannahenden Klägers wieder zum Stehen brachte. Nach dem Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere der Aussage des unbeteiligten Zeugen #######, der hinter dem Kläger herfuhr, hat die Beklagte zu 1 ihr Fahrzeug so angehalten, dass es zumindest ein Stück weit in die Gegenfahrbahn hineinragte. Dies stellt eine Vorfahrtsverletzung dar, auch wenn der Kläger auf seiner Fahrspur noch genügend Platz gehabt hätte, um rechts an dem wieder zum Stehen gekommenen Fahrzeug der Beklagten vorbei zu fahren. Der Kläger konnte, als er die Beklagte zunächst anfahren sah, schwerlich wissen, dass diese ihr Fahrzeug sofort wieder anhalten werde und ihm genug Platz lassen werde, ggf. nach rechts auszuweichen, weshalb die von ihm eingeleitete Vollbremsung unter Beibehaltung seiner Fahrtrichtung eine durchaus nahe liegende Reaktion gewesen ist. Auch die Tatsache, dass der Kläger trotz Umspringens der Ampel auf Gelblicht sein Fahrzeug nicht angehalten hat, sondern noch beschleunigt hat, um die Ampelkreuzung noch zu überqueren, ist nicht geeignet, das eigene Verschulden der Beklagten zu 1 hinter dem des Klägers zurücktreten zu lassen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger infolge seiner Beschleunigung schneller als zulässig gefahren sei, sind nicht ersichtlich. Aus der Aussage des Zeugen ####### ist vielmehr zu entnehmen, dass die Annäherung an die (außerhalb geschlossener Ortschaft liegende) Ampelkreuzung wegen einer Kurve nur mit 50 km/h möglich ist, sodass eine anschließende Beschleunigung durchaus zulässig ist. Dass der Kläger überhaupt in die Kreuzung noch eingefahren ist und sie möglicherweise erst erreicht hat, als die Ampel gerade auf Rot sprang, ist ihm zwar im Wege eines Mitverschuldens vorzuwerfen (und vom Landgericht auch vorgeworfen worden), dieses überwiegt jedoch nicht das Verschulden der Beklagten zu 1.

Soweit die Beklagten hinsichtlich der Schadenshöhe einwenden, die Abrechnung des Klägers auf Wertbasis sei der Höhe nach deswegen unzutreffend, weil der vom Gutachter kalkulierte Restwert von 2.500 DM nicht im Einklang mit zwei von ihr vorgelegten Restwertangeboten (über 5.500 bzw. 4.400 DM) stehe, ist dies unbeachtlich. Der Kläger hat seinen Fahrzeugschaden zwar (zunächst) auf Wertbasis abgerechnet, er hat das Fahrzeug jedoch nicht veräußert und durch ein anderes ersetzt, sondern (was ihm freisteht) notdürftig reparieren lassen. Auf ein Restwertangebot (welches ohnehin erst im Prozess vorgelegt worden ist) konnte und musste er sich mithin nicht einlassen.

Die von den Beklagten vorgelegten Restwertangebote sind auch nicht geeignet, die Wertfeststellungen des Schadensgutachtens des Sachverständigen ####### vom 7. Dezember 2000 (Bl. 107 ff.), welches die Beklagte zu 2 selber in Auftrag gegeben hat, in Zweifel zu ziehen. Der Sachverständige hat das marktgängige Fahrzeug des Klägers, einen Audi 80 TDI, hinsichtlich des Restwertes mit 2.500 DM geschätzt. Dass diese Schätzung nicht dem üblichen und mit Hilfe entsprechender Listen in Erfahrung zu bringenden Marktwert entspreche, weil es spezialisierte Restaufkäufer gibt, die im Einzelfall höhere Beträge zu zahlen bereit sind, ist nicht anzunehmen. Die Wertschätzung des Sachverständigen kann regelmäßig nur von gemittelten Beträgen ausgehen, deren Richtigkeit nicht dadurch in Zweifel gezogen wird, dass es - bei entsprechendem Verhandlungsgeschick - durchaus möglich sein kann, für ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug weniger zu zahlen oder für das verunfallte Fahrzeug mehr zu erzielen.

Ein Feststellungsinteresse des Klägers hinsichtlich der Ersetzung möglicher weiterer, über den zuerkannten Betrag hinaus gehender überschießender Reparaturkosten ist vom Landgericht aus zutreffenden Erwägungen bejaht worden. Soweit die Formulierung des Feststellungsausspruches sich nicht auf diese speziellen Kosten beschränkt, haben die Beklagten dies mit ihrer Berufung nicht angegriffen.

Die Kostenentscheidung folgt § 97 Abs. 1 ZPO. Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO; 26 Nr. 8 EGZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 ZPO n. F.

Ende der Entscheidung

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