Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 28.11.2002
Aktenzeichen: 14 U 78/02
Rechtsgebiete: StVG, BGB


Vorschriften:

StVG § 7
BGB § 823
Zur Annahme eines gestellten Unfalls.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

14 U 78/02

Verkündet am 28. November 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 5. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### sowie die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 30. Januar 2002 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird auf seine Kosten zurück gewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert der Beschwer: 15.737,10 EUR.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a. F. abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung erweist sich als unbegründet.

Das Landgericht hat die auf Zahlung von Schadensersatz wegen eines angeblichen Verkehrsunfalles vom 2. Dezember 2000 gerichtete Klage aus zutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen, denen der Senat in vollem Umfang beitritt und auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist, abgewiesen.

Lediglich ergänzend und im Hinblick auf die Berufungsangriffe sei Folgendes angemerkt:

Aus der Gesamtschau der Indizien und Besonderheiten des vom Kläger behaupteten Unfallereignisses gewinnt auch der Senat die Überzeugung, dass es sich nicht um einen Unfall, das heißt ein ungewolltes Schadensereignis gehandelt hat, sondern dass der Kläger in die Beschädigung seines Fahrzeuges eingewilligt hat. Hierfür spricht eine Vielzahl von Indizien, die - einzeln für sich betrachtet - noch einer jeweiligen (wenn auch nicht in allen Fällen ohne Weiteres nachvollziehbaren) Erklärung zugeführt werden können, deren auffällige Häufung aber überzeugend dafür spricht, dass der Verkehrsunfall zumindest gestellt gewesen ist.

So handelt es sich bei dem beschädigten Fahrzeug des Klägers um eines, das in mehr als auffälligem Missverhältnis zu seinen Einkünften (der Kläger hat mehrfach die eidesstattliche Versicherung abgelegt) steht. Einen amerikanischen Geländewagen mit Vier-Liter-Motor kann sich der Kläger bei Licht betrachtet nicht leisten und auch nicht unterhalten. Auch wenn der Kläger, wie er unter Beweisantritt behauptet, das Geld für die Anschaffung dieses Fahrzeuges von seiner Mutter geschenkt bekommen haben sollte, ist nicht ersichtlich, wovon er angesichts seiner Vermögensverhältnisse allein den laufenden Betrieb (Benzinverbrauch, Versicherung und Steuern) für dieses Fahrzeug bestreiten wollte. Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar, warum der Kläger, der dem wiederholten Zugriff von Vollstreckungsgläubigern ausgesetzt gewesen ist, sich einen solchen, der Vollstreckung ausgesetzten Wertgegenstand zugelegt haben sollte, außer um mit dessen Hilfe sich die Einkommensquelle eines gestellten Verkehrsunfalles zu erschließen. Dazu passt auch, dass der Kläger auf Reparaturkostenbasis abrechnet und selber Kfz-Mechaniker ist.

Dem entspricht es auch, dass der Kläger das verunfallte Fahrzeug erst kurz vor dem Stattfinden des angeblichen Verkehrsunfalles angeschafft hat, ein weiteres typisches Indiz für einen gestellten Verkehrsunfall.

Gleiches gilt für die Tatsache, dass es sich bei dem gegnerischen Unfallfahrzeug typischerweise um einen alten und wertlosen Pkw gehandelt hat, der kurz nach dem Unfall verschwunden ist, wobei der angebliche Unfallgegner gegenüber seiner Versicherung widersprüchliche Versionen hinsichtlich des Verbleibs des Fahrzeuges angegeben hat. Bei einer verabredeten Kollision liegt es nahe, als anstoßendes Fahrzeug entweder ein altes und wertloses eigenes zu nehmen oder ein fremdes.

Typisch für einen gestellten Verkehrsunfall ist auch die Tatsache, dass es sich um ein angebliches Unfallgeschehen mit eindeutiger und einseitiger Schuldzuweisung gehandelt hat, wobei wie üblich nicht nachvollziehbar ist, warum dem Unfallgegner ein derart eindeutiger Fehler überhaupt unterlaufen konnte. Der Kläger will vor einem Kreisel verkehrsbedingt angehalten haben, was der Unfallgegner, der vom Kläger benannte Zeuge #######, übersehen haben soll und mit seinem Kleinwagen mit erheblicher Wucht auf das große und stabile Fahrzeug des Klägers derart stark aufgefahren ist, dass allein die Reparaturkosten an diesem Fahrzeug über 27.000 DM ausgemacht haben. In gleicher Hinsicht fällt es auf, dass die Parteien, die sich vor dem Unfall nicht gekannt haben wollen, gleichwohl trotz der erheblichen Schäden und einer angeblichen Verletzung des Klägers keine Polizei hinzugerufen haben. Unabhängige Zeugen für das Unfallgeschehen gibt es, auch das ist typisch, nicht.

Weiterhin fällt auf, dass es zwischen dem angeblichen Unfallgegner und dem Vorbesitzer des Fahrzeuges, dem Werkstattbesitzer ####### (von dem die Beklagte annimmt, es handele sich um den Hintermann des angeblichen Geschehens, was durchaus nahe liegend erscheint, ohne dass es darauf ankommt), bereits zwei Verkehrsunfälle gegeben hat, deren Zustandekommen ähnlich zweifelhaft erscheinen, obwohl der Unfallgegner in ####### gemeldet ist.

Auch spricht es nicht für die Lauterkeit des Klägers, dass er vor der Begutachtung seines Fahrzeuges durch einen Sachverständigen einen kapitalen Brandschaden (Restwert des Fahrzeuges nach dem Brand: 1.500 DM, Bl. 52 d. A.) als "Kabelbrand" verniedlicht hat. Dieses Verschweigen bzw. starke Herunterspielen der wirklichen Vorbeschädigungen spricht dafür, dass dem Kläger daran gelegen war, den Sachverständigen zu einer möglichst hohen Kalkulation des Fahrzeugschadens zu bringen.

Angesichts der Häufung dieser ausgesprochen auffälligen Umstände verbleibt auch für den Senat kein vernünftiger Zweifel daran, dass der Unfall, wenn er sich denn in dieser Form überhaupt abgespielt haben sollte, abgesprochen gewesen sein muss.

Soweit sich der Kläger gegenbeweislich auf die Vernehmung des Zeugen #######, des angeblichen Unfallgegners, berufen hat, ist dies gem. § 356 ZPO nicht zu berücksichtigen gewesen. Der Zeuge ####### war unter der vom Kläger benannten Anschrift nicht zu ermitteln, sondern unbekannt verzogen (vgl. Zustellungsurkunde Bl. 139 R d. A.). Seiner Vernehmung (ausweislich des Inhalts der Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Hannover ist er im Ausland unter unbekannter Anschrift aufhältig) steht damit ein Hindernis von ungewisser Dauer entgegen, weshalb dem Kläger eine Frist zur Beibringung gem. § 356 ZPO gesetzt worden ist, die fruchtlos abgelaufen ist. Dass einer Aussage des Zeugen #######, hätte er die Behauptung des Klägers hinsichtlich der Zufälligkeit des Schadensereignisses bestätigt, die oben geschilderten schwer wiegenden Bedenken entgegen gestanden hätten, sei nur am Rande erwähnt.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1; 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO; 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 ZPO n. F.

Ende der Entscheidung

Zurück