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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 08.09.2003
Aktenzeichen: 14 W 37/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO §§ 485 ff
Im selbständigen Beweisverfahren ist der Antragsgegner grundsätzlich berechtigt, das Beweisthema durch eigene Sachanträge zu präzisieren, zu ergänzen und auszuweiten.
14 W 37/03

Beschluss

In dem selbständigen Beweisverfahren

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 2 vom 26. Juni 2003 gegen den Beschluss der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 5. Juni 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht #######, des Richters am Oberlandesgericht ####### und der Richterin am Landgericht ####### am 8. September 2003 beschlossen:

Tenor:

I. Der angefochtene Beschluss wird zu 1. und 2. teilweise geändert und insoweit wie folgt gefasst:

1. Es soll gemäß § 484 ff. ZPO durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens Beweis erhoben werden über folgende Fragen:

1. Dringt in den Keller des Hauses #######, ####### besonders bei nasser Witterung an mehreren Stellen Wasser ein? In welchem Umfang?

2. Welches sind die Ursachen für solche Wassereinbrüche?

a) Liegt ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Baukunst vor? Inwiefern?

b) Handelt es sich um einen planerischen oder einen handwerklichen Fehler? Gegebenenfalls: Welcher handwerkliche Mangel liegt vor?

c) Konnte die Beherrschung der diesem Mangel zugrundeliegenden handwerklichen Leistung durch den Bauunternehmer vorausgesetzt werden?

d) Liegen Funktionsstörungen der Drainagepumpe vor, die ursächlich oder mitursächlich für die Wassereinbrüche sind? Wurde eine regelmäßige Wartung der Drainagepumpe durchgeführt?

3. Welche Maßnahmen sind erforderlich, um das Eindringen von Wasser nachhaltig und dauerhaft zu verhindern? Ist die Mängelbeseitigung nur möglich, wenn teurere Materialien und ein aufwendigeres Herstellungsverfahren verwendet werden?

Inwieweit handelt es sich bei den dann entstehenden Kosten um Sowieso Kosten?

4. Welche Kosten entstehen durch die ggf. erforderlichen Maßnahmen nach 3.?

II. Die Entscheidung der Frage, ob nunmehr auch von der Antragsgegnerin zu 2 ein Auslagenvorschuss für die Einholung des Sachverständigengutachtens angefordert werden soll, wird dem Landgericht übertragen.

III. Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 2.000 EUR zu tragen.

Gründe:

Die nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerinnen hat Erfolg und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Ergänzung der von den Antragstellern formulierten Beweisfragen.

Im Gegensatz zur Ansicht des Landgerichts folgt der Senat der in der Rechtsprechung und Literatur gerade in jüngerer Zeit herrschenden Auffassung, dass der Antragsgegner eines selbständigen Beweisverfahrens das Recht hat, das Beweisthema durch eigene Sachanträge zu präzisieren, zu ergänzen und auszuweiten. Dieses vom Gesetz nicht ausgeschlossene Recht zur Verfahrensmitgestaltung durch den Antragsgegner ist Ausdruck der Prozessökonomie, weil sie einer raschen und umfassenden - insbesondere auch vergleichsweisen - Streiterledigung dient. Nur auf diese Weise kann vermieden werden, dass Antrag und Gegenantrag in getrennten Verfahren, vor möglicherweise verschiedenen Gerichten, mit der Benennung verschiedener Sachverständiger und damit verbundenen erhöhten Kosten verfolgt werden (vgl. zum Vorstehenden insgesamt OLG Düsseldorf, BauR 1996, 896, 897; OLG Rostock, BauR 2001, 1141, 1143; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rn. 94; Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 487 Rn. 4; jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Wenn die Antragsgegnerin zu 2 darauf verwiesen bliebe, mit ihrer Fragestellung ihrerseits ein eigenes selbständiges Beweisverfahren einzuleiten, würde dies zu einem überflüssigen und sinnwidrigen Nebeneinander mehrerer Verfahren mit sich überschneidendem Inhalt führen.

Zwar könnte ein Gegenantrag unzulässig sein, wenn dadurch ein anderer Beteiligter in das Beweisverfahren einbezogen wird, wenn die Hinzuziehung eines anderen Sachverständigen eines weiteren Fachgebietes erforderlich wird oder wenn Beweis über Tatsachen erhoben werden soll, die bereits von dem Antrag des Antragstellers umfasst werden (vgl. die oben genannten Zitate und weiteren Nachweise). Hier liegt jedoch ersichtlich keine dieser Voraussetzungen vor. Die von der Antragsgegnerin zu 2 gewünschten Ergänzungen des Beweisthemas stehen vielmehr in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit der Fragestellung des ursprünglichen Beweisantrages. Die in dem Tenor des angefochtenen Beschlusses unter 1. aufgeführten Beweisfragen waren daher in der aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen Weise zu ergänzen.

Dabei hat der Senat dem Landgericht die Entscheidung der Frage überlassen, ob angesichts dieser von der Antragsgegnerin zu 2 beantragten Ergänzungen auch von dieser ein Auslagenvorschuss und ggf. in welcher Höhe angefordert werden soll (vgl. hierzu Werner/Pastor a. a. O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte hat der Senat den Beschwerdewert gemäß § 3 ZPO auf die Hälfte des Gegenstandswerts von 4.000 EUR festgesetzt, mit dem die Antragsteller ihren Antrag in der Antragsschrift vorläufig bewertet haben.

Ende der Entscheidung

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