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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 15.12.2004
Aktenzeichen: 16 W 149/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 745 Abs. 2

Entscheidung wurde am 07.01.2005 korrigiert: Verfahrensgang stand im Feld für Stichworte, Absatzmarke wurde eingefügt
1. Eine Nutzungsentschädigung steht dem aus dem gemeinsamen Haus ausgezogenen Ehepartner frühestens ab dem Zeitpunkt zu, ab dem er gemäß § 745 Abs. 2 BGB eine Neuregelung der Verwaltung und Benutzung verlangen kann und auch tatsächlich mit hinreichender Deutlichkeit verlangt. Rückwirkend kann der Nutzungseinwand dem anderen Teil nur entgegen gesetzt werden, wenn dieser die Lasten des Hauses getragen hat und deshalb einen Ausgleich beansprucht (BGH FamRZ 1993, 676 = NJWRR 1993, 386).

2. Die Berechnung der Nutzungsentschädigung ist unter Berücksichtigung der Lasten so vorzunehmen, als ob das Haus an einen Dritten vermietet worden wäre (OLG Celle Nds. Rpfl. 1995, 355).


16 W 149/04

Beschluss

In dem Rechtsstreit

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter ... und die Richter ... und ... am 15. Dezember 2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin und Widerklägerin wird der angefochtene Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 3. August 2004 teilweise geändert:

Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit sie sich gegen die widerklagend vom Beklagten begehrte Nutzungsentschädigung für 2001 in Höhe von 3.185,49 EUR verteidigt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 7.014,50 EUR.

Gründe:

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der sie sich dagegen wendet, dass das Landgericht ihr mangels hinreichender Erfolgsaussichten die nachgesuchte Prozesskostenhilfe für ihre Verteidigung gegen die Widerklage versagt hat, ist teilweise, nämlich hinsichtlich der Nutzungsentschädigung für das Jahr 2001, begründet. Im Übrigen bleibt ihr Rechtsmittel ohne Erfolg.

2001

Für die Verteidigung gegen den Ersatzanspruch i. H. v. 3.185,49 EUR betreffend das Jahr 2001 ist der Klägerin Prozesskostenhilfe zu bewilligen, denn die Widerklage des Beklagten ist insoweit unschlüssig.

Nutzungsentschädigung kann nach § 745 Abs. 2 BGB erst ab dem Verlangen der Neuregelung der Nutzung beansprucht werden, es sei denn, es geht um die Aufrechnung gegenüber einem Ausgleichsanspruch wegen der Lasten des Hauses (OLG Celle Nds. Rpfl. 1989, 252 = NJWRR 1990, 265 u. Nds. Rpfl. 1995, 355; BGH NJWRR 1993, 386 u. NJW 1994, 1721). Würde also die Klägerin den Beklagten mit dem Argument, 2001 mehr als die Hälfte der Hauslasten getragen zu haben, auf Ausgleich in Anspruch nehmen, könnte der Beklagte für denselben Zeitraum rückwirkend einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung entgegensetzen. Dagegen kann der Beklagte nicht, wie hier, aktiv eine Nutzungsentschädigung für einen zurückliegenden Zeitraum verlangen, in dem die Parteien zwar schon endgültig getrennt gelebt haben, ein Anspruch auf Neuregelung aber noch gar nicht geltend gemacht worden ist.

Hier hat der Beklagte selbst sein vorprozessuales anwaltliches Verlangen auf Nutzungsentschädigung vom 30. April 2002, der Klägerin per Einschreiben mit Rückschein zugegangen am 6. Mai 2002, vorgelegt (Bl. 26 ff. d. A.). Nutzungsentschädigung kann er daher erst ab dem Folgemonat, also ab 1. Juni 2002 geltend machen. Soweit in dem Schreiben Nutzungsentschädigung rückwirkend ab 1. März 2002 verlangt wird, fehlt es dafür an einer rechtlichen Grundlage.

In Betracht käme allenfalls ein Ausgleichsanspruch für die vom Beklagten getragenen Lasten. Von den von ihm errechneten Hauskosten i. H. v. insgesamt 2.704,73 EUR will er 1.537,83 EUR getragen haben, während hälftig auf ihn nur 1.352,37 EUR entfallen würden. Wegen der Differenz von 185,36 EUR könnte ein Ausgleichsanspruch bestehen. Indes kann der Senat aus den vorgelegten Belegen, insbesondere der ...bank (Bl. 131 f. d. A.), nicht ersehen, welche der Parteien die aufgeführten Zinsen und Tilgung getragen hat. Allein der Umstand, dass das Schreiben an den Beklagten adressiert ist, ist insoweit nicht aussagekräftig, da beide Parteien als Darlehnsnehmer aufgeführt sind, ohne dass der Jahresabschluss zwischen Zins und Tilgungsleistungen des einen oder anderen Darlehnsnehmers differenziert.

2002

Die Klägerin hat der Berechnung des Beklagten (Bl. 127 u. 129 d. A.) sowie den darauf beruhenden Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Beschluss (Bl. 202 d. A.) sachlich nichts entgegen gesetzt (Bl. 144 u. 207 ff. d. A.). Dass die Hauskosten bis auf die Versicherungsprämie von 176,78 EUR von der Klägerin getragen wurden, bestreitet der Beklagte nicht (Bl. 127 d. A.). Auf dieser Grundlage errechnet sich indes (von einer Differenz von 2 Cent abgesehen) der begehrte Anspruch von 2.098,40 EUR (Bl. 129 d. A.). Denn im Falle der Fremdvermietung hätten die Parteien Mietzinseinnahmen brutto i. H. v. (12 x 500 EUR =) 6.000 EUR gehabt, nach Abzug der Belastungen verbleiben (6.000 EUR - 2.156,81 EUR =) 3.843,19 EUR. Als Miteigentümer kann der Beklagte die Hälfte hiervon, dies sind 1.921,60 EUR, zuzüglich der bereits als Belastung abgezogenen, von ihm jedoch allein getragenen Versicherungsprämie von 176,78 EUR, mithin insgesamt 2.098,38 EUR beanspruchen.

2003

Insoweit behauptet die Klägerin zwar, abweichend vom Vortrag des Beklagten seien die (unstreitig von ihr getragenen) Zins und Tilgungsleistungen höher gewesen, nämlich nicht nur 513,84 EUR, sondern 2.241,03 EUR. Dies ergebe sich aus der von ihr vorgelegten Bankbescheinigung. Indes trifft dies nicht zu, wie das Landgericht ausgeführt hat. Vielmehr hat der Beklagte den von ihm behaupteten Betrag von 513,84 nachgewiesen durch Vorlage des Rechnungsabschlusses der ...bank für 2003. Danach betrugen die Zinsen (35,28 + 10,18 =) 45,46 sowie die Tilgung (363,51 + 104,86 =) 468,38 EUR, mithin insgesamt 513,84 EUR (Bl. 137 d. A.). Zudem ergibt sich aus dem Jahresabschluss der ...bank für 2002, dass die Unterkonten 019 und 026 auf 0,00 zurückgeführt waren, sodass die von der Klägerin insoweit behaupteten Tilgungsleistungen (Bl. 124 d. A.) offensichtlich nicht erbracht worden sein können. Etwas Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus der Bestätigung der Volksbank entnehmen, wonach die Klägerin von 3/02 bis 4/03 jahresübergreifend insgesamt 2.502,07 EUR an die ...bank geleistet haben soll (Bl. 125 d. A.). Zwar ist dieser Betrag höher als die Summe der vom Beklagten vorgetragenen Zahlen für 2002 und 2003 (1.519,78 + 513,84 = 2.033,26), jedoch sind die vom Beklagten vorgetragenen Zahlen durch die Jahresabschlüsse 2002 und 2003 der ...bank belegt (Bl. 135, 137 d. A.).

2. Hinsichtlich der grundsätzlichen Angriffe der Beschwerdebegründung gilt i. Ü. Folgendes:

a) Durch das Mietwertgutachten ist der Nutzungswert für die Beurteilung der Erfolgsaussichten im Rahmen der ProzesskostenhilfeEntscheidung hinreichend belegt. Insoweit ist eine antizipierte Beweiswürdigung nicht nur zulässig, sondern im Rahmen der Prognose der Erfolgsaussichten darüber hinaus geboten.

b) Der Beklagte hat seine Anträge sehr wohl an das Ergebnis des Gutachtens angepasst, nämlich die beanspruchte monatliche Nutzungsentschädigung von 325 auf 250 EUR reduziert, zugleich wegen des länger gewordenen Zeitraums aber die Widerklage in der Summe erhöht. Dies ist prozessual unbedenklich (§ 264 ZPO) und dürfte den Beklagten noch nicht einmal kostenrechtlich belasten, weil er keine Mehrkosten durch eine Zuvielforderung in der Summe veranlasst hat, sodass für eine sog. gemischte Kostenentscheidung unter Einbeziehung von § 269 Abs. 3 ZPO kein Raum bleiben wird. Jedenfalls kann sich hieraus ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe für die Klägerin nicht ableiten lassen.

c) Die Klägerin hat die Hauskosten nicht allein zu tragen. Bei dem vorherigen Abzug der Belastungen handelt es sich nur um eine Berechnungsvereinfachung, durch welche die Klägerin nicht benachteiligt wird. Dies mag am Beispiel des Jahres 2002 (s. o.) noch einmal verdeutlicht werden:

Hätte die Klägerin, wie ein Dritter, an den das Haus hätte vermietet werden können, monatlich 500 EUR Nutzungsentschädigung auf ein Miettreuhandkonto eingezahlt und hätte es keine Belastungen gegeben, wären 6.000 EUR vorhanden. Mithin könnte jede Partei als Miteigentümer zur ideellen Hälfte 50 % hiervon, also 3.000 EUR beanspruchen. Indes gab es Belastungen, nämlich Raten an die Bank sowie übliche Nebenkosten, insgesamt i. H. v. 2.156,81 EUR, von den Parteien als Hauskosten bezeichnet. Diese sind von den Parteien ebenfalls je zur Hälfte zu tragen, müssten also vor hälftiger Auskehrung des Guthabens auf dem Miettreuhandkonto aus diesem berichtigt werden. Auf dem Konto wären dann noch restliche (6.000 EUR - 2.156,81 EUR =) 3.843,19 EUR, sodass auf jede Partei die Hälfte hiervon, nämlich 1.921,60 EUR entfiele. Der Beklagte könnte also zunächst diesen Betrag verlangen.

Hinzu kommt die Versicherungsprämie von 176,78 EUR. Denn diese hat er, wohl weil er bei der Versicherung als Versicherungsnehmer und Rechnungsempfänger geführt wird, aus eigenen Mitteln verauslagt, obwohl auch diese Kosten des Objekts aus dem Guthaben des Miettreuhandkontos zu berichtigen gewesen wären und dort auch (als Bestandteil der Summe von 2.156,81 EUR) mit abgezogen worden sind. Da der Beklagte die Prämie also aus eigenen Mitteln "vorgestreckt" hat, ist die Berichtigung dieser Forderung aus dem Miettreuhandkonto nicht in der Weise zu bewirken, dass die Prämie an die Versicherung gezahlt wird. Diese hat das Geld ja schon (vom Beklagten) bekommen und kann es nicht zweimal verlangen.

Vielmehr ist die Prämie an den Beklagten zu zahlen, der diesen Betrag verauslagt hatte.

Aus beiden Beträgen errechnet sich der dem Beklagten insgesamt zustehende (oben bereits errechnete) Betrag von (1.921,60 EUR + 176,78 EUR =) 2.098,38 EUR.

3. Die Kostenentscheidung richtet sich nach Nr. 1811 KVGKG. Der Senat hat von der bei Teilerfolg gegebenen Möglichkeit zu bestimmen, dass keine Gebühr erhoben wird, Gebrauch gemacht. Für eine Erstattung außergerichtlicher Kosten ist gemäß § 127 Abs. 4 ZPO im Übrigen kein Raum. Die Festsetzung des Beschwerdewerts richtet sich gemäß § 3 ZPO nach der Widerklageforderung (Bl. 130 d. A.), gegen die sich die Klägerin verteidigen möchte.

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 ZPO kommt nicht in Betracht, weil keine Fragen im Streit stehen, die das Verfahren oder die persönlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfegewährung betreffen (vgl. BGH-Report 2003, 407).

Ende der Entscheidung

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