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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 10.07.2007
Aktenzeichen: 17 W 73/07
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 1906
FGG § 70 e
1. Im Rahmen der gebotenen Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der erforderlichen gerichtlichen Genehmigung einer Zwangsbehandlung sind insbesondere auch die mit der beabsichtigten Behandlung verbundenen möglichen Gefahren und Beeinträchtigungen für den Betroffenen zu berücksichtigen. Bei der dem Gericht insoweit obliegenden Amtsermittlung sind u. a. auch die Ergebnisse etwaig bereits erfolgter Behandlungen in der Vergangenheit zu ermitteln und zu berücksichtigen.

2. Angesichts der Bedeutung und Intensität des mit einer Zwangsmedikation verbundenen Grundrechtseingriff ist das notwendige Sachverständigengutachten (§ 70e FGG) durch einen externen, nicht im behandelnden Krankenhaus tätigen Sachverständigen zu erstellen.


17 W 72/07 17 W 73/07 17 W 74/07

Beschluss

in der Betreuungs- und Unterbringungssache betreffend

hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Richterin am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und den Richter am Oberlandesgericht ####### auf die sofortigen weiteren Beschwerden der Betroffenen vom 29. Juni 2007 (Bl.173 d. U-Heftes, Bd. IV) gegen die Beschlüsse der 53. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 11. Juni 2007 (Bl.144 d. U-Heftes Bd. III) am 10. Juli 2007 beschlossen:

Tenor:

I. Unter Aufhebung der Beschlüsse des Landgerichts Hannover vom 11. Juni 2007 wird

1) der Beschluss des Amtsgerichts Neustadt vom 27. September 2006 insoweit aufgehoben, als mit diesem ein Einwilligungsvorbehalt für alle Aufgabenkreise der Betreuerin angeordnet worden ist; die weitergehende weitere Beschwerde gegen die Erweiterung der Betreuung um den Aufgabenkreis Vermögenssorge sowie gegen die Nichtbestellung des Rechtsanwalts ####### zum Verfahrenspfleger der Betroffenen wird zurückgewiesen;

2) die Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Amtsgerichts Neustadt vom 27. Oktober 2006 festgestellt; der Betroffenen wird für das Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht Hannover (Az. 53 T 56/06) Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ####### bewilligt;

3) der Beschluss des Amtsgerichts Neustadt vom 19. Januar 2007 wird mit sofortiger Wirkung insoweit aufgehoben als damit die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung zur Zwangsbehandlung der Betroffenen erteilt wird; soweit damit die geschlossene Unterbringung der Betroffenen im Landeskrankenhaus ####### vormundschaftsgerichtlich genehmigt wird, wird der Beschluss mit Wirkung zum 24. Juli 2007 aufgehoben.

II. Gerichtskosten werden für die Verfahren der weiteren sofortigen Beschwerden nicht erhoben (§§ 128b, 131 Abs.3 KostO).

III. Die notwendigen Auslagen der Betroffenen trägt die Staatskasse (§ 13a Abs.2 FGG).

IV. Wert des Beschwerdeverfahrens: 13.000 EUR (zu a = 3.000 EUR; zu b + c = je 5.000 EUR).

Gründe:

I.

Im vorliegenden Beschwerdeverfahren geht es um 1) die Rechtsmäßigkeit der Erweiterung einer Betreuung bei gleichzeitiger Anordnung eines umfassenden Einwilligungsvorbehalts, 2) um die Rechtmäßigkeit der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung einer medikamentösen Zwangsbehandlung sowie 3) um die vormundschaftliche Genehmigung einer geschlossenen Unterbringung mit gleichzeitiger Zwangsbehandlung.

Für die seit 1993 psychisch erkrankte Betroffene besteht, nach dem etwa ein Jahr zuvor eine bestehende Betreuung wegen des Fehlens jeglicher Kooperationsbereitschaft (Bl.90 BA XVII P 83/03) noch aufgehoben worden war, seit dem 5. November 2004 (Bl.29 d.A.) durchgehend eine Betreuung. Die Betreuung umfasste zunächst nur den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge und wurde nachfolgend zweimal erweitert. Inzwischen bezieht sich die Betreuung - auch auf der Grundlage des hier u.a. angefochtenen Beschlusses des Amtsgerichts Neustadt a. Rbge. vom 27. September 2006 - auf die Aufgabenkreise Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung, Entscheidung über die Unterbringung und Vermögenssorge. Weiterhin ist für alle Aufgabenkreise ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet worden.

Seit dem 22. Oktober 2005 befindet sich die Betroffene durchgehend in geschlossener stationärer Behandlung im Landeskrankenhaus (LKH) #######. Da die zunächst nach § 18 NPsychKG eingewiesene Betroffene mit der Behandlung im LKH ####### nicht einverstanden war und ist, sind auf Antrag der Betreuerin jeweils vormundschaftsgerichtliche Genehmigungen ihrer Unterbringungsentscheidungen erteilt worden (Beschluss vom 27. Oktober 2005 bis zum 13. Dezember 2005, Bl.14 Bd. I d. U-Heftes; Beschluss vom 12. Dezember 2005 bis zum 23. Januar 2006, Bl.26 Bd. I d. U-Heftes; Beschluss vom 23. Januar 2006 bis zum 22. Juli 2006, Bl.98 Bd. I d. U-Heftes; Beschluss vom 20. Juli 2006 bis zum 20. Oktober 2006, Bl.199 Bd. II d. U-Heftes; Beschluss vom 19. Oktober 2006 bis zum 20. Januar 2007, Bl.254 Bd. II d. U-Heftes und Beschluss vom 27. Januar 2007 bis zum 18. Januar 2008, Bl.43 Bd. III d. U-Heftes).

In den vorstehenden Beschlüssen waren überwiegend zugleich auch die vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungen für die während den Unterbringungen ggf. durchzuführenden medikamentösen Zwangsbehandlungen ausdrücklich mit enthalten; so in den Beschlüssen vom 27. Oktober 2005, vom 12. Dezember 2005 und vom 23. Januar 2006. Auf die Beschwerde der Betroffenen ist der Beschluss vom 23. Januar 2006 hinsichtlich der Zwangsbehandlungsbefugnis mit Beschluss des Landgerichts Hannover vom 23. März 2006 (Bl.138 Bd. I d. U-Heftes) aufgehoben worden. Mit Beschluss vom 30. Mai 2006 (Bl.155 Bd. I d. U-Heftes ist sodann die Fixierung zur Medikamentengabe bis zum 10. Juli 2006 genehmigt worden. Mit Beschluss vom 27. Oktober 2006 (Bl.261 Bd. II d. U-Heftes) ist eine unbefristete Genehmigung zur Zwangsbehandlung erfolgt. Der Beschluss vom 19. Januar 2007 (Bl.45 Bd. III d. U-Heftes) beinhaltet schließlich ebenfalls die Genehmigung zur Zwangsbehandlung während der genehmigten einjährigen geschlossenen Unterbringung.

In diesem Verfahren geht es um drei Beschlüsse, die jeweils von der Betroffenen angefochten worden sind. Im Verfahren zu 1) = 17 W 72/07 = 53 T 54/06 geht es um den Beschluss des Amtsgerichts Neustadt vom 27. September 2006 (Bl.116 d.A.), in dem die Betreuung um den Bereich Vermögenssorge erweitert und für diesen und alle anderen noch bestehende Aufgabenkreise ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet worden ist.

Im Verfahren zu 2) = 17 W 73/07 = 53 T 56/06 geht es um den Beschluss des Amtsgerichts Neustadt vom 27. Oktober 2007, mit dem eine zwangsweise Medikamentengabe genehmigt wurde.

Im Verfahren zu 3) = 17 W 74/07 = 53 T 08/07 geht es um den Beschluss des Amtsgerichts Neustadt vom 19. Januar 2007, mit dem sowohl die weitere geschlossenen Unterbringung für ein Jahr und die gleichzeitige medikamentöse Zwangsbehandlung der Betroffenen vormundschaftsgerichtlich genehmigt worden ist.

II.

Die zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerden vom 29. Juni 2007 gegen die Beschlüsse des Landgerichts vom 11. Juni 2007 sind ganz überwiegend begründet. Im Einzelnen gilt folgendes:

1)

1a) Entgegen der Auffassung der Betroffenen ist die vom Amtsgericht Neustadt a. Rbge. mit Beschluss vom 27. September 2006 vorgenommene Erweiterung der Betreuung um den Aufgabenkreis Vermögenssorge rechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat kann dabei die Entscheidung als Rechtsbeschwerdegericht nur auf Rechtsfehler überprüfen (§ 27 Abs.1 FGG), d.h. dahin, ob der Tatrichter die betreffenden unbestimmten Rechtsbegriffe verkannt hat, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer Betracht gelassen, der Bewertung relevanter Umstände unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt, gegen Denkgesetze verstoßen oder Erfahrungssätze nicht beachtet hat (BayObLGR 1997,85 mit weit. Nachw.). Derartige Rechtsfehler werden hinsichtlich der Erweiterung der Betreuung um die Vermögenssorge weder von der Betroffenen geltend gemacht noch sind sie aus dem sonstigen Akteninhalt erkennbar.

Das Landgericht verweist in diesem Zusammenhang zutreffend auf die nach wie vor unklare Vermengung der jeweiligen Einkommen und Vermögen zwischen der Betroffenen und deren Lebensgefährten. Zur Aufklärung dieser insbesondere in Einzelheiten von der Betroffenen auf Grund ihrer Erkrankung nicht übersehbaren Konstellation war und ist die Erweiterung der Betreuung um den Bereich Vermögenssorge erforderlich.

1b) Allerdings macht die Betroffene zu Recht geltend, dass die im Beschluss vom 27. September 2006 gleichzeitig vorgenommene pauschale Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts für alle Aufgabenbereiche der angeordneten Betreuung rechtsfehlerhaft und daher aufzuheben ist. Die die Betroffene noch mehr als die bloße Anordnung bzw. Erweiterung der Betreuung belastende und ihre Rechte noch stärker einschränkende Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts kommt nach § 1903 Abs.1 BGB nur in Betracht, soweit der Einwilligungsvorbehalt zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist. Dabei reicht jedoch nicht jede potentielle Gefährdung aus. Es muss sich vielmehr um eine erhebliche Gefahr handeln, deren Konkretisierung mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist (vgl. Bienwald, in Bienwald/Sonnenfeld/ Hoffmann, 4. Aufl., Rdnr.32 zu § 1903 BGB).

Weder aus der Akte noch aus der angefochtenen Entscheidung des Amtsgerichts ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte für mögliche Gefahren, denen mit der Anordnung des Einwilligungsvorbehalts begegnen werden kann. Der vom Amtsgericht Neustadt angeführte Umstand, dass die Betroffene vom Sachverständigen als geschäftsunfähig angesehen wird, reicht allein für die Annahme einer konkreten Gefährdung in keiner Weise aus. Dies gilt umso mehr als die Betroffene nach Aktenlage gar nicht versucht, rechtsgeschäftliche Willenserklärungen abzugeben, geschweige denn Versuche unternimmt, etwaige Willenserklärungen gegenüber Dritten auch um und durchzusetzen. Soweit das Landgericht in seiner Entscheidung darauf abstellt, dass der Einwilligungsvorbehalt für den Bereich Vermögenssorge notwendig sei, um das von der Betreuerin für die Betroffene neu eingerichtete Konto aufrechtzuerhalten, überzeugt diese Argumentation nicht. Die Betroffene hat zu keinem Zeitpunkt versucht, dieses Vorgehen der Betreuerin rückgängig zu machen oder gar durch eigene Verfügungen gegenüber der Bank zu umgehen. Die Betroffene lässt es vielmehr geschehen.

Die engen Voraussetzungen für die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts sind daher derzeit für keinen Teilbereich der Betreuung gegeben. Die im Beschluss des Amtsgerichts vom 27. September 2006 enthaltene Anordnung des Einwilligungsvorbehalts für alle Aufgabenbereiche ist daher aufzuheben.

1c) Soweit das Landgericht den Antrag von Rechtsanwalt ####### aus dem Schriftsatz vom 13. Oktober 2006 (Bl.164 Bd. II d. U-Heftes) auf Bestellung zum Verfahrenspfleger der Betroffenen für das Beschwerdeverfahren (gegen den Beschluss vom 27. September 2006), zurückgewiesen hat, ist die Entscheidung des Landgerichts hingegen nicht zu beanstanden. Dem Landgericht ist darin zuzustimmen, dass der Betroffenen in diesem Verfahren ausweislich des angefochtenen Beschlusses des Amtsgerichts Neustadt mit Frau Rechtsanwältin ####### bereits eine Verfahrenspflegerin zur Seite stand. Darüber hinaus ist nach der eindeutigen Regelung in § 67 Abs. I S. 6 FGG die Bestellung eines Verfahrenspflegers immer dann entbehrlich, wenn bereits eine anwaltliche Vertretung vorhanden ist.

2) Zu Recht macht die Betroffene geltend, dass die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung vom 27. Oktober 2006 über die zwangsweise Gabe einer Depot-Medikation Fluanxol rechtswidrig war.

2a) Der Umstand, dass diese Genehmigung zwischenzeitlich durch den Beschluss vom 19. Januar 2007 (nachfolgend zu c) abgelöst worden und damit ohne Wirkung ist, steht der Zulässigkeit ihres Rechtsmittels nicht entgegen. Zwar führt eine Erledigung der Hauptsache vor Einlegung der weiteren Beschwerde in der Regel dazu, dass diese als unzulässig zu verwerfen ist (Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler, 15. Aufl. § 27 Rdnr.53). Dieser Grundsatz gilt jedoch dann nicht, wenn in Fällen einschneidender Grundsrechtseingriffe, wie z. B. freiheitsentziehende Maßnahmen, der Eingriff sich nach dem typischen Verfahrensverlauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung der höheren Instanz schon aus Zeitgründen kaum erreichen kann. In diesen Fällen besteht grundsätzlich ein Rechtsschutzinteresse für die gerichtliche Prüfung des freiheitsentziehenden Eingriffes ohne Rücksicht darauf, dass sich die Hauptsache durch Zeitablauf erledigt hat (BVerfG NJW 1997, 2163; 1998, 2432; 2002, 281; BGH XII ZB 80/98 m. w. N.).

2b) Der Betroffenen ist darin zuzustimmen, dass die erteilte vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Zwangsbehandlung rechtswidrig war. Rechtsgrundlage für die getroffene Entscheidung zur Zwangsbehandlung ist § 1906 Abs.1 Nr. 2 BGB. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 1. Februar 2006 (FamRZ 2006, 615) festgestellt, dass § 1906 Abs.1 Nr.2 BGB eine ausreichende gesetzliche Rechtsgrundlage für eine vom Betreuer befürwortete Zwangsbehandlung im Rahmen einer geschlossenen Unterbringung darstellt.

Bei der Prüfung der Frage, ob die beabsichtigte Zwangsmaßnahme unter Berücksichtigung der einem Kranken grundsätzlich zustehenden "Freiheit zur Krankheit" (BVerfGE 58, 208, 224 ff.) im Einzelfall zulässig ist, kommt dem Verhältnismäßigkeitsprinzip als notwendigem Korrektiv für die Eingriffe in das Freiheitsrecht des Betroffenen besondere Bedeutung zu. Der ohne Zwangsbehandlung drohende Gesundheitsschaden muss stets so gewichtig sein, dass er den mit der beabsichtigten Unterbringung einschließlich Zwangsbehandlung verbundenen Freiheitseingriff zu rechtfertigen vermag. Für den Bereich einer (wie hier) neuroleptischen Medikation als notwendige Heilbehandlung muss dabei in jedem Fall eine therapeutische Indikation bestehen und der mögliche therapeutische Nutzen der Behandlung gegen die Gesundheitsschäden abgewogen werden, die ohne die Behandlung entstehen würden (BGH FamRZ 2006, 615, 616). Dabei sind auch die negativen psychischen Auswirkungen der Unterbringung und Zwangsbehandlung auf den Betroffenen in die Abwägung einzubeziehen (Marschner in Marschner/Volckart, 4.Aufl., Rdnr.26 zu § 1906).

Weder aus der Entscheidung des Amtsgerichts Neustadt a. Rbge. vom 27. Oktober 2006 noch der sie bestätigenden Entscheidung des Landgerichts Hannover vom 11. Juni 2007 ist erkennbar, ob überhaupt die Frage der Verhältnismäßigkeit der genehmigten Freiheitseingriffe geprüft worden ist. Zwar haben beide Gerichte die medizinische Notwendigkeit und damit die therapeutische Indikation der Medikation auf Grundlage der eingeholten Sachverständigengutachten bejaht. Mit der Frage der für die Betroffenen mit der Behandlung ggf. verbundenen Gefahren und Beeinträchtigungen haben sich jedoch beide Gerichte ebenso wenig auseinander gesetzt wie mit den möglichen Konsequenzen einer nicht durchgeführten Zwangsbehandlung.

Inhaltlich fundiert hätte eine solche Prüfung vorliegend allerdings auch kaum stattfinden können. Der diesbezügliche Sachverhalt ist nämlich nicht hinreichend aufgeklärt worden, da in den eingeholten Sachverständigengutachten zu diesen Fragen keinerlei Angaben enthalten sind. Die Betroffene weist in ihrer Begründung der weiteren sofortigen Beschwerden zu Recht darauf hin, dass in den Gutachten weder eine detaillierte Verlaufschilderung des zu diesem Zeitpunkt bereits einjährigen Klinikaufenthalts noch eine genaue Schilderung der Resultate der zeitweilig durchgeführten und teilweise unterlassenen Zwangsmedikation enthalten sind. Aus den Gutachten ist zudem nicht erkennbar, ob und mit welchem Erfolg ggf. andere Medikamente oder andere Behandlungsmethoden eingesetzt worden sind. So ist seitens des Lebensgefährten der Betroffenen (Bl.194 Bd. II d.A.) z. B. die Gabe von Risperdal an Stelle von Fluanxol eingefordert worden. In den dem Beschluss vom 27. Oktober 2006 zugrunde liegenden Gutachten wird dieser Aspekt nicht aufgegriffen.

2c) Schließlich macht die Betroffene zu Recht geltend, dass eine der Bedeutung und der Intensität des mit einer Zwangsmedikation verbundenen Eingriffs in ihre Freiheitsrechte angemessene und ausreichende richterliche Sachaufklärung (BVerGE 70, 297) die Beauftragung eines externen, nicht im Landeskrankenhaus ####### tätigen Sachverständigen erfordert hätte. Dem steht die vom Landgericht zum Ausdruck gebrachte - und vom Senat geteilte - besondere Wertschätzung der vorliegend im einzelnen tätig gewordenen Sachverständigen nicht entgegen. Vergleichbar mit den Genehmigungsfällen des § 1904 BGB ist auch in den die Rechte der Betroffenen ebenfalls besonders berührenden Fällen der Zwangsbehandlung entsprechend § 69 d Abs.2 FGG sicherzustellen, dass ein wirklich unabhängiges Gutachten (BT-Drs. 11/4528, S. 176) erstattet wird. Die Notwendigkeit der Bestellung eines externen Gutachters ergibt sich zusätzlich auch aus folgendem Gesichtspunkt. Die zwangsweise Medikamentengabe kommt üblicher Weise nicht als Erstbehandlung einer psychischen Erkrankung in Betracht, sondern steht vielmehr als "ultima ratio" am Ende von in aller Regel langwierigen erfolglosen Behandlungsversuchen. Vor diesem Hintergrund ergibt sich die Notwendigkeit eines externen Sachverständigen auch unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 70i Abs.2 S.2 FGG. Mit der dort vorgesehenen Begutachtung durch einen externen Sachverständigen soll sichergestellt werden, dass eine Unterbringung nicht auf Grund einer fest gefügten Meinung länger als erforderlich ausgedehnt wird (BTDrs.11/4528, S.186). Daher muss vor der Genehmigung der einen Betroffenen besonders belastenden Zwangsbehandlung sichergestellt werden, dass die Zwangsbehandlung nicht auf einer nur fest gefügten aber nicht unbedingt zutreffenden Auffassung basiert. Um dieses sicherzustellen ist ein "Blick von Außen" durch einen externen Sachverständigen zumindest bei der Zwangsbehandlung geboten.

Aus allem folgt, dass die Rechtswidrigkeit der zudem noch entgegen § 70 Abs.1 Nr.3 FGG unbefristeten Genehmigung der Zwangsbehandlung vom 27. Oktober 2006 festzustellen ist.

2d) Soweit das Landgericht den Antrag von Rechtsanwalt ####### auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wegen fehlender Erfolgsaussichten versagt hat, ist dies aus den vorstehenden Gründen zu korrigieren.

3)

3a) Legt man hinsichtlich des Beschlusses vom 19. Januar 2007, mit dem die Unterbringung der Betroffenen bei gleichzeitiger Zwangsbehandlung für ein Jahr vormundschaftsgerichtlich genehmigt worden ist, die gleichen Anforderungen wie an den vorstehenden Beschluss zu 2) an, ergibt sich ohne weiteres, dass grundsätzlich auch diese Entscheidung rechtswidrig und daher aufzuheben ist.

Auch der Beschluss vom 19. Januar 2007 basiert auf einem Sachverständigengutachten, welches von einem im Landeskrankenhaus ####### tätigen Arzt erstellt worden ist. Ebenso wie die Vorgutachten werden die Erfolge bzw. Misserfolge der zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung bereits deutlich über einjährigen Erfahrungen mit der Medikamentengabe nicht detailliert dargestellt. Der Einsatz anderweitiger Medikamente oder Behandlungsmethoden wird nicht erwogen. Schließlich lässt das dem Beschluss vom 19. Januar 2007 zugrunde liegenden Gutachten des Sachverständigen ####### vom 16. Januar 2007 (Bl.7 Bd. III d. U-Heftes die notwendige Auseinandersetzung mit der Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) vom 19. Dezember 2006 vermissen, in der es heißt, dass offensichtlich eine medikamentös therapieresistenten Schizophrenie vorliege (Bl.53 unten Bd. III d. U-Heftes). Der im Gutachten erteilte pauschale Hinweis, dass die diesbezügliche Auffassung des Gutachters des MDK nicht geteilt werde, reicht so nicht aus. Vielmehr wäre eine inhaltliche Auseinandersetzung und Stellungnahme geboten gewesen. Entsprechend der nicht ausreichenden Sachverhaltsklärung sind sowohl in der Entscheidung des Amtsgerichts als auch in der bestätigenden Entscheidung des Landgerichts die gebotene umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung unterblieben.

3b)

Entgegen der sofortigen Aufhebung der Genehmigung der Zwangsbehandlung kommt indes eine sofortige Aufhebung der Genehmigung der geschlossenen Unterbringung zum Schutz der Betroffenen nicht in Betracht. Die Betreuerin der Betroffenen hat ihren Antrag auf Genehmigung der geschlossenen Unterbringung vom 2. Januar 2007 (Bl.57 Bd. III d. U-Hefte) nicht nur mit der Durchführung der nach ihrer Auffassung erforderlichen Zwangsbehandlung begründet, sondern auch auf die notwendige Zukunftsplanung für die Betroffene abgestellt. Dieser Aspekt hat insoweit Niederschlag im angefochtenen Beschluss gefunden, als ausweislich des im Beschluss ausdrücklich in Bezug genommenen Sachverständigengutachtens die geschlossene Unterbringung auch deswegen geboten ist, um für die Betroffene eine sinnvolle Zukunftsplanung vornehmen zu können (Bl.56 Bd. III d. U-Heftes d.A.). Da die Betroffene nach wie vor schwer psychisch erkrankt ist, muss nicht zuletzt auf Grund ihrer Angaben in den jeweiligen richterlichen Anhörungen damit gerechnet werden, dass sie die Klinik unmittelbar nach der Aufhebung des Unterbringungsbeschlusses verlässt. Angesichts der langen, inzwischen fast genau 1 3/4 Jahre währenden geschlossene Unterbringung würde eine sofortige, unvorbereitete Entlassung aus der Klinik für die Betroffene eine erhebliche (Selbst)Gefährdung darstellen und damit deren Wohl zuwiderlaufen. Innerhalb der vorgesehenen Frist von zwei Wochen haben insbesondere die Beteiligten Zeit und Gelegenheit, die zwingend notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen für die Entlassung der Betroffenen zu treffen.

Ende der Entscheidung

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