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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 26.03.2007
Aktenzeichen: 2 U 49/07
Rechtsgebiete: ZVG


Vorschriften:

ZVG § 152
Der Zwangsverwalter ist nach Aufhebung des Verfahrens infolge Rücknahme des Gläubigerantrages nicht mehr befugt, in einem laufenden Prozess weiterhin Mietzahlung an sich zu verlangen, sofern keine eindeutige Ermächtigung des Vollstreckungsgerichts vorliegt.
2 U 49/07

Beschluss

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und den Richter am Amtsgericht ####### am 26. März 2007 beschlossen:

Tenor:

Es wird erwogen, die Berufung des Klägers gegen das am 18. Januar 2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Dem Kläger wird Gelegenheit zur Stellungnahme und ggfs. Rücknahme der Berufung bis zum 13. April 2007 gewährt.

Gründe:

Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erscheint nicht erforderlich zu sein. Der Senat folgt insbesondere der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Frage der Fortdauer der Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters für von ihm eingeleitete Zahlungsprozesse nach Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens wegen Antragsrücknahme.

Die Berufung des Klägers hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

Die von dem Kläger unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Überraschungsentscheidung (§ 139 Abs. 2 ZPO) des Landgerichts erhobene Verfahrensrüge verhilft dem Rechtsmittel des Klägers nicht zum Erfolg, weil die Klage auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Berufungsbegründung im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden ist.

Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass der Kläger als Zwangsverwalter des streitbefangenen Grundstücks nach Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens durch Beschluss des Amtsgerichts Neustadt a. Rbge. (84 L 3/05) nicht mehr berechtigt ist, von der Beklagten als Mieterin die Zahlung der streitbefangenen Ansprüche Miete und Nebenkosten für die Zeit von Oktober 2004 bis September 2005 in Höhe von insgesamt 22.151,19 EUR an sich zu verlangen.

Zwar waren von der mit der Inbesitznahme des streitbefangenen Grundstücks durch den Kläger am 31. Januar 2005 auf Grund der Anordnung der Zwangsverwaltung durch Beschluss vom 25. Januar 2005 wirksam gewordenen Beschlagnahme des Grundstücks zunächst auch die Mietforderungen des Schuldners des Zwangsverwaltungsverfahrens gegen die Beklagte einschließlich der Ansprüche auf Nebenkostenvorauszahlungen erfasst (§§ 146, 148, 21 Abs. 2 ZVG) und zwar auch die rückständigen Mietforderungen für das Jahr vor Anordnung der Zwangsverwaltung (§ 1123 Abs. 2 Satz 1 BGB).

Die aus § 152 ZVG resultierende Prozessführungsbefugnis des Klägers als Zwangsverwalter zur gerichtlichen Geltendmachung dieser Ansprüche erstreckte sich auch auf die im Wege der Vorausverfügung angeblich bereits durch die im Schreiben der Gläubigerin vom 24. Februar 2003 erwähnte Zessionserklärung vom 9. Januar 2001 von dem späteren Schuldner des Zwangsverwaltungsverfahrens und Vermieter an die spätere Gläubigerin der Zwangsverwaltungsverfahrens abgetretenen Ansprüche aus dem streitbefangenen Mietverhältnis im Jahr vor der Beschlagnahme, weil die Gläubigerin nicht auf die Rechtsverfolgung verzichtet, sondern dem Kläger mit Schreiben vom 23. Februar 2006 bestätigt hat, dass er beauftragt gewesen sei, die rückständigen Mieten einzuklagen (§§ 8 ZwVwV, 1123 ff. BGB).

Mit der Aufhebung der Zwangsverwaltung wegen Rücknahme des Gläubigerantrages am 19. September 2005 endete jedoch zugleich die Beschlagnahme des Grundbesitzes, was das Amtsgericht in seinem Beschluss vom 20. September 2005 ausdrücklich festgestellt hat. Mit der Beendigung der Beschlagnahme des Grundstücks ist zugleich auch die Enthaftung der noch nicht durch Zahlung an den Kläger erfüllten Mietzinsansprüche eingetreten. Die Auffassung des Klägers, die auf die Zeit vor dem 19. September 2005 entfallenden streitbefangenen Mietzinsansprüche seien weiter der Beschlagnahme unterworfen, findet im Gesetz keine Stütze. Auch § 12 Abs. 3 ZwVwV berechtigt den Kläger als Zwangsverwalter nach Beendigung der Zwangsverwaltung nur, von ihm begründete Verbindlichkeiten aus der vorhandenen Liquidität zu begleichen, aber nicht zur Einziehung weiterer Zahlungsansprüche. Nach § 152 Abs. 1 und 2 ZVG ist der Kläger nur berechtigt, Ansprüche geltend zu machen, auf welche sich die Beschlagnahme erstreckt.

Entgegen der Ansicht des Klägers hat der BGH mit Urteil vom 8. Mai 2003 nicht entschieden, dass der Zwangsverwalter auch nach Aufhebung der Zwangsverwaltung infolge Rücknahme des Gläubigerantrages den Mietzinsanspruch für die Zeit des Bestehens der Zwangsverwaltung eintreiben könne. Die zitierte Fundstelle (vgl. BGHZ 155, 38 ff. I. a.E.) enthält nur die Wiedergabe der Rechtsauffassung des dortigen Berufungsgerichts, die der BGH im folgenden Satz (a.a.O. II) ausdrücklich als unzutreffend bezeichnet, weil die Prozessführungsbefugnis des Klägers auch für anhängige Prozesse die Beendigung der Zwangsverwaltung nicht überdauere, sofern nicht das Vollstreckungsgericht die Fortdauer im Zusammenhang mit der Aufhebung erkennbar bestimme (vgl. auch OLG Hamm ZInsO 2004, 1034 f). Insofern unterscheidet sich die Rechtslage von dem Fall der Aufhebung der Zwangsverwaltung wegen Zuschlages in der Zwangsversteigerung. Dort besteht die Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters fort, weil die Nutzungen aus der Zeit vor dem Wirksamwerden des Zuschlags zur Zwangsverwaltungsmasse gehören, da sich die Rechte des Erstehers allein auf die künftigen Nutzungen beziehen (vgl. BGH WuM 1993, 61). Dem gegenüber hatte es die vormalige Gläubigerin des Zwangsverwaltungsverfahrens in der Hand, den weiteren Verfahrensablauf selbst zu bestimmen und - erforderlichenfalls nach Rücksprache mit dem Kläger als Zwangsverwalter - die Rücknahme mit der Einschränkung zu versehen, dass einzelne, bestimmt bezeichnete Vermögensrechte, insbesondere die eingeklagten Forderungen, bis zu ihrer Durchsetzung für berücksichtigungsfähige Gläubigerpositionen weiter beschlagnahmt bleiben sollen (vgl. BGHZ 155, 38 ff.). Der Kläger hat jedoch nicht geltend gemacht, dass die Antragsrücknahme im vorliegenden Fall mit einer derartigen Einschränkung versehen worden ist, so dass das Vollstreckungsgericht folgerichtig in seinem Aufhebungsbeschluss unter Ziff. 2 die Beendigung der Beschlagnahme ohne jede Einschränkung festgestellt hat. Das Schreiben der ehemaligen Vollstreckungsgläubigerin vom 23. Februar 2006, in dem dem Kläger unter Bezugnahme auf die Übersicht über geleistete Zahlungen vom 6. Juni 2005 bestätigt wird, dass er beauftragt war, die rückständigen Mieten gemäß §§ 8 ZwVwV, 1123 ff. BGB einzuklagen, bezieht sich nicht auf die nach der Aufhebung der Zwangsverwaltung fälligen Forderungen und könnte im übrigen auch nicht rückwirkend eine Einschränkung der Aufhebung der Beschlagnahme durch das Amtsgericht bewirken. Der Kläger darf von Rechts wegen nach der Aufhebung der Zwangsverwaltung nicht für den Schuldner handeln (vgl. BVGH a.a.O.). Sofern der frühere Vollstreckungsschuldner als neuer Kläger in den Prozess eintreten will, damit das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht nutzlos wird, bedarf es einer entsprechenden eigenen Entscheidung des Schuldners, welche der Kläger im vorliegenden Fall nicht behauptet. Ob der frühere Vollstreckungsschuldner den Kläger überdies zur Einziehung der Forderungen im vorliegenden Rechtsstreit in eigenem Namen, ermächtigen dürfte, kann ebenso offen bleiben, wie die Frage, ob die angebliche Forderungsabtretung der Ansprüche aus dem Mietverhältnis durch den Vermieter an die spätere Gläubigerin des Zwangsverwaltungsverfahrens vom Januar 2001 auch nach der Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens weiter Gütigkeit hat. Selbst wenn die vormalige Gläubigerin weiterhin als materiell Berechtigte anzusehen wäre, ergäbe sich daraus für den Kläger keine Prozessführungsbefugnis, weil der Kläger bis zum Ablauf der Frist zur Berufungsbegründung nicht vorgetragen hat, nach dem Ende der Zwangsverwaltung durch uneingeschränkte Antragsrücknahme zur weiteren Einziehung der streitbefangenen Forderungen ermächtigt worden zu sein. Das Schreiben vom 23. Februar 2006 nimmt, wie bereits ausgeführt, nur auf die Beauftragung im laufenden Zwangsverwaltungsverfahren unter Hinweis auf die Regelung in § 8 ZwVwV Bezug. Außerdem könnte der Kläger selbst im Falle gewillkürter Prozessstandschaft nach Offenlegung einer etwaigen Abtretung nicht Zahlung an sich, sondern lediglich an den Zessionar begehren.

Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich aus dem Beschluss des Amtsgerichts vom 20. September 2005 über die Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens und über die uneingeschränkte Beendigung der Beschlagnahme nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit, dass der Kläger weiter befugt sein sollte, die streitbefangenen Zahlungsansprüche weiterhin gerichtlich geltend zu machen. Im Gegenteil folgt aus Ziff. 3 des Beschlusses das uneingeschränkte Verbot der Entgegennahme von Zahlungen durch den Kläger als Zwangsverwalter, der zugleich verpflichtet worden ist, die Beklagte als Mieterin über die Verfahrensaufhebung zu unterrichten. Dieser Mitteilung kommt die Wirkung zu, dass die Beklagte vom Zugang der Mitteilung an nicht mehr mit befreiender Wirkung an den Kläger, sondern nur noch an den materiell berechtigten Anspruchsinhaber leisten kann. Die pauschale Regelung in Ziff. 4 des Beschlusses, dass der Kläger anhängige Prozesse nach pflichtgemäßer Entscheidung fortsetzen darf, genügt für die Anordnung der Fortdauer der Prozessführungsbefugnis und der Beschlagnahmewirkung hinsichtlich der streitbefangenen Ansprüche nicht. Der vorliegende Prozess ist ebenso wenig ausdrücklich erwähnt wie eine Einschränkung des Verbotes zur Entgegennahme von Zahlungen. Die lediglich pauschale Regelung macht aber auch dann einen Sinn, weil sie den Kläger zur Fortsetzung etwaiger Passivprozesse und sonstiger etwaiger Rechtsstreitigkeiten ermächtigt, mit denen der Zwangsverwalter andere Forderungen als Zahlungsansprüche verfolgt, z. B. auf Feststellung oder auf Räumung, für die freilich auch anerkannt ist, dass die Herausgabe des Objekts nur an den Berechtigten verlangt werden kann (vgl. OLG Frankfurt RPfleger 1960, 409). Gegen die abweichende Auslegung des Aufhebungsbeschlusses durch den Kläger spricht auch, dass der Zwangsverwalter nach Ziff. 5 des Beschlusses vorhandene Zwangsverwaltungsüberschüsse an den Schuldner herauszugeben hat und zwar noch "aus den einbehaltenen Mitteln verbleibende Reste" nach Abschluss der Abwicklungsmaßnahmen. Von Überschüssen aus künftig noch einzuziehenden Forderungen ist dort gerade nicht die Rede.

Schließlich gehen bereits unüberwindliche Zweifel an dem Umfang des Verbotes der Entgegennahme von Zahlungen für den Zwangsverwalter zu Lasten des Klägers, weil die Einschränkung der Rechtsmacht des materiell Berechtigten einer eindeutigen gerichtlichen Anordnung bedarf, an der es hier in jedem Fall fehlt.

Ende der Entscheidung

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