Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 28.05.2009
Aktenzeichen: 2 W 131/09
Rechtsgebiete: KostO, BeurkG


Vorschriften:

Die vollstreckbare Ausfertigung von drei unterschiedlichen Kostenrechnungen eines Notars darf nicht in der Weise hergestellt werden, dass in einem einzigen Schriftstück nach dem Einleitungssatz, es seien "folgende Kostenrechnungen erteilt" worden, der Inhalt der drei Kostenrechnungen aufgelistet und am Schluss eine Gesamtforderung ausgewiesen wird.
Beschluß ist gem. Anlage berichtigt.

2 W 131/09

9 T 120/08 Landgericht L.

Beschluss

In der Notarkostenbeschwerdesache betreffend die vollstreckbare Ausfertigung des Notars Dr. M. vom 25. September 2008

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht R., den Richter am Oberlandesgericht Dr. L. und den Richter am Oberlandesgericht Dr. L. am 28. Mai 2009 beschlossen:

Tenor:

Auf die am 4. Mai 2009 beim Landgericht L. eingegangene weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts vom 7. April 2009 wird die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung des Notars Dr. U. M. vom 25. September 2008 für unzulässig erklärt.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Der Wert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 1.290.69 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit ihrer weiteren Beschwerde vom 28. April 2009 wenden sich die Kostenschuldner gegen den Beschluss des Landgerichts vom 7. April 2009, durch den ihre Beschwerde vom 10. Oktober 2008 gegen die vollstreckbare Ausfertigung der Kostenrechnungen zu den Urkundsrollen Nrn. #######, #######und #######des Notars Dr. M. vom 25. September 2008 zurückgewiesen worden ist.

Mit drei unterschiedlichen Kostenrechnungen vom 5. Februar 2008 stellte der Notar Dr. M. den Kostenschuldnern für notarielle Tätigkeiten Beträge in Höhe von 44,03 EUR (Nr. #######), 623,33 EUR (Nr. #######) und 623,33 EUR (RgNr. #######) - mithin einer Gesamtsumme von 1.290,69 EUR - in Rechnung. Mit Datum vom 25. September 2008 erteilte er zum Zwecke der Zwangsvollstreckung eine vollstreckbare Ausfertigung seiner Kostennoten gegen die Beschwerdeführer, indem er in einem einzigen Schriftstück nach dem Einleitungssatz "Am 05.02.08 habe ich Herrn Frau M. und H. L.... folgende Kostenrechnungen erteilt: ..." den Inhalt der drei Kostenrechnungen vom 5. Februar 2008 auflistete und am Schluss eine Gesamtforderung in Höhe von 1.290,69 EUR, die ab Zustellung mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen sei, auswies. Daraufhin erhoben die Kostenschuldner mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2008 Beschwerde gegen die vorgenannte vollstreckbare Ausfertigung und führten zur Begründung u. a. aus, dass der Notar die Vorschrift des § 155 KO nicht eingehalten habe, weil er nicht die ursprüngliche Kostenberechnung mit der Klausel, sondern ein gänzlich neues Schriftstück angefertigt habe. Darüber hinaus haben die Kostenschuldner geltend gemacht, dass sie die Notargebühren bereits beglichen hätten. Nach Einholung einer Stellungnahme der Präsidentin des Landgerichts L. hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts L. Beweis über die Behauptung der Kostenschuldner erhoben, dass die geltend gemachten Notarkosten durch Barzahlung erfüllt worden seien. Es hat sodann die Beschwerde der Kostenschuldner mit der Begründung zurückgewiesen, dass die angefochtene vollstreckbare Ausfertigung den formellen Anforderungen der Kostenordnung genüge. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die erteilte vollstreckbare Ausfertigung den Anforderungen des § 49 BeurkG genüge. Es sei kein hinreichender Grund ersichtlich, warum der Notar nicht mehrere Kostenrechnungen zusammenfassen und sämtlich in einer Klausel für vollstreckbar erklären dürfe. Für den Kostenschuldner sei aus der Gesamtaufstellung zwanglos ersichtlich, dass sich die Vollstreckbarkeitserklärung auf alle aufgelisteten Rechnungen beziehe. Das Erfordernis, jede einzelne Rechnung mit einer entsprechenden Vollstreckungsklausel zu versehen, stelle eine überflüssige Förmelei dar.

Gegen diese Entscheidung richtet sich das am 4. Mai 2009 beim Landgericht L. eingegangene "Rechtsmittel" der Kostenschuldner vom 28. April 2009, das jedoch trotz Ankündigung in der Rechtsmittelschrift bisher nicht begründet worden ist.

II.

Das als (befristete) weitere Beschwerde geltende Rechtsmittel der Kostenschuldner ist zulässig. Das Landgericht hat die weitere Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Das Rechtsmittel ist form und fristgerecht eingelegt worden. Das Fehlen einer Begründung steht der Zulässigkeit der weiteren Beschwerde nicht entgegen (vgl. Korintenberg/Bengel/Tiedtke, KostO, 17. Auflage, § 156 Rdz. 87).

Der Senat ist auch an einer Sachentscheidung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gehindert. Den Beteiligten zu 3. und 4. ist ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden. Dem Notar ist die Beschwerdeschrift vom 28. April 2009 bereits vor mehr als zwei Wochen übersandt worden, ohne dass er eine weitere Stellungnahme abgegeben hätte. Eine erneute Beteiligung der vorgesetzten Dienstbehörde hält der Senat für entbehrlich, weil die weitere Beschwerde keine Begründung enthält und der Senat daher davon ausgeht, dass die Präsidentin des Landgerichts L. an ihrer Stellungnahme vom 3. November 2008 im Beschwerdeverfahren gegenüber dem Landgericht festhält.

III.

Die weitere Beschwerde ist auch begründet. Die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts L. beruht auf einer Verletzung des Rechts i.S. von § 156 Abs. 2 Satz 3 KostO.

Zu Unrecht hat das Landgericht die Auffassung vertreten, dass die streitgegenständliche vollstreckbare Ausfertigung den gesetzlichen Erfordernissen genüge.

Gem. § 155 Satz 1 KostO werden die Kosten auf Grund einer mit der Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigung der Kostenberechnung i.S. von § 154 KostO beigetrieben. Wann eine zur Zwangsvollstreckung geeignete Ausfertigung vorliegt, richtet sich nach den Vorschriften des Beurkundungsgesetzes und zwar den §§ 47ff. BeurkG.

Gem. § 49 Abs. 1 Satz 1 BeurkG besteht die Ausfertigung in einer Abschrift der Urschrift, die mit dem Ausfertigungsvermerk versehen ist. Schon der Wortlaut indiziert somit, dass die Abschrift mit der zugrunde liegenden Urschrift in jeder Hinsicht übereinstimmen muss. Es entspricht insoweit allgemeiner Meinung, dass es entscheidend auf den inhaltlichen Gleichlaut zwischen Abschrift und Urschrift ankommt (vgl. Eylmann/Vassen, BeurkG, 2. Auflage, § 42 Rdz. 5), ohne dass diese aber ein optisches Abbild darstellen muss (vgl. Winkler, BeurkG, 16. Auflage, § 42 Rdz. 8 a). An einem inhaltlichen Gleichlaut fehlt es aber nicht nur, wenn die Abschrift - mit Ausnahme des Sonderfalles des § 42 Abs. 3 BeurkG - weniger enthält als die Urschrift. An einer wörtlichen Übereinstimmung im o.g. Sinn fehlt es auch dann, wenn die Ausfertigung mehr als die Urschrift enthält (vgl. Huhn/von Schuckmann, BeurkG, 3. Auflage, § 49 Rdz. 5). Genau dies ist aber vorliegend der Fall, weil keine Urschrift in Form einer aus drei Kostenrechnungen bestehenden Abrechnung existiert. Vielmehr existieren drei einzelne Abrechnungen in drei unterschiedlichen (Ur)Schriften.

Dass insoweit hohe Anforderungen zu stellen sind, rechtfertigt sind schon daraus, dass die vollstreckbare Ausfertigung Grundlage einer Zwangsvollstreckung darstellt, die in besonderem Maße in die Rechtsposition des Schuldners eingreift. Gerade weil die Ausfertigung der Niederschrift gem. § 47 BeurkG die Urschrift im Rechtsverkehr vertritt und der Vollstreckungsklausel eine Zeugnis und Schutzfunktion zukommt (vgl. Zöller/Geimer/Stöber, ZPO, 27. Auflage, § 724 Rdz. 1) sind daher hohe Anforderungen zu stellen. Die pauschale Feststellung des Landgerichts, es stelle eine überflüssige Förmelei dar, wenn jede Rechnung mit einer entsprechenden Vollstreckungsklausel versehen werden müsste, lässt elementare Grundsätze des Vollstreckungs- und des Beurkundungsrechts außer Acht. Nicht nur das Vollstreckungsrecht, sondern gerade das Beurkundungsrecht ist in ganz besonderem Maße durch das Prinzip der Formstrenge beherrscht. Schon deshalb geht der Hinweis auf eine Förmelei fehl.

Auch aus Gründen der Praktikabilität ist es nach Auffassung des Senats geboten, für jede einzelne Notarkostenrechnung eine gesonderte vollstreckbare Ausfertigung zu erstellen. Denn gem. § 757 Abs. 1 ZPO hat ein Gerichtsvollzieher nach Empfang der Leistung dem Schuldner die vollstreckbare Ausfertigung nebst einer Quittung auszuliefern (vgl. auch § 106 Nr. 3 GVGA). Diese Vorschrift, die dem Schutz des Vollstreckungsschuldners vor nochmaliger Vollstreckung dient (vgl. Zöller/Stöber, aaO, § 757 Rdz. 1) würde unterlaufen, wenn sich die vollstreckbare Ausfertigung im Ergebnis aus drei Titeln zusammensetzt. Selbst wenn der Schuldner die Forderung aus einer Notarkostenrechnung voll beglichen hätte, könnte die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung unter Hinweis auf die beiden anderen noch offenen Rechnungen verweigert werden. Den Schuldner darauf zu verweisen, dass er bei jeder Leistung zusätzlich (§ 74 Nr. 1 GVO) eine Quittung erteilt bekommt, erscheint nicht sachgerecht. Der Schuldner hat schon aus Gründen der Rechtssicherheit ein Interesse daran, nach vollständiger Befriedigung der Forderung die vollstreckbare Ausfertigung zu erhalten, um so nachhaltigen Schutz vor einer nochmaligen ungerechtfertigten Vollstreckung wegen derselben Forderung zu erhalten.

Der Senat folgt daher im Ergebnis der Rechtsprechung des Landgerichts Hannover, welches unter Hinweis auf eine nicht näher ausgeführte Stellungnahme eines Bezirksrevisors ebenfalls die Auffassung vertreten hat, dass es unzulässig sei, mehrere selbständige Kostenabrechnungen mit einer Klausel in einem Schriftstück für vorläufig vollstreckbar zu erklären (Nds.RPfl. 2005, 151. ebenso Rohs/Wedever, KostO, 3. Auflage, § 155 Rdz. 4).

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 156 Abs. 5 Satz 2 KostO.

Von einer Entscheidung gem. § 13 a FGG i.V.m. § 156 Abs. 4 Satz 4 KostO hat der Senat abgesehen. Gem. § 13 a FGG bedarf die Auferlegung der Kosten einer besonderen Rechtfertigung im Einzelfall, d.h. es müssen zu dem Unterliegen noch besondere Gründe hinzutreten (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler/Zimmermann, FGG, 15. Auflage, § 13 a, Rdz. 21ff.). Dazu gehört beispielsweise das Aufstellen unwahrer Behauptungen oder die erkennbare Aussichtslosigkeit eines Antrages (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler/Zimmermann, aaO). Solche besonderen Gründe sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

V.

Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 30, 131 Abs. 2 KostO und richtet sich nach dem Wert des zu vollstreckenden Anspruchs (vgl. Zöller/Herget, aaO, § 3 Rdz. 16 "Vollstreckungsklausel").

2 W 131/09

9 T 120/08 Landgericht L.

Beschluss

In der Notarkostenbeschwerdesache betreffend die vollstreckbare Ausfertigung des Notars Dr. M. vom 25. September 2008

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht R., den Richter am Oberlandesgericht Dr. L., und den Richter am Oberlandesgericht Dr. L. am 15. Juni 2009 beschlossen:

Der Tenor des Beschlusses des Senats vom 28. Mai 2009, den Beteiligten zu 1 und 2 zugestellt am 5. Juni 2009 und dem Beteiligten zu 3 zugestellt am 8. Juni 2009, wird wegen eines offensichtlichen Fassungsversehens gem. § 319 ZPO berichtigt und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Auf die am 4. Mai 2009 beim Landgericht L. eingegangene weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts vom 7. April 2009 aufgehoben und die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung des Notars Dr. Ulrich M. vom 25. September 2008 für unzulässig erklärt.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Der Wert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 1.290.69 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Beschluss war wegen eines offensichtlichen Fassungsversehens gem. § 319 ZPO von Amts wegen im Tenor zu berichtigen. Von der vorherigen Anhörung der Beteiligten konnte im Hinblick auf die Art der Unrichtigkeit abgesehen werden.



Ende der Entscheidung

Zurück