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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 07.12.2006
Aktenzeichen: 2 W 137/05
Rechtsgebiete: InsO, KO


Vorschriften:

InsO §§ 208 ff.
InsO § 208 Abs. 1
InsO § 208
InsO § 209
InsO § 209 Abs. 1 Nr. 3
InsO § 210
KO § 59 Abs. 1 Nr. 1
KO § 60
KO § 60 Abs. 1 Nr. 1
1. Eine Gehörsrüge ist auch unbegründet, wenn die Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht kausal für die angegriffene Entscheidung war.

2. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum fehlenden Rechtsschutzbedürfnis für Kostenfestsetzungsanträge im Falle einer Masseunzulänglichkeit ist nicht auf Fallgestaltungen übertragbar, die noch nach der Konkursordnung abzuwickeln sind.


2 W 137/05

Beschluss

In der Beschwerdesache

hat der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Gehörsrüge des Beklagten zu 2. gegen den Senatsbeschluss vom 24. Mai 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### als Einzelrichter am 7. Dezember 2006 beschlossen:

Tenor:

Die Gehörsrüge wird auf Kosten des Beklagten zu 2. nach einem Wert von 1.469,98 € zurückgewiesen.

Gründe:

1. Mit dem Beschluss vom 24. Mai 2006 hat der Senat die Beschwerde des Beklagten zu 2. gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers beim Landgericht H. vom 20. April 2005 zurückgewiesen. Der Beklagte zu 2. war an dem zugrundeliegenden Zivilverfahren als Konkursverwalter über das Vermögen der W. GmbH und damit als Partei kraft Amtes beteiligt. In dem seinerzeit angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss hatte der Rechtspfleger eine Kostenerstattung in Höhe von 1.469,98 € gegen ihn festgesetzt. Dagegen richtete sich die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2. mit der Begründung, es liege Masseunzulänglichkeit gemäß §§ 208 ff. InsO vor, sodass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine Kostenfestsetzung gegen ihn nicht erfolgen könne. Mit dem angefochtenen Beschluss hat der Senat die sofortige Beschwerde mit der Erwägung zurückgewiesen, dem Beklagten zu 2. sei eine Glaubhaftmachung der Massearmut nicht gelungen, weil der Kläger die Masseunzulänglichkeit bestreite.

Dagegen richtet sich die Gehörsrüge mit dem Vortrag, ein Bestreiten der Masseunzulänglichkeit sei nicht erfolgt, vielmehr habe der Kläger die Frage des Vorliegens einer Masseunzulänglichkeit offen gelassen.

a) Die Gehörsrüge ist zulässig. Der Senatsbeschluss vom 24. Mai 2006 geht zu Unrecht davon aus, die Kläger hätten den Eintritt der Masseunzulänglichkeit bestritten. Darin liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 26 Auflage, § 321 a Rdnr. 7).

Die Rüge ist indessen unbegründet, weil die Entscheidung auf der Gehörsverletzung nicht beruht. Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2. wäre auch aus anderen Gründen zurückzuweisen gewesen, sodass die Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht kausal für die Entscheidung in der Sache geworden ist (dazu Zöller/Vollkommer a.a.O. Rdn. 12).

b) Der Beklagte zu 2. beruft sich für seine Auffassung, gegen ihn könnten keine Kosten festgesetzt werden, auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 17. Mai 2005 - IX ZB 247/03 -. Dort hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dem Gegner einer insolventen Partei fehle im Kostenfestsetzungsverfahren das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Insolvenzverwalter nach Eintritt der Rechtshängigkeit die Unzulänglichkeit der Masse nach § 208 Abs. 1 InsO angezeigt habe. Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 22. September 2005 - IX ZB 91/05 - auf die Fälle der Neumasseverbindlichkeit erweitert.

Beiden Entscheidungen lagen allerdings - anders als hier - Verfahren zugrunde, für die die Insolvenzordnung anzuwenden war. Der Bundesgerichtshof begründet seine Auffassung ausdrücklich mit dem Vollstreckungsverbot nach § 210 InsO, wonach die Vollstreckung wegen einer Masseverbindlichkeit i.S.v. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig ist, sobald ein Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat. Daraus folgt nach Auffassung des Bundesgerichtshofes, dass für die Festsetzung einer - wegen § 210 InsO nicht vollstreckbaren - Gebührenforderung das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Kostenfestsetzung fehle.

Diese Rechtsprechung ist nicht übertragbar auf Fälle, die nach dem Recht vor Inkrafttreten der Insolvenzordnung zu entscheiden sind. Die Konkursordnung, die durch die Insolvenzordnung abgelöst wurde, enthielt keine dem § 210 InsO entsprechende Vorschrift zum Vollstreckungsschutz. Nach § 60 KO war lediglich eine Rangordnung der Masseverbindlichkeiten vorgesehen, nicht jedoch ein den Vorschriften der §§ 208-210 InsO vergleichbarer Vollstreckungsschutz (vgl. Hefermehl in: MünchKomm. zur Insolvenzordnung, § 208 Rdn. 4). § 60 KO regelte lediglich das Verfahren bei Vorliegen einer Masseunzuläng-lichkeit und enthielt Bestimmungen für den Fall, dass die Masse zur vollständigen Befriedigung aller Massegläubiger nicht ausreichte (vgl. Kilger/Karsten Schmidt, Insolvenzgesetze, 17. Aufl. 1997, § 60 KO Anm. 1)), sah aber keinen dem § 210 InsO vergleichbaren Vollstreckungsschutz vor.

c) Für den vorliegenden Fall gelten noch die Vorschriften der Konkursordnung, da das Verfahren wegen der Zahlungsunfähigkeit der Beklagten zu 2. vor dem 1. Dezember 2001 eröffnet wurde (Art. 103 a EGInsO).

Auch unter der Geltung der Konkursordnung kann eine Masseunzulänglichkeit (hier nach § 60 KO) als materiell-rechtliche Einwendung erhoben werden. Diese Einwendung ist allerdings im Kostenfestsetzungsverfahren nur im Ausnahmefall zu berücksichtigen, weil das Kostenfestsetzungsverfahren allein dem Zweck dient, die Kostengrundentscheidung der Höhe nach zu beziffern. Die grundlegende Prüfung materiell-rechtlicher Einwendungen gegen den Erstattungsanspruch erfolgt deshalb im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 24. März 2004 - 8 W 186/04 -; ebenso bereits OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Dezember 1990 - 10 W 82/90 -, MDR 1991 S. 357).

Eine Berücksichtigung materiell-rechtlicher Einwendungen kommt allerdings dann in Betracht, wenn eine rechtliche Regelung einfach gelagert und der zugrunde liegende Tatsachenvortrag unstreitig ist (vgl. OLG Celle und OLG Düsseldorf a.a.O.). Diese Voraussetzungen liegen hier indes nicht vor. Zwar hat der Beklagte zu 2. einen vorläufigen Vermögensstatus vorgelegt und eidesstattlich versichert, wonach die Aktiva der Gemeinschuldnerin in Höhe von ca. 74.600 € die Masseverbindlichkeiten in Höhe von ca. 300.700 € bei Weitem unterschreiten. Dieser vorläufige Vermögensstatus ist unter der Geltung von § 60 KO allerdings wenig aussagekräftig. Bei den Gebührenforderungen der Kläger dürfte es sich um Masseschulden i.S.v. § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO handeln, die nach § 60 Abs. 1 Nr. 1 KO anderen Massekosten und Masseschulden vorgehen, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis der Beträge. Ob es sich allerdings tatsächlich um bevorrechtigte Masseschulden gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO handelt und wie ihr Verhältnis zu anderen Masseschulden gleichen Ranges zu bewerten ist, lässt sich im Kostenfestsetzungsverfahren nicht klären. Immerhin existieren Vermögenswerte in Höhe von ca. 74.600 €, sodass eine vorrangige Befriedigung der klägerischen Gebührenforderungen gemäß §§ 59 Abs. 1 Nr. 1, 60 Abs. 1 Nr. 1 KO und damit eine Vollstreckbarkeit nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Für eine Klärung solcher tatsächlich schwieriger Fragen ist das Kostenfestsetzungsverfahren nicht geeignet.

Aus diesen Gründen kommt hier eine Berücksichtigung der materiell-recht-lichen Einwendung der Masseunzulänglichkeit im Kostenfestsetzungsverfahren nicht in Betracht. Für den Fall der Vollstreckung des Kostenfestsetzungsbeschlusses werden die Einwendungen des Beklagten zu 2. ggf. im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage zu prüfen sein (vgl. den Senatsbeschluss vom 7. Februar 2006 - 2 W 145/05 - sowie OLG Celle und OLG Düsseldorf a.a.O.).

2. Die Gegenvorstellung des Beklagten zu 2. ist lediglich hilfsweise für den Fall einer Unzulässigkeit der Gehörsrüge eingelegt. Dieser Fall liegt nicht vor, sodass sich eine Entscheidung erübrigt.

Die Gegenvorstellung wäre außerdem aus den oben genannten Gründe ebenfalls erfolglos.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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