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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 12.07.2001
Aktenzeichen: 22 U 124/00
Rechtsgebiete: VOB/B


Vorschriften:

VOB/B § 13 Nr. 3
VOB/B § 13 Nr. 4
Zum Umfang der Prüfungspflicht von Vorleistungen anderer Unternehmer. - Voraussetzungen für die Befreiung von der Gewährleistung
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

22 U 124/00

Verkündet am 12. Juli 2001

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juni 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #### sowie die Richter am Oberlandesgericht #### und #### für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 23. März 2000 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim teilweise abgeändert.

Der Zug-um-Zug-Vorbehalt für die Verurteilung der Beklagten auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde der Landessparkasse #### vom 12. Dezember 1998 über 120.000 DM an die Klägerin entfällt.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 0,6 % Zinsen auf 120.000 DM vom 29. März 1993 bis zur Herausgabe der o. g. Bürgschaftsurkunde an die Klägerin zu zahlen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits und die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens 4 OH 139/94 LG Hildesheim trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 147.000 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Parteien dürfen Sicherheit durch unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete, schriftliche und selbstschuldnerische Bürgschaft einer Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört, oder einer öffentlichen Sparkasse erbringen.

Beschwer: 100.022 DM.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Herausgabe einer Gewährleistungsbürgschaft und die Zahlung von Avalzinsen.

Mit Bauvertrag vom 9. Dezember 1985, der nicht in allen Einzelheiten vorgetragen ist, beauftragte die Klägerin die Beklagte u.a. mit der Herstellung einer 310 m langen und 3,50 m breiten Zufahrtstraße von einem landwirtschaftlichen Weg zur Kläranlage ####. Die Parteien vereinbarten die Geltung der VOB. Unter Ziffer 6.2 der Vertragsbedingungen EVM (B) BVB (Anlage K 1, Bl. 16 d.A.) vereinbarten die Parteien, dass der Auftragnehmer statt eines Einbehaltes der Auftragssumme von 5 % als Sicherheit eine Gewährleistungsbürgschaft nach dem Formular EFB-Sich 2 stellen kann. In Ziff. 25.2 der Vertragsbedingungen EVM (B) ZVB (Anl. K 7, Bl. 27 d.A.) vereinbarten die Parteien, dass 'Urkunden über Gewährleistungsbürgschaften (EFB-Sich 2) auf Verlangen zurück gegeben werden, wenn die Verjährungsfristen für Gewährleistung einschließlich Schadenersatz abgelaufen und die bis dahin erhobenen Ansprüche - auch auf Erstattung von Überzahlungen - erfüllt worden sind'. Bezüglich des Leistungsverzeichnisses für die Straßenbauarbeiten wird auf die Anlage B 1, Bl. 126-128 d.A. verwiesen. Außer dem wird auf die Anlage B 2 (Bl. 129 d.A.) Bezug genommen.

Als Subunternehmer für die Errichtung der Zufahrtstraße beauftragte die Klägerin die #### (Bl. 24 d.A.). Der Schichtenaufbau für die Zufahrtstraße war wie folgt vorgesehen:

1. 35 cm Sandstein-Schotter (Baustraße),

2. 10 cm Mineralgemisch,

3. 3 cm Sandausgleich,

4. 10 cm Verbundsteinpflaster

Zur Benutzung als Baustraße stellte die Subunternehmerin #### zunächst die Sandstein-Schotterschicht fertig.

In der Zeit vom 19. August 1997 bis zum 28. September 1987 (Bl. 5 d.A.) erstellte die von der Beklagten beauftragte Firma #### im östlichen Bereich der Baustraße eine Abwasserdruckleitung, wozu sie die Baustraße in einer Tiefe von 1,4 m unter der Fahrbahnbefestigung und 1 m Breite öffnete, eine 25 cm Durchmesser aufweisende Rohrleitung im Kies verlegte und den entstandenen Rohrgraben mit eigenem Material wieder auffüllte.

Anschließend stellte die Subunternehmerin #### den Oberbau der Zufahrtstraße, bestehend aus 10 cm Mineralgemisch, 3 cm Sandausgleich und 10 cm Verbundsteinpflaster fertig.

Im November 1987 stellte die Klägerin ihre Werkleistungen insgesamt fertig und erstellte unter dem 30. November 1987 ihre Schlussrechnung. Am 10. Dezember 1987 erstellte der von der Klägerin mit der Bauplanung und Bauüberwachung beauftragte Ingenieur #### das von Vertretern der Parteien unterzeichnete Abnahmeprotokoll (Anl. K 3, Bl. 18-20 d.A. als Leseabschrift und Anl. B 10, Bl. 167-169 d.A. als Ablichtung des handschriftlichen Originals), in dem unter Ziff. 12 aufgeführt ist:

'Die Gewährleistung gem. VOB läuft bis zum 09.12.1989.

Vorher ist eine Nachabnahme durch zu führen.'

In der Folgezeit übergab die Klägerin der Beklagten die auf dem Formular EFB-Sich 2 (Gewährleistungsbürgschaft) erstellte Bürgschaftsurkunde vom 12. Dezember 1988 (Anl. K 2, Bl. 17 d.A. und Bl. 21 d.A.), in der die Landessparkasse #### die selbstschuldnerische Bürgschaft zu einer Gesamthöhe von 120.000 DM übernommen hat und die mit der Klage heraus verlangt wird.

Am 7. Dezember 1989 (Leseabschrift als Anl. K 4, Bl. 22 und 23 d.A., Ablichtung des handschriftlichen Originals als Anl. B 9, Bl. 165-166 d.A.) erstellte der Ingenieur #### die Niederschrift über die bautechnische Nachabnahme, die von den Parteien unterzeichnet wurde. Die Niederschrift listete unter Ziff. 5 u.a. folgende Mängel auf:

'3. Versackungen sind nach gemeinsamer Begehung fest zu legen und auszugleichen.

4. Die gesamte Zufahrtstraße ist bzgl. der Versackungen auf der Ostseite in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen.'

Unter Ziff. 6 wurde ausgeführt, dass die genannten Mängel bis zum 31. Mai 1990 zu beheben sind. Ziff. 7 des handschriftlich abgeänderten Formulartextes lautet:

'Gewährleistung: Die Gewährleistung gem. VOB der in Punkt 5 genannten Mängel läuft bis zur Behebung der Mängel.

Die Bankbürgschaft ist dann zurück zu geben.'

Mit Schreiben vom 8. März 1990 (Anl. K 5, Bl. 24 d.A.) lehnte die Subunternehmerin #### gegenüber der Klägerin eine Haftung für die Versackung mit der Begründung ab, dass diese auf eine mangelhafte Ausführung der Kanalbauarbeiten zurück zu führen sei und dass ihr nach dem Leistungsverzeichnis nicht bekannt gewesen sei, dass die schmale Zufahrtstraße in erheblichem Maße mit Fahrzeugen des Schwerverkehrs (10 Tonnen Achslast) befahren werde. Diese Ablehnung der Subunternehmerin teilte die Klägerin dem Ingenieurbüro #### mit Schreiben vom 13. März 1990 mit (Anlage K 6, Bl. 26 d.A.). Mit Schreiben vom 3. Mai 1990 (Anl. B 3, Bl. 131 f d.A.) forderte der Dipl.-Ing. #### die Klägerin auf, die festgestellten Mängel in der Zufahrtstraße, wie in der bautechnischen Nachabnahme vom 7. Dezember 1989 vereinbart, bis zum 31. Mai 1990 zu beheben.

Zu einer Mängelbeseitigung kam es aber nicht, weil die Parteien sich nicht über die Kostentragung einer solchen Mängelbeseitigung einigen konnten. Mit anwaltlichem Schreiben vom 24. Mai 1993 (Anl. K 8, Bl. 28-33 d.A.) forderte die Klägerin die Beklagte auf, die im Klagantrag genannte Gewährleistungsbürgschaft bis zum 28. Mai 1993 heraus zu geben.

Mit Schriftsatz vom 11. März 1994, beim Landgericht Hildesheim eingegangen am 14. März 1994, leitete die Klägerin gegen die Beklagte beim Landgericht Hildesheim zu 4 OH 139/94 ein selbständiges Beweisverfahren ein, in dem das Landgericht mit Beweisbeschluss vom 25. März 1994 (Bl. 29 bis 35 d. Beiakten 4 OH 139/94) die beantragte Beweisaufnahme anordnete. Hinsichtlich des Beweisergebnisses wird auf das Gutachten #### vom 19. März 1997 und sein Ergänzungsgutachten vom 16. August 1998 (Bl. 238 f der Beiakten sowie Aktenhülle der Beiakten) verwiesen.

Mit der Klage hat die Klägerin die unbedingte Herausgabe der Bürgschaftsurkunde und Zahlung von Avalzinsen in Höhe von 0,6 % auf 120.000 DM seit dem 29. Mai 1993 geltend gemacht. Erstmals mit Schriftsatz vom 18. November 1999 (Bl. 123 d. A.) hat die Beklagte gerügt, dass zusätzlich zu den bereits vorhandenen Absackungen im östlichen Fahrbahnbereich sich nunmehr auch deutlich erkennbare Senkungen im westlichen Bereich zeigten. Mit dem am 23. März 2000 verkündeten Urteil, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird (Bl. 222-237 d.A.), hat das Landgericht unter Klagabweisung im Übrigen die Beklagte verurteilt, die Bürgschaft der Landessparkasse #### vom 12. Dezember 1988 über einen Betrag in Höhe von 120.000 DM an die Klägerin heraus zu geben aber nur Zug um Zug gegen Stellung einer neuen selbstschuldnerischen Bürgschaft einer öffentlichen Sparkasse oder deutschen Großbank in Höhe von 30.000 DM wegen der Gewährleistungspflichten der Klägerin gegenüber der Beklagten aus dem Bauvorhaben Kläranlage #### nebst Zufahrtstraße. Mit Berichtigungsbeschluss vom 12. Mai 2000 (Bl. 256 und 257 d.A.) hat es die Kosten des Rechtsstreits und die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens 4 OH 139/94 LG Hildesheim der Klägerin zu 25 % und der Beklagte zu 75 % auferlegt. Zur Begründung des Urteils hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Herausgabeanspruch für die Bürgschaftserklärung aus Ziff. 25.2 der EVM (B) ZVB ergebe. Den unstreitigen Mangel der Absackung im östlichen Bereich der Zufahrtstraße habe die Klägerin zu vertreten. #### habe überzeugend fest gestellt, dass diese Absackungen durch eine unzureichende Verdichtung bzw. sogar Verdichtbarkeit des Materials verursacht worden sei, mit welchem die Firma #### den Kanalgraben verfüllt habe (Bl. 12 f des Gutachtens vom 13. März 1997). Die seinerzeit erreichte Verdichtung habe mit 88 bis 88,5 % unterhalb des erforderlichen Verdichtungsgrades von 97 % gelegen, was ihren Grund in dem hohen Steinanteil von 5 bis 25 % und Blockanteil von weiteren 15 % des Verfüllungsmaterials gehabt habe. Der von der Subunternehmerin #### aufgebrachte Oberbau auf dieses Material sei mangelfrei gewesen (Bl. 14 des Gutachtens vom 19. März 1997). Gem. § 4 Nr. 3 VOB/B wäre die Klägerin verpflichtet gewesen, das Vorgewerk der Firma #### zu überprüfen, wobei sie den Mangel hätte fest stellen können. Nach § 242 BGB sei die Klägerin gehindert, die Verjährungseinrede wegen dieses Mangels zu erheben. Sie habe nämlich bei der bautechnischen Nachabnahme am 7. Dezember 1989 einer Verlängerung der Gewährleistungsfrist bis zur Behebung der Mängel zugestimmt. Durch das selbständige Beweisverfahren sei die Verjährung darüber hinaus unterbrochen worden. Es könne dahin stehen, ob die Klägerin auch die behaupteten Absackungen im westlichen Bereich zu vertreten habe, denn die Beklagte sei aus ihrer Schadensminderungspflicht in so weit zur rechtzeitigen Ersatzvornahme verpflichtet gewesen. Der Höhe nach brauche der Nachunternehmer, der seine Prüfungspflicht aus § 4 Nr. 3 VOB/B verletzt habe, nur in Höhe des Anteils zu tragen, der da durch erhöht sei, dass er seine Prüfungs- und Mitteilungspflicht verletzt habe. Ein Mitverschulden brauche sich die Beklagte nicht zurechnen zu lassen. Die Gesamtkosten für die Beseitigung der Absackungen im östlichen Bereich habe der Sachverständige mit 30.000 DM bemessen (Bl. 15 f des Hauptgutachtens vom 19. März 1997). Unter Berücksichtigung des nur geringeren Anteils der Beseitigungskosten des Straßenoberbelages, welchen die Klägerin erstellt habe, gegenüber dem Straßenunterbau, welche die Firma #### erstellt habe, gehe das Gericht von einer Quote von 1/3 der Kosten aus. Es schätze mit hin die Kosten für die Auswechslung und Wiederherstellung des Straßenoberbelages auf 10.000 DM. Der Beklagten stehe bis zur Beseitigung des Mangels ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe von 30.000 DM (= 3 x 10.000 DM) zu und könne in so weit die Rückgabe der Bürgschaftsurkunde verweigern. In so weit liege auch kein Verzug der Beklagten vor, auf den der Zahlungsanspruch für die Zinsen gestützt werden könnte. In Verzug wäre die Beklagte nur geraten, wenn sie zur unbedingten Herausgabe der Bürgschaftsurkunde verpflichtet gewesen wäre.

Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien.

Die Klägerin trägt vor, sie habe ihre Arbeiten ordnungsgemäß erbracht und sei nicht zu der Überprüfung verpflichtet gewesen, ob ihre Arbeiten durch den Eingriff der #### zerstört worden seien. Sie erhebt die Einrede der Verjährung.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hildesheim teilweise ab zu ändern und

a) die Beklagte zu verurteilen, die Bürgschaft der Landessparkasse #### vom 12. Dezember 1988 über 120.000 DM an die Klägerin heraus zu geben,

b) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 0,6 % Zinsen auf 120.000 DM seit dem 29. Mai 1993 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Kläger zurück zu weisen und

das angefochtene Urteil zu ändern und zu erkennen, dass die Herausgabe der Bürgschaft der Landessparkasse #### durch die Beklagte nur Zug um Zug gegen Stellung einer neuen selbstschuldnerischen Bürgschaft einer öffentlichen Sparkasse oder Deutschen Großbank in Höhe von 95.000 DM wegen der Gewährleistungspflichten der Klägerin gegenüber der Beklagten aus dem Bauvorhaben Kläranlage #### nebst Zufahrtstraße zu erfolgen hat.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurück zu weisen.

Die Beklagte trägt vor, das Landgericht habe die Verantwortlichkeit der Klägerin zutreffend festgestellt. Gemäß § 4 Nr. 3 VOB/B sei sie verpflichtet gewesen, den Untergrund zu untersuchen, insbesondere im Bereich des zwischenzeitlich ausgehobenen Rohrleitungsgrabens. Nach dem Leistungsverzeichnis (Bl 126 d. A.) sei die Klägerin verpflichtet gewesen, den Untergrund vor Erstellung der Straße im Lastplattendruckverfahren zu überprüfen. Der Verdichtungsgrad der Schottertragschicht sei im Leistungsverzeichnis ausdrücklich festgehalten. Nach der Anlage 2 zum Schriftsatz vom 15. November 2000 (Bl. 346 d. A.) erfordere eine Vollsanierung Kosten in Höhe von 89.663,94 DM und eine Teilsanierung auf 2 m Breite nach der Kostenberechnung gemäß Anlage 4 zu diesem Schriftsatz 71.240,67 DM.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist begründet, die der Beklagten unbegründet.

I.

Gemäß Ziff. 25.2 EVM (B) ZVB des zwischen den Parteien abgeschlossenen Werkvertrages vom 9. Dezember 1985 (Anlage K 27, Bl. 27 d. A.) kann die Klägerin vom Beklagten die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde vom 12. Dezember 1998 verlangen, weil die 'Verjährungsfristen für Gewährleistung einschließlich Schadensersatz abgelaufen' und die zu Recht 'bis dahin erhobenen Ansprüche erfüllt worden sind'.

1. Die 2-jährige Verjährungsfrist aus § 13 Nr. 4 VOB/B, die mit der Abnahme vom 10. Dezember 1987 (Bl. 18 bis 20 und Bl. 167 - 169 d. A.) zu laufen begonnen hat, ist mit dem 9. Dezember 1989 abgelaufen.

2. Von den bis dahin erhobenen Ansprüchen der Beklagten ist nur die unter Ziff. 5.4 der Nachabnahme vom 7. Dezember 1989 (Anlage K 4, Bl. 22 und 165 d. A.) verlangte Mängelbeseitigung an den 'Versackungen auf der Ostseite' der gesamten Zufahrtstraße von der Klägerin nicht erfüllt worden. Doch war sie dazu auch nicht verpflichtet. Denn in entsprechender Anwendung des § 13 Nr. 3 VOB/B ist die Klägerin von der Gewährleistung für diesen Mangel der Versackung auf der Ostseite frei, weil dieser Mangel auf die im Bereich der Versackung durchgeführten Kanalbauarbeiten durch die von der Beklagten beauftragten Firma #### zurückzuführen ist und der Klägerin insoweit keine Mitteilungspflicht aus § 4 Nr. 3 VOB/B oblag.

a) Diese Versackungen sind durch eine unzureichende Verdichtung bzw. Verdichtbarkeit des Materials verursacht worden, mit welchem die Firma #### den Kanalgraben verfüllt hat, wie überzeugend vom Sachverständigen #### in seinem Gutachten vom 19. März 1997 (4 OH 139/94 LG Hildesheim) auf S. 12 f. festgestellt, was von den Parteien nicht angegriffen wird.

b) Der von der Klägerin durch ihre Subunternehmerin #### erbrachte Aufbau der Straße im Bereich des Rohrleitungsgrabens und im übrigen Straßenbereich ist mangelfrei erfolgt, weil ansonsten Versackungen in der gesamten Breite bis zur Begutachtung durch den Sachverständigen aufgetreten wären, wie vom Sachverständigen #### in seinem Gutachten vom 19. März 1997 auf S. 14 festgestellt, was von den Parteien nicht angegriffen wird.

c) Trotz ihrer unstreitigen Kenntnis (Bl. 368 ff. d. A.) von der Verlegung der Rohrleitung war die Klägerin nicht verpflichtet, vor Fortsetzung ihrer Arbeiten die Verdichtung des Rohrleitungsgrabens durch die Firma #### zu überprüfen und die Beklagte auf eine unzureichende Verdichtung hinzuweisen.

Zum einen sind die Kanalbauarbeiten nicht als Vorleistung im Sinne des § 13 Nr. 3 VOB/B anzusehen, da die Klägerin mit der Errichtung der Straße schon begonnen hatte, bevor die Kanalbauarbeiten erfolgten. Erst während der Arbeitsausführung durch die Klägerin haben die Kanalbauarbeiten in das Gewerk der Klägerin eingegriffen, nicht als Vorleistung, sondern als Beschädigung des im Entstehen begriffenen Werkes der Klägerin von Seiten der Beklagten als Bauherrin.

Zum anderen kann nicht festgestellt werden, dass es für die Klägerin bei Fortsetzung ihrer Arbeiten konkrete Anhaltspunkte dafür gegeben hat, dass keine ordnungsgemäße Verdichtung des Rohrleitungsgrabens vorlag. Die ursprünglich von der Klägerin erstellte Verdichtung war mangelfrei gewesen, sodass die Klägerin davon ausgehen durfte, dass die Verdichtung im Rohrleitungsgraben in gleicher Weise erfolgt. Dementsprechend hat der Sachverständige #### auf S. 15 seines Gutachtens vom 19. März 1997 überwiegend ausgeführt, dass die Klägerin davon ausgehen konnte, dass die Verdichtung des Bodens im Rohrleitungsgraben der Verdichtung des Bodens im übrigen Bereich der Straße entspricht. Wenn der Bauunternehmer, dem keine Bedenken gegen die Ordnungsmäßigkeit des Werkes eines anderen Unternehmers kommen müssen, auf dessen Leistung er aufbaut, gemäß § 13 Nr. 3 VOB/B von der Gewährleistung für Mängel frei ist, deren Ursache in Mängeln der Vorleistung begründet liegt, muss diese Befreiung von der Gewährleistung in entsprechender Anwendung des § 13 Nr. 3 VOB/B nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) erst recht eintreten, wenn der Bauherr das Werk des Unternehmers, bevor es fertig ist, teilweise wieder zerstört, um ein anderes Werk einzufügen, das mit dem Werk des Unternehmers in keinem Zusammenhang steht, und anschließend nicht einmal den von dem Bauunternehmer bereits geschaffenen einwandfreien Bauzustand wiederherstellt, ohne dass der Bauunternehmer Anhaltspunkte für diese Pflichtverletzung hat.

d) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Klägerin vertraglich verpflichtet war, die Verdichtung zu überprüfen. Eine Vereinbarung zur Überprüfung der Verdichtung im Bereich der Schottertragschicht lässt sich dem vorgelegten Leistungsverzeichnis (Anlage B 1, Bl. 126 bis 128 d. A.) nicht entnehmen.

e) Aber selbst wenn man eine Prüfungs- und Hinweispflicht der Klägerin bejaht, wäre das der Beklagten zuzurechnende (§ 278 BGB) Mitverschulden ihres Architekten, der die Verdichtung des Rohrleitungsgrabens zu überwachen hatte, und der Firma ####, die in das bereits erbrachte Gewerk der Klägerin eingegriffen und unzureichend wieder hergestellt hat, derart überwiegend, dass eine Haftung der Klägerin vollständig entfiele. Die Regel, dass der Bauherr sich das Verschulden seines Architekten bei der Bauaufsicht oder dasjenige eines Bauhandwerkers nicht zurechnen lassen muss im Verhältnis zu einem anderen Bauhandwerker, gilt hier nicht. Es geht hier nicht darum, dass der Architekt die Klägerin nicht ordentlich beaufsichtigt hätte oder zwei Handwerker - die Klägerin und #### - im Zusammenwirken einen Mangel verursacht hätten, für den sie sich nicht wechselseitig entlasten dürfen, sondern darum, dass der Bauherr durch #### und schlechte Aufsicht des Architekten in einer Weise in das entstehende Werk der Klägerin eingegriffen hat, die dessen mangelfreie Vollendung unmöglich machte, ohne dass der Klägerin dieser Eingriff auffallen musste. Bei einem derartigen Eingriff spielt es rechtlich keine Rolle, ob der Bauherr ihn in Person vornimmt oder durch Gehilfen, die wie er selbst auf das im Werden begriffene Werk der Klägerin gebührend Rücksicht nehmen mussten.

3. Soweit die erstmals mit Schriftsatz vom 18. November 1999 (Bl. 123 d. A.) gerügte Versackung im westlichen Bereich der Fahrbahn - wie von der Beklagten behauptet - auch auf die unzureichende Verdichtung des Rohrleitungsgrabens zurückzuführen ist, entfällt eine Verantwortlichkeit der Klägerin aus den gleichen Gründen wie für die Ostseite.

Soweit die Versackung im westlichen Bereich auf anderen Ursachen beruhen sollte, war bei der ersten Mängelanzeige mit Schriftsatz vom 18. November 1999 die 2-jährige Verjährungsfrist aus § 13 Nr. 4 VOB/B bereits abgelaufen, worauf sich die Klägerin berufen hat.

II.

Gemäß § 286 Abs. 1 BGB kann die Klägerin von der Beklagten als Verzugsschaden die Zahlung von 0,6 % Zinsen auf 120.000 DM vom 29. Mai 1993 bis zur Herausgabe der o. g. Bürgschaftsurkunde an die Klägerin verlangen.

1. Durch den Fristablauf aus dem Aufforderungsschreiben vom 24. Mai 1993 (Anlage K 8, Bl. 28 bis 33 d. A.), die Bürgschaftsurkunde bis zum 28. Mai 1993 zurückzugeben, ist die Beklagte mit der Herausgabe der Bürgschaft ab dem 29. Mai 1993 in Verzug geraten.

2. Der Verzugsschaden der Klägerin beträgt 0,6 % Zinsen auf 120.000 DM vom 29. Mai 1993 bis zur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an die Klägerin. Denn durch das Schreiben der Landessparkasse #### vom 2. November 1999 (Anlage K 14, Bl. 113 d. A.) hat die Klägerin nachgewiesen, für die Inanspruchnahme eines Aval-Kredits 0,6 % per anno zu zahlen.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91, § 97 Abs. 1, § 108 Abs. 1 S. 1, § 546 Abs. 2 Satz 1, § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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