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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 02.05.2007
Aktenzeichen: 3 U 223/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1154
Die "Erteilung der Abtretungserklärung in schriftlicher Form" gemäß § 1154 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt nicht die Übergabe der Originalurkunde voraus.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

3 U 223/06

Verkündet am 2. Mai 2007

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und die Richter am Oberlandesgericht ... und ... auf die mündliche Verhandlung vom 18. April 2007 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 14. September 2006 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Verden wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 20 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Abtretung einer Grundschuld.

Der Kläger und seine Ehefrau, U. G., waren seit März 1993 Miteigentümer des im Grundbuch von L. Band 23 Blatt 691, Flur 1, Flurstück 36/3 eingetragenen Grundstücks. 1999 übertrug der Kläger seinen Miteigentumsanteil an seine Ehefrau, die ihm im Herbst 2004 das Eigentum zurück übertrug.

Seit 1994 ist in Abt. III des Grundbuchs unter der lfd. Nr. 7 eine Eigentümergrundschuld zugunsten des Klägers und seiner Ehefrau über 1.500.000 DM bzw. 766.937,82 EUR eingetragen. Mit notarieller Erklärung vom 16. Januar 1998 (Anlage B 5, Bl. 109 d. A.) traten der Kläger und seine Ehefrau die Eigentümergrundschuld an die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin ab.

Die Ehefrau des Klägers unterzeichnete unter dem 22. März 2000 eine Zweckerklärung (B 7, Bl. 112). Diese wurde durch eine "Haftungs- und Zweckverwendungsvereinbarung" vom 22. August 2000, die auch der Kläger unterzeichnete, ergänzt, wie es in der Vereinbarung ausdrücklich heißt (B 8, Bl. 114).

Der Grundschuldbrief befindet sich bei der Beklagten. Nach dem Vortrag des Klägers befindet sich das Original der Abtretungserklärung bei ihm. Nach dem Vortrag der Beklagten ist diese - nach Rückgabe des Originals - im Besitz einer beglaubigten Kopie der Abtretungserklärung.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nicht Inhaberin der Grundschuld geworden. Die Abtretung vom 16. Januar 1998 sei unwirksam, weil der Beklagten eine Abtretungserklärung im Original nicht ausgehändigt worden sei. Die Darlehensverträge und Zweckerklärungen seien ausschließlich von seiner Ehefrau unterzeichnet worden. Der Grundschuldbrief sei jedenfalls nicht mit seinem Wissen und Wollen an die Beklagte gelangt.

Das Landgericht hat die Feststellungsklage für zulässig, aber unbegründet erachtet.

Die Grundschuldübertragung an die Beklagte sei wirksam. Der Grundschuldbrief sei in den Besitz der Beklagten gelangt, wie es dem zwischen den Parteien vereinbarten Vorgehen entsprochen habe. Die Grundschuld sei auch wirksam an die Beklagte abgetreten worden. Eine Übergabe der Originalabtretungsurkunde sei nicht erforderlich. Es sei dem Kläger auch verwehrt, sich auf eine fehlende Übergabe der Originalabtretungsurkunde zu berufen. Da die Beklagte alleinige Inhaberin der Grundschuld sei, sei auch dem Hilfsantrag, gerichtet auf die Feststellung, dass der Kläger Mitinhaber der Grundschuld sei, nicht zu entsprechen.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit dem dieser nur noch seinen erstinstanzlichen Hilfsantrag weiterverfolgt.

Der Kläger sei bis heute Mitinhaber der Grundschuld. Eine wirksame Abtretung der Grundschuld an die Beklagte hätte vorausgesetzt, dass dieser die unterzeichnete Abtretungserklärung im Original hätte zugehen müssen, woran es fehle. Auf das Schreiben der Beklagten vom 7. Januar 2002 (K 6, Bl. 48) habe der Notar B. sich geweigert, der Beklagten das Original der Abtretungserklärung auszuhändigen (K 7, Bl. 49). Rechtsmissbrauch durch den Kläger liege entgegen der Annahme des Landgerichts nicht vor, auch nicht im Hinblick auf die Vereinbarung vom 25. August 2000. Aus der Zweckerklärung vom 15. Januar 1988 folge keine Pflicht zur Abtretung der Grundschuld, diese lege nur fest, welche Kredite gesichert werden sollten. Ein etwaiger Anspruch der Beklagten auf Abtretung der Grundschuld wäre jedenfalls spätestens am 31. Dezember 2004 verjährt.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil des Landgerichts zu ändern und festzustellen, dass der Kläger hinsichtlich eines zweitrangigen Teilbetrages von 50.000 EUR (100.000 EUR bis 150.000 EUR) nebst Zinsen Mitinhaber zu 1/2 der im Grundbuch von L. Band 23 Blatt 691, Abt. III lfd. Nr. 7 eingetragenen Grundschuld über insgesamt 766.937,82 EUR ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Berufungsklägers auf seine Kosten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Es komme für die Wirksamkeit der Abtretung nicht darauf an, ob die Abtretungserklärung im Original beim Zessionar vorliege. die Beklagte sei im Besitz einer beglaubigten Kopie der Abtretungserklärung. Weiter weist die Beklagte darauf hin, dass klar gewesen sei, dass die Grundschulden unter lfd. Nr. 8 und 9 wertlos gewesen seien, solange die lfd. Nr. 7 einem anderen Berechtigten zustünde. Auf die Übertragung einer Eigentümergrundschuld sei § 1154 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht uneingeschränkt anwendbar. auf die "Erteilung" komme es nicht an. Der Anspruch auf Herausgabe der Abtretungserklärung im Original sei nicht verjährt. Für die Verjährungsfrist gelte § 196 BGB, mithin eine 10jährige Verjährungsfrist. Im Übrigen könnte sich der Kläger nicht auf die Einrede der Verjährung berufen, weil er damit gegen Treu und Glauben verstieße. Außerdem verweist die Beklagte darauf, dass der Kläger und seine Ehefrau eine BGB-Gesellschaft gebildet hätten, sodass das Schicksal der Grundschuld einheitlich zu beurteilen sei. Schließlich meint die Beklagte, sie habe gemäß § 1196 Abs. 3 BGB einen Anspruch gegen den Kläger auf Löschung der ihm angeblich zustehenden Eigentümergrundschuld.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen, das angefochtene Urteil, die beigezogenen Akten 4 O 92/02 Landgericht Verden/3 U 28/04 Oberlandesgericht Celle sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Grundschuldübertragung an die Beklagte wirksam erfolgt ist.

1. Wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, geht auch der Senat von einer wirksamen Abtretung der Eigentümergrundschuld an die Beklagte aus.

Unstreitig ist geblieben, dass die Beklagte im Besitz des Grundschuldbriefes ist. Das Original der Abtretungsurkunde, von dessen Besitz der Kläger die Wirksamkeit der Abtretung abhängig machen will, befindet sich hingegen nicht im Besitz der Beklagten. Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat das Original der Abtretungserklärung vom 16. Januar 1998 vorgelegt. Die Beklagte ihrerseits hat, wie angekündigt, eine beglaubigte Abschrift dieser Abtretungserklärung vorgelegt, wobei der Beglaubigungsvermerk ebenfalls vom 16. Januar 1998 datiert. Zweifel an der Echtheit der Beglaubigung sind nicht erhoben worden.

Die Abtretungserklärung ist auch i. S. d. § 1154 Abs. 1 BGB "erteilt" worden. Dies hat der Senat bereits in seinem Hinweisbeschluss vom 3. Januar 2007 ausgeführt und in der mündlichen Verhandlung nochmals ausführlich mit den Parteien erörtert.

Eine Übergabe der Originalurkunde sieht § 1154 Abs. 1 BGB nicht vor. Eine Übergabe wird in der genannten Vorschrift explizit nur für den Brief, nicht aber für die Abtretungserklärung gefordert. "Erteilung" muss folglich etwas anderes sein als "Übergabe". Wie im Hinweisbeschluss bereits ausführlich dargelegt, wird diesem Unterschied im Wortlaut dadurch Rechnung getragen, dass eine Aushändigung des die Abtretungserklärung enthaltenden Schriftstückes in § 1154 Abs. 1 BGB nicht verlangt wird (vgl. BGH, WM 1965, 664). Nicht einmal eine Abschrifterteilung wäre erforderlich gewesen, dessen Ermöglichung hätte ausgereicht (vgl. RGRK-Mattern, BGB, 12. Aufl. 1996, Rn. 18 zu § 1154). Die Erteilung war in jedem Fall möglich, jedenfalls gibt es keine Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme, insbesondere nicht aus dem Schreiben des Notars Dr. B. vom 9. Januar 2002 (K 7).

Auf den Verbleib des Originals der Abtretungserklärung kommt es nicht an. Neben den obigen Ausführungen ist ergänzend darauf zu verweisen, dass die beglaubigte Abschrift die Urschrift vertritt, soweit nicht ausnahmsweise die Vorlage der Urschrift bzw. eine Ausfertigung gefordert wird (vgl. Winkler, BeurkG, 15. Aufl., Rn. 11 zu § 42 m. w. N.). Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, das Grundbuchamt nehme ohne Vorlage des Originals der Abtretungserklärung keine Eintragung vor, wird dabei bereits verkannt, dass die Übertragung einer Briefgrundschuld, um die es vorliegend geht, als Ausnahme vom Doppeltatbestand des § 873 Abs. 1 BGB ("Einigung und Eintragung") gerade ohne Eintragung möglich ist. Freilich sind die Parteien nicht gezwungen, die Briefgrundschuld außerhalb des Grundbuchs zu übertragen. Sie können sich zur Übertragung auch der Eintragung ins Grundbuch bedienen, dann wird freilich eine schriftliche Abtretungserklärung von vornherein entbehrlich (§ 1192 Abs. 1 BGB mit § 1154 Abs. 2 BGB).

Von der Erteilung der Abtretungserklärung ist der Abschluss des Abtretungsvertrages zu unterscheiden, der eine Einigung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar voraussetzt. Der Senat hat bereits darauf hingewiesen, dass der Besitz des Briefes die Vermutung der - nicht formgebundenen - Annahmeerklärung begründet. Der Abtretungswille des Klägers, den dieser in Abrede genommen hat, ist schon allein aufgrund der Abtretungserklärung, die die Beklagte als Zessionarin auch ausdrücklich bezeichnet, unzweifelhaft. Der Kläger selbst hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, persönlich angehört, erklärt, die Abtretungserklärung vom 16. Januar 1998 sei von der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin erstellt und dem Notar Dr. B., der sodann ihn und seine Ehefrau einbestellt habe, übersandt worden. Dieser Umstand spricht erst recht dagegen, der Kläger habe keinen Abtretungswillen gehabt. Ein geheimer Vorbehalt bleibt von vornherein außer Betracht. Der Kläger hat auf die - seiner eigenen eben genannten Erklärung vorausgehende - Frage des Senats, warum die Abtretungserklärung, wenn kein Abtretungswille bestanden habe, überhaupt "abgegeben" worden sei, zumal Kosten angefallen sind, nicht geantwortet. Der Vortrag, man habe die Unterlagen mit nach Hause genommen, widerspricht überdies dem Schreiben des Notars Dr. B. vom 9. Januar 2002 (K 7), in dem eine Herausgabe der Urkunde, die die Beklagte mit Anwaltschreiben vom 7. Januar 2002 erbeten hatte (K 6), mangels einer entsprechenden Anweisung des Klägers und seiner Ehefrau (und nicht mangels Aushändigung der Urkunde an diese) verweigert wird, außerdem dem Schreiben der Ehefrau des Klägers vom 20. September 2001 an die Beklagte (B 9), wonach die Erklärung "hier" nicht vorliege, sondern in den Unterlagen der Y-Bank zu finden sein müsse. Auch dazu konnte der Kläger sich letztlich nicht erklären. Erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger behauptet, er habe die Abtretungserklärung nur versehentlich unterschrieben, weil er gedacht habe, es habe sich um andere Grundschulden gehandelt, wobei freilich allein die hier in Rede stehende Eigentümergrundschuld unter lfd. Nr. 7 über 1.500.000 DM geht. Diese Behauptung ist unglaubhaft, auch angesichts des persönlichen Eindrucks, den der Kläger, ein erfahrener Kaufmann, auf den Senat gemacht hat. Eine Anfechtung hat der Kläger auch nicht behauptet.

2. Selbst wenn die Abtretung der Eigentümergrundschuld an die Beklagte unwirksam wäre, könnte der Kläger, wie auch das Landgericht im angefochtenen Urteil bereits angenommen hat, daraus letztlich für sich nichts herleiten.

Wie der Senat im Beschluss vom 3. Januar 2007 unter 2. bereits ausgeführt hat, stünde einer Berufung des Klägers auf eine etwaige fehlende Erteilung der Abtretungsurkunde Treu und Glauben, § 242 BGB, entgegen. Zutreffend hat das Landgericht bereits darauf hingewiesen, dass nicht nur die von der Ehefrau des Klägers unterschriebene Zweckerklärung vom 22. März 2000 (B 7) besteht, sondern eine weitere vom 22. August 2000 (B 8), die nicht nur auch der Kläger selbst unterschrieben hat, sondern die auch die frühere Zweckerklärung in Bezug nimmt und klarstellt, dass u. a. auch die Grundschuld unter der laufenden Nr. 7, die vorliegend in Rede steht, weiter als Sicherheit dient. Auf die Frage der Verjährung kommt es insoweit - anders als beim neuerlichen Herausgabeanspruch - nicht an.

3. Aus obigen Gründen bleibt die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO ohne Erfolg. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Anlass, gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Revision zuzulassen, hat der Senat nicht.

Ende der Entscheidung

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