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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 17.12.2008
Aktenzeichen: 3 U 233/07
Rechtsgebiete: BNotO


Vorschriften:

BNotO § 19 Abs. 1
Die Bewertung eines Grundstück ist auch dann nach dem Vergleichswertverfahren (und nicht nach dem Ertragswertverfahren) vorzunehmen, wenn der Mieter das Grundstück vorübergehend (§ 95 BGB) mit einer Tankstelle bebaut hat und erhebliche Beträge aus der Vermietung erlöst werden.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

3 U 233/07

Verkündet am 17. Dezember 2008

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 26. November 2008 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ..., der Richterin am Oberlandesgericht ... sowie des Richters am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 4. Oktober 2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg teilweise geändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Klägerin insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.870,81 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Januar 2007 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 19/20, der Beklagte 1/20.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der Gegenseite gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 10 % übersteigt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den beklagten Notar wegen Amtspflichtverletzung auf Schadensersatz gemäß § 19 Abs. 1 BNotO in Anspruch.

Die H. KG in U. war Eigentümerin eines Grundstücks in der T.Straße in U. mit einer Größe von ca. 1.000 m². Auf dem Grundstück wird seit vielen Jahren eine Tankstelle betrieben. Durch vom Beklagten beurkundeten notariellen Grundstücksüberlassungsvertrag nebst Auflassung vom 26. Juli 2000 (URNr. 185/2000 des Notars W. in U.) übertrug die Kommanditgesellschaft der Klägerin den genannten Grundbesitz. Ein Entgelt für die Übertragung war nach § 1 des Vertrages nicht geschuldet. Zugleich wurde im Vertrag die Auflassung erklärt und in § 6 des Vertrages der Notar mit der Durchführung des Vertrages beauftragt. Am Tag der Beurkundung wurde der Klägerin der Besitz an dem Grundstück eingeräumt. Nutzungen und Lasten wurden ihr übertragen. Ferner wurde eine in § 2 des Vertrages vereinbarte Abtretung einer erstrangigen Grundschuld an die Klägerin über 100.000 DM durch Einigung und Übergabe des Grundschuldbriefes vollzogen.

Der weitere Vollzug des Vertrages und damit die Eintragung der Klägerin als Eigentümerin im Grundbuch unterblieb. Nachdem am 8. November 2002 ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der H. KG eröffnet worden war, beanspruchte der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 20. Dezember 2006 die Herausgabe des Grundstücks sowie der von der Klägerin gezogenen Nutzungen, insbesondere die von der Klägerin aufgrund eines mit der S. GmbH bestehenden Nutzungsverhältnisses vereinnahmten Mietzahlungen in Höhe von monatlich netto 1.595,59 EUR. Diesen Betrag hat die S. GmbH bis einschließlich Juni 2007 an die Klägerin als vermeintliche Eigentümerin und Vermieterin gezahlt. Hinsichtlich der im Jahr 2003 von der Klägerin gezogenen Nutzungen ist diese auf Klage des Insolvenzverwalters hin zur Herausgabe rechtskräftig verurteilt worden. Für die Zeit ab 2004 liegt noch keine rechtskräftige Entscheidung über das Begehren des Insolvenzverwalters vor. Erstinstanzlich ist die Klägerin durch das Landgericht Lüneburg verurteilt worden, an den Insolvenzverwalter für den Zeitraum von Januar 2004 bis einschließlich Januar 2006 45.399,75 EUR zu zahlen (Urteil vom 23. August 2008 - 4 O 47/08).

Vorliegend begehrt die Klägerin vom Beklagten Schadensersatz mit der Begründung, dieser habe dadurch, dass er entgegen der im notariellen Vertrag enthaltenen Beauftragung den Vertrag nicht durchgeführt habe, seine Amtspflichten verletzt. Sie begehrt Ersatz des Schadens, der ihr dadurch entstanden ist, dass sie nicht Eigentümerin des Grundstücks geworden ist. Diesen Schaden hat sie in erster Instanz mit 178.870,81 EUR beziffert. Der Wert des Grundstücks sei mit dem 12-fachen der Jahresnettomiete anzusetzen. Hiervon hat sie die ihr eingeräumte, erstrangige Grundschuld in Höhe von 51.129,19 EUR (ursprünglich 100.000 DM) in Abzug gebracht. Sie hat beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an die Klägerin 178.870,81 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Januar 2007 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat eine Amtspflichtverletzung in Abrede genommen und behauptet, der Sohn der Klägerin sowie diese selbst hätten seiner Mitarbeiterin Ho. die Weisung erteilt, von einer Vertragsdurchführung abzusehen. Im Übrigen stehe seiner Haftung § 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB entgegen: Die Klägerin selbst hätte, nachdem sie über längere Zeit keine Mitteilung des Grundbuchamts über eine erfolgte Eigentumsumschreibung erhalten hatte, den Notar an die Durchführung des Vertrages erinnern müssen. Das Unterlassen dieses Rechtsmittels führe zum Verlust etwaiger Ansprüche.

Das Landgericht hat u. a. zur Frage Beweis erhoben, ob dem Beklagten die Anweisung, vom Vollzug des Vertrages abzusehen, erteilt worden ist. Im angefochtenen Urteil, mit dem die Klage abgewiesen worden ist, hat das Landgericht dies als nicht entscheidungserheblich angesehen und gemeint, es könne dahinstehen, ob dem Beklagten eine Amtspflichtverletzung zur Last falle. Der Klägerin sei jedenfalls kein Schaden entstanden. Der Klägerin, die den Ersatz des Ertragswertes des Grundstücks beanspruche, seien über sieben Jahre hinweg die Erträge aus der Vermietung zugeflossen, und zwar in einer Höhe von rd. 134.000 EUR. Unter Berücksichtigung der zu ihren Gunsten eingetragenen Grundschuld sei damit durch die unterbliebene Übertragung des Grundstücks kein Schaden entstanden. Dass die Klägerin zur Herausgabe der Mieterträge verpflichtet sei, sei nicht anzunehmen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihr erstinstanzliches Begehren in erweitertem Umfang weiterverfolgt. Sie weist darauf hin, dass sie zwischenzeitlich rechtskräftig zur Herausgabe der Mieten, die im Jahr 2003 von ihr vereinnahmt worden waren, verurteilt worden ist (Senatsurteil vom 9. April 2008 - 3 U 14/08) und - wie ausgeführt - in weiteren Verfahren vom Insolvenzverwalter auf Herausgabe der Mieten, die sie in der Zeit ab 2004 bis Mitte 2007 erzielt hat, in Anspruch genommen wird. Die Entscheidung des Landgerichts könne schon deshalb nicht richtig sein, weil hiernach das Grundstück keinerlei Wert habe.

Unter Berücksichtigung des Ergebnisses eines durch den Senat eingeholten Gutachtens zum Wert des Grundstücks, insbesondere unter Bezugnahme auf die am 24. Oktober 2008 beim Senat eingegangenen schriftlichen Ergänzungen des Sachverständigen P. zu seinem Gutachten vom 10. September 2008, in dem der Sachverständige den unter Ertragswertgesichtspunkten ermittelten Wert des Grundstücks mit 286.520 EUR beziffert hatte, beantragt die Klägerin,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 178.870,81 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Januar 2007 sowie weiterer 17.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 10. November 2008 zu verurteilen,

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, durch die in erster Instanz durchgeführte Beweisaufnahme sei eine Pflichtverletzung des Beklagten nicht bewiesen, da die Frage, ob der Vollzug des notariellen Vertrages durch den Sohn der Klägerin gestoppt worden sei, im Rahmen der Beweisaufnahme nicht, jedenfalls nicht im Sinne der Behauptung der Klägerin habe geklärt werden können. Im Übrigen stehe einem Schadensersatzanspruch der Klägerin § 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB entgegen, da es die Klägerin schuldhaft unterlassen habe, ihren möglichen Schaden durch den Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Die Klägerin hätte, nachdem sie keine Eintragungsnachricht des Grundbuchamts erhielt, den Beklagten als beurkundenden Notar an die Durchführung des Vertrages erinnern müssen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens zum Verkehrswert des Grundstücks T.-Straße in U.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. P. vom 10. September 2008, die beim Senat am 24. Oktober 2008 eingegangene schriftliche Ergänzung sowie die mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen im Verhandlungstermin am 26. November 2008 (Protokollniederschrift Bl. 319 ff. d. A.) verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts nimmt der Senat Bezug auf das angefochtene Urteil, wegen des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie hat jedoch - der Höhe nach - nur in geringem Umfang Erfolg.

1. Der Beklagte schuldet der Klägerin Schadensersatz wegen notarieller Amtspflichtverletzung gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO. Der beklagte Notar hat es entgegen der ausdrücklichen Regelung in § 6 des von ihm beurkundeten notariellen Vertrages versäumt, den Vertrag durchzuführen. Infolgedessen ist die Klägerin nicht Eigentümerin des Tankstellengrundstücks in der T.-Straße in U. geworden.

a) Der Beklagte war gemäß § 6 des Vertrages mit dessen Vollzug beauftragt. Unstreitig hat er diesen von ihm angenommenen Auftrag nicht erfüllt. Damit hat er die Pflichten, wie sie ihm aufgrund des notariellen Vertrages oblagen, verletzt.

b) Die vom Beklagten aufgestellte Behauptung, er sei nach Beurkundung des Vertrages vom Sohn der Klägerin angewiesen worden, mit dem Vollzug des Vertrages abzuwarten, steht einer Haftung des Beklagten nicht entgegen. Der Beweis dieser Behauptung, mit der sich der beklagte Notar von dem urkundlich feststehenden Pflichtverstoß zu entlasten sucht, obliegt dem Beklagten. Dieser Beweis ist ihm nicht gelungen. Nach dem Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme ist (allenfalls) von einem non liquet auszugehen.

Die Behauptung des Beklagten ist schon durch die Bekundungen der von ihm benannten Zeugin Ho. nicht bewiesen. Die Zeugin Ho., die im Zeitpunkt der Beurteilung Mitarbeiterin im Notariat des Beklagten war und die in einer schriftlichen Stellungnahme zunächst erklärt hatte, ihrer Erinnerung nach hätten seinerzeit Herr H. und Frau H. sen. die Anweisung erteilt, die Eigentumsumschreibung nicht durchzuführen, hat bei ihrer Vernehmung durch das Landgericht ergänzend und einschränkend erklärt, sie habe die Angabe des Herrn H., des Sohnes der Klägerin, so verstanden, dass sie mit dem Vollzug des Vertrages abwarten solle. Ob sie hierüber mit dem Beklagten gesprochen habe, wisse sie nicht mehr. Die Akte, die weitgehend der Beklagte bearbeitet habe und in dem alle die KG betreffenden Vorgänge zusammengefasst gewesen seien, sei jedenfalls dem Beklagten regelmäßig vorgelegt worden.

Schon nach diesen Bekundungen der Zeugin Ho. ist eine positive Feststellung, der beklagte Notar sei angewiesen worden, den Vertrag nicht zu vollziehen, nicht gerechtfertigt. Die Berücksichtigung der Erklärungen des Zeugen H., der erklärt hat, er habe definitiv keine Anweisung an den Notar, den Vertrag nicht zu vollziehen, erteilt, schließt eine solche Feststellung zu Gunsten des Beklagten aus.

c) Einer Ersatzpflicht des Beklagten steht auch nicht die Regelung des § 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB entgegen. Danach scheidet eine Haftung des Notars in den Fällen aus, in denen es ein durch die Tätigkeit des Notars Geschädigter schuldhaft unterlassen hat, seinen Schaden durch den Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Grundsätzlich sind als Rechtsmittel i. S. d. genannten Vorschrift nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht nur solche im engen verfahrensrechtlichen Sinne, sondern alle Rechtsbehelfe zu verstehen, die sich gegen eine amtspflichtwidrige Handlung oder Unterlassung des Notars richten sowie bestimmt und geeignet sind, diese zu beseitigen oder zu berichtigen und so den Schaden abzuwenden. Zu Rechtsmitteln i. S. d. § 839 Abs. 3 BGB gehören daher außer der förmlichen Beschwerde auch Gegenvorstellungen, Erinnerungen, mündliche Vorhalte und Dienstaufsichtsbeschwerden (vgl. Zugehör, Handbuch der Notarhaftung, Rn. 2309).

Zutreffend macht der Beklagte insoweit geltend, dass eine Erinnerung der Klägerin gegenüber dem Notar, den Vertrag zu vollziehen, als Rechtsmittel i. S. v. § 839 Abs. 3 BGB anzusehen und auch geeignet gewesen wäre, den unterbliebenen Vollzug nachzuholen und so den Eintritt eines Schadens bei der Klägerin zu vermeiden.

Der unterbliebene Gebrauch eines Rechtsmittels führt nach dem anzuwendenden subjektiven Maßstab jedoch nur dann zu einem Haftungsausschluss des Notars, wenn das Unterlassen des Geschädigten als fahrlässig zu bewerten ist. Bei der Beurteilung, ob der Geschädigte diejenige Sorgfalt beachtet hat, die nach den Umständen des Einzelfalles und nach seinem Bildungsstand und seiner Geschäftsgewandtheit geboten gewesen wäre, setzt die Feststellung eines Verschuldens zwar nicht voraus, dass der Geschädigte die Amtspflichtverletzung gekannt hat. Vielmehr kann der Geschädigte auch dann fahrlässig ein Rechtsmittel zur Schadensabwendung versäumt haben, wenn die Annahme einer Amtspflichtverletzung durch den Notar dringlich nahe liegt. Nach der Rechtsprechung muss jeder Urkundsbeteiligte nach seinen Kräften daran mitwirken, dass das Urkundsgeschäft gemäß seinem Inhalt vollzogen wird. Ein Beteiligter muss sich dafür interessieren, ob Eintragungen im Grundbuch entsprechend den Anträgen in der Urkunde unverzüglich vorgenommen worden sind. Insoweit kann es, wenn die Annahme einer Amtspflichtverletzung nahe liegt, notwendig sein, sich beim Notar zu erkundigen und diesen zu erinnern oder aufzufordern, für einen Vollzug zu sorgen. Eine Untätigkeit kann der Beteiligte nicht ohne weiteres damit entschuldigen, er habe insoweit die Tragweite der Vorgänge nicht erkannt (vgl. Zugehör, a. a. O., Rn. 2312. BGH DNotZ 1974, 374 f.. BGH XI ZR 474/00 - Beschluss vom 12. Dezember 2002).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze scheidet vorliegend ein Fahrlässigkeitsvorwurf gegenüber der Klägerin aus.

Für die Klägerin, die im Zeitpunkt der Beurkundung 66 Jahre alt, als Mutter von fünf Kindern seit 1955 nicht mehr berufstätig war und die seit 1990 ihren Ehemann, der zuvor die H. KG geführt hatte, hat pflegen müssen, bestand aufgrund der Besonderheiten der vorliegenden tatsächlichen Gestaltung kein Anlass für eine Nachfrage beim beurkundenden Notar. Von maßgeblicher Bedeutung ist insoweit, dass die Mieterin des Tankstellengrundstücks, die S. GmbH der Klägerin in engem zeitlichen Zusammenhang zum beurkundeten Übertragungsvertrag, nämlich bereits vier Wochen später, am 25. August 2000 mitgeteilt hatte, ihr liege die Mitteilung der H. KG über die Umschreibung des Eigentums vor. Ein Grundbuchauszug sei von ihr - der S. GmbH - angefordert worden. Zugleich erhielt die Klägerin von der Mieterin ein Formblatt zur Frage der Umsatzsteuer sowie den Hinweis darauf, dass die Mieterin mit der Mietzahlung für September zunächst die Antwort der Klägerin abwarten wollte. Dies ist in der Folgezeit auch so geschehen: Die Miete ist, nachdem die Klägerin für die Umsatzsteuer optiert hatte, regelmäßig auf ein Konto der Klägerin gezahlt worden, und zwar bis ins Jahr 2005 hinein, also bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Insolvenzverwalter erstmals durch Einsicht in das Grundbuch festgestellt hat, dass der Vollzug des notariellen Übertragungsvertrages nicht erfolgt und daher die Insolvenzschuldnerin Eigentümerin des Grundstücks geblieben war. Zudem ist der Klägerin der Grundsteuerbescheid für das Grundstück, mit dem sie ab dem 1. Januar 2001 als Eigentümerin zur Grundsteuer herangezogen wurde, zugestellt worden, dies allerdings erst am 13. November 2003, mithin nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der H. KG. Der genannte Umstand zeigt allerdings, dass aufgrund der geschilderten Umstände auch bei den Steuerbehörden von einem Eigentumswechsel des Grundstücks ausgegangen wurde.

Der Beklagte kann sich für seine abweichende Auffassung nicht auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. Februar 1974 stützen. Soweit der Bundesgerichtshof im dortigen Fall, in dem ein Notar zwei Verträge beurkundet hatte, jedoch nur einen beim Grundbuch einreichte, was zur Folge hatte, dass die Beteiligten nur eine Benachrichtigung des Grundbuchamts erhielten, ausgeführt hat, die Auffassung des Tatrichters, der von einem fahrlässigen Verstoß des Vertragsbeteiligten ausgegangen war, sei nicht zu beanstanden, ist der dem Bundesgerichtshof seinerzeit zur Entscheidung unterbreitete Sachverhalt mit dem hier vorliegenden gerade nicht vergleichbar, da sich der Klägerin aufgrund der Mitteilungen, die sie von der S. GmbH erhalten hatte sowie aufgrund der weiteren Umstände, die für einen Vollzug des Vertrages sprachen, der Eindruck aufdrängen musste, ein ordnungsgemäßer Vollzug sei erfolgt.

2. Der von der Klägerin mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihr dadurch entstanden ist, dass sie nicht Eigentümerin des Grundstücks T.Straße in U. geworden ist und den die Klägerin, die weitergehende Ansprüche, insbesondere wegen der entgangenen Mietzinsansprüche gegenüber dem Beklagten gesondert verfolgt, selbst als Objektschaden bezeichnet hat, beläuft sich auf lediglich 9.870,81 EUR.

a) Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien im Berufungsrechtszug handelte es sich bei dem an die S. GmbH vermieteten Grundstück um ein unbebautes Flurstück. Wie durch den zu den Akten gereichten Vertrag nachgewiesen, sind die auf dem Grundstück befindlichen Aufbauten ausschließlich durch die Tankstellenbetreiberin errichtet worden, die ihrerseits zum Rückbau und zur Entfernung der Anlagen nach Beendigung des Vertragsverhältnisses verpflichtet ist. Damit handelt es sich bei den Aufbauten um Scheinbestandteile des Grundstücks i. S. v. § 95 BGB (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 95 Rn. 3 m. w. N.).

b) Der Wert des unbebauten Grundstücks beläuft sich auf 61.000 EUR. Dieser Wert ergibt sich aus den nachvollziehbaren, in sich schlüssigen und vom Senat als zutreffend bewerteten Ausführungen des Sachverständigen P. in seinem schriftlichen Gutachten vom 10. September 2008, in dem er den Wert des Grundstücks nach dem Vergleichswertverfahren ermittelt hat. Der Senat hält dieses Verfahren für die Bewertung von unbebauten Grundstücken für naheliegend und im gegebenen Fall zutreffend.

Soweit die Klägerin zunächst die Richtigkeit der vom Sachverständigen mit 5 % in Ansatz gebrachten Bewirtschaftungskosten in Zweifel gezogen hat, hat sie von ihren Einwendungen nach der Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2008 ausdrücklich Abstand genommen.

c) Die Auffassung der Klägerin, der Wert des Grundstücks müsse im Hinblick auf das mit der S. GmbH bestehende Mietverhältnis wie bei bebauten Grundstücken nach dem Ertragswertverfahren ermittelt werden, was, wie die Ergänzung des Gutachtens durch den Sachverständigen zeigt, zu einem deutlich höheren Grundstückswert führen würde, teilt der Senat schon im Hinblick darauf nicht, dass es sich bei den von der Mieterin errichteten Aufbauten um Scheinbestandteile i. S. v. § 95 BGB handelt. Eine abweichende Beurteilung würde, wie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen ergibt, dazu führen, dass der Wert des Grundstücks vorrangig davon abhinge, ob die Pächterin von ihrem auf Verlängerung des Pachtvertrages gerichteten Optionsrecht Gebrauch macht. Bei Ausübung dieses Rechts müsste der Grundstückswert deutlich steigen, bei einem Verzicht auf die ihr eingeräumte Option auf den reinen Bodenwert zurückfallen.

Die Argumentation der Klägerin, die die Auffassung vertritt, ein Schadensersatzanspruch für den Verlust eines Grundstücks, für das eine jährliche Miete von zur Zeit nahezu 22.000 EUR gezahlt wird, könne sich nicht auf lediglich 61.000 EUR belaufen, verkennt, dass ein wesentlicher Teil des Schadens der Klägerin nicht im Verlust des Grundstücks, sondern darin liegt, dass ihr - soweit der Insolvenzverwalter mit seinem Begehren auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen durchdringt - die Mieteinkünfte für die Zeit ab 2003 entgangen sind und auch in Zukunft weitere erhebliche Einkünfte entgehen werden. Dieser entgangene und zukünftig entgehende Gewinn der Klägerin ist zwar Teil des durch den Beklagten verursachten Schadens, jedoch keine Schadensposition, die dem Grundstück selbst zuzuordnen ist. denn sollte der Insolvenzverwalter mit seinem auf Herausgabe der Mieten gerichteten Begehren ganz oder teilweise unterliegen, wäre der Klägerin auch kein Schaden entstanden. Ein der Klägerin insoweit durch die Amtspflichtverletzung des Beklagten entstandener Schaden ist auch nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, sondern wird von der Klägerin anderweitig gesondert geltend gemacht. Dies schließt eine (weitere) Berücksichtigung im Rahmen der Grundstücksbewertung aus.

d) Von dem hiernach für die Schadensberechnung zu Grunde zu legenden Grundstückswert von 61.000 EUR ist wertmäßig die für die Klägerin eingetragene Grundschuld über 100.000 DM (51.129,19 EUR) in Abzug zu bringen. Hieraus ergibt sich der vom Senat zuerkannte Schadensbetrag von 9.870,81 EUR.

III.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Revision zuzulassen ist (§ 543 Abs. 2 ZPO), sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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