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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 29.08.2007
Aktenzeichen: 3 U 37/07
Rechtsgebiete: BGB, AktG


Vorschriften:

BGB § 611
BGB § 823 Abs. 2
AktG § 93 Abs. 2
Eine Tantieme kann, wenn sie im Anstellungsvertrag in bestimmter Höhe ausdrücklich garantiert wird, auch erfolgsunabhängig geschuldet sein.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

3 U 37/07

Verkündet am 29. August 2007

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juli 2007 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... sowie der Richter am Oberlandesgericht ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 13. Dezember 2006 verkündete Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 10 % übersteigt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche des Klägers. Der Kläger, der seit Januar 1972 bei der Beklagten beschäftigt war, gehörte ab dem 1. Juli 1994 dem Vorstand der Beklagten, ab dem 1. Juli 1996 als ordentliches Mitglied an. Grundlage des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers war ein Dienstvertrag vom 20./21. September 1994. In einer Zusatzvereinbarung vom 7./12. Januar 1998 waren die Bezüge des Klägers geregelt. Hierzu heißt es in § 3 b des Vertrages:

"...

Herr B. erhält ab 1. Januar 1998 folgende Bezüge:

a) Ein festes ruhegehaltfähiges Jahresgehalt in Höhe von DM 480.000, das in zwölf gleichen Monatsraten, jeweils monatlich im Voraus, gezahlt wird.

b) Für die Tätigkeit in jeweils abgelaufenem Geschäftsjahr eine Jahressondervergütung (Tantieme), die sich nach den dienstlichen Leistungen sowie nach der Entwicklung des Konzernergebnisses der Bankgesellschaft richtet und nach Feststellung des Jahresabschlusses der Bankgesellschaft zahlbar ist. Die Zahlung eines Mindestbetrages von DM 187.500 wird garantiert.

Mit den vorgenannten Bezügen ist die Tätigkeit von Herrn B. abgegolten. Soweit der Aufsichtsrat darüber hinaus zusätzliche Tantiemen gewährt, geschieht das ohne rechtliche Verpflichtung."

Am 8. März 2001 wurde der Kläger von seinem Amt als Vorstandsmitglied der Beklagten durch deren Aufsichtsrat abberufen und freigestellt; das Dienstverhältnis wurde am 27. Juni 2001 fristlos gekündigt. Die Wirksamkeit der Kündigung ist rechtskräftig festgestellt.

Mit seiner Klage hat der Kläger von der Beklagten u. a. den garantierten Teil der Jahressondervergütung für das Jahr 2001 in Höhe von 187.500 DM mit der Begründung verlangt, insoweit sei ihm eine Tantieme im Dienstvertrag garantiert.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage erstrebt und die Auffassung vertreten, der Kläger habe jedenfalls im Jahr 2001 keine Leistung mehr erbracht, die Grundlage einer Sonderzahlung hätte sein können. Das Geschäftsergebnis der Beklagten im Jahr 2001 sei nicht positiv gewesen. Dies beruhe auf Versäumnissen und Fehlern des Vorstandes der Beklagten in den vorausgegangenen Geschäftsjahren, für die der Kläger als vormaliges Mitglied des Vorstandes eine Mitverantwortung trage.

Das Landgericht hat der Klage in Höhe eines Teilbetrages von 47.134,73 EUR - dem auf die Zeit bis zum Ausscheiden des Klägers am 27. Juni 2001 entsprechenden Teil der Jahressondervergütung für 2001 - stattgegeben. Der Anspruch stehe dem Kläger zu, da er vertraglich als Garantie geschuldet sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft und hilfsweise mit Schadensersatzansprüchen gegen den Kläger aus § 93 Abs. 2 AktG sowie § 823 Abs. 2 BGB aufrechnet. Sie weist erneut auf das vom Kläger mitzuverantwortende negative Konzernergebnis sowie darauf hin, dass der Kläger sowie andere Vorstandsmitglieder vom Landgericht Berlin wegen Untreue im Zusammenhang mit Kreditvergaben verurteilt worden sind.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und weist im Hinblick auf die von der Klägerin zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzansprüche insbesondere darauf hin, dass die strafrechtliche Verurteilung nicht rechtskräftig ist und die Verurteilung wegen Untreue nur auf einer Vermögensgefährdung beruht. Im Übrigen sei er als Vorstandsmitglied für die Ressorts Kredit und Risikomanagement nicht zuständig und damit auch nicht verantwortlich gewesen. Daher habe das Kammergericht eine auch gegen den Kläger erhobene, auf Schadensersatz gerichtete Klage rechtskräftig abgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, wegen des Berufungsvorbringens der Parteien auf den Inhalt der gewechselten Schrittsätze nebst Anlagen verwiesen.

B.

Das Rechtsmittel der Beklagten ist zulässig, bleibt jedoch ohne Erfolg. Mit auch gegenüber dem Berufungsvorbringen der Beklagten zutreffender Begründung hat das Landgericht dem klägerischen Begehren teilweise entsprochen und die Beklagte zur Zahlung von 47.134,73 EUR zuzüglich Zinsen verurteilt.

I.

Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung der zeitanteiligen Sondervergütung für das Jahr 2001 in Höhe der vom Landgericht zuerkannten 47.134,73 EUR.

1. Dem Kläger steht nach der in Nr. 3 der Zusatzvereinbarung zum Dienstvertrag der Parteien vom 7./12. Januar 1998 getroffenen Regelung neben einem ruhegeldfähigen Jahresgehalt von 480.000 DM eine Jahressondervergütung zu, die sich nach den dienstlichen Leistungen sowie nach der Entwicklung des Konzernergebnisses der Bankgesellschaft richtet. In b) der Regelung heißt es insoweit, dass die Zahlung eines Mindestbetrages von 187.500 DM garantiert wird. Nach dem für die Auslegung der Vereinbarung der Parteien zunächst heranzuziehenden Wortlaut des Vertrages ist damit im Umfang von 187.500 DM eine Zahlung garantiert, also erfolgsunabhängig von sonstigen Voraussetzungen versprochen.

2. Auch der systematische Zusammenhang der Regelung spricht für ein solches Verständnis der Vereinbarung der Parteien. Dies ergibt sich daraus, dass neben der als garantiert zugesagten Zahlung einer Jahressondervergütung von 187.500 DM ein weitergehender Anspruch nur besteht, soweit dies der Aufsichtsrat seinerseits beschließt. Die Regelung unterscheidet mithin zwischen der garantierten Jahressondervergütung sowie einer weiteren, vom Vorstand zu gewährenden Tantieme, hinsichtlich der kein Rechtsanspruch des Klägers besteht.

3. Gegen diese Auslegung kann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit dem Begriff der Tantieme argumentiert werden. Zwar wird unter einer Tantieme im Regelfall eine erfolgsabhängige zusätzliche Vergütung für besondere Leistungen verstanden. Allerdings sind, was die Rechtsprechung anerkannt hat, auch Mindesttantiemen bekannt (vgl. OLG München, DB 1999, 327). Der Bundesgerichtshof (WM 1995, Seite 94) hat ausdrücklich ausgeführt, dass es insbesondere bei Geschäftsführergehältern keinesfalls unüblich sei, eine feste, zusätzliche und auch bei fehlendem Gewinn zu zahlende Vergütung als Mindesttantieme zu bezeichnen.

4. Die Aufspaltung der Bezüge des Klägers in ein Jahresgehalt von 480.000 DM und eine zusätzliche, garantierte Jahressondervergütung lag vorliegend auch im besonderen Interesse der beklagten Bank selbst. Nach § 4 des zwischen den Parteien geschlossenen Dienstvertrages hatte der Kläger Anspruch auf Ruhegehalt nach Beendigung des Vertragsverhältnisses. Dabei ist die Höhe des Ruhegehaltes abhängig vom Jahresgehalt des Klägers. Hintergrund der Aufspaltung des Gehalts in ein (ausdrücklich als ruhegehaltsfähiges bezeichnetes) Jahresgehalt und eine Tantieme dürfte daher die Absicht der Beklagten gewesen sein, die Höhe eines späteren Ruhegehalts zu begrenzen.

5. Im vorgenannten Sinne ist die zwischen den Parteien im Dienstvertrag getroffene Regelung auch gehandhabt worden. Wie der Kläger unbestritten vorgetragen hat, ist der garantierte Betrag der Jahressondervergütung in Höhe von 187.500 DM in den Vorjahren jeweils ohne besonderen Beschluss des Aufsichtsrates gezahlt worden. Beschlossen hat der Aufsichtsrat lediglich über weitergehende Zahlungen.

II.

Der Beklagten stehen keine Schadensersatzansprüche zu, mit denen sie gegenüber dem Zahlungsanspruch des Klägers aufrechnen könnte.

1. Die Klage, mit der die Beklagte den Kläger vor dem Kammergericht Berlin wegen der Vergabe von Krediten an A.-Gesellschaften auf Schadensersatz in Anspruch genommen hat, ist rechtskräftig abgewiesen.

2. Soweit der Kläger aufgrund seiner Mitverantwortung als Vorstandsmitglied der Beklagten infolge verschiedener Kreditvergaben an A.-Gesellschaften wegen Untreue in erster Instanz strafrechtlich verurteilt worden ist, rechtfertigt dies ebenfalls keinen Schadensersatzanspruch der Beklagten, da der Verurteilung keine Schadensverursachung des Klägers, sondern lediglich eine Vermögensgefährdung zugrunde liegt. Substantiierten Vortrag hat die Beklagte hierzu auch nicht gehalten.

3. Der Geltendmachung der garantierten Tantieme durch den Kläger steht auch der Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB nicht entgegen. Die Argumentation der Beklagten, eine Tantieme stelle eine Gegenleistung für besondere Leistungen und Erfolge des Arbeitnehmers dar und könne daher in einem Jahr, in dem der Kläger aufgrund der von ihm mitzuverantwortenden Verluste des Arbeitgebers fristlos entlassen worden ist, nicht gewährt werden, verkennt, dass die Verurteilung zu einer anteiligen Zahlung in Höhe von 47.134,73 EUR auf einer Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages beruht, die die Tantieme nicht als erfolgsabhängige Zahlung, sondern als garantierten Teil der Vergütung des Klägers ansieht. Eine Kürzung dieser Tantieme würde auf eine Gehaltskürzung hinauslaufen, für die keine rechtliche Grundlage besteht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Revision zuzulassen ist (§ 543 Abs. 2 ZPO), sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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