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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 12.09.2007
Aktenzeichen: 3 U 44/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 304
ZPO § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4
BGB aF § 209
BGB aF § 211
Möglichkeit des Berufungsgerichts ein in erster Instanz zu Unrecht ergangenes Grundurteil auch der Höhe nach an sich zu ziehen.

Einbeziehung eines (Schein)Sozius in den bereits bestehenden Anwaltsvertrag.

Verjährung bei Aussetzungsbeschluss nach Wegfall des Aussetzungsgrunds.


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

3 U 44/07

Verkündet am 12. September 2007

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 8. August 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 8. Januar 2007 (20 O 168/06) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten zu 1 - 3 werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 17.238,07 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 % auf einen Betrag von 14.067,55 EUR seit dem 24. Februar 1998 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag von 3.170,52 EUR seit dem 23. Juni 2006 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden - letztere soweit sie nicht vorhersehbar sind - aus dem im Vorprozess (3 O 50/98 Landgericht Neuruppin) streitigen Unfall (7. April 1992) zu ersetzen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 43 % und die Beklagten zu 57 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner auf Schadensersatz wegen einer anwaltlichen Pflichtverletzung in Anspruch.

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die damals 28jährige Klägerin, die von Beruf Geologin ist, erlitt am 7. April 1992 auf dem Gelände eines Truppenübungsplatzes der Bundeswehr in L. einen Unfall. Sie sollte dort im Auftrag ihres damaligen Arbeitgebers gemeinsam mit einer Kollegin - der in dem vor dem Landgericht Frankfurt/Oder (Aktenzeichen 11 O 117/97, später: 2 U 201/99 Oberlandesgericht Brandenburg) zwischen dem Unfallversicherer der Klägerin, der VGB Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (im Folgenden: VBG), und der Bundesrepublik Deutschland geführten Verfahren (im Folgenden: Beiaktenverfahren I oder BA I) als Zeugin vernommenen S. K.P. - eine Altlastenerkundung vornehmen. Zu diesem Zweck stellte ihnen die zuständige Bundeswehrverwaltung einen Geländewagen (der Marke VW Iltis) nebst Fahrer und einem weiteren Begleiter (die im Beiaktenverfahren I ebenfalls vernommenen Zeugen R. und N.) zur Verfügung. Die Klägerin und Frau K.P. saßen während der Geländeerkundung auf dem Rücksitz des Fahrzeugs; sie waren hierbei nicht angeschnallt, obwohl die Fahrt über unwegiges Gelände ging. Zwischen den Parteien des Beiaktenverfahrens I war insoweit streitig, ob auf der Rückbank des Fahrzeugs überhaupt Sicherheitsgurte (Beckengurte) vorhanden gewesen sind oder diese bauartbedingt fehlten. Das Landgericht Frankfurt/Oder hat zu dem Unfallhergang Beweis erhoben u.a. durch die Vernehmung der vorgenannten Zeugen. Die Klägerin lebte zu diesem Zeitpunkt schon in den USA. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 3. Dezember 1997 (Bd. I Bl. 112 - 118 BA I) Bezug genommen. Aufgrund dieser Beweisaufnahme gelangte das Landgericht Frankfurt/Oder zu der Überzeugung, dass der Fahrer R. mit nicht angepasster Geschwindigkeit eine Reifenbarriere überfahren hatte und die Klägerin aufgrund dessen mit dem Kopf an den Überrollbügel des Fahrzeugs gestoßen war. Welche Verletzungen sie sich hierbei im Einzelnen zuzog, ist streitig. Am 14. April 1992 (d.h. eine Woche nach dem Unfall) suchte die Klägerin erstmalig einen Arzt für Chirurgie auf. Im Folgenden befand sie sich in ständiger ärztlicher Behandlung und war 28 Monate lang arbeitsunfähig. Die VBG erkannte in diesem Zusammenhang zunächst eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 30 % an, später erfolgte eine Rückstufung auf 20 %.

In dem Beiaktenverfahren I nahm die VBG die Bundesrepublik Deutschland aus übergegangenem Recht auf Ersatz des materiellen Schadens aus dem Arbeitsunfall der Klägerin in Anspruch. Nachdem das Landgericht Frankfurt/Oder den o. g. Zeugenbeweis zum Unfallhergang erhoben hatte, beauftragte es den Sachverständigen Prof. Dr. S. mit der Erstellung eines medizinischen Gutachtens zur Klärung der Fragen, welche Verletzungen die hiesige Klägerin bei dem nämlichen Unfall erlitten hatte, inwieweit ihre Beschwerden auf das Unfallereignis zurückzuführen waren bzw. ob ein unfallbedingter behandlungsbedürftiger Dauerschaden zurückbleiben würde, das dieser Anfang April 1999 "in freier Form" zu den Akten reichte. Wegen der Einzelheiten wird auf 182188 Bd. I des Beiaktenverfahrens I Bezug genommen. Weiteren Sachverständigenbeweis erhob das Gericht nicht mehr. Mit Urteil vom 6. Oktober 1999 verurteilte das Landgericht Frankfurt/Oder die Bundesrepublik Deutschland dazu, an die VBG 165.547,89 DM zu zahlen und stellte weiterhin eine Schadensersatzverpflichtung für zukünftig entstehende materielle Schäden aus dem Vorfall vom 7. April 1992 fest. In dem sich daran anschließenden Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Brandenburg schlossen die dortigen Parteien einen Vergleich, in dem sich die Bundesrepublik verpflichtete, an die VBG noch einen Betrag in Höhe von 89.728,73 DM zu zahlen.

Parallel dazu beauftragte die Klägerin die Rechtsanwälte W. pp., bei denen der Beklagte zu 2 damals tätig war, damit, etwaige ihr nach dem Forderungsübergang auf die VBG verbliebene materielle Schadensersatzansprüche sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von etwa 30.000 DM gegen die Bundesrepublik Deutschland geltend zu machen. Mit der Bearbeitung des Mandats war intern der Beklagte zu 2 betraut, den die Klägerin kannte, weil er damals auch ihren seinerzeitigen Arbeitgeber als Mandanten betreute. Der Beklagte zu 2 schied dann jedoch aus der Rechtsanwaltskanzlei W. pp. aus und war stattdessen für einige Zeit als Syndikus für den früheren Arbeitgeber der Klägerin tätig. Das Mandat verblieb zunächst in der Rechtsanwaltskanzlei W. pp., wurde sodann aber von dem Beklagten zu 2, der sich zwischenzeitlich erneut als Rechtsanwalt hatte zulassen lassen, wieder übernommen. Ab dem 1. Januar 1997 schlossen sich dann die Beklagten zu 1 und 2 zur gemeinsamen Berufsausübung zusammen, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob es sich insoweit um eine echte Sozietät oder lediglich um eine Bürogemeinschaft handelte. Über den beruflichen Zusammenschluss setzte der Beklagte zu 3 die Klägerin mit Schreiben vom 8. Januar 1997 in Kenntnis (vgl. Anlagenband). Der Beklagte zu 3 trat ab 1. April 1998 in die Rechtsanwaltskanzlei ein und bildete jedenfalls mit dem Beklagten zu 1 eine Sozietät.

Der Beklagte zu 2 korrespondierte wegen der von der Klägerin erhobenen Schadensersatzansprüche seit dem 29. Juli 1992 mit der zuständigen Wehrbereichsverwaltung. Wegen der weiteren Einzelheiten des insoweit geführten Schriftwechsels wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie auf den Schriftsatz der Beklagten vom 25. Juli 2006, Bl. 50 ff. d. A., nebst dazugehöriger Anlagen (im Anlagenband) verwiesen.

Nachdem die Verhandlungen gescheitert waren, ließ die Klägerin Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland einreichen. Die Klage - und alle folgenden Schriftsätze - wurden von dem Beklagten zu 2 gefertigt und von den Prozessanwälten G. und Partner am 4. Februar 1998 beim Landgericht Neuruppin eingereicht (Beiaktenverfahren II: 3 O 50/98 Landgericht Neuruppin/2 U 61/04 Oberlandesgericht Brandenburg; auch BA II). Mit der Klage machte die Klägerin Schadensersatz bzw. Schmerzensgeldansprüche aus dem Unfallereignis geltend, wobei sie behauptete, bei dem Umfall ein HWS-Distorsionstrauma bzw. ein cervikales Stauchtrauma sowie einen linksmedialen Diskusprolaps, eine Dorsalprotrusion der Bandscheiben sowie eine Teilruptur des longitudinalen Ligamentes erlitten zu haben, woraus eine funktionale Einschränkung der HWS-Beweglichkeit resultiere. Die im Beiaktenverfahren II beklagte Bundesrepublik bestritt dort nicht nur den Unfallhergang, sondern auch die dadurch verursachten Verletzungen und Beschwerden der Klägerin; ferner erhob sie die Einrede der Verjährung.

Auf Anregung der zuständigen Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin erklärten sich die Parteien des Beiaktenverfahrens II ausdrücklich mit der Verwertung des Beweisergebnisses aus dem - damals noch nicht abgeschlossenen - Beiaktenverfahren I einverstanden. Mit Blick auf das in dem Beiaktenverfahren I in Auftrag gegebene (zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorliegende) Sachverständigengutachten wurde der Rechtsstreit vor dem Landgericht Neuruppin im Einverständnis mit den Parteien mit Beschluss vom 23. Juni 1998 ausgesetzt. Mit Schriftsatz vom 14. Juni 1999 übersandte der Prozessbevollmächtigte der Bundesrepublik Deutschland die oben aufgeführte fachchirurgische Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. S. an das Landgericht Neuruppin, das eine Kopie hiervon mit Verfügung vom 17. Juni 1999 an die Prozessanwälte der Klägerin weiterleitete und ferner darauf hinwies, dass Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung nur auf Antrag bestimmt werden würde. Auf Anfrage der Rechtsanwälte G. pp. teilte das Landgericht Frankfurt/Oder zu dem Stand des Beiaktenverfahrens I mit Schreiben vom 14. März 2000 mit, dass dort - ohne Einholung eines weiteren Gutachtens - ein Urteil ergangen und das Verfahren mittlerweile beim Oberlandesgericht Brandenburg in der Berufung sei. Mit Schriftsatzentwurf vom 28. Dezember 2001 verfasste der Beklagte zu 2 eine Sachstandsanfrage an das Landgericht Neuruppin, die über die Prozessanwälte eingereicht werden sollte. Eine solche befindet sich indes nicht bei den Gerichtsakten. Mit Schriftsatz vom 29. Juli 2002 - bei Gericht eingegangen am 31. Juli 2002 - beantragte der Prozessbevollmächtigte der Bundesrepublik, das Ruhen des Verfahrens aufzuheben und Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen. Die Prozessanwälte der Klägerin traten dem mit der Begründung entgegen, die fachchirurgische Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. S. dürfte für eine abschließende Entscheidung über den Schmerzensgeld bzw. den Feststellungsantrag kaum ausreichen, und regten eine ergänzende Begutachtung der Klägerin an. Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2004 - bei Gericht eingegangen am 13. Januar 2004 - beantragte der Prozessbevollmächtigte der Bundesrepublik erneut, dem Verfahren Fortgang zu geben. Nach weiterem Schriftwechsel beraumte das Landgericht Neuruppin erneut einen Verhandlungstermin an und wies die Klage sodann mit Urteil vom 26. August 2004 mit der Begründung ab, Ansprüche der Klägerin seien zwischenzeitlich verjährt. Die hiergegen eingelegte Berufung wies das Oberlandesgericht Brandenburg gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss vom 6. Juli 2005 zurück. Während das Landgericht Neuruppin die Verjährung der Ansprüche damit begründet hatte, dass die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB a. F. mit Eingang des Gutachtens des Prof. Dr. S. vom 31. März 1999 beim Landgericht Frankfurt/Oder am 26. April 1999 neu zu laufen begonnen habe, vertrat das Oberlandesgericht Brandenburg die Auffassung, die Verjährungsfrist sei bereits Ende Mai 1997 und damit noch vor Klageerhebung in dem Beiaktenverfahren II vollendet gewesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Urteils des Landgerichts Neuruppin, Bd. I Bl. 159 - 163 Beiaktenverfahren II, sowie den Beschluss des Oberlandesgerichts Brandenburg vom 6. Juli 2005, Bd. II Bl. 265 f. Beiaktenverfahren II, nebst Ankündigungsbeschluss vom 15. April 2005, Bd. II Bl. 238 - 240 Beiaktenverfahren II, Bezug genommen.

Auch im vorliegenden Regressprozess hat die Klägerin behauptet, durch den Unfall am 7. April 1992, der sich wie vom Landgericht Frankfurt/Oder festgestellt, ereignet habe, die schon im Verfahren vor dem Landgericht Neuruppin geltend gemachten Verletzungen erlitten zu haben. Zum Nachweis hat sie sich auf diverse von der VBG im Vorfeld des Beiaktenverfahrens I eingeholte Gutachten bezogen. Ferner leide sie auch heute noch nach über 14 Jahren unter erheblichen Schmerzen. Sie hat den Beklagten, die - wie sie behauptet hat - insgesamt mit ihrer Interessenvertretung betraut gewesen seien, vorgeworfen, sie hätten es versäumt, rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist Klage zu erheben. Anderenfalls hätte sie in dem Verfahren vor dem Landgericht Neuruppin obsiegt und ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 30.000 DM (= 15.338,76 EUR) nebst materiellem Schadensersatz in Höhe von 7.955,44 DM (= 4.067,55 EUR) zugesprochen erhalten; des Weiteren wäre auch der materielle und immaterielle Vorbehalt begründet gewesen. In diesem Umfang zuzüglich der ihr im Beiaktenverfahren II entstandenen Verfahrenskosten sei ihr ein Schaden entstanden, den sie nunmehr von den Beklagten erstattet verlangt. Sie hat dabei die Auffassung vertreten, eine Kürzung ihrer Schadensersatzansprüche unter dem Gesichtspunkt eines ihr im Zusammenhang mit dem Unfall vom 7. April 1992 anzulastenden Mitverschuldens komme nicht in Betracht.

Sie hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 27.415,43 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 4 % auf einen Betrag von 779,98 EUR seit dem 6. Februar 1998, auf einen weiteren Betrag von 20.270,31 EUR seit dem 24. Februar 1998, auf einen weiteren Betrag von 953,24 EUR seit dem 11. April 1998 sowie nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag von 1.238,66 EUR seit dem 16. September 2005, auf einen weiteren Betrag von 2.930,36 EUR sei dem 3. April 2006 und einen weiteren Betrag von 1.242,88 EUR seit Rechtshängigkeit;

festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr sämtliche materiellen und immateriellen Schäden - letztere soweit sie nicht vorhersehbar sind - aus dem im Vorprozess (3 O 50/98 Landgericht Neuruppin) streitigen Unfall zu ersetzen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben bestritten, dass neben dem Beklagten zu 2 auch die Beklagten zu 1 und 3 mit der Interessenvertretung der Klägerin beauftragt gewesen seien. Ferner sei der Unfallhergang und damit die Berechtigung der Klägerin, überhaupt Schadensersatzansprüche geltend zu machen, streitig. Die Klägerin sei auch nicht in dem behaupteten Maß bei dem Unfall verletzt worden, insbesondere verschweige sie ihre schicksalhaft bestehenden gesundheitlichen Beschwerden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch aus anwaltlicher Pflichtverletzung gegen die Beklagten zu 1 - 3 zu. Sie habe mit der aus den Beklagten bestehenden Anwaltssozietät einen Anwaltsvertrag geschlossen. Die Beklagten träten jedenfalls nach außen als Sozietät auf. Dies sei schon ihrem Briefkopf zu entnehmen. Wegen des Schreibens des Beklagten zu 2 vom 8. Januar 1997, mit dem er der Klägerin mitgeteilt habe, er habe sich zur gemeinsamen Berufsausübung mit dem Beklagten zu 1 entschlossen, habe die Klägerin davon ausgehen dürfen, dass ihre Interessen nunmehr von den Mitgliedern der Sozietät wahrgenommen würden. Die Beklagten hätten die ihnen obliegenden Pflichten aus dem Anwaltsvertrag verletzt. Aufgrund einer nachlässigen anwaltlichen Interessenvertretung seien die Ansprüche der Klägerin gegen die Bundesrepublik Deutschland aus § 839 BGB, Art. 34 GG am 26. Juni 2002 verjährt. Allerdings sei die Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 852 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. i. V. m. Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB zunächst aufgrund der unstreitig geführten Verhandlungen des Beklagten zu 2 mit der Antragsgegnerin bis zum 20. Februar 1997 gehemmt worden, weshalb die Verjährungsfrist vor Erhebung der Klage noch nicht abgelaufen gewesen sei. Mit Erhebung der Klage sei die Verjährung nach § 209 Abs. 1 BGB a. F. unterbrochen worden. Nach § 211 Abs. 2 BGB a. F. ende die Unterbrechung aber, wenn der Prozess in Stillstand gerate, mit der letzten Prozesshandlung der Parteien oder des Gerichts. Die neue Verjährung habe danach mit der Verfahrenshandlung des Gerichts zur Übersendung der fachchirurgischen Stellungnahme, die am 25. Juni 1999 ausgeführt worden sei, neu zu laufen begonnen. Mit der gerichtlichen Verfügung habe das Landgericht Neuruppin das bis dahin ausgesetzte Verfahren wieder aufgenommen und die Klägervertreter ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung erst auf Antrag einer Partei bestimmt würde. Für die anwaltlichen Vertreter der Klägerin sei danach erkennbar gewesen, dass das Landgericht von sich aus nicht mehr tätig werden würde. Sie hätten daher von diesem Zeitpunkt an die Verjährung überwachen und gegebenenfalls neu unterbrechen müssen. Die Absendung einer Sachstandsanfrage vom 28. Dezember 2001 an das Landgericht Neuruppin, die dort zudem nicht zu den Gerichtsakten gelangt sei, reiche hierfür nicht aus. Es handele sich bei diesem Schreiben nicht um eine Prozesshandlung, die dazu bestimmt und geeignet gewesen sei, den Prozess vor dem Landgericht Neuruppin wieder in Gang zu setzen. Der Klägerin sei durch die sorgfaltswidrige Prozessführung auch ein Schaden entstanden, denn hätten die Beklagten rechtzeitig für die Klägerin geeignete Anträge zur Fortsetzung des Rechtsstreits vor dem Landgericht Neuruppin eingereicht, wäre der Prozess mit hoher Wahrscheinlichkeit günstiger für die Klägerin ausgegangen.

Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung, mit der sie ihren ursprünglichen Klagabweisungsantrag weiter verfolgen. Sie vertreten die Auffassung, das Grundurteil des Landgerichts sei unzulässig, weil das Landgericht schon nicht alle anspruchsbegründenden Tatsachen festgestellt habe. Im Übrigen nehmen sie auf ihren erstinstanzlichen Vortrag Bezug.

Sie beantragen,

unter Abänderung des Grundurteils des Landgerichts Hannover vom 8. Januar 2008 - 20 O 168/06 - die Klage abzuweisen;

hilfsweise unter Aufhebung des Grundurteils des Landgerichts Hannover vom 8. Januar 2007 - 20 O 168/06 - und des Verfahrens die Sache an das Landgericht Hannover zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Grundurteil für zutreffend und meint, es sei ausreichend, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit irgendein Schaden entstanden sei, wovon vorliegend schon im Hinblick auf die entstandenen Prozesskosten auszugehen sei. Im Übrigen nimmt auch sie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten hat nur zum Teil Erfolg. Zwar hätte das Landgericht weder auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen ein Grundurteil erlassen dürfen noch war ein solches überhaupt zulässig, der Senat macht jedoch von seiner Befugnis Gebrauch, das Verfahren - auch soweit es den Betrag betrifft - insgesamt an sich zu ziehen und die Sache insgesamt abschließend zu entscheiden.

1. Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und wenn nach dem Sach- und Streitstand der Anspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht (ständige Rechtsprechung, etwa BGH, Urteil vom 10. März 2005 - VII ZR 220/02, abgedruckt u. a. in NJWRR 2005, 928 f., hier zitiert nach Juris Rn. 15). Der Erlass eines Grundurteils ist hingegen immer dann unzulässig, wenn es nicht zu einer echten Vorentscheidung des Prozesses führt.

a) Im Anwaltshaftungsprozess gehört jedenfalls dann, wenn dem Anwalt vorgeworfen wird, seine Vertragspflichten bei der Durchsetzung eines Anspruchs - sei es in einem Prozess oder außergerichtlich - verletzt zu haben, die Frage, ob jener Anspruch überhaupt bestand, zu dem, was § 304 ZPO unter dem "Grund" des geltend gemachten Anspruchs versteht. Eine andere Beurteilung würde zu einer ungerechtfertigten Verzögerung und Verteuerung des Regressprozesses führen. Denn es kann dem Kläger nicht zugemutet werden, dass seine Klage im Nachverfahren über den Betrag seines Anspruchs insgesamt mit der Begründung abgewiesen wird, sein früherer Gegner habe ihm nicht nur der Höhe nach, sondern von vornherein nichts geschuldet (BGH, Urteil vom 13. Mai 1980 - VI ZR 276/78, VersR 1980, 867, 868).

Das Landgericht hat vorliegend keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob der von der Klägerin mit dem vor dem Landgericht Neuruppin/Oberlandesgericht Brandenburg verfolgte Schadensersatz bzw. Schmerzensgeldanspruch (Beiaktenverfahren II) erfolgversprechend gewesen wäre. Es hat insoweit nur ausgeführt, der Klägerin sei ein Schaden entstanden, denn hätten die Beklagten rechtzeitig für die Klägerin geeignete Anträge zur Fortsetzung des Rechtsstreites vor dem Landgericht Neuruppin eingereicht, wäre der Prozess mit hoher Wahrscheinlichkeit günstiger für die Klägerin ausgegangen. Die Klage wäre vom Landgericht Neuruppin dann nicht wegen Verjährung abgewiesen worden. Nach dem bisherigen Parteivortrag und dem Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 27. Oktober 1999 sei auch davon auszugehen, dass das Landgericht Neuruppin eine Haftung der Bundesrepublik und dementsprechend einen Zahlungsanspruch der Klägerin bejaht hätte.

Die vom Landgericht insoweit angenommene "hohe Wahrscheinlichkeit" für den Erfolg der Klage im Vorprozess reicht zur Bildung einer Überzeugung i. S. v. § 286 ZPO, die für die Feststellung dem Grunde nach erforderlich gewesen wäre, aber nicht aus. Die Formulierung des Landgerichts deutet vielmehr darauf hin, dass es davon ausgegangen ist, dieser Punkt gehöre zur Schadenshöhe, für die ein geringeres Beweismaß (§ 287 ZPO) genügt.

b) Davon abgesehen war das Grundurteil aber auch deswegen unzulässig, weil ein solches - wie vorstehend ausgeführt - einen Streit über Grund und Höhe des geltend gemachten Anspruchs voraussetzt. Vorliegend war zwar der Grund und hier u.a. die der Frage, ob der von der Klägerin vor dem Landgericht Neuruppin verfolgte Schadens/Schmerzensgeldanspruch gegen die Bundesrepublik Deutschland berechtigt war, zugrunde liegenden Tatsachen - streitig, nicht jedoch die Höhe des Anspruchs.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadensersatz in Höhe der ursprünglich gegen die Bundesrepublik Deutschland verfolgten Schadensersatz/Schmerzensgeldansprüche (entgangenes Schmerzensgeld in Höhe von 15.338,76 EUR und Schadensersatz in Höhe von 4.067,55 EUR) und begehrt ferner Ersatz der vergeblich aufgewendeten Gerichts bzw. außergerichtlichen Kosten in dem Beiaktenverfahren II einschließlich der dem Gegner zu erstattenden Kosten. Im vorliegenden Verfahren haben die Beklagten bestritten, dass die Klägerin bei dem Unfall vom 7. April 1992 die von ihr behaupteten Verletzungen bzw. körperlichen Schädigungen erlitten hat. Diese Frage gehört - genauso wie der Unfallhergang im Einzelnen - zur haftungsbegründenden Kausalität, also zum Grund des Anspruchs. Soweit es um weitere Auswirkungen der Primärverletzung und die dadurch ausgelösten Beschwerden geht, betrifft dies die haftungsausfüllende Kausalität (§ 287 ZPO); hierzu haben sich die Beklagten jedenfalls nicht substantiiert geäußert. Der Erwerbsschaden und die Höhe der in dem Vorprozess angefallenen Kosten sind ohnehin unstreitig.

c) Das Grundurteil des Landgerichts ist auch deswegen fehlerhaft, weil bei einer Leistungsklage verbunden mit einem Feststellungsantrag auf Ersatz des weiteren Schadens, ein umfassendes Grundurteil nicht möglich ist, sondern nur ein Teilgrundurteil bezüglich der Leistungsklage und gegebenenfalls ein stattgebendes Teilendurteil hinsichtlich der Feststellungsklage (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 304 Rn. 3 und 12).

2. Im Interesse der Prozessbeschleunigung hat eine Aufhebung und Zurückverweisung der Sache im Sinne von § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO zu unterbleiben, wenn der Streit über den Betrag zur Endentscheidung reif ist (Gerken, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. A., § 538 Rn. 55; Grunsky, in: Stein/Jonas, ZPO, 21. A, § 538 Rn. 24; vgl. auch OLG Koblenz, MDR 1992, 805 ff, hier zitiert nach Juris Rn. 33). Liegt Entscheidungsreife vor, muss das Gericht über den Betrag entscheiden; es liegt nicht etwa in seinem Ermessen, ob es gleichwohl zurückverweisen will (Grunsky, a. a. O.). An sich setzt eine Entscheidung des Berufungsgerichts auch über den Betrag voraus, dass der Rechtsstreit auch bezüglich des Betrags in die zweite Instanz gelangt ist, was jedoch dann nicht der Fall ist, wenn das erstinstanzliche Gericht nur ein den Grund bejahendes Zwischenurteil nach § 304 ZPO erlassen hat. Gleichwohl hat das Berufungsgericht bei Entscheidungsreife aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit auch über den Betrag mitzuentscheiden (BGH, NJW 1986, 182; Grunsky, a. a. O. Rn. 25). Dabei ist auch nicht erforderlich, dass der Streit über den Betrag durch Anschließungsanträge besonders in das Berufungsverfahren eingeführt wird (RGZ 132, 103, 104 f.; Grunsky, a. a. O.; Rimmelspacher, in: MüKo/ZPO, § 538 Rn. 21; Gerken, a. a. O., Rn. 56).

Eine Entscheidung über den gesamten Anspruch nach Grund und Höhe ist jedenfalls dann ohne Weiteres möglich, wenn die Parteien von der Einbeziehung des Betragsverfahrens in das Berufungsurteil nicht überrascht werden (BGH, VersR 1983, 735 ff., hier zitiert nach Juris Rn. 9). Die Problematik des an sich unzulässigen erstinstanzlichen Grundurteils und die Absicht des Senats, die Sache abschließend, mithin auch der Höhe nach zu entscheiden, ist mit den Parteivertretern im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erörtert worden. Weder haben die Parteivertreter daraufhin Einwände erhoben noch haben sie Schriftsatznachlass erbeten, was aufgrund des erstinstanzlichen Sachvortrags und der ausführlichen Behandlung des auch hier maßgeblichen Streitstoffs in den Beinaktenverfahren I und II im Übrigen nicht zu erwarten war.

3. Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist nur zum Teil begründet.

a) Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch in ausgeurteilter Höhe wegen Schlechterfüllung eines anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages (§§ 611, 675 BGB) gegen die Beklagten zu 1 bis 3 als Gesamtschuldner zu. Insoweit ist der zunächst nur von dem Beklagten zu 2 übernommene Auftrag später auch auf die zumindest nach außen bestehende Sozietät zwischen den Beklagten zu 1 bis 3 erstreckt worden.

Zwar waren Auftragnehmer des Anwaltsmandats zunächst nur der Beklagte zu 2 bzw. dessen damalige Sozietät, später - seit seiner parallelen Zulassung als Rechtsanwalt neben seiner Tätigkeit als Syndikus für den früheren Arbeitgeber der Klägerin - nur noch der Beklagte zu 2. Die Gründung einer (Schein) Sozietät mit dem Beklagten zu 1 im Jahr 1997 führte keinesfalls automatisch zu dessen Eintritt in das bereits bestehende Auftragsverhältnis. Dazu bedurfte es zumindest der stillschweigenden Einbeziehung des (Schein)Sozius in das bisherige Einzelmandat (BGH, NJW 1998, 1973; NJW 2004, 836). Eine solche kann aber im Ergebnis dem Schreiben des Beklagten zu 2 vom 8. Januar 1997 entnommen werden. In diesem hat der Beklagte zu 2 der Klägerin den Zusammenschluss mit dem Beklagten zu 1 zur zukünftigen gemeinsamen Berufsausübung angezeigt. Soweit er weiterhin angefragt hat, ob auch die "Angelegenheit D. (Anm.: Mädchenname der Klägerin) ./. Wehrbereichsverwaltung" weiterverfolgt werden solle, musste die Klägerin dies vor diesem Hintergrund als Angebot dahin verstehen, nunmehr auch den Beklagten zu 1 als Auftragnehmer zukünftig mit einzubeziehen. Einer ausdrücklichen Annahmeerklärung der Klägerin bedurfte es nicht (§ 151 BGB). Der Beklagte zu 3, der erst 1998 in die (Schein)Sozietät eingetreten ist, haftet hingegen gem. §§ 128, 130 HGB analog (BGH, WM 2007, 1530, 1532 f. m. w. N.). Ein Vertrauensschutz steht ihm insoweit nicht zu, denn er musste bei Eintritt in die Sozietät damit rechnen, für Verbindlichkeiten der (Schein)Gesellschafter wegen Schlechterfüllung eines Rechtsanwaltsmandats einzustehen (vgl. BGH WM 2006, 187 ff., hier zitiert nach Juris Rn. 17). Zudem ist der die Haftpflicht auslösende Fehler auch erst nach Eintritt des Beklagten zu 3 in die Sozietät geschehen.

Die Beklagten haben daher gemeinsam für die nachfolgend festgestellten Pflichtverletzungen des Beklagten zu 2 einzustehen.

b) Dem Beklagten zu 2, der zunächst mit der außergerichtlichen Vertretung der Klägerin betraut und später als Korrespondenzanwalt in dem vor dem Landgericht Neuruppin angestrengten Verfahren tätig war, sind nachfolgende schuldhafte Pflichtverletzungen unterlaufen.

aa) Der Beklagte zu 2 hat seine der Klägerin gegenüber obliegende Pflicht zur sorgfältigen Führung des ihm übertragenen Mandats dadurch verletzt, dass er nicht rechtzeitig vor Eintritt der Verjährung der mit der Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland verfolgten Schadensersatz und Schmerzensgeldansprüche der Klägerin eine Hemmung (dazu nachfolgend (1)) oder Unterbrechung der Verjährung (dazu nachfolgend (2)) bewirkt hat.

(1) Die Klägerin wirft dem Beklagten zu 2 im vorliegenden Verfahren (nur noch) vor, nicht rechtzeitig vor Verjähren der Ansprüche die Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland beim Amtsgericht Neuruppin eingereicht zu haben. Dies entspricht der Begründung des die Berufung zurückweisenden Beschlusses des Oberlandesgerichts Brandenburg im Beiaktenverfahren II. Tatsächlich waren die Ansprüche zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht verjährt (dazu (a)); dem Beklagten zu 2 ist aber vorzuwerfen, insoweit im Vorprozess nicht hinreichend vorgetragen zu haben (dazu (b)).

(a) Wie schon das Landgericht im Hinblick auf den im vorliegenden Verfahren zu den Akten gereichten vorprozessualen Schriftwechsel mit der Wehrbereichsverwaltung festgestellt hat, waren Schadensersatzansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland bei Einreichung der Klage beim Landgericht Neuruppin am 4. Februar 1998 - und auch später bei deren Zustellung - noch nicht verjährt.

Die dreijährige Verjährungsfrist nach § 852 Abs. 1 BGB a. F., die mit der Kenntnis der Klägerin von Schaden und Schädiger, die diese entweder unmittelbar mit dem Unfall, spätestens jedoch durch den eine Woche erfolgten Arztbesuch erlangte, zu laufen begann, wurde durch die unstreitig geführten Verhandlungen des Beklagten zu 2 mit der Anspruchsgegnerin in der Zeit vom 29. Juli 1992 bis zum Eingang des ablehnenden Schreibens der Wehrbereichsverwaltung vom 20. Februar 1997 am 25. Februar 1997, mithin über einen Zeitraum von ca. 4 Jahren und 6 Monaten, gehemmt (§ 852 Abs. 2 BGB a. F.).

Der Begriff der Verhandlung ist weit auszulegen, es genügt jeder Meinungsaustausch über den Schadensfall zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten, sofern nicht sofort erkennbar die Verhandlung über die Ersatzpflicht oder jeder Ersatz abgelehnt werden. Der Zeitraum, innerhalb dessen die Verhandlungen über die von der Klägerin erhobenen Ansprüche geführt worden sind, ergibt sich zweifelsfrei aus dem von den Beklagten mit der Klageerwiderung vorgelegten Schriftwechsel.

Bei Beginn der Hemmung waren erst gut zweieinhalb Monate der Verjährungsfrist verstrichen. Vom Ende der Hemmung bis zum Eingang der demnächst zugestellten Klage am 4. Februar 1998 lag ein weiterer Zeitraum von knapp einem Jahr, sodass die dreijährige Verjährungsfrist bei Weitem noch nicht abgelaufen war.

(b) Der Beklagte zu 2 hat jedoch im Beiaktenverfahren II nur vorgetragen, mit der Wehrbereichsverwaltung seien frühzeitig nach dem Unfall Verhandlungen über die Höhe und zum Teil über den Grund der Schmerzensgeld und Schadensersatzforderung geführt worden, und hat in diesem Zusammenhang nur beispielhaft ein Schreiben der Wehrbereichsverwaltung vom 8. Februar 1995 sowie das ablehnende Schreiben vom 20. Februar 1997 vorgelegt. Diesen Vortrag hat er auch mit Blick auf die schon mit der Klageerwiderung durch die Bundesrepublik erhobene Einrede der Verjährung (d.h. lange bevor die sich daran anschließende weitere Verjährungsproblematik - s.u. - überhaupt aufgekommen war) nicht weiter vertieft und hat auch keine weiteren Unterlagen vorgelegt. Dies hatte im Ergebnis zur Folge, dass das Oberlandesgericht Brandenburg mit dem die Berufung zurückweisenden Beschluss vom 6. Juli 2005 zu der Annahme gelangen musste, von der seit 8. April 1992 laufenden Verjährungsfrist seien vor Hemmung schon zwei Jahre und neun Monate verstrichen gewesen, weshalb die dreijährige Verjährungsfrist Ende Mai 1997 und damit vor Klageerhebung vollendet gewesen sei. Auf der Grundlage des damaligen Prozessvortrags konnte das Oberlandesgericht Brandenburg zu keinem anderen Ergebnis gelangen. Hätte der Beklagte zu 2 schon damals - wozu er im Hinblick auf die von der dort beklagten Bundesrepublik bereits mit der Klageerwiderung erhobene Einrede der Verjährung - verpflichtet gewesen wäre, denselben Schriftverkehr wie im vorliegenden Verfahren vorgelegt, wäre das Oberlandesgericht Brandenburg auch zu einer anderen Bewertung dieser Frage gekommen.

(2) Unabhängig davon ist die Verjährung der von der Klägerin gegen die Bundesrepublik Deutschland geltend gemachten Ansprüche im weiteren Verlauf des Beiaktenverfahrens II durch eine weitere schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten zu 2 eingetreten.

(a) Waren die Ansprüche der Klägerin im Zeitpunkt der Einreichung der Klage beim Landgericht Neuruppin nicht verjährt, wurde die Verjährung gemäß § 209 Abs. 1 BGB a. F. durch Erhebung der Klage rechtzeitig unterbrochen. Die Unterbrechung dauert gemäß § 211 Abs. 1 BGB a. F. an, bis der Prozess rechtskräftig entschieden oder anderweit erledigt ist. Gerät der Prozess jedoch dadurch in Stillstand, dass er nicht betrieben wird, so endet die Unterbrechung mit der letzten Prozesshandlung der Parteien oder des Gerichts (§ 211 Abs. 2 S. 1 BGB a. F.), kann aber dadurch erneut unterbrochen werden, dass eine der Parteien den Prozess weiter betreibt (§ 211 Abs. 2 S. 2 BGB a. F.). Die Vorschrift des § 211 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. ist dann nicht anwendbar, wenn der Stillstand des Verfahrens auf einer vom Gericht beschlossenen Aussetzung und damit nicht auf der Untätigkeit der Parteien beruht (BGH, Urteil vom 24. Januar 1989 - XI ZR 76/88, hier zitiert nach Juris Rn. 9, BGHZ 106, 295, 298). Die Rechtslage ändert sich jedoch, wenn der Grund für die Aussetzung wegfällt und keine der Parteien den Rechtsstreit weiter betreibt. Ist ein Verfahren bis zur Erledigung eines anderen Verfahrens ausgesetzt, so endet die Aussetzung mit der Erledigung dieses Verfahrens; einer Aufnahmeerklärung seitens der Parteien oder eines Aufhebungsbeschlusses bedarf es nicht. Jedenfalls in den Fällen, in denen - wie bei der Aussetzung bis zur Erledigung eines anderen Verfahrens - der Aussetzungsbeschluss an ein konkretes Ereignis anknüpft und damit der Aussetzungsgrund für die Parteien in allen Teilen einsehbar ist, beginnt mit dem Wegfall des Aussetzungsgrundes die Verjährung neu zu laufen (BGH, a. a. O.).

Mit Beschluss vom 23. Juni 1998 hat das Landgericht Neuruppin den Rechtsstreit im Einverständnis der Parteien bis zum Eingang des Sachverständigengutachtens in dem Beiaktenverfahren I (analog) § 148 ZPO ausgesetzt (Bl. 99 Bd. I BA II). Der Aussetzungsbeschluss knüpfte vorliegend auch an ein hinreichend konkretes Ereignis an, dessen Eintritt und damit der Wegfall des Aussetzungsgrundes in jeder Hinsicht für die Parteien im Beiaktenverfahren II erkennbar war. Der Eingang eines bestimmten Sachverständigengutachtens stellt grundsätzlich ein solches Ereignis dar. Die Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. S. vom 31. März 1999 ist per Fax am 7. April 1999 und im Original am 26. April 1999 beim Landgericht Frankfurt/Oder (BA I) eingegangen. Der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland hat dies dem Landgericht Neuruppin mit Schriftsatz vom 14. Juni 1999 angezeigt, woraufhin das Landgericht Neuruppin mit Verfügung vom 18. Juni 1999 (abgesandt am 25. Juni 1999) den Prozessanwälten hiervon eine Kopie übersandt hat, verbunden mit dem Hinweis, dass Termin nur auf Antrag bestimmt werde. Es ist ohne weiteres anzunehmen, dass der Beklagte zu 2 als Verkehrsanwalt hiervon Kenntnis erhalten hat. Hätte es sich um das (an sich) erwartete umfassende Sachverständigengutachten gehandelt, hätte dem Beklagten zu 2 von vornherein klar sein müssen, dass der Aussetzungsgrund nunmehr weggefallen war. Tatsächlich behandelte das eingereichte Gutachten aber die Beweisfragen nicht in der erwünschten Intensität. Darauf kann es jedoch nicht ankommen. Denn unabhängig von der Frage, dass sich die fachchirurgische Stellungnahme des Sachverständigen vorliegend nicht, wie angenommen, umfassend, sondern nur ansatzweise mit den Beweisfragen auseinandersetzte (vgl. hierzu Bd. I Bl. 123 f., 182 ff. BA I), ist auch bei Eingang eines in dem erwarteten Umfang erstatteten Gutachtens stets denkbar, dass ein ergänzendes Sachverständigengutachten eingeholt werden muss oder der Sachverständige zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens geladen wird und sich hierdurch auch neue Erkenntnisse für den ausgesetzten Prozess ergeben. Ungeachtet dessen ist - wie auch hier in Anbetracht des klaren Wortlauts des im Beiaktenverfahren II getroffenen Aussetzungsbeschlusses - gleichwohl lediglich auf den formalen Eingang der sachverständigen Stellungnahme abzustellen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es nicht einmal darauf an, ob die Parteien Kenntnis von dem Eintritt des die Aussetzung beendenden Ereignisses haben, um die Verjährungsfrist erneut in Lauf zu setzen. Er hat damit der Auffassung, dass trotz Beendigung der Aussetzung "für die Fristberechnung" eine Aufnahme des Verfahrens oder eine Terminsanberaumung durch das Gericht nicht zu entbehren sei, weil sonst die Gefahr bestehe, dass die Parteien vom Ende der Aussetzung keine Kenntnis erlangen, eine Absage erteilt (BGH, a. a. O., Rn. 11). Dies hat den Hintergrund, dass § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. eine Umgehung des § 225 BGB a.F. verhindern sollte.

Dem Beklagten zu 2 musste außerdem spätestens mit Eingang der (am 25. Juni 1999 abgesandten) Verfügung des Landgerichts Neuruppin klar sein, dass das Gericht nicht mehr auf weitere Ergänzungen oder Erläuterungen des Sachverständigengutachtens warten wollte, sondern das Verfahren an sich für terminsreif hielt, es jedoch nur auf Antrag terminieren würde, der Grund für die Aussetzung mithin weggefallen war. Von diesem Zeitpunkt an lag die Fortsetzung des Verfahrens wieder in der Hand der Parteien. Soweit sie den Rechtsstreit nicht weiter betrieben haben, beruhte der Stillstand auf ihrem Verhalten. Wenn der Beklagte zu 2 der Meinung gewesen wäre, man hätte trotzdem weiter zuwarten müssen, hätte er dies deutlich machen und ggf. eine erneute Aussetzung beantragen müssen. Des Weiteren ist anzunehmen, dass der Beklagte zu 2 seit der Mitteilung des Landgerichts Frankfurt/Oder zum Stand des Beiaktenverfahrens I, wusste, dass dort ohne Einholung eines weiteren Gutachtens ein instanzabschließendes Urteil ergangen war, ohne dass ihn dies dazu veranlasst hätte, dem Verfahren vor dem Landgericht Neuruppin Fortgang zu geben.

Da somit die Verjährungsfrist automatisch mit dem Wegfall des Aussetzungsgrundes neu zu laufen begonnen hat, kommt es ferner nicht darauf an, dass das Landgericht Neuruppin nicht seinerseits sogleich Termin anberaumt hat (vgl. § 216 Abs. 2 ZPO).

Die dreijährige Verjährungsfrist begann danach spätestens mit Zugang der gerichtlichen Verfügung vom 18. Juni 1999, mithin Ende Juni 1999 zu laufen und endete folglich Ende Juni 2002.

(b) Nach ständiger Rechtsprechung findet § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. aber auch dann keine Anwendung, wenn eine Partei einen triftigen Grund hatte, untätig zu bleiben (vgl. etwa BGH, NJW 2000, 132 ff., hier zitiert nach Juris Rn. 11; NJW 1999, 1101 ff., hier zitiert nach Juris Rn. 14; NJW 2001, 218 ff., hier zitiert nach Juris Rn. 13 f.). Insofern ist kein zwingend rechtlicher, sondern nur ein prozesswirtschaftlich vernünftiger Grund erforderlich, der auch darin liegen könnte, den Ausgang eines vorgreiflichen Verfahrens abzuwarten (vgl. BGH, NJW 2000, 132 ff., Juris Rn. 11 f.). Ein solcher Grund ist vorliegend indes nicht ersichtlich. Die Parteien haben das Verfahren bis zu dem Terminsantrag des Prozessbevollmächtigten der Bundesrepublik vom 29./31. Juli 2002, mithin mehr als drei Jahre schlichtweg nicht weiter betrieben. Der Beklagte zu 2 hat auch mit dem von ihm vorbereiteten nach Eintritt der Verjährung eingegangenen - von den Prozessanwälten eingereichten - Schriftsatz vom 10. September 2002 (Bd. I Bl. 115 ff. BA II) das lange Zuwarten nicht in diesem Sinne begründet, auch wenn er hierin sein Unverständnis zum Ausdruck gebracht hat, wie das Landgericht Frankfurt/Oder in dem Beiaktenverfahren I ohne Einholung eines weiteren Gutachtens eine erstinstanzliche Entscheidung treffen konnte.

Selbst wenn man annimmt, dass es letztlich darum ging, sämtliche im Beiaktenverfahren I erhobene Beweise zu verwerten und es mit Blick auf den Inhalt des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. S. durchaus nicht fern lag, dass entweder das Landgericht Frankfurt/Oder oder das Oberlandesgericht Brandenburg ein ergänzendes Sachverständigengutachten einholen würde, ein Zuwarten aus damaliger Sicht daher durchaus sinnvoll erscheinen konnte, muss der Grund für das weitere Untätigbleiben für den anderen Teil zumindest erkennbar sein (BGH NJW 1999, 1101, hier zitiert nach Juris Rn. 16 ff.; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. A., § 211 Rn. 3). Dies setzt mehr voraus als ein bloßes Schweigen, auch wenn sich aus dem Schriftsatz vom 10. September 2002 im Beiaktenverfahren II ergibt, dass der Beklagte zu 2 bzw. die Prozessanwälte offenbar annahmen, das Verfahren ruhe weiter.

Es hätte zudem nahe gelegen, relativ zeitnah nachzuforschen, ob im Beiaktenverfahren I tatsächlich weiter Beweis erhoben worden ist, was nicht der Fall war, und stattdessen - zumindest vorsorglich - im Beiaktenverfahren II in unverjährter Zeit eine ergänzende Begutachtung der Klägerin durch einen Sachverständigen anzuregen, wie dies mit Schriftsatz vom 10. September 2002 erfolgt ist.

Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass aus dem von den Beklagten vorgelegten Schriftwechsel zu ersehen ist, dass der Beklagte zu 2 seit März 2000 wusste, dass das Landgericht Frankfurt/Oder ohne Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens entschieden hatte und die Akten mittlerweile dem Oberlandesgericht Brandenburg vorlagen, und er mit weiterem Schreiben vom 11. Januar 2002 über den Sachstand in dem mittlerweile abgeschlossenen Beiaktenverfahren I informiert worden war.

(c) Ebenfalls zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Absendung einer - unstreitig im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Landgericht Neuruppin nicht zu den Akten gelangten - Sachstandsanfrage vom 28. Dezember 2001 nicht ausgereicht hätte, um ein Weiterbetreiben des Prozesses und daher eine erneute Unterbrechung der Verjährung i. S. v. § 211 Abs. 2 Satz 2 BGB a. F. zu rechtfertigen.

Für ein Weiterbetreiben genügt jede Prozesshandlung einer Partei, die bestimmt und geeignet ist, den Prozess wieder in Gang zu setzen, auch wenn die Handlung im Ergebnis erfolglos bleibt. Danach braucht die Prozesshandlung nicht das prozessuale Gewicht einer Klageerhebung oder eines prozessleitenden Schriftsatzes zu haben, sondern es genügt jede Prozesshandlung, die geeignet ist und den Willen erkennen lässt, den Prozess fortzusetzen und der Erledigung zuzuführen (BGH, NJWRR 1994, 514 ff., hier zitiert nach Juris Rn. 14). Ein solches Gewicht kann einer bloßen Sachstandsanfrage (zum Text vgl. Bd. II Bl. 251 BA II - die vermeintliche Sachstandsanfrage ist dort jedenfalls zweitinstanzlich eingereicht worden) nicht beigemessen werden, dies vor allem nicht vor dem Hintergrund, dass das Landgericht Neuruppin dem Verfahren nur auf Antrag Fortgang geben wollte. Dies konnte eine Sachstandsanfrage, die sich zudem noch auf den Sachstand im Parallelrechtsstreit beim Landgericht Frankfurt/Oder bezog, nicht bewirken.

Selbst wenn man dies anders sehen wollte, wäre es vorliegend Sache der Beklagten gewesen, den Eingang des Schriftsatzes vom 28. Dezember 2001 beim Landgericht Neuruppin als einen ihnen günstigen Umstand zu beweisen. Die bloße Vorlage der Eintragung im Postausgangsbuch der Prozessanwälte G. pp. reicht hierfür nicht aus.

bb) Der Klägerin hätte auch ein Anspruch auf Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld gegen die Bundesrepublik Deutschland gemäß § 839 BGB, Art. 34 GG i. V. m. § 847 BGB a. F. zugestanden.

(1) Den Unfallhergang haben die Beklagten bereits nicht mit Substanz bestritten. Unabhängig davon schließt sich der Senat der Beweiswürdigung des Landgerichts Frankfurt/Oder im Beiaktenverfahren I nach eigener Überprüfung an. Das Landgericht ist dort zu der Überzeugung gelangt, dass der als Zivilangestellter der Bundeswehr beschäftigte und am 7. April 1992 als Fahrer des verunfallten Fahrzeugs eingesetzte Zeuge R., der unzweifelhaft Beamter im haftungsrechtlichen Sinn ist, eine schuldhafte Amtspflichtverletzung begangen hat, indem er die auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes aufgeschichtete Reifenkarkasse bestehend aus einer Reihe von drei übereinander liegenden Reifen mit einer (den Verhältnissen nicht angepassten) Geschwindigkeit von 60 km/h überfuhr. Insoweit wird auf die überzeugenden Ausführungen zu Ziffer 2 der Entscheidungsgründe des Urteils der 11. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 27. Oktober 1999 (Bd. I Bl. 213 f. Beiaktenverfahren I) Bezug genommen.

(2) Es steht weiterhin fest, dass die Klägerin im Zusammenhang mit dieser Amtspflichtverletzung mit ihrem Kopf gegen den Überrollbügel des (Militär) Fahrzeugs der Marke VW/Iltis gestoßen ist und - wie die Zeugin K.P. im Beiaktenverfahren I bestätigt hat - sogleich über Schmerzen im Kopfbereich geklagt hat. Nichts anderes folgt aus der Aussage des Zeugen R., was die Beklagten ebenfalls nicht substantiiert in Abrede genommen haben.

(3) Ferner lässt sich auf der Grundlage der vorgelegten, von der VBG eingeholten Sachverständigengutachten (vgl. Anlagen K 1 - K 8, Bd. I Bl. 12 - 43 BA I, sowie Bd. I Bl. 10 - 14 und Bl. 21 - 24 BA II) in ausreichender Weise feststellen, dass die Klägerin infolge des Unfalls vom 7. April 1992 ein HWS-Distorsionstrauma davongetragen hat, das dazu geeignet war, die von ihr beklagten, vor allem rechtsseitigen Schmerzen an Kopf und Schulter sowie im Nacken und Rückenbereich zu verursachen. Darüber hinausgehende auf dem Unfallereignis beruhende Verletzungsfolgen hat sie hingegen in Anbetracht der Ergebnisse der eingereichten Gutachten bereits nicht ausreichend dargelegt.

So ergibt sich aus dem Gutachten des Prof. Dr. med. W. von der orthopädischen Klinik der Medizinischen Hochschule X vom 1. März 1993 (Bl. 17 - 27 Bd. I BA I) als zusammenfassende Beurteilung, dass die Klägerin am Unfalltag aus voller Gesundheit heraus ein HWS-Distorsionstrauma erlitten habe und die im Rahmen dieses Traumas erlittenen Verletzungen durch die Kernspintomografie vom 14. August 1992 verifiziert worden seien, das Trauma jedenfalls in der Lage gewesen sei, derartige Verletzungen zu verursachen. Vorerkrankungen hat der Sachverständige als Grund für die geklagten Beschwerden ausgeschlossen. Diese Auffassung hat er in dem ersten Rentengutachten (bei der VBG am 3. Juli 1995 eingegangen; Bl. 1014 Bd. I BA II) bestätigt und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit vom Wiedereintritt der Erwerbsfähigkeit (27. Dezember 1994) an bis auf weiteres in Höhe von 30 % anerkannt. Auch der weiterhin hinzugezogene Dr. med. T. (Arzt für Chirurgie/Unfallchirurgie/Sportmedizin und beratender Arzt der VBG B...) ist unter Hinzuziehung der kernspin- bzw. computertomografischen Aufnahmen sowie der Röntgenbilder inklusive Funktionsaufnahmen unter Beteiligung des leitenden Oberarztes der radiologischen Klinik des Klinikums L. zu dem Ergebnis gelangt, dass das in Rede stehende Ereignis zweifelsfrei zu einer Axialstauchung der Halswirbelsäule geführt hat, aus der die somatisierten Beschwerden sowie eine funktionelle Einschränkung der Halswirbelsäulenbeweglichkeit resultierten (Bl. 3943 Bd. I BA I).

Demgegenüber konnte Dr. T. eine Traumatisierung einer Bandscheibe der Halswirbelsäule nicht feststellen und insoweit sicher ausschließen, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall oder eine traumatische Bandscheibenprotrusion durch den Unfall hervorgerufen worden ist. Ebenso wenig konnte er eine Läsion des vorderen Längsbandes (= longitudinales Ligament) feststellen. Denn seinen Ausführungen zufolge wäre in diesem Fall als erstes die Bandscheibe in Mitleidenschaft gezogen worden und hätte entsprechende Veränderungen in der kernspintomografischen Untersuchung ergeben. Weiter ist in dem Gutachten davon die Rede, im weiteren Verlauf gäbe es für eine partielle Ruptur des vorderen Längsbandes keinerlei Beweise. Die Klägerin hat demgegenüber nicht mit Substanz vorgetragen, weshalb über das HWS-Distorsionstrauma hinaus die von ihr behaupteten Verletzungsfolgen entgegen diesen Ausführungen gleichwohl eingetreten sind.

Neurologische Ausfallerscheinungen haben sich bei der Klägerin ebenfalls nicht feststellen lassen. Der insoweit von der VBG u. a. als Sachverständige hinzugezogene Dr. Dr. W. hat in seinem neurologischen Gutachten aber im Hinblick auf die aus unfallchirurgischer bzw. orthopädischer Sicht zu würdigenden Verletzungsfolgen im Achsenorgan Halswirbelsäule - übereinstimmend mit den Stellungnahmen der beiden vorstehend zitierten Sachverständigen - ausgeführt, seiner Meinung nach müssten die von der Klägerin seit dem Unfallereignis fortlaufend geklagten Schäden wahrscheinlich mit einer seinerzeit erlittenen Strukturschädigung der Halswirbelsäule erklärt werden. Eine Verletzung des vorderen Längsbandes hat er - wie Dr. T. - ebenfalls nicht als schlüssig erwiesen angesehen. Die im Kernspintomogramm erkennbaren Bandscheibenvorwölbungen hat er - wiederum übereinstimmend mit den Ergebnissen des Dr. T. - mit Wahrscheinlichkeit als anlagebedingte Gesundheitsstörungen eingeschätzt. Er hat jedoch weiterhin ausgeführt, eine kräftige Stauchung der Halswirbelsäule wie im vorliegenden Fall sei durchaus nach Art und Schwere geeignet, einen vergleichsweise gesunden Körperteil zu schädigen, zumal wenn hier bereits leichte bis mäßige degenerative Verschleißumformungen vorgelegen hätten.

Letztlich hat auch das im Beiaktenverfahren I eingeholte gerichtliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S. kein abweichendes Ergebnis erbracht. Zwar hat sich dieser mit den ihm gestellten Beweisfragen nicht eingehend auseinandergesetzt, sondern überwiegend über die unterschiedlichen Auffassungen in den wissenschaftlichen Publikationen zum Thema Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule referiert und weiter den Standpunkt vertreten, eine Begutachtung allein nach Aktenlage führe nicht zu einer befriedigenden Klarheit. Abschließend hat er jedoch ausgeführt, müsste er dennoch nach Aktenlage eine Bewertung vornehmen, käme er im Wesentlichen zur gleichen Beurteilung wie Dr. T..

Jedenfalls Prof. Dr. W. und Dr. Dr. W. haben die Klägerin aber persönlich untersucht und sind dabei zu ähnlichen Ergebnissen gelangt wie Dr. T..

Dass die Klägerin sich daher bei dem Unfall eine HWS-Distorsion als (Primär) Verletzung zugezogen hat, kann nach vorstehenden Ausführungen nicht bezweifelt werden (§ 286 ZPO). Diese kommt nach den nachvollziehbaren Ausführungen der verschiedenen Sachverständigen ferner mit ausreichender Wahrscheinlichkeit als Auslöser der von ihr geklagten Bewegungseinschränkung sowie der Schmerzen im Kopf/Schulter und Nackenbereich in Betracht (§ 287 ZPO). Dass die lange Fortdauer der Beschwerden unmöglich wäre, haben weder die Beklagten geltend gemacht noch gibt es dafür Anhaltspunkte in den vorgelegten Gutachten. Dass eine Verletzung der HWS durchaus zu dauerhaften Folgen führen kann, kann letztlich nicht bezweifelt werden. Insoweit sind dem Schädiger auch Folgen zuzurechnen, die durch bestehende Vorschäden begünstigt worden sind. "Schicksalhaft" bestehenden gesundheitlichen Beschwerden kann daher keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden. Abgesehen davon bleibt im Dunkeln, was die Beklagten damit genau gemeint haben.

Einer Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen (§ 144 ZPO) bedarf es vor diesem Gesamthintergrund daher nicht. Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits haben ihrerseits die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht beantragt und sich auch mit den vorstehend geschilderten sachverständigen Stellungnahmen nicht auseinander gesetzt. Auch wenn es sich bei diesen Stellungnahmen um Privatgutachten handelt, sind diese doch nicht im Auftrag der Klägerin, sondern der VBG als dem gesetzlichen Unfallversicherer eingeholt worden, sodass die Annahme, die Gutachten könnten parteilich erstattet worden sein, vorliegend ohnehin fern liegt. Des Weiteren haben die Parteien keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass - auch wenn die Klägerin noch immer unter Schmerzen im Halswirbelsäulenbereich leidet - eine erneute Begutachtung der Klägerin mehr als 15 Jahre nach dem Unfall noch zu verwertbaren Ergebnissen führen könnte.

(4) Des Weiteren gibt es keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin dadurch, dass sie einen Arzt erst eine Woche nach dem Unfall erstmalig aufgesucht hat, entscheidend zu einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes beigetragen hat. Dass sie trotz der zunächst eingetretenen Beschwerden glaubte, diese würden von allein verschwinden, ist ihr nicht zum Vorwurf zu machen.

(5) Es stellt sich daher nur noch die Frage, inwieweit der Klägerin ein Mitverschulden an dem Unfall und den daraus resultierenden Verletzungen vorgeworfen werden kann. Insoweit ist zwischen den Parteien im Vorprozess streitig gewesen, ob der Pkw VW Iltis auf der Rückbank mit Sicherheitsgurten ausgestattet war und die Klägerin sich daher hätte anschnallen können, was eine Kollision mit dem Überrollbügel bei Überfahren der Reifenkarkasse mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert hätte. Hierzu haben im Beiaktenverfahren I die Zeugen R. und N. unterschiedliche Angaben gemacht. Während der Zeuge R. erklärt hat, hinten im Fahrzeug hätten sich Sicherheitsgurte befunden, hat der Zeuge N. ausgesagt, der Pkw VW Iltis habe hinten keine Sicherheitsgurte gehabt, Armeefahrzeuge hätten jedenfalls damals nie Sicherheitsgurte gehabt. Die Zeugin K.P. konnte insoweit nur mitteilen, dass die Klägerin und sie jedenfalls nicht angeschnallt gewesen waren und sie Beckengurte oder ähnliches nicht gesehen habe, allerdings auch nicht bewusst darauf geachtet habe. Der in diesem Zusammenhang außerdem vernommene Zeuge K., der als Zivilangestellter bei der Bundeswehr beschäftigt war, hat nur bekundet, damals seien Zivilpersonen stets belehrt worden, dass sie die Fahrt in einem Militärfahrzeug auf eigene Gefahr unternahmen und sie sich anzuschnallen hätten.

Das Landgericht Frankfurt/Oder hat auf dieser Grundlage ein Mitverschulden der Klägerin als nicht bewiesen angesehen, weil es zweifelhaft geblieben sei, ob in dem Unfallfahrzeug zum Unfallzeitpunkt auf der Rückbank überhaupt Sicherheitsgurte vorhanden gewesen seien. Die Aussage des Zeugen K. hat das Landgericht Frankfurt/Oder als unergiebig betrachtet, weil er sich an eine konkrete Belehrung nicht mehr habe erinnern können. Im Übrigen ist das Landgericht Frankfurt/Oder zu der Überzeugung gelangt, die Aussage des Fahrers R. sei jedenfalls nicht glaubhafter als die seines Beifahrers N.. Dieser Würdigung schließt sich der Senat nach eigener kritischer Prüfung an. In Bezug auf den Zeugen K. kommt hinzu, dass sich seiner Aussage gerade nicht entnehmen lässt, ob in dem fraglichen Fahrzeug überhaupt Gurte vorhanden gewesen sind. Was die Aussagen der Zeugen R. und N. betrifft, ist weiter zu beachten, dass der Zeuge R. als Fahrer wegen der ihm vorgeworfenen Pflichtverletzung ein Motiv hatte, die Lage für ihn möglichst günstig darzustellen. Den zum Beweis der Behauptung, die Fahrzeuge des PKW Typ Iltis seien zum Unfallzeitpunkt generell mit Sicherheitsgurten ausgestattet gewesen, angebotenen Zeugen B., hat das Landgericht Frankfurt/Oder mit der Begründung nicht gehört, dies lasse keinen zuverlässigen Schluss auf den Zustand des Unfallfahrzeugs zum. Dem ist ebenfalls beizutreten.

All dies kann jedoch im Ergebnis dahinstehen, denn im vorliegenden Verfahren haben die Beklagten weder ausdrücklich zu der Frage des Mitverschuldens der Klägerin vorgetragen noch hierzu Zeugenbeweis angeboten. Überdies bestehen keine konkreten Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der Tatsachenfeststellung durch das Landgericht Frankfurt/Oder aufkommen lassen würden.

Die Klägerin muss sich daher ein Mitverschulden im Hinblick auf die ursprünglich in dem Beiaktenverfahren II geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht zurechnen lassen.

Darüber hinaus kommt auch ein Einverständnis, die Fahrt auf eigene Gefahr zu unternehmen, das sich ggf. aufgrund der Aussage des Zeugen K. andeuten könnte, nicht in Betracht, weil sich ein solcher Haftungsausschluss nur auf typische und nicht auf mutwillig herbei geführte Gefahren beziehen kann.

cc) Die Sache ist auch, was die Höhe der geltend gemachten Schadensersatzansprüche betrifft, entscheidungsreif, denn die insoweit maßgeblichen Tatsachen sind unstreitig. In Bezug auf die einzelnen geltend gemachten Schadenspositionen gilt Folgendes:

(1) Soweit die Klägerin ein entgangenes Schmerzensgeld in Höhe von 15.338,76 EUR (= 30.000 DM) verlangt, stützt sie dies auf die aufgrund des Unfalls erlittenen Schmerzen, die damit im Zusammenhang stehenden Ängste und Depressionen, die in der Folge auch ihr Privatleben beeinträchtigten und ihre damalige Beziehung scheitern ließen. All diese Umstände sind unstreitig genauso wie die unfallbedingte 28monatige Arbeitsunfähigkeit der Klägerin sowie das Erfordernis, über einen Zeitraum von sechs Monaten eine sogenannte Schanz'sche-Krawatte tragen zu müssen und sich den entsprechenden therapeutischen Maßnahmen zu unterziehen.

Ein Schmerzensgeld von 15.000 EUR erscheint jedoch auch angesichts des langen Zeitraums der Arbeitsunfähigkeit, der verbliebenen Minderung der Erwerbsfähigkeit von zunächst 30 und später 20 % und des Grades des Verschuldens des Fahrers R. bei der Verursachung des Unfalls übersetzt, selbst wenn man berücksichtigt, dass die Klägerin - möglicherweise aufgrund eines mittlerweile chronifizierten Schmerzsyndroms - im Zeitpunkt der Anstrengung des Beiaktenverfahrens II seit sechs Jahren unter Schmerzen und Bewegungseinschränkungen litt und diese auch bei Abschluss des Verfahrens im Jahr 2005 noch angedauert haben sollen. Berücksichtigt man einerseits das Ausmaß und die Schwere der psychischen und physischen Störungen, das Alter der Klägerin im Unfallzeitpunkt, das Maß ihrer Lebensbeeinträchtigung, die Heftigkeit und Dauer ihrer Schmerzen, die Auswirkungen auf ihr Privatleben und bedenkt, dass der Zeuge R. bei Überfahren der Reifenkarkasse mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit auf unwegsamen Gelände grob fahrlässig gehandelt hat, darf doch auf der anderen Seite nicht außer Betracht gelassen werden, dass die Klägerin zwar ernst zu nehmende, aber keine schwersten Schädigungen davon getragen hat. Daher erscheint ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 EUR als angemessen, aber auch ausreichend.

(2) Weiterhin macht die Klägerin einen Erwerbsschaden in Höhe von 4.067,55 EUR geltend, der sich aus der Differenz des gezahlten Krankengeldes und ihrem fiktiven Nettogehalt für den Zeitraum zwischen dem 1. August 1992 und dem 23. Dezember 1994 ergibt. Zum Beleg hat sie Bescheinigungen der X Krankenkasse über die erbrachten Entgeltersatzleistungen sowie solche ihres seinerzeitigen Arbeitgebers über das andernfalls gezahlte Nettogehalt zu den Akten gereicht (Anlagen K 8 und K 9, Bl. 9397 d.A.). Deren Inhalt ist zwischen den Parteien ebenfalls nicht streitig.

Der Verletzte ist so zu stellen, wie er ohne den Eintritt des haftungsbegründenden Umstands stünde, nicht schlechter, aber auch nicht besser. Die Nachteile für den Erwerb des nichtselbständig Beschäftigten bestehen aus der Differenz zwischen dem tatsächlichen Arbeitseinkommen und demjenigen, das er ohne das Schadensereignis hypothetisch erzielt hätte. Der von der Klägerin anhand ihres fiktiven Nettogehalts errechnete Schaden ist daher unproblematisch zu ersetzen. Weitergehende steuerliche oder sozialversicherungsrechtliche Nachteile macht sie nicht geltend.

(3) Schließlich verlangt die Klägerin die ihr im Beiaktenverfahren II entstandenen Gerichts und Rechtsanwaltskosten erster und zweiter Instanz in voller Höhe ersetzt. Ihr steht indes nur ein Teil dieser Kosten als Schadensersatz zu.

(a) Von den erstinstanzlich entstandenen Kosten haben die Beklagten der Klägerin 3.170,52 EUR zu erstatten. Dies entspricht den Kosten, die die Bundesrepublik angesichts der aufgrund vorstehender Ausführungen zum Schmerzensgeld und zum Erwerbsschaden anzunehmenden Obsiegens und Unterliegensquote im Beiaktenverfahren II unter Berücksichtigung des vom Landgericht Neuruppin festgesetzten Streitwerts von 20.449,34 EUR (nach dem die Parteivertreter im Folgenden auch abgerechnet haben) zu tragen gehabt hätte.

(b) In der zweiten Instanz (die Gerichtskosten in Höhe von 1.238,66 EUR, gegnerische Kosten von 1.242,88 EUR und eigene Kosten von 1.222,17 EUR verursacht hat) hat sich die Klägerin ausschließlich durch ihren auch im vorliegenden Verfahren bevollmächtigten Rechtsanwalt vertreten lassen. Unabhängig von den Fehlern, die dem Beklagten zu 2 in erster Instanz unterlaufen sind, ist durch das Berufungsverfahren einer neuer Schaden eingetreten und eine neue Kausalkette in Gang gesetzt worden, die dem Beklagten zu 2 nicht mehr zugerechnet werden kann.

dd) Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten sind auch nicht verjährt. Die Verjährung von Schadensersatzansprüchen der Klägerin wegen Verletzung des Anwaltsvertrages durch Schlechterfüllung richtet sich, soweit sie - wie hier - vor dem 15. Dezember 2004 entstanden sind, gemäß Art. 229 § 12 Abs. 1 Nr. 3, § 6 (analog) EGBGB nach § 51b BRAO. Gemäß § 51b 1. Alternative BRAO i. V. m. § 198 BGB a. F. begann die Verjährung mit der Entstehung des Anspruchs zu laufen, unabhängig davon, ob der Geschädigte Kenntnis vom Eintritt des Schadens und der Person des Verpflichteten hatte, spätestens aber mit Mandatsende (§ 51 b 2. Alternative BRAO). Ein Schaden, der regelmäßig einen vertraglichen Ersatzanspruch und dessen Verjährungsbeginn gemäß den genannten Verjährungsvorschriften auslöst, entsteht, sobald sich die Vermögenslage des Auftraggebers durch die Pflichtverletzung des Rechtsanwalts objektiv verschlechtert, ohne dass bereits feststehen muss, dass der Schaden bestehen bleibt und damit endgültig wird (BGHZ 119, 69, 70 ff.; ständige Rechtsprechung). Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, begann die Verjährung hiernach mit Ablauf des 26. Juni 2002 zu laufen, d. h. dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung der Ansprüche der Klägerin gegen die Bundesrepublik Deutschland eingetreten ist. Wegen der zwischenzeitlich bewirkten Hemmung der Verjährung des Anspruchs gegen die Beklagten durch die Streitverkündung im Beiaktenverfahren II (dort Bd. I Bl. 212), wird auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil (dort Seite 9) Bezug genommen. Diese werden von der Berufung auch nicht angegriffen. Zu recht hat das Landgericht weiter ausgeführt, dass sich die Beklagten auch nicht auf einen früheren Verjährungsbeginn der gegen sie gerichteten Ansprüche ab Mai 1997 berufen können, denn tatsächlich waren die Schadensersatzansprüche der Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt, und ferner darauf hingewiesen, dass die Interventionswirkung der Streitverkündung nach §§ 68, 74 Abs. 3 ZPO nur zu Ungunsten des Streitverkündeten, nicht aber zu Ungunsten der den Streit verkündenden Partei wirkt.

4. Ein Zinsanspruch steht der Klägerin als weitere Schadensfolge im Hinblick darauf zu, dass auch die im Vorprozess ohne den Anwaltsfehler in tenorierter Höhe erfolgversprechende Hauptforderung vom Zeitpunkt des Eintritts der (dortigen) Rechtshängigkeit, mithin dem 24. Februar 1998, an verzinst worden wäre.

Darüber hinaus kann die Klägerin Zinsen auf die vorliegend als Schaden geltend gemachten Kosten des Vorprozesses erst ab Rechtshängigkeit des vorliegenden Verfahrens (§ 291, § 288 Abs. 1 BGB) verlangen. Für einen früheren Zinsbeginn wäre eine vorherige Inverzugsetzung der Beklagten erforderlich gewesen, für die es keinen Anhalt gibt. Die Klägerin hat vielmehr Zinsen ab den jeweiligen Zeitpunkten verlangt, zu denen sie die nunmehr erstattet verlangten Kosten verauslagt hat. Dafür gibt es im Gesetz keine Grundlage. Ihr Zinsantrag ist im Übrigen dahin auszulegen, dass sie für den Fall, dass die von ihr errechnete Zinsstaffel keinen Erfolg hat, Prozesszinsen in der derzeitigen gesetzlichen Höhe begehrt.

5. Der im Beiaktenverfahren II gestellte Feststellungsantrag war zum Zwecke der Hemmung der Verjährung der Schadensersatz/Schmerzensgeldansprüche gegenüber der Bundesrepublik Deutschland zulässig und begründet. Insoweit reicht es im Hinblick auf die Verletzung der Gesundheit der Klägerin als eines absoluten Rechtsguts aus, wenn künftige Schadensfolgen (wenn auch nur entfernt) möglich, ihre Art und ihr Umfang, sogar ihr Eintritt aber noch ungewiss sind (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 256, Rn. 8 a unter Hinweis auf BGH NJW 2001, 1432). Dass gerade im Bereich der HWS dauerhafte Schäden eintreten können - auch wenn sie gegebenenfalls auf einer Fehlverarbeitung des Ereignisses beruhen - ist bzw. war auch aus damaliger Sicht nicht zweifelhaft. Demzufolge müssen die Beklagten im Regressweg auch für etwaige Zukunftsschäden der Klägerin haften.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1, § 100 Abs. 4 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Anlass zur Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO hat der Senat nicht.

Ende der Entscheidung

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