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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 29.11.2000
Aktenzeichen: 3 U 98/00
Rechtsgebiete: BNotO, BeurkG


Vorschriften:

BNotO § 19 Abs. 1
BeurkG § 17 Abs. 1 S. 1
Dem Notar, der ausschließlich das Angebot des Grundstücksverkäufers an einen bestimmten, an der Beratung nicht teilnehmenden und nicht vertretenen Käufer beurkundet, obliegt es im Rahmen der erweiterten Betreuungspflicht grundsätzlich nicht, für die Sicherstellung der Zug-um-Zug Leistung durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu Gunsten des Käufers Sorge zu tragen.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

3 U 98/00 2 O 224/99 LG Lüneburg

Verkündet am 29. November 2000

Justizsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

Beklagter und Berufungskläger,

- Prozessbevollmächtigte:

gegen

Klägerin und Berufungsbeklagte,

- Prozessbevollmächtigte:

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht des Richters am Oberlandesgericht sowie des Richters am Landgericht für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 13. März 2000 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschwer der Klägerin: bis zu 10.000 DM.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung gemäß § 19 Abs. 1 BNotO in Anspruch.

Der Beklagte beurkundete am 23. Januar 1991 ein an die Klägerin gerichtetes Angebot der Firma GmbH & Co. KG zum Erwerb einer Doppelhaushälfte in . Die Annahmeerklärung der Klägerin wurde am 30. Januar 1991 vom Notar in an der beurkundet. § 9 des notariellen Angebotsvertrages sah die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin auf Übertragung des Grundstückseigentums vor. Die Auflassungsvormerkung bezog sich allerdings nicht auf den 1/4-Miteigentumsanteil der Klägerin an dem Erschließungsweg zum Grundstück. Diesen erwarb schließlich im Wege der Zwangsversteigerung der Kaufmann , der lediglich gegen Zahlung eines Betrages von 6.030 DM bereit ist, der Klägerin den entsprechenden Miteigentumsanteil an dem Erschließungsweg zu überlassen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der das Angebot beurkundende Beklagte sei ihr gegenüber schadensersatzpflichtig, da er es pflichtwidrig versäumt habe, den Anspruch der Klägerin auf Erwerb des Miteigentums am Erschließungsweg durch die Eintragung einer Vormerkung sichern zu lassen. Da, wie sich bereits aus der Zwangsversteigerung des Grundstücks ergebe, die Verkäuferin vermögenslos sei, ergebe sich hieraus für die Klägerin ein Schaden in Höhe des geforderten Kaufpreisanteils von 6.030 DM zuzüglich der für eine Beurkundung aufzuwendenden weiteren Kosten.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 6.030 DM zu zahlen,

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche zukünftigen Schäden zu ersetzen, die ihr daraus erwachsen, dass aus dem Kaufvertragsschluss vor dem Beklagten gemäß Angebotsverhandlung vom 23. Januar 1991 und Annahmeerklärung vom 30. Januar 1991 keine Erwerbsvormerkung im Grundbuch eingetragen worden ist.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Verletzung von ihm gegenüber der Klägerin bestehenden Amtspflichten bestritten, die Klägerin auf Schadensersatzansprüche gegenüber der Verkäuferin verwiesen, die Klagforderung der Höhe nach bestritten und die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, der Beklagte sei der Klägerin gegenüber, obwohl diese nicht unmittelbar Beteiligte des Amtsgeschäfts gewesen sei, auch als nur mittelbar Beteiligte verpflichtet gewesen, das Kaufvertragsangebot so zu fassen, dass auch der Anspruch der Klägerin auf Erwerb der Zuwegung durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung gesichert wurde.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, der weiterhin an seiner Auffassung festhält, nicht er, sondern ausschließlich der die Angebotsannahme beurkundende Notar habe Pflichten gegenüber der Klägerin wahrzunehmen gehabt. Im Übrigen wiederholt er sein Vorbringen zur anderweitigen Ersatzmöglichkeit.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und meint, der Beklagte hafte ihr bereits deshalb, weil er ohne hinreichenden Grund die Beurkundung in Angebot und Annahme aufgespalten habe. Eine anderweitige Ersatzmöglichkeit gegenüber der Verkäuferin bestehe nicht, da diese, wie schon die Zwangsversteigerung des Zuwegungsgrundstücks zeige, vermögenslos sei.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist zulässig; sie ist auch in der Sache begründet. Der Klägerin stehen gegenüber dem Beklagten keine Schadensersatzansprüche wegen Amtspflichtverletzung aus § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO zu.

I.

1. Der Beklagte hat, wovon auch das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend ausgegangen ist, nicht gegen seine Pflichten aus § 17 Abs. 1 Satz 1 Beurkundungsgesetz verstoßen. Danach obliegt dem Notar lediglich die Pflicht, eine dem Willen der Beteiligten entsprechende rechtswirksame Beurkundung vorzunehmen. Diesen Anforderungen entspricht das vom Beklagten beurkundete Kaufvertragsangebot.

Der Beklagte war auch nicht aus § 17 Abs. 1 Satz 2 Beurkundungsgesetz verpflichtet, die Klägerin auf die mit der Vertragsgestaltung verbundenen besonderen Risiken, insbesondere das Fehlen einer Auflassungsvormerkung für die Zuwegung, hinzuweisen und eine Regelung anzuregen, die geeignet war, der hiermit verbundenen Gefahr entgegenzuwirken. Die Pflichten des § 17 Abs. 1 Beurkundungsgesetz obliegen einem Notar, wie sich aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, nur gegenüber den Beteiligten des Beurkundungsgeschäfts. An der Beurkundung beteiligt sind gemäß § 6 Abs. 2 Beurkundungsgesetz jedoch nur die Erschienenen, deren im eigenen oder fremden Namen abgegebene Erklärungen beurkundet werden sollen, also die formell an der Beurkundung beteiligten Personen. Hierzu gehörte die Klägerin nicht.

2. Soweit der Bundesgerichtshof darüber hinaus die Beratungs- und Belehrungspflichten des Notars in Einzelfällen auch auf nur mittelbar Beteiligte erstreckt hat (vgl. dazu Haug, Die Amtshaftung des Notars, 2. Auflage Rdn. 36 ff.), kommt eine solche Erweiterung der Beratungs- und Belehrungspflichten für den Notar nur gegenüber solchen Beteiligten in Betracht, die sich anlässlich der Beurkundung oder unter Bezugnahme auf eine vorangegangene Beurkundung an den Notar gewandt und ihm ihre Belange, in welcher Form auch immer, anvertraut haben oder die im eigenen Interesse bei der notariellen Amtshandlung anwesend waren (vgl. BGHZ 58, 343, 353; BGH DNotZ 1981, 773 ff.). Diese Voraussetzungen sind im gegebenen Fall nicht erfüllt. Die Klägerin war als Adressatin des vom Beklagten beurkundeten Angebots bei der Beurkundung nicht zugegen. Allein dadurch, dass sie als Angebotsempfängerin im notariellen Angebot erwähnt und ihr das Angebot zugeleitet wurde, wurde keine Vertrauensbeziehung hergestellt, aus der heraus sich Beratungs- oder Belehrungspflichten des Notars ergeben.

3. Der Beklage haftet der Klägerin schließlich auch nicht gemäß § 19 Abs. 1 BNotO deshalb, weil deren Interesse, ohne dass sie unmittelbare oder mittelbare Beteiligte der Amtshandlung war, durch die Amtshandlung des Notars berührt worden ist. Gegenüber Dritten, die am notariellen Geschäft weder unmittelbar noch mittelbar beteiligt sind, bestehen grundsätzlich keine Belehrungspflichten des Notars (BGH, a. a. O.). Dies gilt auch bei der sukzessiven Beurkundung von Angebot und Annahme eines Grundstückskaufvertrages. Hier ergeben sich für den Notar, der das Angebot beurkundet, keine erweiterten Pflichten gegenüber dem Adressaten des Angebots. Der Notar braucht nur und ausschließlich den Anbietenden als Beteiligten des Rechtsgeschäfts zu belehren. Die Belehrung des Annehmenden hat der die Annahmeerklärung beurkundende Notar vorzunehmen (BGH, a. a. O. mit weiteren Nachweisen). Die für den Grundstückskäufer besonders wichtige Betreuung, insbesondere die Sicherung von vor Eigentumsübergang geleisteten Kaufpreiszahlungen bzw. die Eintragung einer Auflassungsvormerkung an richtiger Rangstelle ist zwar bei sukzessiver Beurkundung von Angebot und Annahme nicht notwendig gewährleistet, da der Notar, der die Annahme beurkundet, hierzu nicht immer in der Lage sein mag. Die für eine Haftung des Angebotsnotars erforderliche Übernahme der Betreuungstätigkeit setzt aber dann eine besondere Vertragsgestaltung voraus, die hier nicht vorliegt. Sie wäre nur dann gegeben, wenn der Angebotsnotar ausdrücklich eine Betreuungstätigkeit gegenüber dem Käufer übernimmt. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

4. Soweit die Klägerin unter Berufung auf die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm (DNotZ 1997, 658 ff.) meint, eine Amtspflichtverletzung des Beklagten liege schon deshalb vor, weil dieser ohne innere Rechtfertigung die Beurkundung des Kaufvertrages in Angebot und Annahme aufgespalten habe, ist der vom Oberlandesgericht Hamm entschiedene Sachverhalt mit dem hier vorliegenden nicht vergleichbar, da dort, anders als hier, die Annahme des Vertrages bereits im beurkundeten Kaufvertragsangebot durch einen vollmachtlosen Vertreter enthalten war und daher dem annehmenden Notar keinerlei Prüfungen, sondern lediglich die Vollmachtsbeglaubigung übertragen war.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 sowie 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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