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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 10.03.2006
Aktenzeichen: 3 W 29/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 767
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 5

Entscheidung wurde am 28.04.2006 korrigiert: der unvollständige Leitsatz wurde ersetzt
Es kann mutwillig im Sinne des § 114 ZPO sein, wenn eine Klage erhoben werden soll, mit der die Zwangsvollstreckung einer Bank aus einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde in das gesamte Vermögen für unzulässig erklärt werden soll, wenn die Bank einen ausdrücklichen Verzicht insoweit erklärt hat.
3 W 29/06

Beschluss

In der Beschwerdesache

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 25. Januar 2006 am 10. März 2006 beschlossen:

Tenor:

Die - sofortige - Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten ihrer sofortigen Beschwerde zu tragen. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin beabsichtigt - nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe - die Erhebung einer Klage, mit der die Zwangsvollstreckung der Antragsgegnerin aus einer vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde des Notars H. in A. vom 23. März 1999 für unzulässig erklärt werden soll.

In der genannten Urkunde bestellten die Antragstellerin und ihr Ehemann eine Grundschuld an dem Grundstück, das inzwischen der Antragstellerin zu Alleineigentum gehört. Sie unterwarfen sich in der Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung in das belastete Pfandobjekt und darüber hinaus übernahmen die Antragstellerin und ihr Ehemann die persönliche Haftung und unterwarfen sich wegen dieser der Zwangsvollstreckung aus der Urkunde in das gesamte Vermögen (Anlage K 2, Bl. 20 d.A.).

Die Antragstellerin meint, die Antragsgegnerin sei nicht berechtigt, aus der Urkunde gegen sie persönlich vorzugehen, denn die Klausel, aus der sich die persönliche Haftung der Antragstellerin ergebe, sei unwirksam.

Im Laufe dieses Verfahrens hat die Antragsgegnerin wiederholt erklärt, dass bezüglich der persönlichen Haftung der Antragstellerin keine Ansprüche aus der notariellen Urkunde mehr geltend gemacht würden. Auf Veranlassung der Antragsgegnerin ist in dieser Weise der Verzicht der Antragsgegnerin in die Ausfertigung vom 9. November 2005 aufgenommen worden (Bl. 130).

Mit Schriftsatz vom 25. Januar 2006 haben die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, der Antragstellerin Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Ein entsprechender Beschluss der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim erging am 31. Januar 2006; der Antragstellerin wurde die beantragte Prozesskostenhilfe versagt. Auf Nachfrage des Gerichts ist für die Antragstellerin erklärt worden, dass es sich bei der eingereichten Beschwerde nicht um eine Untätigkeitsbeschwerde handele, sondern um eine Beschwerde gegen die den Prozesskostenhilfeantrag ablehnende Entscheidung des Landgerichts. Das Gericht habe die Entscheidung solange verzögert, dass dies einer Ablehnung gleichgekommen sei. Die Beschwerde sei im Hinblick auf den Beschluss vom 31. Januar 2006 auch gegen diese Entscheidung gerichtet.

Mit Beschluss vom 6. März 2006 hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Senat vorgelegt.

II.

Die als sofortige Beschwerde auszulegende Beschwerde der Antragstellerin gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Senat hält es ungeachtet der mehrfachen Nachbesserungen durch die Antragstellerin nach wie vor jedenfalls für zweifelhaft, ob die Antragstellerin die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Prozesskostenhilfebedürftigkeit ausreichend dargetan hat. Der Senat sieht von einer näheren Erörterung insoweit aber ab, weil es auf diese Frage letztlich nicht ankommt.

2. Gleichfalls kann dahingestellt bleiben, ob - wie das Landgericht angenommen hat - ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin mittlerweile nicht mehr gegeben ist, was zur Folge hätte, dass es der beabsichtigten Rechtsverfolgung an der hinreichenden Aussicht auf Erfolgt fehlte. Die Antragstellerin hat dies ungeachtet des Haftungsverzichts der Antragsgegnerin abweichend beurteilt, weil der Titel von der Antragsgegnerin nicht herausgegeben worden sei.

3. Jedenfalls ist die beabsichtigte Rechtsverteidigung der Antragstellerin mutwillig im Sinne von § 114 ZPO.

Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (vgl. nur Zöller-Philippi, ZPO, 24. Auf., Rdn. 30 zu § 114 m.w.N.). Diese Einschränkung des Anspruchs auf Prozesskostenhilfe ist verfassungsgemäß (vgl. nur BVerfG, NJW 2000, 2098).

Zu rügen ist insoweit bereits, dass die Antragstellerin nicht den Versuch unternommen hat, durch ein vorgerichtliches Schreiben einen Verzicht auf die persönliche Haftung der Antragstellerin zu erreichen. Das angestrebte Ziel hätte somit möglicherweise auf einfacherem Weg erreicht werden können (vgl. OLG Bamberg, FamRZ 1992, 456; FG Hamburg, EFG 2006, 132, 133).

Die Antragsgegnerin hat in diesem Verfahren mehrfach, und zwar erstmals mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 11. November 2005, ausdrücklich erklärt, dass bezüglich der persönlichen Haftung keine Ansprüche mehr aus der notariellen Urkunde gegenüber der Antragstellerin hergeleitet würden. An der Ernsthaftigkeit dieser Erklärung hat der Senat keine Zweifel. Es sind auch weder Anhaltspunkte dafür ersichtlich noch vorgetragen, dass dieser Erklärung zuwider die Antragsgegnerin Zwangsvollstreckungsmaßnahmen veranlassen könnte. Vielmehr hat sie gegenüber dem Notar die Aufnahme des erklärten Verzichts in die Ausfertigung veranlasst. Eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei würde gerade auch in Anbetracht der Kosten des Rechtsstreits in Höhe von mindestens 12.000 EUR (drei Gerichtsgebühren, auf beiden Seiten eine Verfahrens und eine Terminsgebühr aus einem Wert von 153.000 EUR) - Klage nicht erheben.

Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, einer bedürftige Partei müsse das Recht zustehen, den sichersten Weg zu beschreiten, um jedwedes Risiko ausschließen zu können. Dies würde nicht zu der verfassungsrechtlich gebotenen weitgehenden Gleichstellung (vgl. BVerfGE 81, 347, 357; NJWRR 2004, 61) der bedürftigen Partei führen, sondern diese gegenüber der nicht bedürftigen Partei privilegieren. Die nicht bedürftige Partei nämlich würde bei verständiger Würdigung das nur geringe Risiko hinnehmen und sich darauf beschränken, sich gegebenenfalls unter Berufung auf den unzweideutig erklärten Verzicht zu verteidigen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. Nr. 1811 Kostenverzeichnis (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) sowie § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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