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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 11.12.2001
Aktenzeichen: 3 Ws 445/01 (StrVollz)
Rechtsgebiete: StVollzG, VwGO, GVG


Vorschriften:

StVollzG § 115
VwGO § 83
GVG § 17a Abs. 2
Wird der Strafgefangene während des Verfahrens auf gerichtliche Entscheidung nach § 109 StVollzG in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt, tritt keine Erledigung der Hauptsache ein, wenn die angegriffene Maßnahme dort fortwirkt. Das Verfahren ist deshalb, falls die neue Anstalt zum Bezirk einer anderen Strafvollstreckungskammer gehört, nach Anhörung des Antragstellers -auch ohne dahingehenden Antrag- in entsprechender Anwendung des § 83 VwGO i. V. m. § 17a Abs. 2 GVG an die nun örtlich zuständige Strafvollstreckungskammer zu verweisen.
Oberlandesgericht Celle Beschluss

3 Ws 445/01 (StrVollz) 17 StVK 152/01 AG #######

In der Strafvollzugssache

wegen Genehmigung nicht überwachter Besuche

hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 2. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ####### in #######vom 21. September 2001 nach Beteiligung des Niedersächsischen Justizministerium, vertreten durch die Generalstaatsanwaltschaft Celle am 11. Dezember 2001 durch den Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### sowie den Richter am Amtsgericht ####### beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ####### verwiesen.

Der Streitwert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 100 DM festgesetzt.

Gründe:

Der in Strafhaft befindliche Antragsteller wendet sich mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Anordnung der Justizvollzugsanstalt #######, Besuche seiner Ehefrau optisch und akustisch sowie die Besuche einer Seelsorgehelferin optisch zu überwachen.

Am 15. Mai 2001 ist der Antragsteller nicht nur vorübergehend in die Justizvollzugsanstalt ####### verlegt worden. In dem angefochtenen Beschluss ist die Strafvollstreckungskammer von der Erledigung der Hauptsache ausgegangen und hat dem Antragsteller gemäß § 121 Abs. 2 Satz 2 StVollzG die Verfahrenskosten auferlegt. Sie hat ausgeführt, nach Verlegung des Antragstellers gelte der am 3. April 2001 aufgestellte Vollzugsplan zwar grundsätzlich fort. Er enthalte jedoch keine Entscheidung über die Modalitäten der Besuche der Ehefrau und entfalte insofern nach der Verlegung des Antragstellers keine Rechtswirkung mehr. Auch bezüglich der Besuche der Seelsorgehelferin sei die Hauptsache infolge der Verlegung erledigt. Die Überwachung dieser Besuche sei zwar in dem Voll- zugsplan geregelt. Es sei jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Besuche auch nach der Verlegung stattfänden.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde.

Das Rechtsmittel ist zulässig, weil es geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 116 Abs. 1 StVollzG). Es ist zu befürchten, dass sich andernfalls der im Folgenden aufzuzeigende Rechtsfehler wiederholen wird.

Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.

Entgegen der Auffassung der Strafvollstreckungskammer ist die Hauptsache nicht erledigt. Durch Verlegung in eine andere Anstalt erledigen sich nur Maßnahmen, die mit den besonderen Verhältnissen in der abgebenden Anstalt begründet worden sind. Stützt sich die Maßnahme dagegen auf in der Person des Gefangenen liegende Umstände - im vorliegenden Fall die besondere Gefährlichkeit des Antragstellers -, so wirkt sie auch nach einer Verlegung fort (vgl. hierzu AK-StVollzG-Feest/Volckart, 4. Aufl., § 115 Rn. 62; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 8. Aufl., § 115 Rn. 12). Hinzu kommt, dass nach den Feststellungen des angefochtenen Beschlusses der Antragsteller in der Justizvollzugsanstalt ####### denselben Maßnahmen zur Besuchsüberwachung unterliegt wie zuvor in der Justizvollzugsanstalt ####### (vgl. S. 6 der Beschlussausfertigung).

Mit der Verlegung des Antragstellers ist nunmehr die Justizvollzugsanstalt ####### Antragsgegnerin. Die erstrebte Aufhebung der angeordneten Maßnahmen kann nur von der Behörde vorgenommen werden, die die Freiheitsstrafe vollzieht. Der Wechsel der Antragsgegnerin veränderte auch die gerichtliche Zuständigkeit, die auf die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ####### überging. Die Sache ist in entsprechender Anwendung der §§ 83 VwGO, 17 a Abs. 2 GVG nach Anhörung des Antragstellers an das örtlich zuständige Gericht zu verweisen, ein Verweisungsantrag des Betroffenen ist nicht erforderlich (vgl. Entscheidungen des ehemaligen hiesigen 1. Strafsenats vom 16. Juli 1992 - 1 Ws 193/92 (StVollz) - und vom 13. Juli 1995 - 1 Ws 152/95 (StVollz) -).

Eine Verweisung an das zuständige Gericht ist nach dem Strafvollzugsgesetz nicht vorgesehen. Die bestehende Lücke kann durch die entsprechende Anwendung einer Vorschrift der Strafprozessordnung (vgl. § 120 Abs. 1 StVollzG) nicht geschlossen werden. Eine angemessene Lösung ergibt sich im Wege lückenausfüllender Rechtsfindung nur durch eine entsprechende Anwendung des § 83 VwGO. Das Verfahren nach §§ 109 ff. StVollzG ist dem Verwaltungsgerichtsprozess verwandt. Das Bedürfnis, eine Verweisung zuzulassen, besteht bei einem vor einer unzuständigen Strafvollstreckungskammer anhängigen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gleichermaßen wie im Verwaltungsrechtsstreit (vgl. BGH NStZ 1989, 196 f).

In entsprechender Anwendung des § 83 VwGO ist im Falle örtlicher Unzuständigkeit § 17 a Abs. 2 GVG entsprechend anzuwenden. Danach hat die Strafvollstreckungskammer nach Anhörung des Antragstellers ihre Unzuständigkeit auszusprechen und die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen.

Da eine Anhörung des Antragstellers bereits stattgefunden hat, ist die Sache in Bezug auf die Verweisung spruchreif (§ 119 Abs. 4 Satz 2 StVollzG), sodass der Senat insoweit selbst entscheiden kann.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 48 a, 13 GKG.

Ende der Entscheidung

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