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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 05.09.2006
Aktenzeichen: 4 AR 60/06
Rechtsgebiete: InsO, ZPO


Vorschriften:

InsO § 3
ZPO § 26
ZPO § 281
ZPO § 281
Ergeben sich aus einem Schreiben des Mitarbeiters einer insolventen Gesellschaft unübersehbare Hinweise auf das Vorliegen einer gewerblichen Firmenbestattung, so ist ein gleichwohl erfolgter Verweisungsbeschluss an das Wohnsitzgericht des Bestatters für dieses Gericht nicht bindend.
4 AR 60/06

Beschluss

In dem Verfahren

über die Bestimmung des zuständigen Gerichts

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht H., den Richter am Oberlandesgericht S. und den Richter am Oberlandesgericht P. am 5. September 2006 beschlossen:

Tenor:

Örtlich zuständig ist das Amtsgericht - Insolvenzgericht - Hannover.

Gründe:

I.

Die Schuldnerin hat ihren Sitz in Hannover. Sie ist dort unter HRB Nr. ... eingetragen. Sie wurde zur Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung von einem Geschäftsführer U. D. vertreten, dessen Anschrift ... lautet. D. ist in einer Urkunde des Notars G. S. in B. (UR.Nr. ...) am 12. Januar 2006 zum neuen Geschäftsführer bestellt worden. Die letzte Eintragung im HRB ist am 7. Februar 2005 erfolgt, als Geschäftsführer eingetragen war zu diesem Zeitpunkt noch jemand namens J. B., dem in der Urkunde vom 12. Januar 2006 Entlastung erteilt worden ist. Nach den Ausführungen des Geschäftsführers D. im Insolvenzantrag vom 7. Februar 2006 hat die Schuldnerin ihren Geschäftsbetrieb eingestellt. Die Geschäftsunterlagen sollten sich zu dieser Zeit zum Teil am Wohnsitz des Geschäftsführers in G. befinden, der im Zuständigkeitsbereich des AG Potsdam liegt. Teilweise will der Geschäftsführer die Unterlagen einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, wohl der J. GmbH in B. überlassen haben, die angeblich prüfen sollte, ob eine Umstrukturierung der Gesellschaft in Betracht kam.

Der Geschäftsführer D. der Schuldnerin hat mit Schriftsatz vom 7. Februar 2006, eingegangen beim Amtsgericht Hannover am 8. Februar 2006, beantragt, das Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin zu eröffnen. Zugleich hat er den Antrag gestellt, das Verfahren an das für seinen Wohnsitz zuständige Insolvenzgericht in Potsdam zu verweisen, weil eine Geschäftstätigkeit am Sitz der Gesellschaft in Hannover nicht mehr entfaltet werde und in G. alle maßgeblichen Entscheidungen getroffen würden und eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet werde. Das Insolvenzverfahren sei aufgrund der Verbringung der Geschäftsunterlagen in den B. Raum in P. abzuwickeln. Dort würden noch eine Reihe von Abwicklungstätigkeiten, wie die Sichtung und Bearbeitung der Post, die Prüfung von Gewährleistungsansprüchen usw., die Erstellung von Umsatzvoranmeldungen usw. entfaltet. Ob mit der Durchführung dieser Abwicklungstätigkeiten die "Wirtschaftsberatungsgesellschaft" in B. beauftragt worden ist, oder der Geschäftsführer D. selbst diese Tätigkeiten ausführen will, ist dem Antrag nicht eindeutig zu entnehmen, jedenfalls soll in G. die Erreichbarkeit der Schuldnerin im Rahmen des Insolvenzverfahrens jederzeit gesichert sein.

Aus einem Schreiben einer früheren Mitarbeiterin der Schuldnerin vom 21. Februar 2006 an das Insolvenzgericht Hannover ergibt sich, dass seit der Schließung des Büros der Schuldnerin in H., ... bei der Schuldnerin niemand mehr zu fassen ist. Der frühere Geschäftsführer B. sei unerreichbar, der neue Geschäftsführer D. permanent in Urlaub und bei der J. GmbH erkläre man, über Telefonnummer usw. des Geschäftsführers D. keine Auskunft erteilen zu dürfen.

Trotz dieser unübersehbaren Anzeichen für eine gewerbliche Firmenbestattung die Beteiligten sind dem Senat insoweit auch aus früheren, gleichgelagerten Zuständigkeitsbestimmungsverfahren bekannt - hat sich das Amtsgericht Hannover - Insolvenzgericht - im Hinblick auf die Angaben des Antrag stellenden Geschäftsführers der Schuldnerin mit Beschluss vom 31. März 2006 ohne weitere Ermittlungen für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das für dessen Wohnsitz zuständige Amtsgericht Potsdam verwiesen, zumal sich auch aus den Ausführungen der früheren Mitarbeiterin der Schuldnerin in dem Scheiben vom 21. Februar 2002 ergebe, dass die Fortführungsbemühungen allesamt im Gerichtsbezirk des Amtsgerichts Potsdam stattfänden.

Das Amtsgericht Potsdam hat daraufhin nach Eingang der Sache zunächst ein Gutachten des Sachverständigen R. eingeholt, in dem dieser zu dem Ergebnis gekommen ist, dass es am Wohnsitz des "amtsbekannten" neuen Geschäftsführers D. der Schuldnerin, der regelmäßig bei wirtschaftlich völlig ausgehöhlten Gesellschaften zum Geschäftsführer bestellt wird, niemals irgendwelche Aktivitäten zur Fortführung der Gesellschaft gegeben hat. Vielmehr seien die Geschäftsunterlagen inzwischen an eine auf M. ansässige Gesellschaft übergangen, die ebenfalls im Rahmen der gewerblichen Firmenbestattung auftrete. Zum Geschäftsführer sei der einschlägig bekannte K. T. bestellt worden. Eine Zuständigkeit des AG Potsdam sei nicht zu erkennen.

Mit Beschluss vom 5. Juli 2006 hat daraufhin auch das Amtsgericht Potsdam seine örtliche Zuständigkeit verneint und die Sache zur Gerichtsstandsbestimmung nach § 4 InsO i. V. m. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO dem Oberlandesgericht Celle vorgelegt. Zur Begründung hat das Amtsgericht Potsdam ausgeführt, eine örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Potsdam sei nicht gegeben. Der Sitz der Schuldnerin liege nicht im Zuständigkeitsbereich des Gerichts, eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit der Schuldnerin existiere dort ebenfalls nicht. Das AG Hannover habe nicht ausgeführt, warum trotz der Einstellung des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin eine Geschäftstätigkeit in Potsdam bestehen solle, die eine Zuständigkeit nach § 3 Abs. 1 InsO begründen könne. Da die Schuldnerin zum Zeitpunkt der Antragstellung schon keiner aktiven wirtschaftlichen Tätigkeit mehr nachgegangen sei, könne auch nicht der Ort der Liquidation zur Zuständigkeitsbestimmung herangezogen werden.

II.

Das Oberlandesgericht Celle ist zur Entscheidung des negativen Kompetenzkonfliktes zwischen dem zunächst befassten Amtsgerichts - Insolvenzgericht - Hannover und dem Amtsgericht - Insolvenzgericht - Potsdam gemäß § 4 InsO i. V. m. § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO berufen.

Die Voraussetzungen für die gerichtliche Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Sowohl das Amtsgericht Hannover als auch das Amtsgericht Potsdam haben sich rechtskräftig für unzuständig erklärt. Das Amtsgericht Potsdam hat die Akten zur Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 37 Abs. 1 ZPO vorgelegt.

Zuständig für die Entscheidung über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist das Amtsgericht - Insolvenzgericht - Hannover. In seinem Bezirk befindet sich der im Handelsregister eingetragene Sitz der Schuldnerin. Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Hannover vom 31. März 2006 ist objektiv willkürlich und hat deshalb keine Bindungswirkung nach § 4 InsO i. V. m. § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO entfaltet.

1. Die Schuldnerin hat nach den Ermittlungen des Sachverständigen R. zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren Geschäftsbetrieb bereits eingestellt und ihre Geschäftsräume aufgegeben. Die Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 2 InsO - nach dieser Vorschrift ist das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk der Mittelpunkt der selbstständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners liegt (dazu: Hamburger Kommentar zur InsO/Rüther, § 3 Rz. 8 ff.; Kübler/Prütting, InsO, § 3 Rz. 7; MünchKommInsO/Ganter, § 3 Rz. 7 ff.; Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 3 Rz. 4) - auf den sich das Insolvenzgericht Hannover seine Entscheidung wohl gestützt hat, als es seine Zuständigkeit verneint hat, kommt hiernach nicht mehr in Betracht.

2. Das Insolvenzgericht Hannover hätte sich deshalb bei der Beurteilung seiner Zuständigkeit auf § 3 Abs. 1 Satz 1 InsO stützen müssen. Nach dieser Vorschrift ist das Insolvenzgericht örtlich ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Da vorliegend der Sitz der Schuldnerin im Zuständigkeitsbezirk des Insolvenzgerichts Hannover liegt, hätte das Gericht seine örtliche Zuständigkeit nicht verneinen dürfen. Eine Sitzverlegung nach Potsdam ist unstreitig vor Stellung des Insolvenzantrags nicht erfolgt.

3. Soweit in dem Insolvenzantrag ausgeführt worden ist, dass in Potsdam/B. noch umfangreiche Abwicklungstätigkeiten stattfänden, vermögen diese eine Zuständigkeit nach § 3 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht zu begründen, da es sich nicht um auf wirtschaftlichen Erwerb gerichtete Tätigkeiten, sondern um bloße Abwicklung handelt, sofern es derartige Tätigkeiten überhaupt gegeben hat, wovon nach den Ermittlungen des Sachverständigen R. nicht auszugehen ist. Die Angaben der Schuldnerin bestehen im Übrigen ohnehin nur aus einem nichtssagenden Katalog theoretisch denkbarer Abwicklungsmaßnahmen, dem jegliche Substanz fehlt. Die Angaben zu den angeblichen Abwicklungsmaßnahmen im Antrag sind genauso unbestimmt, wie die Angaben zur Aufgabe der selbstständigen wirtschaftlichen Tätigkeit der Schuldnerin. Bei dieser Sachlage ist eine Zuständigkeit des für den "Geschäftssitz" des neuen Geschäftsführers zuständigen Insolvenzgerichts ausgeschlossen, zumal dieser nicht einmal offen legt, welche Unterlagen er an seinen Wohnsitz mitgenommen hat und welche Unterlagen er der "Wirtschaftsberatungsgesellschaft" überlassen hat, bei der es sich wohl um die J. GmbH gehandelt hat.

4. Allein die Mitnahme der Geschäftsunterlagen begründet eine Zuständigkeit des für den Sitz des Geschäftsführers zuständigen Insolvenzgerichts nicht (s. OLG Celle, ZInsO 2004, 205 = NZI 2004, 258; OLG Celle, ZInsO 2004, 91; OLG Hamm, ZInsO 1999, 533; MünchKommInsO/Ganter, § 3 Rz. 8, Uhlenbruck, 12. Aufl., § 3 Rz. 11). Zwar wird erwogen, eine Zuständigkeit des Gerichts am Wohnsitz des Geschäftsführers dann anzunehmen, wenn dieser tatsächlich noch Abwicklungstätigkeiten entfaltet. Insoweit hat aber das Insolvenzgericht Hannover im Rahmen seiner Verpflichtung, die Zuständigkeit von Amts wegen aufzuklären (dazu: BGH, ZInsO 2006, 146 = NJW 2006, 383 = MDR 2006, 703 = ZIP 2006, 442; Kübler/Prütting, InsO, § 3 Rz. 13 f.) nicht ermittelt, ob tatsächlich noch Abwicklungsmaßnahmen in Potsdam/B. stattfinden. Hätte es sich mit dem Schreiben der früheren Mitarbeiterin der Schuldnerin näher befasst, aus dem sich ergibt, dass die Schuldnerin mit der Bestellung des neuen Geschäftsführers D. praktisch von der Bildfläche verschwunden ist, hätte es die Sache nicht an das Insolvenzgericht Potsdam verweisen dürfen. Bei einem dauerhaft nicht erreichbaren Geschäftsführer, der ständig "in Urlaub" ist, wenn Angestellte seiner GmbH ihn sprechen wollen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass er um die Fortführung der Gesellschaft bemüht ist.

Die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts, bei dem der Geschäftsführer der nicht mehr werbend tätigen Gesellschaft seinen Wohnsitz hat, kann allenfalls ganz ausnahmsweise gegeben sein, wenn keine andere Zuständigkeit greift. Deshalb muss das Insolvenzgericht, das seine nach § 3 Abs. 1 Satz 1 InsO an sich gegebene Zuständigkeit verneint, im Einzelnen feststellen, welche Tätigkeiten am Sitz des Geschäftsführers tatsächlich noch entfaltet werden, die es rechtfertigen könnten, das Verfahren an dieses Gericht zu verweisen. Auf die pauschale Behauptung, die Abwicklung werde vom Wohnsitz des Geschäftsführers aus geleitet, darf es die Verneinung seiner örtlichen Zuständigkeit jedenfalls nicht stützen.

Dieser seitens des OLG Celle schon bisher vertretenen Auffassung (vgl. OLG Celle, ZInsO 2004, 205 = NZI 2004, 258) hat sich inzwischen auch der BGH (ZInsO 2006, 146 = NJW 2006, 383 = MDR 2006, 703 = ZIP 2006, 442) in einem Verfahren auf Vorlage des OLG Karlsruhe angeschlossen, in dem das OLG das Insolvenzgericht am Sitz des zur Durchführung des Insolvenzverfahrens neu bestellten Geschäftsführers entgegen der Auffassung der Mehrzahl der Oberlandesgerichte (vgl. BayObLG NJWRR 2004, 986; OLG Celle, a.a.O.; OLG Stuttgart, OLGR 2004, 184; OLG Schleswig, NZI 2004, 264) als für die Durchführung des Insolvenzverfahrens zuständiges Gericht bestimmen wollte und die Sache deshalb wegen seiner abweichenden Rechtsauffassung dem BGH nach § 36 Abs. 3 InsO zur Entscheidung vorgelegt hat (vgl. BGH, ZInsO 2006, 146 = NJW 2006, 383 = MDR 2006, 703 = ZIP 2006, 442). Eine Verweisung des Insolvenzverfahrens durch das für den Sitz der Gesellschaft nach § 3 Abs. 1 Satz 1 InsO zuständige Insolvenzgericht ist jedoch nach dieser Entscheidung des BGH erst zulässig, wenn das Insolvenzgericht sämtliche vorgetragenen Umstände gewürdigt und von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufgeklärt hat. Erfolgt die Verweisung - so wie dies auch vorliegend geschehen ist - ohne eine entsprechende Prüfung, entbehrt sie auch nach der Entscheidung des BGH jeder gesetzlichen Grundlage und muss als willkürlich betrachtet werden. Dies gilt hier umso mehr, als das AG Hannover aufgrund des Schreibens der früheren Mitarbeiterin unübersehbare Anhaltpunkte dafür hatte, dass die Behauptungen des "Geschäftsführers" D. in dem Insolvenzantrag bloß vorgeschoben waren, um die Zuständigkeit des AG Potsdam zu erschleichen.

5. Irgendwelche konkreten Anhaltspunkte für eine von § 3 Abs. 1 Satz 1 InsO abweichende örtliche Zuständigkeit sind vorliegend nicht festzustellen. Im Gegenteil bestehen nach den Ermittlungen des Sachverständigen R. keine Zweifel, dass die Aufnahme oder Fortsetzung einer werbenden Tätigkeit in Potsdam/B. nie geplant war, sondern es nur um die gläubigerschädigende Entsorgung der insolventen Gesellschaft ging. Der Senat hatte deshalb das Amtsgericht - Insolvenzgericht - Hannover als örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen, weil die Schuldnerin ihren Sitz auch weiterhin in seinem Bezirk hat (s. hierzu auch BayObLG, NZI 1999, 457; OLG Braunschweig, NZI 2000, 266, 267; OLG Hamm, ZInsO 1999, 533; OLG Hamm, NZI 2000, 220, 221; OLG Köln, NZI 2000, 232). Der allgemeine Gerichtsstand einer GmbH ist der satzungsmäßig festgelegte und in das Handelsregister eingetragene Sitz der Gesellschaft (§ 4 InsO i. V. m. §§ 12, 17 Abs. 1 ZPO, §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 7 Abs. 1, 10 GmbHG) zum Zeitpunkt der Antragstellung. Eine Sitzverlegung von Hannover nach Potsdam ist unstreitig nicht erfolgt, die Verlagerung der Geschäftsleitung und die Aufgabe der Geschäftsräume hat den Sitz der Gesellschaft unberührt gelassen.

III.

Durch den Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Hannover ist eine Bindungswirkung nicht eingetreten. Die Verweisung war objektiv willkürlich (dazu BGH, ZInsO 2006, 146 = NJW 2006, 383 = MDR 2006, 703 = ZIP 2006, 442; BGH, NJW 1993, 1273; BayObLG, NZI 2001, 372, 373; OLG Celle, ZIP 2006, 921 = ZInsO 2006, 503 = Nds. Rpfl. 2006, 218; OLG Celle, ZInsO 2004, 205; Senat, Beschl. v. 17.08.2004 - 4 AR 71/04, ZInsO 2005, 100; Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 3 Rz. 7; Zöller/Greger, ZPO, § 36 Rz. 17, 17 a), weil das Amtsgericht Hannover seine örtliche Zuständigkeit verneint hat, obwohl es nicht festgestellt hat, tatsächlich unzuständig zu sein. Das Amtsgericht Hannover - Insolvenzgericht - hat keine Umstände ermittelt, die berechtigte Zweifel an seiner gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 InsO offensichtlich gegebenen örtlichen Zuständigkeit hätten rechtfertigen können. Es hatte aufgrund der Angaben des Geschäftsführers der Schuldnerin im Insolvenzantrag keinen Anlass, zu dem für die Zuständigkeitsbestimmung maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung von einer selbstständigen wirtschaftlichen Tätigkeit der Schuldnerin in B./Potsdam gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 InsO und damit von einer vorrangigen Zuständigkeit des Amtsgericht Potsdam auszugehen. Vielmehr hatte es schon aufgrund des Insolvenzantrags, der entsprechenden Musteranträgen entspricht, derartig viele Anhaltspunkte für einen Fall der gewerbsmäßigen "Firmenbestattung", dass es sich mit der Frage einer Erschleichung der Zuständigkeit des Amtsgerichts Potsdam durch den neu bestellten Geschäftsführer der Schuldnerin hätte auseinander setzen müssen. Da dies unterblieben ist und das Insolvenzgericht seiner Amtsermittlungspflicht aus § 5 InsO nicht nachgekommen ist, war es als örtlich zuständiges Insolvenzgericht zu bestimmen (s. auch BGH, ZInsO 2006, 146 = NJW 2006, 383 = MDR 2006, 703 = ZIP 2006, 442).

Ende der Entscheidung

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