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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 29.06.2005
Aktenzeichen: 4 U 56/05
Rechtsgebiete: BauGB, BGB


Vorschriften:

BauGB § 11 Abs. 3
BGB §§ 305 ff
BGB § 343
Eine Klausel in einem notariellen Kaufvertrag, nach der sich ein Grundstückskäufer verpflichtet, im Fall des Weiterverkaufs des bebauten Grundstücks innerhalb von sieben Jahren nach Fertigstellung des Wohnhauses an die verkaufende Gemeinde 300 % des Kaufpreises "nachzuzahlen" ist wegen einseitiger Benachteiligung des Käufers unwirksam.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

4 U 56/05

Verkündet am 29. Juni 2005

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juni 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### und die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 14. Februar 2005 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wie folgt geändert:

1. Es wird festgestellt, dass die Bestimmung des § 13 (3) Abs. 2 des zwischen dem Kläger und der ####### am 5. Juni 2002 zur Urkundenrolle Nr. 58/2002 des Notars ####### geschlossene Grundstückskaufvertrag über das in der Gemarkung ####### belegene Grundstück zur Größe von 1.034 qm unwirksam ist,

2. die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 487,08 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozent-Punkten über dem Basiszins seit dem 5. November 2004 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer sog. "EinheimischenKlausel", die in einem Grundstückskaufvertrag vom 5. Juni 2002 (Bl. 11 ff. d.A.) enthalten ist, mit dem die Beklagte ein Grundstück in der Gemeinde ####### an den Kläger veräußert hat. Nach dieser Klausel, die gleichartig bei zahlreichen Verträgen im fraglichen Baugebiet verwendet wird und auf deren Inhalt im Einzelnen Bezug genommen wird (s. Fotokopie Bl. 19 d. A.), hat sich der Kläger verpflichtet, für den Fall, dass er das von ihm auf dem Grundstück errichtete Gebäude nicht für die Dauer von sieben Jahren selbst mit seiner Familie bewohnt und innerhalb dieses Zeitraums ohne Zustimmung der Gemeinde ####### das Grundstück an einen Dritten veräußert, einen Zuschlag von 300 % des Grundstückskaufpreises von 29.469 EUR an die Gemeinde ####### zu zahlen. Der Kläger hat das Grundstück nach dessen Erwerb bebaut, möchte es aber inzwischen verkaufen, weil er nach Fertigstellung des Bauvorhabens seine jetzige Ehefrau, mit der er inzwischen auch ein gemeinsames Kind hat, kennen gelernt hat, die selbst über ein bebautes Grundstück in ####### verfügt. Die Bemühungen des Klägers, das von ihm bebaute Grundstück in ####### zu verkaufen, sind zunächst daran gescheitert, dass die Gemeinde ####### den Kaufverträgen nicht zugestimmt und dem Kläger unter Hinweis auf ihre - jedoch nicht eindeutig und nachvollziehbar verlautbarten Härtefallkriterien angekündigt hat, ihn bei Verkauf des Grundstücks an jemanden, der nicht aus ####### kommt oder in der Gemeinde bereits über ein Grundstück verfügt mit einer Vertragsstrafe in Höhe von 300 % des Grundstückskaufpreises zu belasten. Einen Käufer, der bereit war, dem Kläger einen Preis von 220.000 EUR für das bebaute Grundstück zu bezahlen, musste der Kläger deshalb im Jahre 2004 abweisen. Inzwischen ist es dem Kläger zwar im Lauf des Rechtsstreits gelungen, eine Käuferin zu finden, mit der er einen noch nicht vollzogenen Kaufvertrag über 180.000 EUR abgeschlossen hat und hinsichtlich derer die Gemeinde ####### erklärt hat, unter bestimmten Voraussetzungen auf die Erhebung der Vertragsstrafe zu verzichten. Der Kläger beabsichtigt aber weiterhin, die Gemeinde ####### wegen der Kaufpreisdifferenz und des Zinsverlustes, den er aufgrund des Leerstandes des Hauses hinnehmen musste, auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.

Mit seinem am 14. Februar 2005 verkündeten Urteil hat das Landgericht Hannover die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit dieser Klausel mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehe nicht, weil die Regelungen des § 13 des notariellen Kaufvertrages als Vertrag zugunsten Dritter anzusehen seien, aus dem nur die Gemeinde ####### Rechte herleiten könne. Es könne deshalb auch dahinstehen, ob die Klausel wirksam sei oder nicht. Der Kläger habe deshalb auch keinen Anspruch auf die von ihm geltend gemachten Rechtsanwaltskosten.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 67 - 70 d. A.) Bezug genommen. Dabei ist in erster Instanz unstreitig geblieben, dass sich der vom Kläger im Jahre 2002 gezahlte Quadratmeterpreis von 28,50 EUR nur um 0,50 Cent von dem Quadratmeterpreis unterscheidet, den die Bodenrichtwertkarte des Gutachterausschusses für Grundstückswerte beim Katasteramt ####### für das Gebiet, in dem das vom Kläger erworbene Grundstück liegt, unter dem Datum 9. November 2004 mit 29 EUR pro qm ausweist.

Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt der Kläger das Ziel der Feststellung der Unwirksamkeit der Vertragsklausel weiterhin. Er hält die Zurückweisung der Klage als unzulässig für verfehlt, weil ein Feststellungsinteresse auch im Verhältnis zur Beklagten bestehe. Entgegen der Auffassung des Landgerichts werde durch den notariellen Vertrag ein selbstständiges Forderungsrecht der Gemeinde ####### im Sinne eines echten Vertrages zugunsten Dritter nicht begründet. Die Nachzahlungsverpflichtung sei zwar im Interesse der Gemeinde ####### vereinbart worden, ein eigenes Forderungsrecht der Gemeinde gegen ihn ergebe sich im Hinblick auf den Zuschlag zum Kaufpreis aber nicht.

Darüber hinaus stehe einem unmittelbaren Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Gemeinde #######, von dem das Landgericht wohl ausgehe, auch die Tatsache entgegen, dass die Voraussetzungen für die Nachzahlungsverpflichtung bislang nicht eingetreten seien. Der Kläger müsse sich deshalb an seinen unmittelbaren Vertragspartner, die Beklagte, halten. Eine Klage gegen die Gemeinde ####### sei gar nicht möglich, insoweit fehle es bis zur Entstehung der Nachzahlungsverpflichtung an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis.

Inhaltlich werde bezüglich des Anspruchs auf Feststellung der Unwirksamkeit der Vertragsklausel auf das erstinstanzliche Vorbringen Bezug genommen, mit dem sich das Landgericht nicht auseinander gesetzt habe.

Der aufgrund der Klausel zu erwartende Schaden habe sich inzwischen weiter konkretisiert. Nach der Weigerung der Gemeinde #######, dem Verkauf des Hauses an einen Ortsfremden zuzustimmen, der dazu geführt habe, dass er einen Kaufvertrag mit einem Kaufpreis von 220.000 EUR nicht habe abschließen können, weil er sich dann dem Risiko ausgesetzt hätte, zusätzlich an die Gemeinde 88.407 EUR zu zahlen, habe er inzwischen auch an ein ortsansässiges Ehepaar #######, dass sich für einen Erwerb zum Preis von 180.000 EUR interessiert habe, nicht verkaufen können, weil sich die Gemeinde ####### geweigert habe, diesem Verkauf zuzustimmen, da das Käuferehepaar bereits über eine Doppelhaushälfte in der Gemeinde ####### verfüge. Inzwischen sei ein Kaufvertrag mit der Tochter der Eheleute ####### abgeschlossen worden, dessen Durchführung allerdings auch noch davon abhängig sei, dass die Käuferin ####### sich gegenüber der Gemeinde ####### verpflichte, die siebenjährige Bindung an die Eigennutzung des Objekts anzuerkennen.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Urteils des Landgerichts Hannover vom 14. Februar 2005

1. festzustellen, dass die Bestimmung des § 13 (3) Abs. 2 des zwischen den Parteien am 5. Juni 2002 zur Urkundenrolle-Nr. 58/02 des Notars ####### geschlossenen (Grundstücks)Kaufvertrages über das in Gemarkung ####### belegene Grundstück zur Größe von 1.034 qm unwirksam ist,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 487,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent-Punkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil im Ergebnis für zutreffend, weil die Klausel dem Gebot einer angemessenen Vertragsgestaltung entspreche. Mit der Regelung, dass der Käufer bei Weiterverkauf des Grundstücks innerhalb von sieben Jahren einen Zuschlag von 300 % des Grundstückskaufpreises zu zahlen habe, solle lediglich die Tatsache ausgeglichen werden, dass er das Grundstück zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Preis erworben habe. Eine Bereicherung auf Kosten der Allgemeinheit solle damit ausgeschlossen werden.

Die Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit der Regelung des Kaufvertrages erschließe sich dann, wenn man die tatsächlich realisierbaren Verkehrswerte betrachte. Zwar treffe es zu, dass der vereinbarte Quadratmeterpreis von 28,50 EUR in etwa dem Bodenrichtwert von 29 EUR entspreche. Der Bodenrichtwert sei jedoch nicht der maßgebliche Parameter für die Ermittlung des wahren Bodenwertes. Vielmehr müssten die tatsächlichen Verkaufswerte anderer Neubaugebiete im Bereich der Gemeinde #######, die frei von Bau und Eigennutzverpflichtungen seien, zugrunde gelegt werden. Insoweit seien aber nach Bodenrichtwertkarten in der Gemeinde ####### bereits zwischen 62 und 110 EUR pro qm zu zahlen. Dies entspreche bereits jetzt dem zwei bis dreifachen des Kaufpreises im Baugebiet #######, in dem das Grundstück liege. Außerdem sei zu erwarten, dass die Bodenwerte innerhalb der nächsten sieben bis zehn Jahre erheblich ansteigen würden. Ein Zuschlagpreis von 300 % des Grundstückswertes sei dann jedenfalls wieder angemessen. Es sei damit zu rechnen, dass sich in den nächsten Jahren Grundstückspreise von 150 bis 180 EUR in den Baugebieten der Gemeinde ####### ergäben.

Schließlich solle der Zuschlag von 300 % auch ein Abschreckungsmittel gegenüber gewerblichen Käufern darstellen, um ihnen den Erwerb von subventionierten Baugrundstücken in der Gemeinde ####### zu verleiden. Abgeschreckt werden sollten vor allem Käufer aus dem Ruhrgebiet und aus den Niederlanden, die verstärkt in das Emsland drängen würden. Lege man den vom Kläger bei einem Verkauf an ein Ehepaar aus ####### zu erzielenden Kaufpreis von 220.000 EUR zugrunde, so könne daraus geschlossen werden, dass der tatsächliche Grundstückswert schon heute erheblich höher sei, als zum Zeitpunkt des Erwerbes durch den Kläger, weil davon auszugehen sei, dass das von ihm errichtete Gebäude kaum einen Bauwert von mehr als 120.000 EUR habe. Grundstückskäufer in #######, zu denen auch sehr viele Aussiedler und Rentner gehören würden, seien bereit, sehr viel höhere Preise zu zahlen, als in der Bodenrichtwertkarte ausgewiesen.

Es treffe zu - so die Beklagte in einem nachgelassenen Schriftsatz vom 23. Juni 2005 - dass es sich bei der Klausel in § 13 Abs. 3 um eine Vertragsstrafenregelung handele. Diese sei zulässig, weil notfalls die Möglichkeit bestehe, die Strafe auf ein angemessenes Maß herabzusetzen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Bedenken gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage ergeben sich nicht. Zwar mag ein Vertrag zugunsten Dritter vorliegen, soweit die Gemeinde Werlte ein eigenes Forderungsrecht hinsichtlich den 300 %igen Zuschlag zum Grundstückskaufpreis im Fall des Weiterverkaufs der Immobilie durch den Kläger hat. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Vertrag zwischen dem Kläger und der beklagten ####### geschlossen worden ist und Einwendungen gegen die Wirksamkeit des Vertrages oder einzelner Vertragsklauseln von den Vertragspartnern wechselseitig geltend gemacht werden können. Zwar können Einwendungen gemäß § 334 BGB auch gegenüber dem Dritten erhoben werden, dies schließt jedoch nicht aus, dass der Kläger den Einwand der unangemessenen Benachteiligung und sittenwidrigen Knebelung auch gegenüber der beklagten ####### erheben kann. Dass insoweit ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis besteht, unterliegt im Hinblick auf die gravierenden wirtschaftlichen Konsequenzen, die die Regelung in § 13 des notariellen Grundstückskaufvertrages für den Kläger hat, keinen Zweifeln. Die Klausel führt praktisch dazu, dass der Kläger trotz der - unbestrittenen - persönlichen Situation, in der er sich befindet, beim Verkauf des Grundstückes vom Wohl und Wehe der Gemeinde ####### abhängig ist, die - unstreitig - nicht einmal nachvollziehbare Kriterien festgesetzt und veröffentlich hat, nach denen sie ihre Entscheidung im Rahmen des § 13 (4) des notariellen Vertrages vom 5. Juni 2002 trifft.

Ein Feststellungsinteresse des Klägers besteht auch noch, nachdem der Kläger einen Grundstückskaufvertrag mit der Erwerberin ####### geschlossen hat. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob und inwieweit dieser Vertrag für die Käuferin #######, die sich ebenfalls den Verkaufsbedingungen der Gemeinde ####### unterwerfen muss, um das Grundstück erwerben zu können, schon endgültig abgeschlossen und die Käuferin ####### bereit ist, die Bedingungen der Gemeinde ####### anzuerkennen. Das Feststellungsinteresse des Klägers besteht in jedem Fall schon im Hinblick auf die möglicherweise bestehende Schadensersatzpflicht der Gemeinde ####### bzw. der Beklagten als vertragsschließender Partei aufgrund seiner Belastung durch die 300 %Klausel.

Die Klausel ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Berufungserwiderung unwirksam. Sie verstößt gegen das Gebot einer angemessenen Vertragsgestaltung i. S. d. § 11 Abs. 2 BauGB und würde - unterstellt, man hält die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB für anwendbar - auch unter AGB-rechtlichen Aspekten unwirksam sein, weil sie zu einer unangemessenen Benachteiligung des Klägers führt.

Zwar ist lange Zeit streitig gewesen, ob und inwieweit entsprechende Klauseln nach den Vorschriften des AGBG, insbesondere § 9 AGBG, zu beurteilen sind, oder ob die Regelungen über allgemeine Geschäftsbedingungen aufgrund des öffentlichrechtlichen Charakters derartiger Bestimmungen nicht anwendbar sind. Nachdem der BGH im Jahre 2002 höchstrichterlich entschieden hat, dass zumindest eine Inhaltskontrolle entsprechender Klauseln gemäß § 11 Abs. 2 BauGB stattfinden muss, bei der zu prüfen ist, ob die Vertragsbestimmungen in ihrer Gesamtheit ausgewogen sind (vgl. BGHZ 153, 93 ff. = NJW 2003, 888 = NZM 2003, 252), kann für den vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob neben § 11 Abs. 2 BauGB auch die Grundsätze des § 9 AGBG bzw. § 307 BGB i. d. F. des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes anzuwenden sind. Letztlich ist immer eine Inhaltskontrolle durchzuführen, bei der festzustellen ist, ob die Klauseln - ggf. unter Einbeziehung kompensierender begünstigender Regelungen des Vertrages - eine angemessene Vertragsgestaltung vorliegt. Diese Kontrolle führt vorliegend unter Berücksichtigung aller aufgeführten Rechtsnormen zur Feststellung der Unwirksamkeit der Klausel wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Klägers.

Nimmt man eine entsprechende Abwägung hier vor, so ergeben sich keine ausreichenden Gesichtspunkte, die es rechtfertigen könnten, einen Zuschlag von 300 % auf den Grundstückskaufpreis innerhalb von sieben Jahren zu machen, wenn der Erwerber das Grundstück ohne Zustimmung der Gemeinde ####### weiterveräußert.

Zwar wird in der Berufungserwiderung behauptet, der Kaufpreis von 28,50 EUR habe nicht dem objektiven Verkehrswert entsprochen, sondern sei vielmehr erheblich unter diesem Wert gelegen. Diese Behauptung ist aber ohne Substanz und wird durch die in erster Instanz vorgelegte Bodenrichtwertkarte widerlegt, nach der der Kaufpreis pro qm in dem Baugebiet, in dem das Grundstück liegt, das der Kläger erworben hat, auch 2004 noch bei 29 EUR pro qm gelegen hat, widerlegt. Insoweit sind keine Anhaltspunkte dafür festzustellen, dass es sich bei den Festsetzungen des Gutachterausschusses für den Bereich Meppen um irreguläre, den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechende Festsetzungen handelt. Vielmehr ist bei dem Auszug aus der Bodenrichtwertkarte für den Bereich #######, ####### der Verkehrswert entsprechend der üblichen Vorgehensweise festgesetzt, ohne dass etwa in der Anlage vermerkt ist, dass es sich um Werte handelt, die nur unter Berücksichtigung einer siebenjährigen Eigennutzung mit der Verpflichtung zur Zahlung eines 300 %igen Aufschlages bei Weiterverkauf des Grundstücks festgesetzt worden sind (s. Auszug aus der Bodenrichtwertkarte, Kopie Bl. 46 f. d. A.). Konkreten Vortrag dafür, dass der Gutachterausschuss entsprechendes bei seiner Wertfestsetzung zugrunde gelegt hat, ist die Beklagte schuldig geblieben. Er ergibt sich nicht einmal aus dem Schriftsatz vom 23. Juni 2005, der ebenfalls keinen konkreten Vortrag zu bestimmten Verkaufsfällen enthält, in denen tatsächlich mehr als der Bodenrichtwert gezahlt worden ist.

Zwar behauptet die Beklagte, in anderen Bereichen der Gemeinde ####### seien erheblich höhere Bodenrichtwerte zu erzielen. Abgesehen von der Tatsache, dass diese Behauptung nicht substantiiert wird, weil nicht dargelegt wird, in welchen Bereichen diese höheren Werte erzielt werden sollen, ist auch nicht zu erkennen, dass es sich um vergleichbare Gebiete handelt. Wo diese höheren Werte erzielt werden sollen, wird ebenso wenig ausgeführt, wie jegliche Darstellung der Lage und Ausstattung der entsprechenden Gebiete fehlt. Eine Vergleichbarkeit - unterstellt, es gebe tatsächlich derartige Gebiete - ist demgemäß nicht gegeben. Die Beklagte hat insoweit auch nicht etwa Auszüge aus der Bodenrichtwertkarte vorgelegt, die ihr Vorbringen belegen. Vielmehr setzt sie auf Ausforschung, wenn sie ohne nähere Angaben und Konkretisierungen, die ihr ohne weiteres möglich wären, behauptet, Bodenrichtwertkarten für WA-Nutzungen in der Gemeinde ####### wiesen Verkaufspreise zwischen 62 und 110 EUR pro qm aus.

Soweit die Beklagte weiter vorträgt, dass eine Steigerung der Grundstückswerte in den nächsten sieben bis zehn Jahren zu erwarten sei, die einen 300 %igen Aufschlag rechtfertigen würden, handelt es sich um bloße Spekulation, die allenfalls dann relevant sein könnte, wenn die Klausel an die tatsächlich eingetretene Wertsteigerung anknüpfen würde. Dies ist aber gerade nicht der Fall. nach dem Inhalt der Klausel ist das dreifache des ursprünglichen Kaufpreises auch dann zu zahlen, wenn es gar keine Wertsteigerung gegeben hat, die abgeschöpft werden könnte.

Soweit die Beklagte geltend macht, der Zuschlag von 300 % diene der Abschreckung des gewerblichen Grundstückhandels, mag diese Argumentation zwar den Kern der Überlegungen der Beklagten bei der Festsetzung des Aufschlages treffen. Eine ausgeglichene Vertragsgestaltung kann daraus indes nicht abgeleitet werden. Zwar ist der Gemeinde durchaus das Recht einzuräumen, Vertragsklauseln zu formulieren, die im Fall des unerwünschten gewerblichen Verkaufs Vorteile abschöpfen, die die Gemeinde ihren Einwohnern, nicht aber gewerblichen Interessenten zukommen lassen will. Diese Klauseln dürfen aber nicht so gestaltet sein, dass sie offensichtlich unverhältnismäßig sind und letztlich dazu führen, dass auch nicht gewerbliche Verkäufer unangemessene und unverhältnismäßig Nachteile hinzunehmen haben. Vielmehr bleibt es auch unter diesem Gesichtspunkt dabei, dass der 300 %ige Zuschlag, bei dem nach wie vor nicht zu erkennen ist, worin die Vergünstigung des Klägers beim Erwerb des Grundstücks bestanden haben soll, außerhalb jeder Verhältnismäßigkeit liegt und ausschließlich die Interessen der Gemeinde an der Steuerung des Verkaufs von Grundstücken berücksichtigt.

Für die Unterbindung gewerblicher Grundstücksspekulationen hätte es ohne weiteres ausgereicht, dass beim Weiterverkauf des Grundstücks die Differenz zwischen dem Verkehrswert zum Zeitpunkt des Erwerbs des Grundstücks durch den Kläger und dem Verkehrswert zum Zeitpunkt des Verkaufs "nachzuzahlen" gewesen wäre, wie dies etwa in dem vom BGH in BGHZ 153, 93 ff. (=NJW 2003, 888) entschiedenen Fall festgelegt war. Eine Vertragsstrafe, die jeden vernünftigen Rahmen sprengt und im Hinblick auf ihren prohibitiven Charakter praktisch nur in Schwierigkeiten geratene private Erwerber treffen kann, war hierfür nicht erforderlich. Gerade diesen Weg, der sich an den tatsächlichen Verhältnissen orientiert, ist die Beklagte jedoch nicht gegangen. Sie hat vielmehr eine Klausel vereinbart, in der unabhängig von einer Preissteigerung innerhalb eines Zeitraums von weniger als zehn Jahren 300 % des Kaufpreises als Vertragsstrafe nachzuzahlen waren. Dabei gab es für die Beklagte im Jahre 2002 keine Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Wertsteigerung tatsächlich eintreten würde. Ein solches Vorgehen ist im Rahmen einer angemessenen und ausgeglichenen Vertragsgestaltung auch dann nicht zu rechtsfertigen, wenn man in der Förderung einheimischer Grundstückserwerber grundsätzlich einen billigenswerten Zweck sieht. Die Beklagte hat ohne jede Rücksicht auf die tatsächliche zukünftige Entwicklung mit dem Aufschlag von 300 % dem Käufer praktisch von vornherein jede wirtschaftliche Bewegungsfreiheit im Fall der wirtschaftlich erzwungenen oder schicksalshaft bedingten Veräußerung des Grundstücks vor Ablauf von sieben Jahren Eigennutzung genommen. Dabei hat sie nicht einmal die Kriterien verlässlich festgelegt, nach denen sie in Härtefällen bereit gewesen ist, Ausnahmen zu machen. Grundstückskäufer, die die Klausel akzeptierten, waren vielmehr dem guten Willen der Gemeinde ####### wehrlos ausgeliefert.

Faktisch wird durch die Klausel das für sich genommene zulässige Ziel der Abschöpfung einer tatsächlichen Wertsteigerung vollkommen verdrängt, und stattdessen eine Knebelung privater Käufer ohne Spekulationsabsichten erreicht. Auch solcher Käufer, die nach dem Vortrag der Gemeinde gar nicht betroffen sein sollen, werden durch den 300 %igen Aufpreis schon im Ansatz davon abgehalten, selbst bei einer entsprechenden wirtschaftlichen oder - wie im vorliegenden Fall - persönlichen Zwangslage den Weiterverkauf überhaupt in Erwägung zu ziehen.

Eine angemessene Berücksichtigung der Interessen des anderen Teils ist bei der Festlegung des 300 %igen Aufpreises im Fall des Weiterverkaufs, dessen Höhe willkürlich erscheint, nicht festzustellen. Vertragsklauseln, die die Belastung, die dieser Aufpreis für den Käufer bedeutet, ausgleichen könnten, sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass es entsprechende Klauseln gibt, die zu einer Kompensation der Nachteile, die aus der Belastung des Klägers resultieren, führen könnte. Der Vertrag zeichnet sich deshalb in § 13 (3) auch dadurch aus, dass er ausschließlich den einseitigen Interessen der Gemeinde Werlte Rechnung trägt, ohne dass diese einseitige Vertragsgestaltung mit dem Wunsch der Gemeinde, Spekulationen mit von ihr vertriebenen Grundstücken zu vermeiden, gerechtfertigt werden könnte. Wie die Entscheidung des BGH zu dieser Problematik zeigt, gibt es durchaus Vertragsgestaltungen, die den beiderseitigen Interessen Rechnung tragen und verhindern, dass Grundstücksspekulanten von Wertsteigerungen profitieren (vgl. BGHZ 153, 92 ff. = NJW 2003, 888). Von einer ausgeglichenen Vertragsgestaltung kann aber dann keine Rede mehr sein, wenn ein Vielfaches des Kaufpreises für den Fall verlangt wird, dass das Grundstück im Nachhinein an einen Ortsfremden verkauft wird.

Die Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, dass entsprechende Klauseln üblich seien und in der Rechtsprechung durchaus gebilligt werden würden. Betrachtet man die einschlägige Rechtsprechung (s. die Zusammenfassung bei Rastätter, DNotZ 2000, 17 ff.), so ist auf den ersten Blick erkennbar, dass es in den Entscheidungen jeweils darum geht, eine tatsächliche Wertsteigerung abzuschöpfen und durch entsprechende Klauseln sicher zu stellen, dass gemeindliche Subventionen nur dem berechtigten Personenkreis zugute kommen. Die Beklagte geht über dieses Ziel aber weit hinaus, wenn sie ohne jede Anknüpfung an die tatsächliche Wertentwicklung und ohne Überprüfung der Frage, ob es überhaupt eine Wertsteigerung gegeben hat, willkürlich einen 300%igen Aufpreis festlegt.

Gerade weil es nach der streitigen Klausel gar nicht darauf ankommt, ob eine Wertsteigerung eingetreten ist, ja, die 300 % Nachzahlung sogar dann verlangt werden könnte, wenn bei einem Verkauf der Ursprungskäufer wegen eines Wertverfalls Verlust gemacht hätte, kommt es auch nicht darauf an, ob der vom Kläger gezahlte Kaufpreis seinerzeit besonders günstig war. Auch wenn der Senat Zweifel hat, ob das Vorbringen der Beklagten angesichts der Bodenrichtwerte insoweit hinreichend substantiiert ist, käme man zu demselben Ergebnis, wenn so will die Beklagte offenbar verstanden sein - die Bodenrichtwerte für das fragliche Baugebiet nur deswegen so niedrig liegen, weil es sich um Bauland mit Einheimischenbindung handelt. Aus demselben Grund ist auch der Streit der Parteien darüber unerheblich, welchen Wert das von dem Kläger errichtete Haus hat und in welcher Höhe sich der Bauwert in dem von ihm erstrebten bzw. erreichten Weiterverkaufspreis niedergeschlagen hat. Entscheidend ist allemal, dass die Klausel eine 300 % Nachzahlung ohne Rücksicht auf die Verhältnisse im Einzelfall auslöst. Die "Härtefallregel" stellt dafür kein angemessenes Äquivalent dar, weil sie den Käufer im Ungewissen lässt, wie er die Nachzahlungsverpflichtung vermeiden kann. Er ist insofern "rechtlos" und vom Wohlwollen der Gemeinde abhängig. Da er insofern durch die Fassung der Klausel davon abgehalten werden kann, seine in Wahrheit bestehenden Rechte zur Geltung zu bringen, kommt auch eine geltungserhaltende Reduktion der Klausel nicht in Betracht.

Der Zahlungsanspruch des Klägers ist begründet. Die Beklagte hat sich zu Unrecht geweigert, die Kosten der Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes durch den Kläger zu übernehmen. Einwendungen gegen die Höhe der geltend gemachten Forderung hat die Beklagte nicht erhoben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre gesetzliche Grundlage in § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht geboten. Die Sache wirft keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, der BGH hat durch Urteil vom 29. November 2002 die hier zur Diskussion stehende Rechtsfragen bereits entschieden. Eine Zulassung der Revision zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist nicht geboten.

Der nachgelassene Schriftsatz vom 23. Juni 2005 ist in den obigen Ausführungen berücksichtigt worden.

Ende der Entscheidung

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