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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 13.06.2002
Aktenzeichen: 6 W 66/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
Im Prozesskostenhilfeverfahren kann ausnahmsweise der Beweiswert einer Zeugenaussage antizipiert werden, wenn durch den angebotenen Zeugenbeweis die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit einer Privaturkunde widerlegt werden soll.
6 W 66/02

Beschluss

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die als sofortige Beschwerde zu behandelnde Beschwerde des Beklagten vom 31. Mai 2002 gegen den Beschluss des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 29. Mai 2002 durch den Richter am Oberlandesgericht ####### als Einzelrichter am 13. Juni 2002 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die als sofortige Beschwerde zu behandelnde Beschwerde des Beklagten vom 31. Mai 2002 gegen den am 30. Mai 2002 zugestellten Beschluss des Landgerichts Lüneburg vom 29. Mai 2002 ist zulässig (§ 127 Abs. 2 S. 2 und 3, § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO), in der Sache aber unbegründet. Die beabsichtigte Rechtsverteidigung des Beklagten bietet auch weiterhin keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO). Zur Vermeidung von Wiederholungen kann in vollem Umfang auf die nach wie vor maßgeblichen Gründe des Beschlusses des Senats vom 15. April 2002 (Bl. 82 - 85 d. A.) verwiesen werden.

Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:

Die am 28. April errichtete Urkunde über die vom Beklagten gegenüber der Klägerin abgegebene Bürgschaft hat die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich (zu dieser Vermutungswirkung bei Privaturkunden Palandt, BGB, 61. Aufl., § 125 Rdnr. 15). An die grundsätzlich mögliche Widerlegung dieser Vermutung sind strenge Anforderungen zu stellen (Palandt, a. a. O.). Sie kann deshalb zwar entkräftet werden, wenn die Parteien zugleich eine nicht schriftlich fixierte Nebenabrede getroffen haben (BGH, NJW 1989, 898). Nicht ausreichend ist es dagegen, dass möglicherweise bei der Errichtung der Urkunde vorausgegangenen Verhandlungen Einigkeit über einen bestimmten Punkt bestanden hat. Vielmehr muss nachgewiesen werden, dass die Parteien die Nebenabrede auch noch bei Errichtung der Urkunde gewollt haben (Palandt, a. a. O.).

Daran fehlt es vorliegend. Der Beklagte hat unter Beweisantritt lediglich vorgetragen, bei einem Anfang April 1999 geführten Gespräch bei der ####### habe Einigkeit darüber bestanden, dass Bedingung für die Bürgschaftsübernahme die Gewährung eines Kredits über 160.000 DM durch die ####### an den Beklagten sowie die Fortführung der ####### GmbH alleine durch den weiteren Gesellschafter ####### sein sollte (Klagerwiderung vom 18. Februar 1999, S. 2 - 4). Zur Übernahme der Bürgschaftsverpflichtung ist es dagegen erst nach diesem Gespräch, nämlich am 28. April 1998 gekommen. Es ist nicht ersichtlich und wird auch vom Beklagten nicht mit hinreichender Substanz vorgetragen, dass auch bei dieser späteren Übernahme der eigentlichen Bürgschaftsverpflichtung noch eine rechtsverbindliche Einigung zwischen den Parteien über die fortbestehende Gültigkeit der behaupteten Bedingungen bestanden hätte. Der Beklagte hat hierzu lediglich behauptet, auf der Grundlage des bei der ####### vereinbarten Konzepts sei dann die Vereinbarung vom 28. April 1998 unterzeichnet worden (Klagerwiderung S. 3).

Warum sich dann aber in der Bürgschaftsurkunde keinerlei Hinweis auf die vom Beklagten doch offensichtlich für grundlegend für die Bürgschaftsübernahme erachteten Bedingungen findet, hat der Beklagte bisher nicht dargetan. Dies gilt umso mehr, als die Parteien in der Bürgschaftsurkunde sogar eine Abrede darüber getroffen haben, wie zu verfahren ist, wenn das Darlehen der ####### nicht innerhalb der nächsten 6 - 8 Wochen ausgezahlt wird. In diesem Fall sollte nämlich zugunsten der Klägerin eine Grundschuld auf einem Miteigentumsanteil des Beklagten an einem Grundstück eingetragen werden. Hierfür hätte indessen keine Veranlassung bestanden, wenn bereits die Bürgschaftsübernahme unter der aufschiebenden Bedingung der Darlehensgewährung gestanden hätte.

Angesichts dieser Umstände kann dem Beklagten auch der Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19. März 2002 (EBE/BGH 2002, 148) nicht zum Erfolg verhelfen. Sie enthält lediglich den zutreffenden Hinweis darauf, dass der Beweisantritt zu einer Haupttatsache nicht aufgrund der Würdigung von Indiztatsachen übergangen werden darf. Hier hat der Beklagte indessen schon nicht mit hinreichender Substanz und unter Beweisantritt vorgetragen hätte, die Einigung über die behaupteten Bedingungen für die Bürgschaftsübernahme habe noch bei Abgabe der Bürgschaftsverpflichtung am 28. April 1999 bestanden.

Hinzu kommt, dass es vorliegend lediglich um die Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe geht. In diesem Verfahrensstadium findet das im Streitverfahren gültige Verbot der Beweisantizipation nur begrenzt Anwendung (BGH, NJW 1988, 266, 267; OLG Köln, NJW-RR 1995, 1405). Im Rahmen der Prüfung der hinreichenden Erfolgsaussicht ist auch eine vorausschauende Würdigung des wahrscheinlichen Erfolges des unter Beweisantritt erfolgten Tatsachenvortrages zulässig (OLG Köln, a. a. O.). Entsprechend kann zwar nicht der Inhalt, wohl aber der Beweiswert einer Zeugenaussage antizipiert werden. Nach den oben geschilderten Gesamtumständen des Falles liegt es fern, dass der Beklagte mit dem Beweisantritt zu dem Inhalt eines Anfang April 1999 geführten Gesprächs die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der erst später am 28. April errichteten Bürgschaftsurkunde widerlegen kann.

Ende der Entscheidung

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