Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 19.08.2004
Aktenzeichen: 8 U 49/04
Rechtsgebiete: ARB 75


Vorschriften:

ARB 75 § 4 Abs. 1k
Der Ausschluss des Versicherungsschutzes in der Rechtsschutzversicherung gem. § 4 Abs. 1 k) ARB 75 (Wahrnehmung rechtlicher Interessen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Planung oder Errichtung eines im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindlichen oder von diesem zu erwerbenden Grundstücks) greift nicht ein, wenn es sich nicht um eine Streitigkeit wegen der Errichtung oder Planung eines mangelfreien Gebäudes handelt, sondern um Ansprüche gegen den den Erwerb vorbereitenden Vermittler sowie die finanzierenden Kreditinstitute wegen mangelnder Rentabilität der zum Zweck der Steuerersparnis und zur Vermietung erworbenen Eigentumswohnung (im Anschluss an BGH VersR 2003, 454).
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

8 U 49/04

Verkündet am 19. August 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 13. August 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 16. Januar 2004 wird abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 9.839,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 14. Mai 2003 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte die über den Betrag von 9.839,58 EUR hinausgehenden, den Klägern bei deren zu führenden Rechtsstreitigkeiten gegen H.G. S., S., die C. Volksbank sowie die D.Bank, B., entstehenden Kosten zu tragen hat.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Kläger begehren Rechtsschutz aus einem bei der Beklagten zum 1. Dezember 1991 geschlossenen Versicherungsvertrag, dem die mit den ARB 75 identischen Allgemeinen Rechtsschutzversicherungsbedingungen der Beklagten zugrunde liegen (Bl. 2, 50 f. d. A.). Diese bestimmen u. a. in § 4 Abs. 1 k):

"Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Planung, Errichtung oder genehmigungspflichtigen baulichen Veränderung eines im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindlichen oder von diesem zu erwerbenden Grundstückes, Gebäudes oder Gebäudeteils stehen."

Am 7. Oktober 1991 begann die W. S. GmbH & Co. Bauprojekte-KG mit der Errichtung eines aus 187 Appartements bestehenden "Boarding-Houses" (Hotel Garni) in C. Hierbei handelte es sich um ein Anlageobjekt, wobei die Erwerber der einzelnen Appartements nach der zugrundeliegenden Teilungserklärung verpflichtet waren, nur an einen Pächter zu vermieten. Fertig gestellt werden sollte das Objekt bis Frühjahr 1993.

Die Kläger hatten Kontakt zu einem Anlageberater S. in S., der diese Appartements als Kapitalanlage ohne Eigenmittel mit zu erwartenden steuerlichen Vorteilen vermittelte. Am 7. April 1993 unterbreiteten die Kläger der T. Verwaltungen GmbH in C. das notarielle Angebot zum Abschluss eines Treuhandvertrages (Bl. 24 - 33 d. A.). Dieser sieht den Erwerb eines der Appartements in der Anlage sowie den Abschluss der dazugehörigen Darlehensverträge vor. Die T. Verwaltungen GmbH schloss in Ausführung dieses von ihr angenommenen Vertragsangebotes im Namen und mit Vollmacht der Kläger am 17. Mai 1993 einen Kaufvertrag mit der W. S. GmbH & Co. Bauprojekte-KG, der den Erwerb eines 52,76/10.000 Miteigentumsanteil an dem Flurstück 3751 und 3752 der Gemarkung S. verbunden mit dem Sondereigentum an dem Appartement Nr. 28 zum Preis von 141.657,45 DM zum Gegenstand hat (Bl. 6 - 23 d. A.). In Ziff. 3.6 trat die Verkäuferin ihren Kaufpreisanspruch an die C. Volksbank eG ab, während die Kläger in Ziff. 3.7. des Vertrages ihren Auflassungsanspruch an diese Bank abtraten.

Die Kläger nahmen zur Finanzierung des Erwerbs im Mai 1993 zwei Kredite auf, nämlich bei der C. Volksbank eG in Höhe von 53.600,28 EUR (= 104.833,03 DM) und bei der D.Bank in Höhe von 66.467,94 EUR (130.000 DM).

Nach Fertigstellung konnte das Objekt zunächst nicht verpachtet werden. Erst nach einiger Zeit fand sich ein Pächter, der jedoch nach 8 Monaten Konkurs anmeldete. Dies führte bei den Klägern zu einem bleibenden Ausfall von Einkünften (Bl. 2 d. A.). Die Beklagte lehnte die von den Klägern begehrte Deckungszusage für Verfahren gegen die finanzierenden Banken und den Vermittler S. mit Schreiben vom 13. Dezember 2002 unter Berufung auf die Baurisikoklausel des § 4 Abs. 1 k) ARB ab (Bl. 34 f. d. A.).

Die Kläger haben behauptet,

das gesamte Konzept für die Anlage sei von vornherein realitätsfremd gewesen und habe auf unzutreffenden Kalkulationen beruht. Diese schlechte Konzeptionierung sowie das daraus resultierende drohende Scheitern des Gesamtprojektes seien sowohl dem Vermittler als auch den finanzierenden Banken, die sich hier für den Konzeptionär engagiert hätten, bekannt gewesen (Bl. 2 f., 57 f. d. A.). Die Kläger müssten deshalb so gestellt werden, als hätten sie sich nicht zum Kauf des Miteigentumsanteils entschlossen und folglich auch die beiden Darlehen nicht aufgenommen. In den drei zu führenden Verfahren sei hierbei gegenüber Herrn S. von einem Gegenstandswert von 120.068,22 EUR, gegenüber der D.Bank von 66.467,94 EUR sowie gegenüber der C. Volksbank von 53.600,28 EUR auszugehen (Bl. 5 d. A.). Hierfür errechne sich unter Berücksichtigung des Gerichtskostenvorschusses in den Verfahren sowie einer 7,5/10Gebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO zunächst ein zu zahlender Betrag von 9.839,59 EUR.

§ 4 Abs. 1 k) ARB 75 sei nicht einschlägig, weil es sich nicht um das spezifische Risiko eines mangelhaften Baus, sondern um ein Beratungsverschulden im Bereich des Kapitalanlage-Projektes gehandelt habe, welches das "Ob" der Entscheidung des Erwerbs betreffe (Bl. 3 - 5, 56 - 58 d. A.). Auch um die Planung gehe es nicht, da die Immobilie im Zeitpunkt des Erwerbs fertig gestellt gewesen sei. Eine selbständige Tätigkeit der Kläger gem. § 26 ARB liege nicht vor (Bl. 58 d. A.).

Die Kläger haben beantragt (Bl. 1, 73 d. A.),

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 9.839,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte die über den Betrag von 9.839,58 EUR hinausgehenden, den Klägern bei deren zu führenden Rechtsstreitigkeiten gegen H.G. S., S., die C. Volksbank sowie die D.Bank, B., entstehenden Kosten zu tragen hat.

Die Beklagte hat beantragt (Bl. 48, 73 d. A.),

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf einen Ausschluss des Versicherungsschutzes nach § 4 Abs. 1 k) ARB berufen, da ein typischer Zusammenhang mit einem Baurisiko vorliege (Bl. 52 - 55 d. A.). Unter den dort erwähnten Begriff der Planung falle auch die wirtschaftliche und finanzielle Gestaltung des Projektes. Hier bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Aufnahme der zweckgebundenen Darlehen und dem Erwerb der Immobilie. Es gehe um den von den Kläger erhobenen einheitlichen Vorwurf der fehlerhaften Beratung über die Risiken des zu finanzierenden Anlageobjektes. Schließlich greife die Ausschlussklausel des § 26 Abs. 1 S. 3 ARB 88 ein, da der Abschluss des Treuhandvertrages eine selbständige Tätigkeit darstelle, die den Bereich privater Vermögensverwaltung übersteige (Bl. 55 d. A.).

Mit Urteil vom 16. Januar 2004 hat das Landgericht die Klage abgewiesen (Bl. 75 - 80 d. A.). Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne offen bleiben, ob die beabsichtigten Klagen hinreichende Aussicht auf Erfolg hätten, da die Kläger für die Darlehen einen Gegenwert in Form der Eigentumswohnung erhalten hätten. Jedenfalls sei Versicherungsschutz nach § 4 Abs. 1 k) ARB 75 ausgeschlossen. Der Begriff der Planung im Sinne dieser Vorschrift sei nicht auf die bautechnische Seite des Bauvorhabens beschränkt, sondern erfasse auch die wirtschaftliche und finanzielle Gestaltung des Bauvorhabens. Hier habe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Erwerb des Objekts und den zeitgleich aufgenommenen Darlehen bestanden. Die Entscheidung des BGH vom 19. Februar 2003 stehe dem nicht entgegen, da es dort nur um den Erwerb von Anteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds gegangen sei. Das sei mit dem unmittelbaren Erwerb einer Eigentumswohnung nicht zu vergleichen. Hier sei überdies das gesamte Bauvorhaben nicht als normale Eigentumswohnungsanlage, sondern als Hotel Garni geplant worden. Das erfordere die Berücksichtigung besonderer baulicher Vorgaben. Diese Nutzung sei auch vertraglich festgeschrieben worden. Gehe es wegen falscher Renditeerwartungen aber um die fehlerhafte Planung des gesamten Bauvorhabens, so greife die Ausschlussklausel ein.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger. Sie machen geltend, die Baurisikoklausel greife nicht ein, weil sie sich nur auf einen Ausschluss wegen typischer Baurisiken beziehe, um die es hier indessen nicht gehe (Bl. 95 - 98 d. A.). Insoweit weiche die angefochtene Entscheidung auch vom Urteil des BGH vom 19. Februar 2003 ab. Eine Differenzierung danach, ob der Erwerber eine Eigentumswohnung unmittelbar kaufe oder sich an einem Immobilienfonds beteilige, sei nicht sachgerecht. Hier sei das Objekt als solches bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mängelfrei fertig gestellt worden und derzeit auch gut ausgelastet (Bl. 98 d. A.). Indessen könnten durch die Einnahmen nicht die Belastungen der Anleger gedeckt werden, was auf einer Falschberatung des Vermittlers und der Banken beruhe.

Die Kläger beantragen (Bl. 95, 155 d. A.),

unter Aufhebung des Urteils des LG Hannover vom 16. Januar 2004

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 9.839,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte die über den Betrag von 9.839,58 EUR hinausgehenden, den Klägern bei deren zu führenden Rechtsstreitigkeiten gegen H.G. S., S., die C. Volksbank sowie die D.Bank, B., entstehenden Kosten zu tragen hat.

Die Beklagte beantragt (Bl. 112, 155 d. A.),

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, die Grundsätze des Urteils des BGH vom 19. Februar 2003 seien hier nicht anzuwenden, weil es sich vorliegend um den unmittelbaren Erwerb einer Eigentumswohnung sowie die behauptete fehlerhafte Planung des gesamtes Objektes handele (Bl. 133 d. A.). Hier bestehe jedenfalls ein zeitlicher und innerer sachlicher Zusammenhang zwischen der Aufnahme der zum Erwerb des Objektes dienenden Darlehen und dem tatsächlichen Erweb der Wohnung (Bl. 134 f. d. A.). Die Auszahlung der Darlehen sei von der Bedingung abhängig gemacht worden, dass eine Bestätigung über den Abschluss des Kaufvertrages vorgelegt werde. Es gehe mithin bei Finanzierung und Kauf um ein einheitliches Geschäft, welches der Vermittler S. im Gesamtpaket angeboten habe.

II.

Das angefochtene Urteil beruht auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO). Es erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als richtig (§ 561 ZPO analog). Den Klägern steht gem. § 158 l Abs. 1 S. 1 VVG i. V. m. § 1, § 14 Abs. 3 ARB 75 ein Anspruch auf Gewährung von Rechtsschutz gegen die Beklagte zu.

1. Die beabsichtigte Interessenwahrnehmung der Kläger fällt entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht unter den Versicherungsausschluss der Baurisikoklausel nach § 4 Abs. 1 k) ARB 75. Die Besonderheit dieses Falles liegt darin, dass die Kläger keine Mängel des Baus bezüglich seiner Planung oder Errichtung geltend machen und auch nicht den Verkäufer/Werkunternehmer der Anlage in Anspruch nehmen, sondern Ansprüche gegen den Vermittler und die Banken geltend machen, weil diese die Anlage von vornherein aufgrund unzutreffender Kalkulationen falsch konzeptioniert hätten, so dass die Einnahmen nicht die Belastungen der Anleger deckten. Ob der Begriff des unmittelbaren Zusammenhangs mit der Planung auch die wirtschaftliche Gesamtplanung, insbesondere die Baufinanzierung, umfasst, oder auf die typische Bauplanung beschränkt ist, ist umstritten (vgl. Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 7. Aufl., § 4 Rdnr. 93 f., 100 f.; Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 4 ARB Rdnr. 18 - 20).

a) Die früher überwiegende Ansicht hat § 4 Abs. 1 k) ARB weit ausgelegt und unter diese Klausel auch Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Baufinanzierung, wirtschaftlichen Planung und Renditemöglichkeit eines Baus fallen lassen, auch wenn derartige Ansprüche nicht gegen unmittelbar mit der Errichtung des Baus Beteiligte, sondern gegen Vermittler oder Banken geltend gemacht wurden (vgl. OLG Bamberg r+s 2003, 197: Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds und Klage gegen Anlagevermittler und Banken wegen fehlenden Hinweises auf das Konkursrisiko des Bauträgers; OLG Schleswig NJWRR 2002, 1552: Beratungsverschulden gegenüber der Bank wegen mangelnder Rentabilität bei Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfond; OLG Stuttgart MDR 2000, 335; OLG München VersR 2000, 722: Klage gegen Bank auf Rückabwicklung eines Darlehensvertrages zur Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung; OLG Karlsruhe VersR 1997, 182: Streitigkeit mit einer Bank über eine Kreditgewährung zur Finanzierung eines Bauvorhabens bei abschnittsweise vorzunehmender Auszahlung; LG Köln VersR 2002, 1277; LG München I r+s 2001, 68: Klage gegen Bank wegen unterlassener Aufklärung über fehlende Steuervorteile; weitere Nachweise bei Harbauer, a. a. O., Rdnr. 93; Prölss/Martin, a. a. O., Rdnr. 19). Begründet wird diese Ansicht damit, das Risiko der Baufinanzierung hänge in derartigen Fällen unmittelbar mit der Planung und Errichtung des einzelnen Bauvorhabens zusammen. Eine isolierte Betrachtungsweise würde demgegenüber einen einheitlichen wirtschaftlichen Gesamtzusammenhang zerreißen. Das entspreche nicht nur dem Sinn und Zweck des Ausschlusses, sondern auch dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers.

Diese Ansicht ist indessen durch die Entscheidung des BGH vom 19. Februar 2003 (VersR 2003, 454) überholt. Hiernach umfasst die Ausschlussklausel des § 4 Abs. 1 k) ARB 75 nicht auch das Erwerbsrisiko. In dem vom BGH zu entscheidenden Fall ging es einerseits um Ansprüche eines Anlegers gegen Geschäftsführer der Fondsgesellschaft sowie der Treuhand GmbH anlässlich des Erwerbs von Anteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds, weil entgegen den Angaben im Prospekt das Gebäude nur für 7 statt für 12 Geschosse genehmigt wurde mit der Folge einer geringeren vermietbare Fläche, sowie andererseits um nicht vollständig ausgewiesene Vertriebskosten. Maßgebend sei, dass Versicherungsbedingungen so auszulegen sind, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Bei Risikoausschlüssen gehe das Interesse des Versicherungsnehmers regelmäßig dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck der Klausel dies gebietet. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer brauche nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass ihm dies verdeutlicht wird.

Die Ausschlussklausel des § 4 Abs. 1 k) ARB 75 verfolgt nach Auffassung des BGH den - auch für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren - Zweck, die erfahrungsgemäß besonders kostenträchtigen und im Kostenrisiko schwer zu überschauenden und kaum kalkulierbaren rechtlichen Streitigkeiten um Baumaßnahmen aller Art und die sie unmittelbar begleitenden Vorgänge von der Versicherung auszunehmen, weil nur für einen verhältnismäßig kleinen Teil der in der Risikogemeinschaft zusammengeschlossenen Versicherungsnehmer ein solches Risiko entstehen kann. Der geforderte Zusammenhang mit der Planung und Errichtung eines Gebäudes müsse hierbei nicht nur zeitlich bestehen, sondern es müsse auch ein innerer sachlicher Zusammenhang gegeben sein. Hierbei gehe es um die Wahrung der rechtlichen Interessen, die der Bauherr an der Errichtung und Planung eines mangelfreien Gebäudes habe. Nur das offenbare sich dem Versicherungsnehmer bei unbefangener Lektüre der Klausel. Es erschließe sich ihm dagegen nicht, dass er keinen Deckungsschutz für die Durchsetzung von Ansprüchen haben soll, die zu dem Bauvorhaben selbst in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen, sondern sich etwa aus dem Erwerb eines zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks (so der Fall BGH VersR 1994, 44) oder dem Erwerb von Fondsanteilen ergeben, selbst wenn der Zweck der Gesellschaft in der Errichtung und Verwaltung einer Immobilie besteht. In dem der Entscheidung des BGH zugrundeliegenden Sachverhalt hat dieser die beabsichtigte Rechtsverfolgung dem nicht unter den Ausschluss fallenden Erwerbsrisiko zugeordnet, da der Vorwurf des Betruges in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Baumaßnahme stehe und keinen Baumangel zur Folge habe.

Ausdrücklich aufgegeben hat der BGH dagegen seine Rechtsprechung in der von vielen Instanzgerichten zitierten Entscheidung VersR 1986, 132, in der die Baurisikoklausel angewendet worden war bei der beabsichtigten Klage gegen einen Baubetreuer und die finanzierende Bank wegen der nicht gesicherten aber versprochenen Erwartung erheblicher Steuervorteile sowie darauf gestützter unwirksamer Vollmacht des Baubetreuers.

Diese Auffassung des BGH bezüglich einer engen auf typische Baurisiken der Planung und Errichtung eines mängelfreien Gebäudes gerichteten Auslegung der Klausel unter Ausschluss von Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Baufinanzierung und dem Erwerbsrisiko wird auch von Teilen der Rechtsprechung (vgl. OLG Köln VersR 2003, 1437: Täuschung des Erwerbers einer Eigentumswohnung durch den Verkäufer über den zu erzielenden Mietzins der als Anlageobjekt erworbenen Wohnung; OLG Karlsruhe VersR 2002, 842: Ansprüche des Käufers einer fast fertigen Eigentumswohnung gegenüber einem Kreditinstitut wegen unzutreffender Angaben zu überhöht kalkulierten Nettomieten; OLG Stuttgart NJWRR 2001, 462: mangelnde Aufklärung durch Verkäufer einer mangelfrei errichteten Eigentumswohnung über bauordnungsrechtliche Nutzungsbeschränkungen; LG Coburg VersR 2002, 1275: betrügerische Schädigung bei Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds) sowie in der Literatur vertreten (vgl. Harbauer, a. a. O.; Rdnr. 93 f., 99; Prölss/Martin, a. a. O.).

Ihr schließt sich auch der Senat aus den im Urteil des BGH zutreffend genannten Gründen an. Für eine enge Auslegung spricht auch die Regelung des § 305 c Abs. 2 BGB (= § 5 AGBG), wonach Zweifel bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen. Ferner macht nur so das zusätzliche Erfordernis der Unmittelbarkeit in § 4 Abs. 1 k) ARB Sinn, da bei einer weiten Auslegung fraglich wäre, welche relevanten Fallgruppen dann überhaupt noch unter den Versicherungsschutz fallen sollen.

Schließlich hat es auch der Versicherer selbst in der Hand, durch eine klare Gestaltung der Versicherungsbedingungen das Erwerbs und Finanzierungsrisiko im Zusammenhang mit Bauvorhaben vom Versicherungsschutz auszuschließen. Entsprechendes sieht jetzt § 3 Abs. 1 d) ARB 94 vor, wonach für den Ausschluss zum einen unter Wegfalls des Unmittelbarkeitserfordernisses bereits ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der beabsichtigten Wahrnehmung der rechtlichen Interessen und der Planung und Errichtung eines Gebäudes genügt und zum anderen Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Finanzierung ausdrücklich im Rahmen des Risikoausschlusses erwähnt werden (zu dieser neuen Regelung vgl. etwa OLG Karlsruhe VersR 2004, 59; r+s 2004, 192).

b) Für den vorliegenden Fall folgt hieraus, dass die beabsichtigte Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Kläger nicht unter die Risikoausschlussklausel fällt. Der Umstand, dass die beiden Darlehen hier praktisch zeitgleich mit dem Kaufvertrag beantragt und zweckgebunden für das Objekt verwendet wurden, genügt hierbei für den erforderlichen inneren sachlichen Bezug zur Planung des Gebäudes nicht. Die Kläger machen keinerlei Ansprüche wegen fehlerhafter oder verzögerter Fertigstellung der Appartementanlage oder hieraus resultierender Baumängel oder wegen Verstößen gegen Treuhandauftrag geltend. Entsprechend nehmen sie weder den Verkäufer bzw. Werkunternehmer noch den Treunehmer auf Schadensersatz in Anspruch. Sie wollen vielmehr wegen der fehlerhaften Rentabilität des Objektes den Vermittler sowie die finanzierenden Banken belangen. Das hat indessen mit dem eigentlichen Baurisiko, bei dem sich Risiken der Planung und Errichtung eines Gebäudes im Allgemeinen verwirklichen, nichts mehr zu tun. Es handelt sich vielmehr um das allgemeine mit der Anlage von Geld verbundene Risiko, nicht die erwartete Rendite zu erzielen, das sich unabhängig von der Errichtung eines Gebäudes verwirklichen kann. Es geht somit um den Vorwurf von Pflichtverletzungen, die sich erst in der Zukunft auswirken werden und mit der Bauerrichtung nichts (mehr) zu tun haben. Derartige Rentabilitätsgesichtspunkte genügen aber für einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Planung eines Gebäudes ebenso wenig wie etwa der Erwerb einer bereits genutzten Immobilie zum Zweck der Vermietung über einen Mietpool (vgl. OLG Karlsruhe VersR 2002, 842 f.).

Insoweit liegt auch kein sachlicher Unterschied darin, ob die Kläger - wie in dem vom BGH entschiedenen Fall - Anteile an einem Immobilienfonds oder - wie hier - unmittelbar eine Eigentumswohnung erwerben. Dies betrifft allein die rechtstechnische Ausgestaltung des Erwerbs, sagt aber über die inhaltliche Frage, ob ein unmittelbarer Zusammenhang mit einem typischen Baurisiko besteht, nichts aus.

Der erforderliche unmittelbare Zusammenhang mit der Planung wird auch nicht dadurch hergestellt, dass es sich hier nicht um eine "normale" Eigentumswohnungsanlage, sondern um ein Bauvorhaben handelte, das als Hotel Garni geplant war. Hier mag es zwar Besonderheiten in der baulichen Herrichtung des Objektes sowie der Bindung der Wohnungseigentümer an eine derartige Nutzung sowie der Verpflichtung zur Einschaltung nur eines Pächters geben, die von einer reinen Wohnungseigentumsanlage abweichen. Auch hieraus allein leiten die Kläger indessen keinerlei Ansprüche ab. Sie stützen sich vielmehr auf Schadensersatzansprüche, weil ihrer Ansicht nach das Objekt aufgrund seiner Konzeption insgesamt nicht die zu erwartende Rendite und die damit verbundene Steuerersparnis erbracht habe (Bl. 98 d. A.). Damit handelt es sich aber um ein typisches Erwerbsrisiko, welches lediglich die wirtschaftlich sinnvolle Verwendung der als solcher mängelfrei errichteten Anlage betrifft. Dass unter diesen Umständen von der Errichtung einer derartigen Anlage ggfs. insgesamt hätte Abstand genommen werden müssen, mag zwar zutreffen, ändert aber nichts daran, dass sich hier kein typisches Baurisiko, sondern das Verwendungsrisiko einer mängelfrei errichteten Anlage verwirklicht hat.

2. Auch der Ausschluss nach § 26 Abs. 1 S. 4 ARB 75 für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit einer selbständigen Tätigkeit greift nicht ein. Die Verwaltung privaten Vermögens fällt grundsätzlich auch dann nicht unter die Ausschlussklausel, wenn es um beträchtliche Werte geht. Etwas anderes gilt nur, wenn der Umfang der für die Verwaltung erforderlichen Geschäfte einen planmäßigen Geschäftsbetrieb erfordert wie etwa die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation zur Durchführung der Geschäfte (Prölss/Martin, § 25 ARB Rdnr. 5). Davon kann bei dem Erwerb einer Eigentumswohnung als Kapitalanlage und zur Steuerersparnis nicht die Rede sein, auch wenn zwecks Abwicklung ein Treuhandunternehmen eingeschaltet wurde.

Entsprechend wird die Ausschlussklausel bei der Anlage von Vermögen in Grundstücke nur angenommen, wenn es hier um eine Vermögensanlage größeren Stils geht (vgl. Prölss/Martin, a. a. O., Rdnr. 6: Erschließung eines großen Grundstücks; Erwerb und Verwaltung mehrerer Mietshäuser; Erwerb einer Eigentumswohnungsanlage mit 7 Einheiten). Die Beschaffung einer Eigentumswohnung nach dem Bauherrenmodell genügt dagegen nicht (LG Hannover ZfS 1990, 234). Hier haben die Kläger zwecks Kapitalanlage und Erlangung von Steuervorteilen lediglich ein Appartement in einer größeren Anlage erworben.

3. Nicht zu entscheiden ist im vorliegenden Rechtsstreit schließlich, ob die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Kläger überhaupt notwendig gem. § 1 ARB 75 ist, weil sie hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Der Versicherer verliert nämlich das Recht, die Leistung wegen fehlender Erfolgsaussicht oder Mutwilligkeit abzulehnen, wenn er dies dem Versicherungsnehmer entgegen § 17 Abs. 1 S. 2 ARB nicht unverzüglich schriftlich mitteilt (BGH NJW 2003, 1936). Hier hat die Beklagte indessen die Ablehnung ihrer Eintrittspflicht im Schreiben vom 13. Dezember 2002 alleine auf das Eingreifen der Baurisikoklausel gestützt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung gem. § 543 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO und dient auch nicht der Fortbildung des Rechts gem. § 543 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO, da die entscheidungserhebliche Frage bezüglich der Reichweite der Baurisikoklausel des § 4 Abs. 1 k) ARB 75 durch die Entscheidung des BGH vom 19. Februar 2003 geklärt ist. Auch die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Revisionsgerichts gem. § 543 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO, da der Senat (soweit ersichtlich) von keiner neueren - nach dem Erlass des Urteils des BGH - ergangenen Entscheidung eines anderen Gerichts zur Reichweite der Baurisikoklausel abweicht.

Ende der Entscheidung

Zurück