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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 04.05.2000
Aktenzeichen: 8 U 69/99
Rechtsgebiete: AKB, VVG


Vorschriften:

AKB § 7 Abs. 1 Nr. 2 S. 3
AKB § 7 Abs. 5 Nr. 4
VVG § 6 Abs. 3
Es stellt eine die Leistungspflicht des Versicherers ausschließende Obliegenheitsverletzung dar, wenn der Versicherungsnehmer bei einer Schadensanzeige einen Kfz-Händler statt eines Privatmanns als Verkäufer angibt und einen erheblichen Unfallschaden (hier: Reparaturkosten 16.585, 59 DM) verschweigt.
8 U 69/99

Verkündet am 4. Mai 2000

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 14. April 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ############## und der Richter am Oberlandesgericht ####### und ############## für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 28. Januar 1999 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Wert der Beschwer: 11.500 DM.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.

Unter den hier gegebenen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung ihres bei der Beklagten teilkaskoversicherten Pkw ##################### nachzuweisen vermag. Denn selbst bei Annahme des von der Klägerin behaupteten Diebstahls kann die Klage keinen Erfolg haben, weil die Beklagte von der Zahlung der Versicherungsleistung jedenfalls wegen Obliegenheitsverletzung - Aufklärungspflichtverletzung - der Klägerin gemäß § 7 I Nr. 2 Satz 3, V Nr. 4 AKB i. V. m. § 6 Abs. 3 VVG frei geworden ist.

Nach § 7 I Nr. 2 Satz 3 AKB ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes dienlich sein kann. Hierzu gehört in der Fahrzeugversicherung auch die Pflicht, den Versicherer wahrheitsgemäß über die Umstände zu unterrichten, die für die Höhe des Schadens von Bedeutung sind. Der Versicherer soll dadurch in die Lage versetzt werden, den Versicherungsfall sachgemäß zu bearbeiten und zu erledigen. Dafür ist vor allem erforderlich, dass der Versicherungsnehmer die Schadenanzeige des Versicherers wahrheitsgemäß und vollständig ausfüllt. Denn bei der Bemessung der Entschädigung orientiert sich der Versicherer regelmäßig an den in der Schadenanzeige enthaltenen Angaben.

Gegen diese Aufklärungsobliegenheit hat die Klägerin verstoßen, indem sie in dem Zusatzfragebogen vom 26. Oktober 1997 (Bl. 9 ff.) als Verkäufer des Fahrzeugs das Autohaus ############## in ####### angegeben und die Frage nach Vorbesitzern, die nicht im Kfz-Brief stehen, verneint hat, obwohl sie den Wagen nach ihrem eigenen Vortrag in der Klageschrift, dessen Richtigkeit auch die vom Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme bestätigt hat, Anfang Dezember 1992 von ihrem Lebensgefährten ####### ############## erworben hat. Dabei vermag es die Klägerin nicht zu entlasten, dass dieser Zusatzfragebogen nach ihrem Vortrag in der Berufungsbegründung von ihrem Sohn ausgefüllt worden sein soll. Denn durch ihre Unterschrift hat die Klägerin die Verantwortung für die inhaltliche Richtigkeit der darin enthaltenen Angaben übernommen.

Im Übrigen hat die Klägerin die Richtigkeit der erwähnten - tatsächlich unzu-treffenden - Angaben in dem Zusatzfragebogen vorprozessual dadurch zu belegen versucht, dass sie der Beklagten die folgenden drei Unterlagen übersandt hat, nämlich (1.) das an sie gerichtete Schreiben des #######Autohauses ############## vom 17. Dezember 1997, in dem es heißt, dass ihr eine Kopie des den hier in Rede stehenden Ford Sierra betreffenden Kaufvertrages aufgrund eines Firmenzusammenschlusses nicht zur Verfügung gestellt werden könne, (2.) die vom 6. Februar 1998 datierende Bestätigung des seinerzeit beim #######-Autohaus ############## als Verkäufer tätig gewesenen ####### ############## (Bl. 48), dass er den ############## im Dezember 1992 an die Klägerin verkauft habe, und (3.) die Bescheinigung ihres Lebensgefährten ####### ############## vom 13. Februar 1998 (Bl. 49), in der dieser bestätigt, das Fahrzeug zusammen mit der Klä-gerin für 20.000 DM erworben zu haben. Auch im Hinblick auf die Vorlage dieser drei inhaltlich unrichtigen Belege bei der Beklagten vermag sich die Klägerin nicht zu entlasten. Hierfür ist insbesondere ihre Behauptung nicht geeignet, dass sie sich durch das (angeblich) 'ganz bedrohliche' Verhalten der Beklagten dazu veranlasst gesehen habe, dieser eine Anschaffungsrechnung zu präsentieren (vgl. Bl. 129).

Schließlich hat die Klägerin eine weitere Aufklärungspflichtverletzung dadurch begangen, dass sie die in dem Zusatzfragebogen enthaltene Frage nach 'Vor-/Unfallschäden' des Fahrzeugs verneint hat, obwohl der Wagen, als ############## ihn Ende 1992 vom #######-Autohaus ############## erwarb, einen Unfallschaden aufwies, zu dessen fachgerechter Reparatur ausweislich des Gut-achtens des Sachverständigen ####### vom 14. September 1992 (Bl. 42) ein Betrag von 16.585,59 DM hätte aufgewendet werden müssen. Zwar hat sich der Zeuge ##############, der das Fahrzeug als Kfz-Mechaniker in der Werkstatt der Firma ####### ####### in Eigenarbeit repariert und sodann an die Klägerin weiter-erkauft hat, bei seiner Vernehmung in erster Instanz nicht daran zu erinnern vermocht, ob er sie seinerzeit auf den Unfallschaden hingewiesen hat. Nach der Lebenserfahrung ist jedoch davon auszugehen, dass die Eigenschaft als Unfall-agen bei den Gesprächen, die die Klägerin Ende 1992 mit ihrem Lebensgefährten ####### ############## über das Fahrzeug geführt hat, zur Sprache gekommen ist. Außerdem sprechen keine Anhaltspunkte dafür, dass ############## als Verkäufer des Wagens gegen seine aus dem Kaufvertragsrecht herrührende zivilrechtliche Pflicht verstoßen haben könnte, der Klägerin als Käuferin des Fahrzeugs dessen erheblichen (wenn auch reparierten) Unfallschaden zu offenbaren.

Nach Lage der Dinge ist die Annahme gerechtfertigt, dass die Klägerin die gegen-ber der Beklagten bestehende Aufklärungspflicht bewusst verletzt hat. Dies gilt einerseits für das Verschweigen des erheblichen Unfallvorschadens, wird anderer-seits aber auch durch die drei inhaltlich unrichtigen Unterlagen deutlich, die sie der Beklagten vorprozessual zum Nachweis der Richtigkeit ihrer in dem Zusatz-fragebogen enthaltenen Angabe übersandt hat, dass sie den Pkw ############## unmittelbar vom #######-Autohaus ############## zu einem Kaufpreis von 20.000 DM erworben habe.

Der Leistungsfreiheit der Beklagten wegen dieser vorsätzlich begangenen, wenn auch folgenlos gebliebenen Obliegenheitsverletzung der KLägerin steht die sog. Relevanzrechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht entgegen. Der Verstoß war generell geeignet, die Interessen der Beklagten zu gefährden. Vorschäden sind ebenso von erheblicher Bedeutung für die Bemessung des Zeitwerts wie es für die Beklagte von Interesse ist, ob das (angeblich gestohlene) Fahrzeug von einem Markenvertragshändler (hier: #######) oder von einem Privatmann erwor-ben wurde. Die Klägerin trifft auch der Vorwurf erheblichen Verschuldens. Sie ist ihrer Aufklärungspflicht nämlich trotz der deutlichen Belehrung über die Folgen einer Obliegenheitsverletzung in dem von ihr am 26. Oktober 1997 unterschrie-benen Zusatzfragebogen nicht nachgekommen.

Nach alledem hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Be-klagte aus den dargelegten Gründen von der Verpflichtung zur Leistung frei ist. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin konnte daher keinen Erfolg haben. Sie war folglich zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO. Den Wert der Beschwer hat der Senat gemäß § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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