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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 28.03.2008
Aktenzeichen: 8 W 19/08
Rechtsgebiete: AKB, BGB


Vorschriften:

AKB § 13
BGB § 307
1. Die Regelung in § 13 Abs. 7 S. 2 AKB, dass der Kaskoversicherer die Umsatzsteuer nur dann ersetzt, wenn und soweit sie für den nicht vorsteuerabzugsberechtigten Versicherungsnehmer tatsächlich angefallen ist, erfasst sämtliche Fälle, in denen der Versicherer dem Grunde nach Kaskoentschädigung zu leisten hat, also auch den des Verlustes eines PKW. Sie ist nicht auf die Fälle der Beschädigung und Zerstörung beschränkt.

2. Die Klausel verstößt in dieser Form nicht gegen § 307 BGB, weil sie weder vom gesetzlichen Leitbild abweicht noch die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet oder den Versicherungsnehmer sonst unangemessen benachteiligt.


8 W 19/08

Beschluss

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht G., den Richter am Oberlandesgericht Dr. K. und den Richter am Landgericht S. auf die als sofortige Beschwerde zu wertende Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 1. Februar 2008 am 28. März 2008 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 127 Abs. 2 S. 2 und 3, § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO), in der Sache aber nicht begründet. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Antragstellerin bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO). Der Antragstellerin steht gem. § 1 Abs. 1 S. 1 VVG i. V. m. § 13 Abs. 1 a) und 7 AKB, § 398 BGB kein Anspruch auf Erstattung von 4.227,59 EUR Mehrwertsteueranteil nach dem Diebstahl ihres PKW BMW 320d Touring am ... . November 2005 zu. Zu Recht hat die Antragsgegnerin lediglich den Nettowiederbeschaffungswert von 26.422,41 EUR aus dem Gutachten des Sachverständigen M. vom 12. Januar 2006 ersetzt.

1. § 13 Abs. 7 S. 2 der dem Kaskoversicherungsvertrag zwischen der Mutter der Antragstellerin und der Antragsgegnerin zugrunde liegenden AKB sieht vor, dass die Umsatzsteuer nur dann ersetzt wird, wenn und soweit sie für den nicht vorsteuerabzugsberechtigten Versicherungsnehmer tatsächlich angefallen ist. Das ist bei der Antragstellerin nicht der Fall, da sie nach dem Diebstahl des Fahrzeugs keinen neuen PKW angeschafft hat. Diese Klausel findet von ihrem Wortlaut her für sämtliche Fälle Anwendung, in denen der Versicherer dem Grunde nach eine Kaskoentschädigung zu leisten hat. Sie erfasst insbesondere auch die Fälle des Abhandenkommens und ist nicht auf solche einer Beschädigung oder Zerstörung des Fahrzeugs beschränkt.

Nach § 13 Abs. 1 a) AKB ersetzt der Versicherer einen Schaden bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeugs am Tag des Schadens, soweit in den folgenden Absätzen nichts Weiteres bestimmt ist. Gem. § 13 Abs. 4 a) AKB gewährt der Versicherer bei Zerstörung oder Verlust die nach den Absätzen 1 - 3 zu berechnende Höchstentschädigung abzüglich des Restwertes. Bei Beschädigung des Fahrzeugs ersetzt der Versicherer die erforderlichen Kosten der Wiederherstellung bis zu dem sich nach den Absätzen 1 bis 3 ergebenden Betrag. Weder die generelle Regelung über die Höhe der Ersatzpflicht nach § 13 Abs. 1 a) bis 3 AKB noch die speziellen Vorschriften über den Ersatz bei Zerstörung oder Verlust des Fahrzeugs nach Abs. 4 oder die über die Beschädigung nach Abs. 5 enthalten eine Aussage darüber, ob und wann die Mehrwertsteuer zu ersetzen ist. Das ist vielmehr einheitlich für alle in Betracht kommenden Fälle in Abs. 7 geregelt. Dieser bestimmt indessen unterschiedslos, dass Mehrwertsteuer nur dann ersetzt wird, wenn sie tatsächlich angefallen ist. Der Vorschrift lässt sich demgegenüber an keiner Stelle entnehmen, dass sie nur für die Fälle einer Beschädigung und/oder Zerstörung des Fahrzeugs, nicht dagegen bei vollständigem Verlust Anwendung finden soll. Das ergibt sich auch nicht aus Satz 1 von Abs. 7. Dieser bestimmt, dass der Versicherer Veränderungen, Verbesserungen, Verschleißreparaturen, Minderung an Wert, äußerem Ansehen oder Leistungsfähigkeit, Überführungs- und Zulassungskosten, Nutzungsausfall oder Kosten eines Ersatzwagens und Treibstoff nicht ersetzt. Es handelt sich mithin um eine Regelung, die im einzelnen auflistet, wofür der Versicherer keinen Ersatz leistet. Diese Bestimmung findet ebenfalls nicht nur auf Beschädigung oder Zerstörung eines Fahrzeugs Anwendung, sondern gilt ebenfalls für den Fall des Verlustes. Infolgedessen kann auch ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer, auf dessen Sichtweise es bei der Auslegung von Versicherungsbestimmungen ankommt (vgl. BGHZ 123, 83), nicht davon ausgehen, Satz 2 von Abs. 7 beziehe sich nur auf Beschädigung und/oder Zerstörung, weil auch Satz 1 nur diese Fälle regele. Vielmehr enthält § 13 Abs. 7 AKB im Gegenteil in seinen Sätzen 1 und 2 generelle Regelungen, wann der Versicherer keinen Ersatz leistet, ohne dass zwischen Verlust, Zerstörung oder Beschädigung differenziert wird. Auch für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer wird mithin bei einer Lektüre von § 13 Abs. 7 S. 2 AKB klar, dass die Mehrwertsteuer auch im Fall des Verlustes nur erstattet wird, wenn sie anfällt.

2. Die Klausel verstößt auch nicht gegen § 307 BGB.

a) Zunächst liegt keine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB vor, weil es ein solches bereits nicht gibt (BGH VersR 2006, 1066). Insbesondere stellen die §§ 249 ff. BGB kein solches gesetzliches Leitbild dar, da sie lediglich Art und Umfang einer Schadensersatzleistung regeln, den Schaden aber nicht definieren. Demgegenüber trifft das VVG eine abweichende Regelung über Art und Umfang der Ersatzleistung. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 VVG ist der Versicherer bei der Schadensversicherung verpflichtet, dem Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalles den dadurch verursachten Vermögensschaden nach Maßgabe des Vertrages zu ersetzen. Art und Umfang des zu ersetzenden Schadens ergeben sich aber erst aus den speziellen Vereinbarungen der Parteien, wie sie hier in § 13 Abs. 7 AKB zum Ausdruck gekommen sind. Hinzu kommt, dass die Regelung des § 13 Abs. 7 S. 2 AKB für den hier zu beurteilenden Fall des Verlustes des Fahrzeugs tatsächlich auch überhaupt nicht von den §§ 249 ff BGB abweicht. Nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB schließt bei der Beschädigung einer Sache der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Zwar findet diese Vorschrift auf § 251 BGB keine Anwendung. Dieser regelt den Schadensersatz in Geld, wenn die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist. In diesen Fällen ist der Wiederbeschaffungswert einschließlich der Mehrwertsteuer zu leisten, unabhängig davon, ob diese angefallen ist oder nicht (Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 251 Rdnr. 10). § 251 BGB findet indessen auf Fälle, in denen nach Zerstörung, wirtschaftlichem Totalschaden oder Sachentziehung die Beschaffung eines gleichartigen und gleichwertigen Fahrzeugs möglich ist, keine Anwendung. Vielmehr handelt es sich insoweit um einen Fall der Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB (BGH NJW 2004, 1943. Palandt-Heinrichs, § 249 Rdnr. 15). Da in diesen Fällen mithin auch § 249 Abs. 2 S. 2 BGB zur Anwendung kommt, erfolgt ein Ersatz der Mehrwertsteuer bei Verlust des Fahrzeugs nur dann, wenn sie angefallen ist.

b) Die Klausel gefährdet auch nicht die Erreichung des Vertragszwecks nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB (BGH VersR 2006, 1066). Dem Versicherungsnehmer bleibt es unbenommen, nach dem Diebstahl des Fahrzeugs eine Ersatzbeschaffung vorzunehmen und die angefallene Mehrwertsteuer vom Versicherer zu verlangen. Unterlässt er dies und rechnet auf fiktiver Basis ab, so ist nicht ersichtlich, warum er auch berechtigt sein sollte, die Mehrwertsteuer zu verlangen, obwohl diese ihm nicht zusteht und ihre fehlende Erstattung bei ihm auch zu keinem Vermögensopfer führt. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Kaskoversicherung ihrer Natur nach ohnehin nicht auf vollen Ersatz des Vermögensschaden ausgerichtet ist, sondern Beschränkungen wie den Ausschluss von Sachfolgeschäden und der Wertminderung sowie die Vereinbarung von Selbstbeteiligungen vorsieht. Infolgedessen ist hier auch ein Ausschluss der fiktiven Abrechnung der Mehrwertsteuer nicht zu beanstanden.

c) Schließlich wird der Versicherungsnehmer durch die fehlende Erstattungsfähigkeit überhaupt nicht angefallener Mehrwertsteuer auch nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB benachteiligt (vgl. auch BGH, a. a. O.). Ist Mehrwertsteuer angefallen, erhält der Versicherungsnehmer sie ersetzt. Ist sie mangels Ersatzbeschaffung nicht entstanden und belastet den Versicherungsnehmer mithin auch nicht, so ist nicht ersichtlich, wieso er durch die Beschränkung des Ersatzes auf den Nettobetrag unangemessen benachteiligt werden sollte.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Gerichtskosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. Anl. 1 zu § 3 Abs. 2 GKG Kostenverzeichnis Nr. 1812. Außergerichtliche Auslagen des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

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