Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 11.01.2006
Aktenzeichen: 9 U 103/05
Rechtsgebiete: AktG, BGB


Vorschriften:

AktG § 37
BGB § 426
Zur Frage von Bereicherungsansprüchen einer Insolvenzschuldnerin bei Zahlungen eines Kreditinstituts an einen Einlageschuldner.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

9 U 103/05

Verkündet am 11. Januar 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... sowie der Richter am Oberlandesgericht ... und ... auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 2005 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 11. Juli 2005 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Mit der Berufung macht der Kläger geltend, das Landgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass es sich bei dem zunächst von der Kreissparkasse G. ... noch im Jahr 1995 gezahlten Betrag in Höhe von 500.000 DM nebst 4 % Zinsen über einen ausschließlich der späteren Insolvenzschuldnerin zugeordneten Teilbetrag des Gesamtanspruchs der Beklagten gegen ihre Einlageschuldnerin und die Kreissparkasse G. ... gehandelt habe. Dieser Betrag habe ausschließlich zum Ausgleich des Schadens gedient, der der Beklagten dadurch entstanden sei, dass der Einlagebetrag der späteren Insolvenzschuldnerin nicht zur Verfügung gestanden habe. Die Kreissparkasse G. ... habe damit die Einlageschuld des Aktionärs erfüllt. Es komme hinzu, dass es an einem gesetzlichen Forderungsübergang des Anspruchs der Aktiengesellschaft gegen den Aktionär fehle, sofern eine Befriedigung durch das gewährleistende Bankinstitut (hier also die Kreissparkasse G. ...) erfolgt sei. Zwar könne sich daraus ergeben, dass bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses zwischen der späteren Insolvenzschuldnerin und der Kreissparkasse G. ... diese von jener im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs Zahlung verlangen könne. Indes sei die Kreissparkasse G. ... nicht berechtigt gewesen, die Zahlung der späteren Insolvenzschuldnerin an die Beklagte zu genehmigen, sodass die Einlageschuldnerin von ihrer im Innenverhältnis zur Kreissparkasse G. ... bestehenden Verpflichtung nicht frei geworden sei. Der Vergleich zwischen der Beklagten und der Kreissparkasse G. ... vor dem Oberlandesgericht Zweibrücken am 18. Juni 1998, der die Anrechnung jedenfalls einer Teilzahlung der späteren Insolvenzschuldnerin in Höhe von 500.000 DM nebst Zinsen zum Gegenstand habe, sei als unzulässiger Vertrag zulasten Dritter, nämlich der späteren Insolvenzschuldnerin, zu qualifizieren; eine Genehmigung der Zahlung der späteren Insolvenzschuldnerin an die Beklagte sei darin nicht zu erblicken.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Hannover vom 11. Juli 2005 die Beklagte zu verurteilen, an ihn 290.034,79 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten daraus vom 23. September 1995 bis Rechtshängigkeit und seit Rechtshängigkeit Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Beklagte sei durch die Zahlung der Kreissparkasse G. ... in Höhe von 500.000 DM nicht rechtsgrundlos bereichert. Eine Gleichstufigkeit der zur Zahlung Verpflichteten liege nicht vor. Sofern man ein echtes Gesamtschuldverhältnis annähme, habe die Kreissparkasse G. ... die Möglichkeit gehabt, die Zahlung der späteren Insolvenzschuldnerin an die Beklagte zu genehmigen, sodass jene im Innenverhältnis zur Kreissparkasse G. ... von der bestehenden Verpflichtung frei geworden wäre. Stünde dem Kläger ein Zahlungsanspruch zu, würde dies im Ergebnis bedeuten, dass sich dieser erneut seiner Zahlungsverpflichtung (für die Insolvenzschuldnerin) hinsichtlich des von ihr zu leistenden Kapitals entziehen könne.

Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Akten LG Frankenthal 5 O 1157/04 sowie 6 O 168/03 lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die Berufung ist unbegründet; zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

1. Ein Bereicherungsanspruch steht dem Kläger gegen die Beklagte nicht zu. Dies gilt auch dann, wenn man mit dem Kläger annehmen will, dass Einlageschuldner und das nach § 37 Abs. 1 Satz 4 AktG haftende Kreditinstitut als Gesamtschuldner (zur gleichrangigen Haftung im Außenverhältnis vgl. BGHZ 113, 355) zu qualifizieren sind. Zwar würde dies bedeuten, dass der Anspruch der Gesellschaft, also der Beklagten, jedenfalls in Höhe von 500.000 DM erloschen ist, als die Kreissparkasse G. ... , nachdem das Urteil des Landgerichts Frankenthal vom 30. November 1993 rechtskräftig geworden ist, eine Zahlung in dieser Höhe am 26. Oktober 1995 erbracht hat. Deshalb könnte sich auch ein Bereicherungsanspruch aufgrund einer Leistungskondiktion (Zahlung auf eine bereits erloschene Verbindlichkeit) ergeben, nachdem die spätere Insolvenzschuldnerin am 25. Juni 1996 die Zahlung - im Übrigen in voller Höhe - erbracht hat, nachdem das Urteil des Landgerichts Berlin vom 2. Dezember 1994 am 7. April 1995 rechtskräftig geworden war.

Indes war bereits zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Zahlung der Kreissparkasse G. ... an die Beklagte ein Erstattungsanspruch der Kreissparkasse G. ... aufgrund des Gesamtschuldverhältnisses zwischen der späteren Insolvenzschuldnerin und der Kreissparkasse G. ... entstanden, da im Innenverhältnis jedenfalls die spätere Insolvenzschuldnerin die Einlage zu erbringen hatte; zudem wäre die ursprünglich seitens der Beklagten gegenüber der späteren Insolvenzschuldnerin bestehende Einlageforderung - jedenfalls in einer Höhe von 500.000 DM - auf die Kreissparkasse G. ... übergegangen (§ 426 Abs. 1 und Abs. 2 BGB). Dieser stand also ein entsprechender Zahlungsanspruch gegen die spätere Insolvenzschuldnerin zu. Nachdem diese ihrerseits ihre Einlage an die Beklagte erbracht hatte, ist diese Zahlung aber im Verhältnis zwischen der Beklagten und der Kreissparkasse G. ... im Laufe des zwischen diesen geführten Prozesses verrechnet worden. Damit sollte gerade verhindert werden, dass die Kreissparkasse G. ... ihrerseits die spätere Insolvenzschuldnerin im Regressweg in Anspruch nimmt, so dass die Beklagte den Wert der von ihr erhaltenen Zahlung bei der Geltendmachung der Ansprüche gegen die Kreissparkasse berücksichtigt hat, dieser also diesen Wert wieder zugeführt hat.

Da nämlich im weiteren Verfahren zwischen der Beklagten und der Kreissparkasse G. ... , in dem zunächst am 24. Januar 1996 ein Urteil des Landgerichts Frankenthal ergangen war, im Berufungsverfahren, nämlich am 9. Oktober 1997, eine Erledigung in Höhe von 660.000 DM erklärt worden ist und der Klägervertreter - im Einverständnis mit der Beklagten - am 26. März 1998 die bereits erbrachte Zahlung von 500.000 DM sowie im Übrigen auch die seitens der späteren Insolvenzschuldnerin insgesamt erbrachte Zahlung an die Beklagte in Höhe von 660.000 DM von der Forderung der Beklagten gegen die Kreissparkasse G. ... abgesetzt hat, hat sich auch die Beklagte jenes Verfahrens, also die Kreissparkasse G. ... , jedenfalls damit einverstanden erklärt, dass sie diesen Betrag von der späteren Insolvenzschuldnerin nicht mehr verlangt, da sie ihrerseits auch von der Beklagten in Höhe dieses Betrages nicht mehr in Anspruch genommen wird.

Damit hat die Beklagte als Dritte im Sinn des § 267 BGB eine Leistung erbracht, die die spätere Insolvenzschuldnerin - im "Valutaverhältnis" - der Kreissparkasse G. ... schuldete. Diese Zahlung beruhte - im "Deckungsverhältnis" - auf der Verpflichtung der Beklagten aus Bereicherungsrecht der späteren Insolvenzschuldnerin gegenüber. Diese Drittzahlung - mit der Erfüllungswirkung auch ihr gegenüber - durfte die spätere Insolvenzschuldnerin auch nicht ablehnen. Denn sie war ohnehin gehalten, einen möglicherweise an sie seitens der Beklagten ausgekehrten Betrag an die Kreissparkasse G. ... weiterzuleiten, so dass eine Ablehnung der mit Tilgungswirkung erbrachten Leistung der Beklagten als treuwidrig zu qualifizieren ist. Da die Verrechnungsvereinbarungen der Beklagten und der Kreissparkasse G. ... zudem vor der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der späteren Insolvenzschuldnerin abgegeben worden sind, die am 23. Juli 1998 erfolgte, bestehen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Erklärungen auch im Hinblick auf die Tilgung der Schuld der Beklagten der späteren Insolvenzschuldnerin gegenüber, so dass ein Rückforderungsanspruch nicht mehr besteht.

Hinsichtlich des restlichen Teils der Zahlung (bis zur Gesamtsumme der Einlage in einer Höhe von 660.000 DM) bestand weiterhin ein Anspruch der Beklagten gegenüber ihrer Einlageschuldnerin, also der späteren Insolvenzschuldnerin, sodass diese insofern am 25. Juni 1996 bereits mit Rechtsgrund geleistet hat, da sich auf diesen Betrag die von der Kreissparkasse G. ... am 26. Oktober 1995 gezahlte Summe in Höhe von 500.000 DM von vornherein nicht bezog. Auf die spätere Berücksichtigung im Verfahren zwischen der Beklagten und der Kreissparkasse G. ... und den am 18. Juni 1998 vor dem Oberlandesgericht Zweibrücken zwischen diesen Parteien abgeschlossen Vergleich kommt es deshalb nicht mehr an.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück