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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 11.01.2006
Aktenzeichen: 9 U 134/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 738
Zu den Kosten der Erstellung einer Abschichtungsbilanz bei Unterbeteiligungsverhältnissen.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

9 U 134/05

Verkündet am 11. Januar 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... sowie der Richter am Oberlandesgericht ... und ... auf die mündliche Verhandlung vom 21. Dezember 2005 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28. Juli 2005 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Berufung ist begründet.

I.

Zwar steht der Klägerin ein Anspruch gegen die Beklagten zu, die Mitwirkungshandlungen vorzunehmen, die für eine Bilanzerstellung erforderlich sind, namentlich bei der von einem durch die Industrie und Handelskammer ... bestellten Wirtschaftsprüfer zu erstellenden Auseinandersetzungsbilanz unterstützend tätig zu werden (1.). Die Beklagten sind aber nicht verpflichtet, die Kosten einer solchen Bilanz zu tragen (2.).

1. Die Beklagten sind zur Vornahme von Mitwirkungshandlungen verpflichtet. Zwar sind sie nicht unmittelbar in das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und ihrer Vertragspartnerin, Frau D., mit einbezogen, da die Klägerin Frau D.

keine Unterbeteiligung an von ihr gehaltenen Kommanditeinlagen der Beklagten zu 1 oder Geschäftsanteilen der Beklagten zu 2 eingeräumt hat, sondern an ihren Unter Beteiligungen an den Kommanditeinlagen der Kommanditisten der Beklagten zu 1 bzw. an den Geschäftsanteilen der Gesellschafter der Beklagten zu 2. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Klägerin ihrerseits aufgrund des Unterbeteiligungsvertrages vom 6. Februar 1992 Unterbeteiligungen an den Kommanditeinlagen und den Geschäftsanteilen der "Hauptgesellschafter", der Herren S., R. und K., erworben hat (Einleitung zum Vertrag vom 6. Februar 1992), aber Rechte der Klägerin zu den Gesellschaften selbst nicht begründet werden sollten, sondern nur zu den Hauptgesellschaftern (§ 1 Abs. 1 des Vertrages vom 6. Februar 1992). Die Beklagten haben jedoch deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie sich insofern wie ihre Hauptgesellschafter behandeln lassen wollen. Sie haben ihre Pflicht zur Mitwirkung an der Bilanzerstellung in diesem Rechtsstreit nicht in Abrede genommen und bereits mit der Klageerwiderung deutlich gemacht (dort S. 2), dass ihre Bereitschaft bestehe, an der Erstellung einer weiteren Abschichtungsbilanz mitzuwirken. Dies wiederum korrespondiert mit dem vorprozessualen Schreiben durch Rechtsanwalt Dr. T. an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 4. April 2005 (Anlage K 2).

Diese Mitwirkungspflicht besteht auch zu dem Zweck, die Höhe eines Anspruchs von Frau D. zu ermitteln. Dies ergibt sich daraus, dass die Klägerin - neben den Herren M. und V. sowie Frau S. - durch Vertrag vom 6. Februar 1992 eine Hauptbeteiligung von den Gesellschaftern der Beklagten erworben hat und zum einen nach § 8 dieses Vertrages eine "Weitergabe" der Rechtsposition der Klägerin (hier bezeichnet als "Abtretung", "Bestellung eines Nießbrauchs, eines Pfandrechts oder sonstigen Rechts") zulässig sein sollte, sofern die entsprechende "Anwendung der Bestimmungen des § 18 des KG-Vertrages und des GmbH-Vertrages" sichergestellt war, zum anderen die durch die Klägerin Frau D. gewährte Unterbeteiligung "genehmigt" worden ist (§ 8 Abs. 3 des Vertrages). Schließlich verweist § 8 des zwischen der Klägerin und Frau D. am 2. Januar 1992 geschlossenen - und von den Hauptgesellschaftern der Beklagten genehmigten - "Vertrages über die Errichtung einer atypischen Unterbeteiligung" hinsichtlich der Abfindung der "Unter-Unterbeteiligten" D. auf den Wert des Anteils (etwa hinsichtlich der stillen Reserven), "der dem Anteil an den stillen Reserven der Hauptgesellschaft, auf die die Hauptunterbeteiligte (also die Klägerin) bei ihrem Ausscheiden aus der Hauptgesellschaft im Zeitpunkt der Beendigung der Unterbeteiligung Anspruch hätte, entspricht" (§ 8 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 des Vertrages vom 2. Januar 1992).

Dieser Anspruch besteht auch weiterhin; er ist nicht schon dadurch erloschen, dass die Beklagte zu 1 bereits Mitwirkungsverhandlungen vorgenommen hat. Die Beklagten sind nämlich auch gehalten, einem von der Industrie und Handelskammer ... bestellten Wirtschaftsprüfer diese Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Zwar ist von einem solchen Verfahren im zwischen der Klägerin und Frau D. am 2. Januar 1992 geschlossenen Vertrag nicht unmittelbar die Rede. § 12 Abs. 3 dieses Vertrages enthält jedoch eine "Harmonisierungsklausel", indem eine nötige Anpassung an diejenigen Regeln vorgesehen ist, die für die Hauptgesellschaft gelten. Dieser Anpassungsbedarf liegt dann vor, wenn ein "Widerspruch" zwischen den "Rechten und Pflichten der Hauptunterbeteiligten (also der Klägerin) aus ihrer Beteiligung an der Hauptgesellschaft und den Bestimmungen des Unterbeteiligungsvertrages bestehen oder entstehen" sollte. Ein solcher Widerspruch ist vorhanden, da der Unterbeteiligungsvertrag vom 2. Januar 1992 hinsichtlich eines "neutralen" Gutachtens keine Regelung enthält, während der Hauptbeteiligungsvertrag vom 6. Februar 1992 in § 5 Abs. 1 Satz 3 bestimmt, dass für die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens des Unterbeteiligten (also der Klägerin) die Abschichtungsbilanz der Hauptgesellschaften maßgebend ist, die nach den Bestimmungen dieser Gesellschaften aufzustellen sind. Ebenso wird für die Einzelheiten über das Auseinandersetzungsguthaben in § 5 Abs. 2 des Vertrages vom 06.02.1992 auf § 19 des KG-Vertrages verwiesen. Diese Vorschrift wiederum sieht in ihrem Abs. 2 vor: "Die Abschichtungsbilanz ist von der Geschäftsführung nach den Grundsätzen und Formen des § 8 aufzustellen und festzustellen. Widerspricht der ausgeschiedene Gesellschafter dem Ergebnis der Abschichtungsbilanz, so erfolgt deren Feststellung - und damit die Höhe des Auseinandersetzungsguthabens - endgültig durch einen Wirtschaftsprüfer, der auf Antrag der Geschäftsführung von der Industrie und Handelskammer ... benannt wird." § 14 der Satzung der GmbH enthält eine vergleichbare Regelung. Für die Ansprüche der Klägerin gegen ihre Vertragspartner würden also die Regelungen der Gesellschaftsverträge der Beklagten gelten, sodass die dort fixierten verfahrensrechtlichen Vorschriften, also auch die Einholung eines von der Industrie und Handelskammer zu benennenden Wirtschaftsprüfers, ebenfalls - über § 12 Abs. 3 des Vertrages vom 2. Januar 1992 - für das Verhältnis zwischen der Klägerin und ihrer Vertragspartnerin D. gelten. Ohne Mitwirkung der Beklagten wäre dieses Verfahren nicht durchzuführen. Zwar führt dies noch nicht zwangsläufig zu einer Pflicht der außerhalb des Vertragsverhältnisses zwischen der Klägerin und Frau D. stehenden Beklagten. Indes ist der Vertrag zwischen der Klägerin und Frau D. durch den Vertrag vom 6. Februar 1992 genehmigt worden, den die Gesellschafter abgeschlossen haben (§ 8). Da der Regelungsmechanismus der Verträge, also auch die Harmonisierungsklausel, bekannt war, wussten also die Gesellschafter, dass eine Mitwirkung bei einer im Verhältnis zwischen der Klägerin und Frau D. erforderlichen Auseinandersetzungsbilanz notwendig sein würde.

2. Aus dem Umstand, dass eine Mitwirkung der Beklagten erforderlich ist, ergibt sich allerdings nicht schon, dass diese auch die Kosten der Erstellung einer solchen "zweiten" Auseinandersetzungsbilanz zu tragen haben. Wenn auch durch die Klausel in § 12 Abs. 3 des Vertrages vom 2. Januar 1992 nicht nur die materiellrechtlichen Regelungen der Gesellschaftsverträge der Beklagten für das Verhältnis zwischen der Unter-Unterbeteiligten und der Unterbeteiligten maßgeblich sein sollen, sondern auch die verfahrensrechtlichen Regelungen, wie der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 4. November 2002 angenommen hat, besagt dies noch nichts für die Frage der Kostentragung. Denn die Verweisung erschöpft sich darin, die Rechtsbeziehungen zwischen den Vertragspartnern festzulegen, indem Regelungen übertragen werden, die in anderen Vertragsverhältnissen maßgeblich sind. Damit aber wird indes nur der jeweilige Vertragspartner Schuldner einer Verpflichtung, die sein Oberbeteiligter auch ihm gegenüber hätte. Ebenso wie durch die Verweisung die Beklagten - bzw. deren Hauptgesellschafter - nicht etwa Schuldner des Abfindungsanspruchs selbst werden, kann auch nicht angenommen werden, dass sie die Kosten der Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz zu tragen haben. Denn in den Vertragsverhältnissen sollen nur die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien ausgestaltet werden; von einer Begründung von Pflichten außerhalb des Vertragsverhältnis stehender Dritter ist nicht die Rede. Die Kosten treffen damit (jeweils) den unmittelbaren Abfindungsschuldner, hier also die Klägerin im Verhältnis zu Frau D.. Ein anderes Verständnis würde zu einer in den jeweiligen Verträgen nicht angelegten Haftungserweiterung der Beklagten führen, ohne dass diese darüber disponieren könnten. Hätte etwa die Unter-Unterbeteiligte D. ihrerseits einen weiteren Unterbeteiligungsvertrag mit einer dritten Person abgeschlossen, dessen Regeln sich nach dem Vertrag vom 2. Januar 1992 - und damit letztlich hinsichtlich der Abfindungsberechnung auch wieder nach den Gesellschaftsverträgen der Beklagten - richteten, so änderte dies nichts daran, dass eine solche Abfindungsbilanz auf Kosten von Frau D. zu erstellen wäre, nicht auf Kosten der Beklagten oder deren Hauptgesellschaftern, die anderenfalls mit einem nicht überschaubaren Risiko des Ausscheidens einer nicht bekannten Anzahl von Unter-Unterbeteiligten belastet werden würde. Zu Recht machen deshalb die Beklagten geltend, dass ein anderes Verständnis des Vertragsverhältnisses zwischen der Klägerin und Frau D. einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter darstellen würde. Zwar schließt sich der Senat den Erwägungen des Landgerichts an, die Vertragsschließenden hätten durch den Unterbeteiligungsvertrag vom 6. Februar 1992 eine Neuordnung ihrer Beteiligungsverhältnisse vorgenommen und eine Lösung zur Entscheidungsfindung innerhalb der Gesellschaften gewählt, die faktisch die Macht der Entscheidung (auch) in die Hände der Unterbeteiligten gelegt habe (S. 4 des Urteils). Dieser Gesichtspunkt würde allerdings nur bedeutsam sein für das Verhältnis der Klägerin gegenüber ihren Vertragspartnern, also den Hauptgesellschaftern, und möglicherweise dann auch ausstrahlen auf die Qualität von Rechten der Klägerin gegenüber den Beklagten, zu denen sie am 06.02.1992 jedenfalls nicht in eine unmittelbare vertragliche Beziehung getreten ist. Die Beendigung der Unterbeteiligung der Klägerin und daraus resultierende Ansprüche ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Der Genehmigung des zwischen der Klägerin und Frau D. am 02.01.1992 geschlossenen Vertrages in § 8 Abs. 3 des Vertrages vom 6. Februar 1992 kann nichts anderes entnommen werden; eine ausdrückliche Übernahme der Kosten ist hier nicht erwähnt. Da der Vertrag vom 2. Januar 1992 aber nur Rechte zwischen der Klägerin und Frau D. regelt, kommt der Genehmigung keine eigenständige Bedeutung zu. Damit ergibt sich auch kein Widerspruch zu der bereits erörterten Frage der Verpflichtung der Beklagten, an der Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz mitzuwirken. Denn eine solche Mitwirkung schulden die Beklagten, die sich ersichtlich wie ihre Hauptgesellschafter behandeln lassen wollen, schon wegen des in § 8 des Vertrages vom 06.02.1992 der Klägerin als unmittelbarer Vertragspartnerin eingeräumten Rechts, die Beteiligung weiterzureichen unter Anwendung der Bestimmungen des § 18 des KG-Vertrages, wobei dieser gerade eine Zustimmungspflicht für die Übertragung an Dritte (auch die Einräumung einer Unterbeteiligung gilt als "Übertragung", § 18 Abs. 3 des KG-Vertrages) vorsieht. Dies ist nur möglich, wenn die Beklagten Informationen zur Verfügung stellen; andererseits wäre die Durchführung dieser vertraglichen Regelung unmöglich, was nicht angenommen werden kann. Dieser Gesichtspunkt gilt allerdings nicht, wenn lediglich der Hauptunterbeteiligte mit den entsprechenden Kosten gegenüber dem Unter-Unterbeteiligten belastet wird.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Zwar ist der Klageantrag - und ihm folgend die Verurteilung durch das Landgericht - auf die Vorlage einer auf Kosten der Beklagten erstellten Auseinandersetzungsbilanz (Abschichtungsbilanz) für ihr Unternehmen mit dem Stichtag zum 31. Dezember 1995 gerichtet, sodass die Beklagten - bei formaler Betrachtung - einerseits diese Bilanz "vorlegen" sollen, andererseits die Kosten des Sachverständigen zu tragen haben. Die Beklagten wehren sich aber mit ihrem - pauschal gestellten - Klagabweisungsantrag nur scheinbar gegen die Pflicht zur Mitwirkung an der Bilanzerstellung. Wie bereits erörtert haben die Beklagten die Bereitschaft zur Vornahme von Mitwirkungshandlungen - nicht erst im gerichtlichen Verfahren - deutlich zum Ausdruck gebracht. Im Hinblick auf diesen Umstand, den die Klägerin selbst mit der Klageschrift vorgetragen hat, erscheint unter Berücksichtigung der bereits vorprozessual zum Ausdruck gebrachten Auffassungen der Parteien vom eigentlichen Ziel der Klägerin (Kostenlast der Beklagten) und der Mitwirkungsbereitschaft der Beklagten eine Aufspaltung des Klagantrags in zwei Bestandteile, nämlich die "Vorlage" (im Sinne einer Vornahme von Mitwirkungshandlungen) einerseits und die Übernahme der Kosten andererseits, nicht angängig.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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