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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 29.12.2000
Aktenzeichen: 9 U 169/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
Ist in einem Teilungsabkommen festgelegt, dass für seine Anwendbarkeit 'objektiv die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Haftpflichtigen gegeben ist', so muss mit Ausnahme der Fälle offensichtlich fehldenden Kausalzusammenhangs die Kausalität zwischen einer Handlung des Versicherten und dem eingetretenen Schaden nicht feststehen.
9 U 169/00

Verkündet am 29. Dezember 2000

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### sowie die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 29. Juni 2000 verkündete Urteil des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Wert der Beschwer für den Beklagten: 60.000 DM.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat aus weitgehend zutreffenden Gründen der Klägerin den geltend gemachten Betrag in Höhe von 60.000 DM auf der Grundlage des zwischen den Parteien im Juli 1982 geschlossenen Teilungsabkommens zuerkannt. Unter Berücksichtigung des Berufungsvortrages ist Folgendes zu ergänzen:

Rechtsstreitigkeiten wie die vorliegende sollen durch Teilungsabkommen gerade vermieden werden. Teilungsabkommen sollen zu unmittelbarer Schadensabwicklung zwischen Haftpflichtversicherer und Sozialversicherungsträger führen (vgl. BGH LM Teilungsabkommen Nr. 1 - Urteil vom 29. September 1960). Sie verfolgen den Zweck, die Kosten einer gerichtlichen oder außergerichtlichen Prüfung der Haftpflichtfrage einschließlich des Streit- und Arbeitsaufwandes zum Zweck eines aus tatsächlichen Gründen oft zweifelhaften Rückgriffs durch schlichte Teilung der Aufwendungen zur Schadensbeseitigung zu vermeiden. Sie beziehen ihre wirtschaftliche Rechtfertigung aus dem Umstand, dass die der Zahlungspflicht und den damit korrespondierenden Anspruchsverzicht zu Grunde liegende Quote auf allgemeinen Erfahrungswerten beruht und über das Gesetz der großen Zahl für beide Abkommenspartner zum Ausgleich der Vor- und Nachteile führt (BGH NJW 1978, 2506; BGH MDR 1986, 295 f.). Bei der Auslegung eines Teilungsabkommens ist daher grundsätzlich von dieser Zielrichtung der Teilungsabkommen auszugehen.

Ist in einem Teilungsabkommen - wie hier - festgelegt, dass für seine Anwendbarkeit 'objektiv die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Haftpflichtigen gegeben ist', so ist dies schon dann der Fall, wenn nach der Lebenserfahrung die Möglichkeit besteht, dass - auch unbegründete - Haftpflichtansprüche gegen den Haftpflichtversicherten aus Anlass des Schadensereignisses erhoben werden (BGH VersR 1983, 26 f.).

Entgegen der Auffassung der Berufung hängt die Entscheidung nicht davon ab, dass der Beweis für die Kausalität zwischen einer Handlung des bei dem Beklagten Versicherten und dem eingetretenen Schaden geführt wird. Denn der Beklagte hat in dem Teilungsabkommen auf die Prüfung der Haftungsfrage gerade verzichtet. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (BGH a. a. O.) kommt es bei einem solchen Verzicht für die Prüfung, ob das Teilungsabkommen anzuwenden ist, generell nur auf den inneren Zusammenhang zwischen dem Schadensereignis und dem versicherten Wagnis an. Dabei gelangt das Teilungsabkommen auch dann zur Anwendung, wenn der Verursacher des Schadens nicht unstreitig feststeht. Durch den in dem Teilungsabkommen enthaltenen Verzicht ist die Prüfung der Haftungsfrage grundsätzlich ausgeschlossen (BGH VersR 1983, 26 f.). Eine an sich mögliche Begrenzung des Verzichts auf die Prüfung bestimmter Elemente des Haftungsgrundes haben die Parteien im vorliegenden Fall nicht vorgenommen. Das Teilungsabkommen ist daher - wie dies auch das Landgericht getan hat - nach seinem Sinn und Zweck dahin auszulegen, dass es nur auf solche Fälle nicht anzuwenden ist, in denen es offensichtlich an einem erkennbaren Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und dem Handeln oder Unterassen des in Anspruch genommenen fehlt, also in Fällen, die nur rein äußerlich mit dem versicherten Wagnis zusammenhängen.

Daraus ergibt sich, dass wegen des Verzichts auf die Prüfung der Haftungsfrage auch nicht zu prüfen ist, ob tatsächlich der Haftpflichtversicherte den Schaden verursacht hat. Jede andere Auslegung des Teilungsabkommens würde seinem Sinn und Zweck widersprechen, weil sie zu einer Prüfung der Haftungsfrage führen müsste. Es genügt somit als allgemeine Voraussetzung für die Anwendbarkeit des zwischen den Parteien im Juli 1982 getroffenen Teilungsabkommens, das objektiv die Möglichkeit einer Inanspruchnahme des Haftpflichtversicherten gegeben ist. Dies ist aber schon dann der Fall, wenn nach der Lebenserfahrung die Möglichkeit besteht, dass Haftpflichtansprüche gegen den Haftpflichtversicherten aus Anlass des Schadensereignisses erhoben werden.

Davon ist vorliegend auszugehen, weil nach dem Ergebnis der vor dem Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme feststeht, dass die Versicherungsnehmerin des Beklagten, die Firma #######, die Baustelle bereits übernommen und dort Baumaterialien gelagert hatte. Dann aber besteht zumindest die - wegen des Teilungsabkommens ausreichende - Möglichkeit, dass die Versicherungsnehmerin des Beklagten für die Unfallstelle verkehrssicherungspflichtig war. Hingegen kann der Beklagte mit seinem Vorbringen, es sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bewiesen, dass ein Kausalzusammenhang besteht, keinen Erfolg haben kann, weil es hierauf nicht ankommt. Ob das eine Unfallgefahr begründende Loch im Dach von der Firma ####### zu sichern war, die eine Folienabdichtung auf der gesamten Dachfläche anzubringen hatte, oder ob dazu die Firma ####### verpflichtet war, die offenbar die Trapezbleche auf dem Dach verlegt hat, hängt von der Regelung der konkreten Arbeitsabläufe, u. U. auch von Absprachen der beteiligten Unternehmer ab, die im Hinblick auf den Zweck des Abkommens nicht aufzuklären waren.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1; 708 Nr. 10, 713; 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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