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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 13.12.2006
Aktenzeichen: 9 W 109/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 116 S. 1 Nr. 1
1. Bei der Entscheidung der Frage, ob Gläubiger der Insolvenzmasse als "wirtschaftlich Beteiligte" i. S. d. § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO einen Prozesskostenvorschuss zu leisten haben, ist der zu erwartende Nutzen im Rahmen der "wertenden Abwägung aller Einzelumstände" jedenfalls dann besonders zu berücksichtigen, wenn die Gläubiger im Fall des Obsiegens mit einer vollständigen Befriedigung ihrer Forderungen rechnen können.

2. Hinsichtlich des für die Frage der Zumutbarkeit bedeutsamen "Koordinierungsaufwandes" kann entscheidend sein, dass den Gläubigern bei ihrer Abwägung gerade die Chance der vollständigen Realisierung vor Augen steht. Zudem spricht es gegen das Vorliegen besonderer Abstimmungsprobleme, wenn es sich bei den vorschusspflichtigen Gläubigern um öffentlichrechtliche Körperschaften oder größere Unternehmen handelt.


9 W 109/06

Beschluss

In der Beschwerdesache

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... sowie der Richter am Oberlandesgericht ... und ... am 13. Dezember 2006 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 17. November 2006 gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet; zu Recht hat das Landgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

Der Antragsteller ist nicht prozesskostenhilfebedürftig, weil den an dem Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten - hier einem Teil der Insolvenzgläubiger - gem. § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO eine Vorschusszahlung zuzumuten ist. Zunächst ist dem Antragsteller insofern zuzustimmen, als die in der Anmeldung unter Nr. 20 aufgeführte " ... kasse" nicht vorschusspflichtig ist. Dies gilt allerdings nach ständiger Rechtsprechung nicht für die unter Nr. 16 der Anmeldung aufgeführte Stadt ... ; der Steuerfiskus - hier wird ein Anspruch auf Vergnügungssteuer geltend gemacht - ist vorschusspflichtig. Insofern ist die vom Antragsteller mitgeteilte Gegenüberstellung (S. 4 der Beschwerdebegründung) zu korrigieren, sodass für eine Vorschusszahlung die Gläubiger zu 4, 5, 16 und 22 in Betracht kommen, wobei allerdings auf die Gläubigerin zu Nr. 22, die Volksbank ... e. G., nicht lediglich 10.750,08 EUR entfallen, wie aus der Anmeldung ersichtlich ist; insofern wird nämlich (Nr. 23) eine weitere Forderung in Höhe von 1.980,48 EUR geltend gemacht, sodass insgesamt auf diese Gläubigerin eine Forderung in Höhe von 12.730,54 EUR entfällt. Damit ergibt sich eine Gesamtsumme von Forderungen in Höhe von 60.098,45 EUR, von denen auf den Gläubiger zu Nr. 4 auf den Prozesskostenvorschuss, den der Antragsteller mit 17.579,60 EUR angibt, ein Anteil von 14,7 % entfällt, auf die Gläubigerin zu Nr. 5 ein Anteil von 30,8 %, auf die Gläubigerin zu Nr. 16 ein Anteil von 33,3 % sowie auf die Gläubigerin zu Nr. 22 ein Anteil von 21,2 %.

Dies bedeutet Prozesskostenvorschüsse für den Gläubiger zu Nr. 4 in Höhe von 2.584,20 EUR, für die Gläubigerin zu Nr. 5 in Höhe von 5.414,52 EUR, auf die Gläubigerin zu Nr. 16 in Höhe von 5.854 EUR sowie auf die Volksbank ... e. G. als Gläubigerin Nr. 22/23 der Betrag von 3.726,88 EUR. Die Gläubiger müssen demnach etwas mehr als 29 % des jeweils von ihnen verfolgten Anspruchs aufwenden, um allerdings - wie der Antragsteller selbst vorträgt - bei erfolgreichem Prozess mit einer sogar vollständigen Befriedigung ihrer Forderungen rechnen zu können.

Im Hinblick auf diese Verbesserung der Durchsetzung ihrer Ansprüche erscheint ein Prozesskostenhilfevorschuss zumutbar. Dies gilt auch - und gerade - unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 6. März 2006, der darauf abgestellt hat, ob für den Gläubiger der zu erwartende Nutzen des Vorschusses bei einem Erfolg der Rechtsverfolgung voraussichtlich deutlich größer sein wird. Der Senat hat die vom Bundesgerichtshof geforderte "wertende Abwägung aller Einzelumstände" vorgenommen. Hierbei ist nicht nur die voraussichtlich vollständige Befriedigung der Forderungen maßgeblich, sondern auch der Umstand, dass der "Koordinierungsaufwand" voraussichtlich kaum besonders hoch sein wird, weil den Gläubigern bei ihrer Abwägung gerade die Chance der vollständigen Realisierung vor Augen stehen wird, zum anderen besondere Abstimmungsprobleme bei der Stadt ... als öffentlichrechtlicher Körperschaft und der Volksbank ... e. G. als größerem Kreditunternehmen nicht zu gewärtigen sind, und es sich schließlich lediglich um vier Gläubiger handelt, deren Vorschüsse aufeinander abzustimmen sind. Angesichts der vom Antragsteller mitgeteilten Zahlen gilt dies sogar dann, wenn die beabsichtigte Klage nicht vollumfänglich Erfolg haben würde.

Ende der Entscheidung

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