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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 01.12.2006
Aktenzeichen: 9 W 91/06
Rechtsgebiete: HGB, GmbHG


Vorschriften:

HGB § 13b Abs. 3
HGB § 13d
HGB § 13d Abs. 3
HGB § 13e
HGB § 13e Abs. 2 Satz 2
HGB § 13g
HGB § 15
GmbHG § 8 Abs. 1 Nr. 6
1. Auch bei der Eintragung der Zweigniederlassung einer private limited company erstreckt sich die Prüfungskompetenz des Registergerichts auf die Frage, ob deren Tätigkeit im Inland genehmigungspflichtig ist.

2. Der Unternehmensgegenstand muss hinreichend individualisiert angegeben werden; die "Abwicklung von Geschäften als allgemein kommerzielles Unternehmen" reicht dafür nicht aus.

3. Soweit eine alleinige Vertretungsberechtigung eines director angemeldet wird, muss angegeben werden, ob dieser nur derzeit alleinvertretungsberechtigt sein soll, weil kein weiterer Geschäftsführer bestellt ist (abstrakte Vertretungsberechtigung), oder ob die Vertretungsberechtigung aufgrund eines besonderen Gesellschafterbeschlusses bestehen soll (konkrete Vertretungsberechtigung).


9 W 91/06

Beschluss

In der Handelsregistersache

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... sowie die Richter am Oberlandesgericht ... und ... am 1. Dezember 2006 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde vom 23. Oktober gegen den Beschluss des Landgerichtes Hildesheim vom 4. Oktober 2006 wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.

Wert des Beschwerdeverfahrens: 3.000,00 EUR.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Registergericht die Eintragung verweigert.

1. Die Anmeldung und Eintragung der Gesellschaft bestimmen sich nach §§ 13d, 13e, 13g HGB; es ist davon auszugehen, dass die englische "private limited company" mit der deutschen GmbH vergleichbar ist (vgl. etwa Klose-Mokroß, DStR 2005, 971, 972). Damit bezieht sich die Prüfungskompetenz des Registergerichts bei Eintragung einer Limited auf alle Eintragungsvoraussetzungen, auch soweit sie ausländisches Recht betreffen. Für die Zweigniederlassung gilt die Registerpublizität des § 15 HGB, wofür die Eintragungen und Bekanntmachungen durch das Gericht der Zweigniederlassung maßgebend sind (Klose-Mokroß, DStR 2005, 971, 972).

Für die Anmeldung der Firma muss grundsätzlich der Gegenstand der Zweigniederlassung angegeben werden (§ 13e Abs. 2 Satz 3 HGB). Dieser ist anschließend auch ins Handelsregister einzutragen und im Bundesanzeiger sowie im Amtsblatt zu publizieren (§ 13 g Abs. 3 HGB). Ob dies hinsichtlich der Eintragung uneingeschränkt gilt, bedarf keiner Entscheidung, liegt aber nahe. Das Registergericht hat jedoch zu prüfen, ob der Gegenstand der Zweigniederlassung im Inland genehmigungspflichtig ist (§ 13e Abs. 2 Satz 2 HGB). Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach öffentlichrechtlichen Vorschriften. Dabei kommt es auf die konkrete Tätigkeit an (Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., § 8 Rn. 7). Bei begründeten Zweifeln kann das Registergericht die Vorlage eines Negativ-Attestes verlangen (BayObLG GmbHR 1979, 224; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 8 Rn. 7). Der Senat ist im Gegensatz zu kritischen Stimmen in der Literatur (vgl. etwa Wachter, MDR 2004, 611, 616; Werner, GmbHR 2005, 288, 291) nicht der Auffassung, dass § 13e Abs. 2 Satz 2 HGB gegen die Zweigniederlassungsrichtlinie verstößt, in der eine Pflicht zur Vorlage einer Genehmigung nicht erwähnt ist.

Die Richtlinie soll nämlich ihrem Zweck nach öffentlichrechtliche Genehmigungspflichten nicht verhindern, sondern regeln, in welchem Umfang Offenlegungen von Urkunden und Angaben von den registerführenden Stellen der einzelnen Mitgliedsstaaten verlangt werden können (Klose-Mokroß, DStR 2005, 971, 975), weshalb teilweise angenommen wird, dass Vorschriften europarechtskonform dahingehend ausgelegt werden müssen, dass der Gegenstand der Zweigniederlassung in das Handelsregister einzutragen ist, da Art. 2 Abs. 1 b der Zweigniederlassungsrichtlinie lediglich die Offenlegung der Tätigkeit der Zweigniederlassung verlangt (OLG Frankfurt, 20 W 315/05). Die Limited darf nicht dazu benutzt werden, den deutschen Genehmigungserfordernissen zu entgehen. Zudem wird auch von Vertretern der Ansicht, die Zweigniederlassungsrichtlinie sei abschließend und § 13e Abs. 2 Satz 2 HGB sei nicht anzuwenden, zugegeben, der Gesellschaft dürfe die Eintragung versagt werden, wenn eine Missbrauchskonstellation vorliege. Auch der Gesetzgeber ging bei der Umsetzung der Zweigniederlassungsrichtlinie ohne weiteres davon aus, dass die bisher geltenden Erfordernisse des § 8 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG i. V. m. § 13 b Abs. 3 HGB a. F. in die Neuregelung zu übernehmen seien (BT-Drs. 12/3908, S. 15 f.; zur Angabe des Geschäftsgegenstandes der Zweigniederlassung auch LG Bielefeld, GmbHR 2005, 98, 99).

Anhand des Unternehmensgegenstandes der Beschwerdeführerin lässt sich eine Prüfung der Genehmigungsbedürftigkeit jedoch nicht vornehmen, da dieser Gegenstand unzureichend konkretisiert ist. Die ungenügende Individualisierung des Unternehmensgegenstandes ist Eintragungshindernis nach deutschem Recht (Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 3 Rn.12). Für die Individualisierung des Unternehmensgegenstandes muss zumindest der Schwerpunkt der Tätigkeit der Gesellschaft für die Beteiligten aus den Angaben im Gesellschaftsvertrag erkennbar sein (BGH, WM 1981, 163). Die Angaben müssen dabei so konkret sein, dass die interessierten Verkehrskreise aus der Satzung ablesen können, in welchem Geschäftszweig (Branche) und in welcher Weise sich die Gesellschaft (hier: mit ihrer Zweigniederlassung) betätigen will (Emmerich, in: Scholz, GmbHG, 9. Aufl., § 3 Rn. 13). Beides ist hier nicht zu erkennen. Der Unternehmensgegenstand als "Abwicklung von Geschäften als allgemeines kommerzielles Unternehmen" lässt nicht auf einen bestimmten Geschäftszweig deuten. Es ist nicht ersichtlich, ob dieser Gegenstand einer Genehmigungspflicht unterliegt. Auch die weitere Konkretisierung "die Abwicklung anderer Geschäftstätigkeiten oder Handlungen, die von den Geschäftsführern und/oder der Gesellschafterversammlung als für die Gesellschaft als vorteilhaft erachtet werden und jedwede Maßnahme, die direkt oder indirekt der Realisierung der Ziele und dem Vorteil der Gesellschaft dienen", ist im Hinblick auf § 13 d Abs. 3 HGB nicht ausreichend. Eine Branche lässt sich nicht erkennen. Für einen interessierten Dritten ist nicht ersichtlich, in welchem Tätigkeitsfeld die Zweigniederlassung der Beschwerdeführerin tätigaktiv wird.

2. Die Angabe in der Anmeldung "Zur alleinigen Vertretung ist berechtigt der Direktor, Frau C. P." lässt nicht erkennen, welche Vertretungsregelung vorliegt. Bei der Anmeldung müssen die Vertreter der ausländischen Gesellschaft nebst deren Vertretungsbefugnissen angegeben werden (§ 13g Abs. 2 HGB i. V. m. § 8 Abs. 4 GmbHG). Dabei werden wie bei der deutschen GmbH sowohl die abstrakten als auch die konkreten Vertretungsbefugnisse eingetragen. Für die abstrakten Vertretungsverhältnisse bei einer Limited ist die Satzung maßgebend, in der niedergelegt wird, wie viele Geschäftsführer die Gesellschaft haben darf, und ob Einzel oder Gesamtvertretungsmacht besteht. Ohne anderslautende Regelung sind mehrere Geschäftsführer nur gesamtvertretungsberechtigt (vgl. Klose-Mokroß, DStR 2005, 1013, 1013). Allerdings kann auch einzelnen Personen konkretes Einzelvertretungsrecht eingeräumt werden, welches durch Beschluss der Gesellschafterversammlung entsteht, wenn die Satzung es zulässt (Klose-Mokroß, DStR 2005, 1013, 1014).

Auch in der Satzung der Limited befindet sich eine derartige Regelung: Grundsätzlich sollen die Geschäftsführer die Gesellschaft nur gemeinsam vertreten, wenn nichts anderes per Gesellschafterbeschluss bestimmt ist (Nr. 25 articles of association). Nur wenn die Gesellschaft über lediglich einen Geschäftsführer verfügt, ist dieser alleinvertretungsberechtigt (Nr. 24 articles of association). Aus der Anmeldung der Beschwerdeführerin ist jedoch nicht ersichtlich, ob die Direktorin nur derzeit allein vertretungsberechtigt sein soll, weil kein weiterer Geschäftsführer bestellt wurde (abstrakte Vertretungsberechtigung gem. Nr. 24), oder ob sie konkrete Alleinvertretungsberechtigung aufgrund eines besonderen Gesellschafterbeschlusses haben soll (Nr. 25). Ein entsprechender Gesellschafterbeschluss wurde von der Beschwerdeführerin nicht vorgelegt. Daher kann zwar davon ausgegangen werden, dass eine abstrakte Vertretungsberechtigung gemäß Nr. 24 vorliegen soll. Jedoch ist nicht ausgeschlossen, dass noch ein weiterer Direktor bestellt werden könnte. Dann wären die Direktoren jedoch nach der maßgeblichen Regelung in der Satzung (Nr. 25 Satz 2 articles of association) nur gesamtvertretungsberechtigt, während in dem Handelsregister aufgrund der Anmeldung die Formulierung stünde "Zur alleinigen Vertretung ist berechtigt der Direktor, Frau C. P.". Ein interessierter Dritter würde bei Einsicht in das Handelsregister den nicht zutreffenden Schluss ziehen können, dass die Direktorin C. P. stets einzelvertretungsberechtigt wäre. Es ist daher entweder in der Anmeldung klarzustellen, ob abstrakte Vertretungsmacht vorliegen soll, so dass dann gegebenenfalls der Zusatz "alleinige" zu streichen wäre, oder es müsste ein Gesellschafterbeschluss vorgelegt werden, aus dem sich die konkrete Einzelvertretungsbefugnis der Beschwerdeführerin entnehmen ließe.

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 2 Nr. 1, 30 KostO.

Ende der Entscheidung

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