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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 04.10.2005
Aktenzeichen: Not 10/05
Rechtsgebiete: BeurkG


Vorschriften:

BeurkG § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4
Das Mitwirkungsverbot des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG greift nicht ein, soweit sich die Tätigkeit der bevollmächtigten Sozien eines Notars auf Erklärungen beschränkt, die lediglich dem Vollzug, der Durchführung oder Abwicklung der zugrunde liegenden Immobilenkaufverträge dient. Das gilt auch dann, wenn die den Sozien erteilte Vollmacht zu weitergehenden Rechtshandlungen ermächtigt, die aber tatsächlich nicht vorgenommen werden.
Not 10/05

Beschluss

In dem nichtförmlichen Disziplinarverfahren

hat der Senat für Notarsachen bei dem Oberlandesgericht Celle auf den Antrag der Notarin auf gerichtliche Entscheidung vom 9. August 2005 über die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts Celle - Die Präsidentin - vom 15. Juli 2005 - 10 W 237 SH II - unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. H., des Richters am Oberlandesgericht R. und des Notars B. am 4. Oktober 2005 beschlossen:

Tenor:

Die Disziplinarverfügung des Landgerichts Hannover - Der Präsident - vom 22. Februar 2005 (2 W 117 - SH III) und die sie im Maßnahmeausspruch teilweise abändernde Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts Celle - Die Präsidentin - vom 15. Juli 2005 werden unter Berücksichtigung der nachstehenden Feststellungen im Maßnahmeausspruch dahin geändert, dass gegen die Notarin ein Verweis verhängt wird.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Notarin tragen die Landeskasse zu 40 % und die Notarin zu 60 %.

Gründe:

I.

Die 1949 geborene Notarin ist seit 1975 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit dem Amtssitz in H. übt sie aufgrund der Bestellung durch die Urkunde des Niedersächsischen Ministers der Justiz vom 12. März 1985 das Notaramt aus. Sie ist beruflich u. a. mit den Rechtsanwälten und Notaren H.J. R. und F. T. verbunden. Bis zum Jahr 2000 bestand diese Verbindung auch mit dem Rechtsanwalt E. S.M..

Die Notarin ist disziplinarrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten.

1. Mit Verfügung des Landgerichts Hannover - Der Präsident - vom 12. Oktober 2004 wurde gegen die Notarin im Anschluss an die Prüfung ihrer Amtsgeschäfte am 25. Februar 2004 ein disziplinarisches Vorermittlungsverfahren eröffnet, weil der Verdacht bestand, dass sie ein Dienstvergehen begangen habe, indem sie entgegen § 3 Abs. 1 Satz 1Nr. 4 BeurkG rechtsgeschäftliche Erklärungen der mit ihr zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verbundenen Rechtsanwälte und Notare T., S.M. und R. beurkundete, die diese als bevollmächtigte Vertreter für Urkundsbeteiligte abgegeben hatten.

Im Einzelnen geht es dabei um folgende von der Notarin vorgenommenen Beurkundungen, an denen die vorgenannten Rechtsanwälte jeweils aufgrund von Vollmachten beteiligt waren, die ihnen in den zugrunde liegenden notariellen Verträgen über den Verkauf von Grundstücken bzw. Eigentumswohnungen von den Kaufvertragsparteien erteilt worden waren:

1. UR-Nr. vom 27. März 2000: Auflassung (Vertreter: Rechtsanwalt S.M.);

2. UR-Nr. vom 13. April 2000: Änderung des Kaufvertrages bezüglich der Zahlung des Kaufpreises und der Besitzübergabe (Vertreter: Rechtsanwalt T.);

3. UR-Nr. vom 26. Mai 2000: Identitätserklärung nach Vermessung der verkauften Teilfläche (Vertreter: Rechtsanwalt R.);

4. UR-Nr. vom 26. Mai 2000: Identitätserklärung nach Vermessung der verkauften Grundstücksteilfläche sowie Erklärung über die Übernahme der in Abt. III Nr. 7 u. 8 eingetragenen Grundpfandrechte (Vertreter: Rechtsanwalt T.);

5. UR-Nr. vom 21. Juli 2000: Änderung der Kaufpreisfälligkeit und des Empfängers des Restkaufpreises (Vertreter: Rechtsanwalt T.);

6. UR-Nr. vom 28. Juli 2000: Erweiterung der in § 8 des Kaufvertrages dem Käufer erteilten Belastungsvollmachten (Vertreter: Rechtsanwalt T.);

7. UR-Nr. vom 25. Juli 2000: Identitätserklärung nach Vermessung des verkauften Grundstücks und Ermittlung des Kaufpreis-Nachzahlungsbetrages (Vertreter: Rechtsanwalt T.);

8. UR-Nr. vom 22. August 2000: Auflassung (Vertreter: Rechtsanwalt T.);

9. UR-Nr. vom 2. Oktober 2000: Auflassung (Vertreter: Rechtsanwalt R.);

10. UR-Nr. vom 6. Oktober 2000: Auflassung (Vertreter: Rechtsanwalt R.);

11. UR-Nr. vom 18. Oktober 2000: Identitätserklärung und Erklärung der Übernahme des Rechtes Abt. II Nr. 1 (Vertreter: Rechtsanwalt R.);

12. UR-Nr. vom 22. Dezember 2000: Bestimmung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als neue Kaufvertragspartei (Vertreter: Rechtsanwalt T.);

13. UR-Nr. vom 31. Januar 2001: Änderung der Fälligkeit und der Auszahlung des Kaufpreises sowie Erweiterung der Auszahlungsbedingungen (Vertreter: Rechtsanwalt T.);

14. UR-Nr. vom 29. Mai 2001: Identitätserklärung (Vertreter: Rechtsanwalt T.).

Bei den o. a. Beurkundungen zu Ziff. 8 u. 10 erfasste die von den Vertragsparteien unwiderruflich unter Befreiung von § 181 BGB erteilte Vollmacht u. a. das Recht, "für sie alle Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen, Anträge zu stellen und erforderlichenfalls zurückzunehmen, welche zur Durchführung dieses Vertrages erforderlich sind und etwa erforderlich werdende Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages zu erklären...".

Den weiteren Beurkundungen lag jeweils die unwiderrufliche Vollmacht der Vertragsparteien für die die Erklärung abgebenden Rechtsanwälte " zur Abgabe und Entgegennahme sämtlicher Willenserklärungen und rechtsgeschäftlicher Handlungen " zugrunde, die sich insbesondere auch auf "Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages" beziehen sollte.

Sämtliche Vollmachten enthielten die Einschränkung, dass die Bevollmächtigten die "vorstehend näher bezeichneten Erklärungen nur vor der Notarin Mechthild W. M. oder Notar Frank T., H. oder deren amtlich bestellten Vertretern rechtswirksam abgeben" könnten.

Der Bericht vom 21. Januar 2000 über die Prüfung der Geschäftsführung der Notarin enthält unter B 6 den Hinweis auf die mit der Neufassung des § 17 Abs. 2 a BeurkG verbundene Problematik der Belastungs- und Vollzugsvollmacht für Notariatsangestellte und auf das Problem der getrennten Beurkundung von Annahme und Angebot. In ihrer Stellungnahme vom 6. April 2000 zu dem Bericht erklärte die Notarin gegenüber dem Präsidenten des Landgerichts Hannover zu diesem Punkt, dass in der Kanzlei schon seit langen Jahren keine Belastungs- und Vollzugsvollmacht für Notariatsangestellte aufgenommen werde. Eventuell erforderliche Vollmachten würden nur den in der Kanzlei tätigen Rechtsanwälten erteilt. Ebenso sei die Vollmacht dahingehend eingeschränkt, dass von ihr nur vor dem amtierenden Notar bzw. amtlich bestellten Vertreter Gebrauch gemacht werden könne. Der Präsident des Landgerichts Hannover entgegnete mit Verfügung vom 25. Mai 2000, dass er die Notarin darum bitte, "bezüglich B 6 in eigener Verantwortung zu prüfen, ob die Belastungsvollmachten für ihre Sozien mit § 3 BeurkG n. F. im Einklang stehen".

Das Niedersächsische Justizministerium führte in seinem Erlass vom 22. Juli 2004 ( SH I ) u. a. Folgendes aus:

"Wegen der Nähe zu der allgemein für zulässig gehaltenen Eigenurkunde halte ich es danach für vertretbar, eine den Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG einschränkende Auslegung dahin vorzunehmen, dass in Fällen der reinen Durchführungsvollmacht der Notar auch bei Mitwirkung eines mit ihm beruflich verbundenen Rechtsanwalts als Urkundsbeteiligtem tätig werden darf. Diese Fälle müssten jedoch eng begrenzt werden. Soweit die Vollmacht sich auf weitere als die zum Vollzug des beurkundeten Geschäfts abgegebenen Erklärungen - etwa zur Bestellung von Grundpfandrechten oder zur Änderung und Ergänzung bisheriger Erklärungen - erstreckt, kommt m. E. die einschränkende Auslegung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG nicht in Betracht. Diese wäre mit dem Zweck der Mitwirkungsverbote nicht mehr zu vereinbaren."

Das Landgericht Hannover - Der Präsident - hat mit Disziplinarverfügung vom 22. Februar 2005 wegen der oben näher bezeichneten 14 Beurkundungen unter Beteiligung der Rechtsanwälte T., S.M. oder R. gegen die Notarin eine Geldbuße in Höhe von 3.250 EUR verhängt.

Gegen diese am 28. Februar 2005 zugestellte Disziplinarverfügung hat die Notarin mit ihrem am 22. März 2005 eingegangenen Schriftsatz vom 21. März 2005 Beschwerde eingelegt. Das Oberlandesgericht - Die Präsidentin - hat auf die Beschwerde mit Verfügung vom 15. Juli 2005 die Disziplinarverfügung vom 22. Februar 2005 geändert und die verhängte Geldbuße auf einen Betrag von 1.000 EUR ermäßigt. Zur Begründung wird in dem am 21. Juli 2005 zugestellten Bescheid ausgeführt, dass der Vorwurf eines Verstoßes gegen das Beurkundungsverbot des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG zwar berechtigt sei, es jedoch vertretbar erscheine, der Notarin zugute zu halten, dass sie aufgrund der jeweils durch beide Vertragsparteien erteilten Vollmachten die - wenn auch im Wesentlichen unzutreffende - Vorstellung gehabt habe, dies stelle keinen Verstoß gegen Mitwirkungsverbote dar und erwecke auch nicht den Anschein der Parteilichkeit.

Mit dem per Telefax am 9. August 2005 bei dem Oberlandesgericht Celle - Die Präsidentin - eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag hat die Notarin auf gerichtliche Entscheidung angetragen und diesen Antrag begründet.

Die Notarin ist der Auffassung, dass sie im Einklang mit der Rechtsprechung und der Auffassung des Landgerichtspräsidenten im Jahre 2000 davon ausgegangen sei, dass die tatsächliche Handhabung der Beurkundungen mit der neuen Rechtslage vereinbar sei. Die Dienstaufsicht habe im Jahr 2000 weder ein Verbot für die Zukunft ausgesprochen noch habe sie für die Vergangenheit Vollmachten beanstandet. Hätte sie dies getan, hätten die in Rede stehenden Beurkundungen nicht stattgefunden. Vielmehr sei der Notarin von der Dienstaufsicht ein eigener Ermessensspielraum für die eigenverantwortliche Prüfung dieser neuen Rechtsfrage eingeräumt worden. In seinem Schreiben vom 25. Mai 2000 habe der Präsident des Landgerichts ganz offensichtlich die auch in der Rechtsprechung und Literatur herrschende Auffassung vertreten, dass die Abwicklungsvollmachten im Rahmen des Vertrages nicht gegen die neue Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG verstießen, weil er ansonsten die vergangene Handhabung der Notarin hätte beanstanden und diese Praxis für die Zukunft untersagen müssen. Sie habe darauf vertrauen dürfen, dass der Landgerichtspräsident seine rechtliche Auffassung nicht diametral ohne vorherigen Hinweis ändere. Das Disziplinarrecht diene nämlich auch dem Schutz des betreffenden Notars. Im vorliegenden Fall handele es sich um Abwicklungsgeschäfte und Durchführungs- bzw. Vollzugsvollmachten, die von § 3 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG nach einhelliger Rechtsprechung nicht erfasst würden. Zumindest würde aufgrund der Stellungnahme der Aufsichtsbehörde im Jahre 2000 ein unvermeidbarer Verbotsirrtum vorliegen.

Bei der disziplinarrechtlichen Betrachtung komme es überdies auf hypothetische Handlungserwägungen nicht an, sondern nur darauf, ob der konkrete Beurkundungsakt disziplinarrechtlich zu beanstanden sei. Entscheidend sei also nicht der abstrakte Umfang der Vollmacht, sondern nur die Frage, ob und inwieweit von ihr tatsächlich Gebrauch gemacht worden sei. Gegen ein Mitwirkungsverbot könne nur verstoßen werden, wenn tatsächlich der Sozius bei entsprechenden Urkunden in entsprechendem Umfang mitwirke. Im vorliegenden Fall habe es sich ausschließlich um Beurkundungen für beide Parteien gemeinsam zur Abwicklung bereits zuvor von den Parteien beurkundeter Verträge gehandelt.

Die Notarin beantragt,

die Disziplinarverfügung vom 22. Mai 2005 sowie die Beschwerdeentscheidung vom 15. Juli 2005 aufzuheben.

Das Oberlandesgericht - Die Präsidentin - beantragt,

den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass eine Beurkundung unter Mitwirkung eines Sozius grundsätzlich gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG verstoße, weil es sich bei Willenserklärungen eines Vertreters nach der bereits im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beurkundungen im Schrifttum einhellig vertretenen Auffassung sowohl um Angelegenheiten des Vertreters wie des Vertretenen handele. Zwar sei in den letzten Jahren diskutiert worden, inwieweit ausnahmsweise die Mitwirkung einer dem Notar beruflich verbundenen Person im Rahmen von reinen Vollzugs bzw. Durchführungsvollmachten zulässig sei. Dazu verhalte sich auch der Erlass des Niedersächsischen Justizministeriums vom 22. Juli 2004. Der Vorwurf eines Dienstvergehens entfiele jedoch auch dann nicht, wenn man die Mitwirkung einer mit dem Notar beruflich verbundenen Person im Rahmen von reinen Vollzugs bzw. Durchführungsvollmachten für zulässig erachten würde. Die streitgegenständlichen Vollmachten enthielten eine viel weiter gehende Bevollmächtigung der Sozien und beschränkten sich nicht auf reine Vollzugs und Durchführungstätigkeiten. Vor allem Änderungs- und Ergänzungserklärungen zum Ursprungsvertrag könnten nicht unter den Begriff eines reinen Vollzugs bzw. Durchführungsgeschäftes fallen. Anderenfalls fielen alle Beurkundungen unter Hinzuziehung eines Sozius, die sich im Anschluss an den Abschluss eines notariellen Kaufvertrages als notwendig erwiesen, nicht mehr unter das Mitwirkungsverbot. Das sei ersichtlich zu weitgehend. Der Auffassung des OLG Köln im Beschluss vom 20. April 2004, dass Verstöße gegen das Mitwirkungsverbot von vornherein ausschieden, wenn die Vollmacht von beiden Vertragsparteien erteilt worden sei, sei nicht zu folgen. Allerdings sei dieser Aspekt bei der Reduzierung der vom Landgericht verhängten Geldbuße bereits angemessen berücksichtigt worden. Aus der Mitteilung des Landgerichts Hannover vom 25. Mai 2000 könne die Notarin keinen unvermeidbaren Verbotsirrtum für sich ableiten. Der Landgerichtspräsident habe in diesem Schreiben weder die streitgegenständlichen Beurkundungen im Vorwege genehmigt noch die Erhaltung der Mitwirkungsverbote in das Ermessen der Notarin gestellt. Vielmehr habe die Notarin auf eigenes Risiko gehandelt, indem sie trotz der Verschärfung der Mitwirkungsverbote durch die Neufassung des § 3 BeurkG im Jahr 1999 in den beiden Folgejahren die streitgegenständlichen Beurkundungen vorgenommen habe.

II.

Der gem. §§ 96 BNotO, 32 Abs. 3 NDO zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Antrag der Notarin auf gerichtliche Entscheidung, über den der Senat nach Anhörung ohne mündliche Verhandlung entscheidet, weil der Sachverhalt hinreichend aufgeklärt erscheint, hat in der Sache teilweise Erfolg. Der Beurteilung des der Notarin zur Last gelegten Fehlverhaltens durch die Disziplinarbehörden ist nicht in allen Punkten zu folgen. Außerdem erfordert das disziplinarrechtliche Gewicht der als einheitliches Dienstvergehen zu beurteilenden verbleibenden Pflichtverletzungen der Antragstellerin bei einer Gesamtwürdigung lediglich die Verhängung eines Verweises, um die Notarin anzuhalten, künftig ihre Dienstpflichten ohne Beanstandungen zu erfüllen.

1. Der Notarin wird in den angefochtenen Disziplinarverfügungen zu Recht vorgeworfen, dass sie bei den sechs Beurkundungen vom 13. April 2000 (UR-Nr.), 26. Mai 2000 (UR-Nr.), 21. Juli 2000 (UR-Nr.), 28. Juli 2000 (UR-Nr.), 22. Dezember 2000 (UR-Nr.) und 31. Januar 2001 (UR-Nr.) ihre Dienstpflichten insofern fahrlässig verletzt hat, als sie gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 4 BeurkG verstoßen hat. Dagegen hat die Notarin bei den weiteren acht in der Disziplinarverfügung genannten Beurkundungen (UR-Nr., UR-Nr., UR-Nr., UR-Nr., UR-Nr., UR-Nr., UR-Nr. und UR-Nr.) nicht pflichtwidrig gehandelt.

a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG in der seit 1998 geltenden Fassung (BGBl. I, 585) soll ein Notar an einer Beurkundung nicht mitwirken, wenn es sich um Angelegenheiten einer Person handelt, mit der sich der Notar zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden oder mit der er gemeinsame Geschäftsräume hat. Auch wenn die Missachtung dieses Verbots auf die Wirksamkeit der Beurkundung keinen Einfluss hat, begründet sie für den Notar als Beurkundungsperson eine unbedingte Amtspflicht (vgl. BGH NJW 1985, 2027; OLG Celle Nds. Rpfl. 2002, 109; OLG Köln NJW 2005, 2092; Eylmann/Vaasen, BNotO/BeurkG, 2000, § 3 BeurkG Rn. 2). Der Senat verkennt nicht, dass bei einer ausschließlich dem Wortlaut verhafteten Auslegung und Anwendung der vorbezeichneten Vorschrift in allen 14 der Disziplinarverfügung zugrunde liegenden Fällen von einem Verstoß gegen das Mitwirkungsverbot auszugehen wäre. Die Rechtsanwälte S.M., T. und R. haben nämlich bei den beanstandeten Beurkundungen jeweils die Beteiligten aufgrund von Vollmachten vertreten. Die Notarin hat dabei jeweils in einer Angelegenheit ihrer jeweiligen betroffenen Sozien beurkundet. Ein Vertreterhandeln stellt nämlich sowohl für den Vertretenen als auch für den Vertreter eine eigene Angelegenheit i. S. v. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG dar (vgl. OLG Köln a. a. O., 2093; Eylmann/Vaasen a. a. O., § 3 BeurkG Rn. 11; Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 5. Aufl., § 16 Rn. 18). Die Sozien der Notarin waren an der Beurkundung auch nicht etwa nur formell beteiligt, weil ihre Erklärungen beurkundet worden sind. Vielmehr waren sie auch materiell beteiligt, weil ihre Rechte, Pflichten oder Verbindlichkeiten faktisch durch die Beurkundung unmittelbar günstig oder ungünstig beeinflusst werden konnten. Das gilt nicht nur, wie der Senat bereits entschieden hat (vgl. Nds. Rpfl. 2004, 16, 17), wenn ein Sozius des Notars als zunächst vollmachtloser Vertreter für eine Partei auftritt, sondern auch dann, wenn der Sozius, wie in den vorliegenden Fällen, aufgrund einer wirksam erteilten Vollmacht tätig wird. Dies folgt bereits daraus, dass der Vollmachterteilung für den jeweils handelnden Sozius der Notarin ein Auftragsverhältnis i. S. v. § 662 BGB zugrunde lag, aus dem sich im Falle eines abredewidrigen Gebrauchs der Vollmacht eine Haftung des Bevollmächtigten aus positiver Vertragsverletzung hätte ergeben können (vgl. BGH NJW 2003, 578; OLG Köln a. a. O., 2093).

Gleichwohl greift für die in der Disziplinarverfügung beanstandeten Beurkundungsvorgänge das Mitwirkungsverbot des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG nicht ein, soweit sich die Tätigkeit der Sozien der Notarin aufgrund der ihnen erteilten Vollmachten auf Erklärungen beschränkte, die lediglich dem Vollzug, der Durchführung oder Abwicklung der zugrunde liegenden Immobilienkaufverträge diente. Für eine derartige teleologische Reduktion spricht das von dem Gesetzgeber mit den Mitwirkungsverboten gemäß § 3 BeurkG verfolgte Anliegen, die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars als essentielle Kernpflicht aus § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO, zu sichern (vgl. auch Senat Nds. Rpfl. 2004, 16, 17). Sinn und Zweck der Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG ist es, zu verhindern, dass der Eindruck entsteht, der mit dem Notar in einer Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft verbundene Beteiligte könne sich durch Einflussnahme innerhalb des Bürobetriebs offen oder verdeckt Vorteile gegenüber anderen Beteiligten verschaffen (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler, a. a. O., § 16 Rn. 51). Dabei soll im Interesse einer geordneten vorsorgenden Rechtspflege nach dem Willen des Gesetzgebers bereits der Anschein einer entsprechenden Gefährdung vermieden werden (vgl. BTDrucks. 13/4184, S. 36, Eylmann/Vaasen, a. a. O., § 3 BeurkG Rn. 1). Scheidet ein solcher Anschein aus der Sicht eines objektiven, mit den konkreten Gegebenheiten vertrauten Beobachters aus, muss die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG einschränkend dahin ausgelegt werden, dass solche Beurkundungsvorgänge vom Anwendungsbereich der Norm auszunehmen sind (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler a. a. O., § 14 Rn. 35; OLG Köln a. a. O., 2093). Allein der Umstand, dass Ausnahmen von dem Grundprinzip des Verbots einer Tätigkeit des Notars für seinen Sozius keinen Eingang in das Gesetz gefunden haben (vgl. Harborth/Lau, DnotZ 2002, 412, 417) stehen einer Einschränkung des Anwendungsbereichs der Norm nicht entgegen, sofern für bestimmte klar umrissene Fallgruppen des Vertreterhandelns der mit einem Notar zur gemeinsamen Berufsausübung verbundenen Personen der Anschein einer Beeinträchtigung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notaramtes ausgeschlossen werden kann. Demgemäß ist die Einschränkung des Verbots für die Fälle, in denen die Tätigkeit des Vertreters lediglich in der bloßen Ausübung von sog. Vollzugs, Durchführungs- oder Abwicklungsvollmachten liegt, weithin anerkannt (vgl. OLG Köln a. a. O.; Arndt/Lerch/Sandkühler, a. a. O., § 16 Rn. 55 a m. w. N.). Diese Beurteilung steht auch im Einklang mit der allgemeinen Auffassung, dass § 3 Abs. 1 Nr. 1 BeurkG bei der Beurkundung von Vollzugsvollmachten nicht anzuwenden ist, die den Notar zur Vorbereitung und Durchführung von Amtsgeschäften berechtigten (vgl. Eylmann/ Vaasen a. a. O., § 3 BeurkG Rn. 4).

Abweichend von der in dem Erlass des Niedersächsischen Justizministeriums vom 22. Juli 2004 ( SH I) vertretenen Auffassung greift das Mitwirkungsverbot des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG jedoch nicht schon dann ein, wenn die dem beruflich mit dem Notar verbundenen Rechtsanwalt als Urkundsbeteiligten erteilte Vollmacht sich auf weitere als die zum Vollzug des beurkundeten Geschäfts erforderlichen Erklärungen bezieht. Die Notarin macht mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu Recht geltend, dass nicht von Bedeutung ist, wie umfangreich die Vollmacht abstrakt ausgestaltet ist, sondern allein, in welchem Umfang bei dem konkret beanstandeten Urkundsgeschäft tatsächlich von der Vollmacht Gebrauch gemacht wurde. Das Mitwirkungsverbot des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG knüpft nämlich an die konkrete Beurkundung an, so dass es auf den Inhalt der dabei von dem Vertreter abgegebenen Erklärungen ankommt. Beschränkt sich der umfassend bevollmächtigte Vertreter, der mit dem Notar beruflich verbunden ist, auf die Abgabe von Erklärungen, die unmittelbar dem Vollzug, der Durchführung oder der Abwicklung eines zwischen den Vollmachtgebern abgeschlossenen Kaufvertrages dienen, ist damit regelmäßig weder für den Vertreter ein Vorteil verbunden noch kann dadurch der Anschein einer Beeinträchtigung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notaramtes begründet werden. Auch nach der Rechtsprechung des OLG Köln (a. a. O.) ist eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG an die bloße Ausübung einer Vollzugs, Durchführungs- oder Abwicklungsvollmacht geknüpft. Eine derartige Vollmacht kann aber, wie in den vorliegenden Fällen, auch Bestandteil einer inhaltlich weiter gehenden, insbesondere auch die Änderung oder Ergänzung von Verträgen, umfassenden Vollmacht sein. Das Mitwirkungsverbot des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG sanktioniert nicht bereits die Erteilung einer weitreichenden über Vollzugs und Abwicklungstätigkeiten hinausgehenden Vollmacht an eine Person, die mit dem Notar zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden ist oder mit ihm gemeinsame Geschäftsräume hat. Das gilt auch dann, wenn, wie in den hier in Rede stehenden Fällen, die Vollmacht zusätzlich dahin eingeschränkt ist, dass von ihr nur von dem amtierenden Notar bzw. dem amtlich bestellten Vertreter Gebrauch gemacht werden kann. Vielmehr wird das Mitwirkungsverbot nur dann verletzt, wenn der Notar tatsächlich Erklärungen seiner Sozien beurkundet, die auf der Grundlage einer derart weitreichenden Vollmacht über reine Vollzugs und Durchführungstätigkeiten hinaus gehen, welche durch die Erklärungen der Vollmachtgeber im notariellen Kaufvertrag bereits inhaltlich festgelegt sind. Eine andere Beurteilung würde zu dem widersinnigen Ergebnis führen, dass z. B. die Beurkundung der Auflassungserklärungen durch einen Sozius des Notars als Vertreter der Kaufvertragsparteien je nach der Reichweite der zugrunde liegenden Vollmacht gegen das Mitwirkungsverbot verstoßen würde, obgleich bei einem derartigen reinen Durchführungsgeschäft unabhängig von dem Umfang der Vollmacht des Vertreters nicht zu besorgen ist, dass der Notar in einen Konflikt zwischen den Interessen des mit ihm zur Berufsausübung verbundenen Berufskollegen und der Vollmachtsgeber als weiterer Urkundsbeteiligter gerät. Durch die Mitwirkungsverbote soll aber gerade ein solcher Konflikt vereitelt werden (vgl. Senat Nds. Rpfl. 2004, 16, 17). Dem Notar bleibt es unbenommen, in Fällen einer weitreichenden Vollmacht lediglich Erklärungen zu den reinen Vollzugs und Durchführungstätigkeiten unter Mitwirkung seiner Sozien als bevollmächtigte Vertreter zu beurkunden, für eine etwa notwendig werdende Änderung oder Ergänzung eines Grundstückskaufvertrages jedoch die Vertragsparteien selbst zur Beurkundung hinzuzuziehen.

Dagegen kann der Auffassung der Notarin nicht gefolgt werden, soweit sie auch diejenigen in der Disziplinarverfügung beanstandeten Beurkundungen als vom Mitwirkungsverbot des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG nicht erfasste reine Abwicklungsgeschäfte ansehen will, die jeweils Änderungen bzw. Ergänzungen der zugrunde liegenden Verträge zum Inhalt hatten. Allein der Umstand, dass der betreffende Sozius der Notarin in diesen Fällen als Vertreter für alle an der Beurkundung neben ihm materiell Beteiligten aufgetreten ist, rechtfertigt eine entsprechende weiter gehende Einschränkung des Mitwirkungsverbotes nicht. Ob die von der Notarin als Beleg angeführte Rechtsprechung des OLG Köln (a. a. O., 2092) überhaupt auf die hier in Rede stehenden Fälle der Änderung und Ergänzung von Verträgen angewendet werden kann, erscheint bereits zweifelhaft. Das OLG Köln hat über seine einschränkende Auslegung des Mitwirkungsverbots in Fällen zu entscheiden, in denen der Sozius des Notars für alle materiell an der Beurkundung Beteiligten gleich gerichtete und gleich lautende Erklärungen zur Errichtung von Gesellschaften abgegeben und bei der Beurkundung von Hauptversammlungen aufgetreten war. Jedenfalls lässt sich eine Einschränkung des Mitwirkungsverbots gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG in Fällen, in denen der Vertreter Erklärungen abgibt, die auf eine Änderung und Ergänzung des Vertrages abzielen, worauf die Disziplinarbehörden zu Recht hingewiesen haben, bereits aus gesetzessystematischen Erwägungen nicht damit rechtfertigen, dass die Tätigkeit des Vertreters im Auftrag aller Personen ausgeübt wird, die an der Beurkundung beteiligt sein sollen. Der Gesetzgeber hat nämlich eine derartige Einschränkung des Mitwirkungsverbotes lediglich für den Tatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BeurkG vorgesehen. Damit kommt zum Ausdruck, dass eine derartige Einschränkung für das hier in Rede stehende Mitwirkungsverbot des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Anders als Erklärungen, die lediglich auf den Vollzug und die Abwicklung des Vertrages gerichtet sind, wirken sich Vertragsänderungen und Ergänzungen unmittelbar auf den Inhalt der Rechte und Pflichten der jeweiligen Vertragspartei aus. Der damit verbundene Eingriff in das von den Parteien ausgehandelte Vertragsgefüge kann zu Nachteilen für eine Partei führen, die nicht notwendig mit einer angemessenen Kompensation für die andere Partei verbunden sein müssen. Das damit verbundene Konfliktpotential auch im Innenverhältnis zwischen den Vollmachtgebern und dem Vertreter gebietet es, im Interesse der Wahrung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des beurkundenden Notars für die Fälle der Vertragsänderungen und Ergänzungen das Mitwirkungsverbot gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG strikt anzuwenden.

b) Von den in der Disziplinarverfügung beanstandeten Beurkundungen unter Beteiligung der Sozien der Notarin betrafen nicht nur die in der Disziplinarverfügung vom 22. Februar 2005 ausdrücklich benannten vier Urkunden (UR-Nr., UR-Nr., UR-Nr., UR-Nr.) eine Kaufvertragsänderung, sondern auch die weiteren Urkunden UR-Nr. und UR-Nr..

Die Urkunde vom 26. Mai 2000 (UR-Nr.) beschränkt sich nicht auf eine Identitätserklärung, sondern enthält ferner die vertragsändernde Erklärung, dass die Rechte in Abt. III Nr. 7 u. 8 über 320.000 DM und 170.000 DM, beide zugunsten der B.Bank AG, Filiale H., übernommen würden. In dem zugrunde liegenden Grundstückskaufvertrag vom 14. März 2000 (UR-Nr.), der in § 8 die Vollmacht für den als Vertreter aufgetretenen Rechtsanwalt T. enthält, war in § 4 Nr. 3 noch vorgesehen, dass der Verkäufer die Löschung der nicht vom Käufer übernommenen Belastungen, sowohl in Abt. II als auch in der Abt. III, nach Maßgabe der von den Berechtigten bzw. Gläubigern erteilten Löschungsbewilligungen bzw. Pfandentlassungen auf dem gesamten Grundstück übernimmt.

In der Urkunde vom 30. Januar 2001 (UR-Nr.) sind ausdrücklich die Regelungen über die Zahlungsfälligkeit, die Auszahlung des Kaufpreises und über die Auszahlungsbedingungen geändert worden.

Dagegen geht die Erklärung des Rechtsanwalts R. in der Urkunde vom 18. Oktober 2000 (UR-Nr.), soweit sie neben der Identitätserklärung auch noch auf die Übernahme des Rechts aus Abt. II Nr. 1 gerichtet ist, nicht über die bereits von den Kaufvertragsparteien im Vertrag vom 18. Juli 2000 (UR-Nr.) in § 4 Nr. 5 getroffene Vereinbarung hinaus, dass das Wegerecht Abt. II Nr.1 übernommen werde. Die Wiederholung dieser Erklärung in der Urkunde vom 8. Oktober 2000 erfolgte vielmehr lediglich wegen der Anlegung eines neuen Grundbuchblattes in Vollzug des Grundstückskaufvertrages.

c) Die Notarin hat bei den von ihr begangenen Pflichtverletzungen auch fahrlässig gehandelt. Mit Recht haben die Disziplinarbehörden angenommen, dass sich aus der Mitteilung des Präsidenten des Landgerichts Hannover vom 25. Mai 2000 für die Notarin kein unvermeidbarer Verbotsirrtum ableiten lasse. Nachdem die Notarin mit Schreiben vom 6. April 2000 in ihrer Stellungnahme zum Geschäftsprüfungsbericht darauf hingewiesen hatte, dass eventuell erforderliche Belastungs- und Vollzugsvollmachten nur den in der Kanzlei tätigen Rechtsanwälten erteilt würden, hatte der Präsident des Landgerichts unter dem 25. Mai 2000 lediglich darum gebeten, dass die Notarin zu diesem Punkt in eigener Verantwortung prüfen solle, ob die Belastungsvollmachten für ihre Sozien mit § 3 BeurkG n. F. in Einklang stünden. Die Notarin musste diese Mitteilung bei verständiger Würdigung lediglich dahin verstehen, dass sie für die seit der Novellierung des Beurkundungsgesetzes im Jahr 1998 geltenden Neuregelungen über die Vertretungsverbote und deren mögliche Vereinbarkeit mit den von ihr verwendeten Belastungsvollmachten sensibilisiert werden sollte. Ein Ermessensspielraum hinsichtlich der Einhaltung der Mitwirkungsverbote im Hinblick auf die Belastungsvollmachten ist der Notarin gerade nicht eingeräumt worden. Vielmehr konnte sie der Mitteilung des Präsidenten des Landgerichts entnehmen, dass dieser eine Prüfung der Vereinbarkeit der Belastungsvollmachten für die Sozien mit § 3 BeurkG noch nicht vorgenommen hatte. Bei der danach gebotenen pflichtgemäßen Prüfung in eigener Verantwortung hätte die Notarin aufgrund der bereits zum damaligen Zeitpunkt einhellig im Schrifttum vertretenen Auffassung (vgl. Arndt/ Lerch/Sandkühler, BNotO, 4. Aufl., § 16 Rn. 18, Schippel, BNotO, 7. Aufl., § 14 Rn. 41; Keidel/Winkler, Beurkundungsgesetz, 14. Aufl., § 3 Rn. 30 m. w. N.) zu der Einschätzung gelangen müssen, dass es sich bei Willenserklärungen eines Vertreters auch um eine Angelegenheit i. S. v. § 3 Abs. 1 BeurkG handelte.

Selbst wenn die Notarin bereits in den Jahren 2000 und 2001 auch ohne Hinweise in Rechtsprechung und Literatur Bedenken gegen die Anwendbarkeit des Mitwirkungsverbotes gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG auf reine Vollzugs bzw. Durchführungsgeschäfte gehegt hätte, konnte sie bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht davon ausgehen, dass das Mitwirkungsverbot auch in den Fällen nicht eingreift, in denen sie Erklärungen ihrer Sozien als bevollmächtigter Vertreter über die Änderung oder Ergänzung eines Kaufvertrages beurkundet. Mangels jeglicher Hinweise in Literatur und Rechtsprechung zur Unbedenklichkeit derartiger Beurkundungen hätte sie sich zumindest bei der Aufsichtsbehörde vergewissern müssen, ob gegen eine derartige Auffassung Bedenken bestehen. Das ist jedoch nicht geschehen.

2. Die der Notarin zur Last gelegten, sämtlich in nicht rechtsverjährter Zeit (§ 95 a BNotO), fahrlässig begangenen Verstöße gegen das Mitwirkungsverbot gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG sind, soweit die Vorwürfe nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen zu Recht erhoben werden, als einheitlich begangenes Dienstvergehen (§ 95 BNotO) disziplinarrechtlich zu ahnden.

Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist zwar einerseits zu berücksichtigen, dass die Beachtung der Ausschließungsgründe der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 1 BeurkG zum Kernbereich der Pflichten des Notars nach § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO gehört. Demgemäß hat der Gesetzgeber für den hier nicht in Rede stehenden Fall wiederholt grober Verstöße gegen Mitwirkungsverbote in § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO sogar die zwingende Amtsenthebung vorgesehen. Andererseits ist im vorliegenden Fall mildernd zu berücksichtigen, dass sowohl die Disziplinarbehörden untereinander als auch der Senat unterschiedliche Auffassungen über die Möglichkeit einer einschränkenden Auslegung der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeurkG vertreten. Die Auffassung, dass eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs der Vorschrift in Betracht kommt, ist inzwischen weit verbreitet und wird, wenn auch nicht in dem vom Senat angenommenen Umfang, auch in dem Erlass des Niedersächsischen Justizministeriums vom 22. Juli 2004 vertreten. Vor diesem Hintergrund hat bereits die Beschwerdeentscheidung mit Recht angenommen, dass das Notarin zugute zu halten sei, dass sie aufgrund der jeweils durch beide Vertragsparteien erteilten Vollmachten die - wenn auch in sechs Fällen unzutreffende - Vorstellung hatte, die Beurkundung stelle keinen Verstoß gegen Mitwirkungsverbote dar und erwecke auch nicht den Anschein der Parteilichkeit. Hinzu kommt, dass die festgestellten Pflichtverletzungen der Notarin voraussichtlich vermieden worden wären, wenn der Präsident des Landgerichts Hannover in seiner Mitteilung vom 25. Mai 2000 zu dem Schreiben der Notarin vom 6. April 2000 von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hätte, der Notarin aufzuzeigen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Beurkundungen aufgrund von Belastungsvollmachten für ihre Sozien mit § 3 BeurkG n. F. im Einklang stehen. Ein Schaden für die Parteien oder für das Ansehen der Notare ist aus den pflichtwidrigen sechs Beurkundungen in den Jahren 2000/2001 nicht entstanden. Da die Notarin darüber hinaus die beanstandete Praxis seit längerem aufgegeben hat, ist die Ahndung der fahrlässigen Dienstpflichtverletzung durch eine Geldbuße nicht geboten. Vielmehr stellt die Verhängung eines Verweises auch unter Berücksichtigung der fehlenden disziplinarrechtlichen Vorbelastungen eine ausreichende und angemessene Reaktion auf das Fehlverhalten dar.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 96 BNotO i. V. m. §§ 114, 115 NDO und trägt dem Umstand Rechnung, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung teilweise Erfolg hatte. Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben, §§ 105 BNotO, 31 Abs. 4 Satz 2 NDO.

Ende der Entscheidung

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