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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 16.01.2002
Aktenzeichen: 11 U 1021/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 398
BGB § 364
Wenn der Generalunternehmer dem Subunternehmer seine Forderung gegen den Auftraggeber erfüllungshalber abtritt und der Subunternehmer die Abtretung annimmt, dann stundet der Subunternehmer dem Generalunternehmer die Bezahlung des eigenen Werklohnanspruchs stillschweigend.

Das gilt nicht unbegrenzt. War der Generalunternehmer in erster Instanz gegen den Auftraggeber erfolglos, braucht der Subunternehmer nicht abzuwarten, bis auch die Berufung abgeschlossen ist, sondern darf nun gleich klagen.


Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 11 U 1021/01

Verkündet am 16.01.2002

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 05.12.2001 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Richter am Landgericht und Richter am Amtsgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 16.03.2001 (Az.: 3 O 4105/00) geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 357.904,31 EUR (700.000,00 DM) zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 16.09.2001 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückabtretung der am 12.03.1999 abgetretenen Forderung gegen die Gemeinde in Höhe von 357.904,31 EUR.

II. Die Kosten des gesamten Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Die Beschwer der Beklagten, zugleich der Streitwert des Berufungsverfahrens, ist 357.904,31 EUR.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 385.000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Den Parteien wird nachgelassen, Sicherheit auch durch eine unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische Bürgschaft einer als Zoll- oder Steuerbürgen zugelassenen Bank oder Sparkasse mit Sitz in der Europäischen Union zu erbringen.

V. Der Beklagten bleibt die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt im Wege der Teilklage im Urkundsverfahren 700.000,00 DM Werklohn aus einem Schuldanerkenntnis der Beklagten.

Nach dem Generalübernehmervertrag vom 13.10.1995 verpflichtete sich die Beklagte gegenüber der Gemeinde zur schlüsselfertigen Erstellung des Bauvorhabens " " und " " zu einem Pauschalfestpreis in Höhe von 29.000.632,00 DM brutto. Die Beklagte berühmt sich einer Restwerklohnforderung gegenüber der Gemeinde in Höhe von 5.830.835,91 DM aus der Schlussrechnung vom 29.01.1999 und in Höhe von 27.055,30 DM aus der Schlussrechnung vom 02.02.1999 (Planungs- und Beratungsvertrag).

Die Beklagte hat die Klägerin gemäß dem Bauvertrag vom 18.04.1997 ihrerseits mit der schlüsselfertigen Erstellung des oben genannten Bauvorhabens zu einem Nettopauschalpreis von 22.222.750,00 DM (15.925.000,00 DM + 6.297.750,00 DM) beauftragt.

Die Klägerin forderte von der Beklagten gemäß ihrer Schlussrechnung vom 07.12.1998 3.809.161,18 DM und im weiteren Restwerklohn in Höhe von 417.234,36 DM (abgelöster Sicherheitseinbehalt in Höhe von 394.921,30 DM zuzüglich Zinsen).

Weil die Beklagte sich außer Stande sah, die Forderung zu begleichen, schlossen die Parteien am 12.03.1999 eine Abtretungsvereinbarung (Anlage K 1). Unter Ziffer III anerkannte die Beklagte, dass sie der Klägerin aus den Bauvorhaben " " und " " Restwerklohn in Höhe von 4.226.395,54 DM schuldet (3.809.161,18 DM + 417.234,36 DM). Einigkeit bestand allerdings dahin, dass aus der Forderung in Höhe von 3.809.161,18 DM dem Grunde und der Höhe nach ein Teilbetrag von 613.342,59 DM strittig und deshalb noch künftig zu klären ist.

Die Vereinbarung vom 12.03.1999 regelt ferner:

"2. Zur Begleichung der vorstehenden Verbindlichkeiten tritt die Firma hiermit der Firma erfüllungshalber einen Betrag in Höhe von 4.226.395,54 DM von ihrer Forderung in Höhe von 5.830.835,91 DM aus dem Generalübernehmervertrag vom 13.10.1995 gemäß Schlussrechnung Nr. 99/1001 vom 29.01.1999 gegen die Gemeinde ab, und zwar mit dem Range vor der dann verbleibenden Restforderung. Die Firma nimmt hiermit die Abtretung der Forderung an.

3. Die Firma ist berechtigt, in eigenem Namen und auf eigene Rechnung und Kosten die Forderung in Höhe von 5.830.835,91 DM aus dem Generalübernehmervertrag vom 13.10.1995 gemäß Schlussrechnung Nr. 99/1001 vom 29.01.1999 gegen die Gemeinde gerichtlich geltend zu machen, auch soweit diese Forderung an die Firma abgetreten ist (gewillkürte Prozessstandschaft)."

Die Gemeinde hat auf die abgetretenen Ansprüche bislang nicht bezahlt. Darüber streiten die Beklagte und die Gemeinde in zwei noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Prozessen. Das Landgericht Chemnitz hat die Klagen in Höhe von 3.361.204,00 DM und 783.492,50 DM abgewiesen. Beide Verfahren befinden sich in der Berufung vor dem Oberlandesgericht Dresden.

In einem weiteren Verfahren der Klägerin gegen den Geschäftsführer der Beklagten, Herrn , verpflichtete sich letzterer vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe in einem Vergleich zur Zahlung von 320.000,00 DM auf ein Treuhandkonto, und zwar zur Abdeckung eines Ausfallrisikos der Klägerin im streitgegenständlichen Verfahren.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, den in der Vereinbarung vom 12.02.1999 anerkannten Werklohnanspruch gegenüber der Beklagten geltend machen zu können. Dem stehe die Abtretung nicht entgegen, da sie zur Verwertung der Forderung spätestens seit dem klageabweisenden erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts Chemnitz nicht mehr verpflichtet sei. Insbesondere sei ihr nach Treu und Glauben nicht zuzumuten, den Ausgang des zweitinstanzlichen Verfahrens abzuwarten.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 700.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage als derzeit unbegründet abzuweisen.

Sie meint, durch die Abtretung "erfüllungshalber" sei die Klägerin an der klageweisen Beitreibung der Forderung gehindert. Sie müsse vielmehr selbst Befriedigung aus der abgetretenen Forderung suchen. Erst wenn diese scheitere, könne sie die Beklagte in Anspruch nehmen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Das Landgericht hat der im Urkundsverfahren geltend gemachten Teilklage durch Teilvorbehalts- und Teilendurteil stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 319.654,69 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückabtretung der am 12.03.1999 abgetretenen Forderung gegen die Gemeinde in dieser Höhe. Im Übrigen hat es die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen und der Beklagten, soweit durch Vorbehaltsurteil entschieden wurde, die Ausführung ihrer Rechte vorbehalten.

Das Landgericht sieht im Grunde in der Abtretungsvereinbarung vom 12.03.1999 eine Stundungsabrede der Parteien, wobei die Klägerin erst auf ihre Grundforderung zurückgreifen könne, wenn der Versuch der anderweitigen Befriedigung aus der abgetretenen Forderung fehlgeschlagen sei. In dem Umfang, wie die Beklagte von der ihr eingeräumten Möglichkeit der Klageerhebung Gebrauch mache, sei ihr zuzumuten, den Ausgang des Hauptstreites zwischen der Beklagten und der Gemeinde abzuwarten. Eine Ausnahme sieht das Landgericht in einem Teilbetrag in Höhe von 319.654,69 DM, für den die Sperre der Klagbarkeit nicht mehr gelte.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 16.03.2001 verwiesen.

Mit ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Abtretungsvereinbarung lasse keine Verpflichtung der Beklagten erkennen, im Klageweg gegen die Gemeinde vorzugehen. Zwar habe sie gegen die Gemeinde geklagt, der Ausgang des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht Dresden sei aber abzuwarten.

Beide Parteien seien bei Abschluss der Abtretungsvereinbarung der Hoffnung gewesen, dass ein zeitnaher Ausgleich durch die Gemeinde erfolge. Es habe keine abschließende Einigkeit bestanden, wer von den Parteien die Forderung gegenüber der Gemeinde habe durchsetzen sollen.

Im weiteren rügt die Beklagte die ausgesprochene Zug-um-Zug-Verurteilung. Die Abtretung betreffe eine Forderungsmehrheit, weshalb es an der Bestimmbarkeit der Rückabtretung fehle.

Ferner beruft sich die Beklagte auf ihr Zurückbehaltungsrecht wegen vorhandener Baumängel, die die Klägerin zu vertreten habe. Insoweit seien ihre Einwendungen nicht durch ihr Anerkenntnis vom 12.03.1999 ausgeschlossen, da die gerügten Mängel zum Zeitpunkt der Abtretung noch nicht vorgelegen hätten bzw. ihr nicht bekannt gewesen wären.

Die Beklagte hat beantragt:

1. Das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 16.03.2001 wird aufgehoben, soweit die Beklagte zur Zahlung von 319.654,69 DM zuzüglich Zinsen verurteilt wurde.

2. Die Klage wird insgesamt als derzeit unbegründet abgewiesen und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. unter Abänderung des am 16.03.2001 verkündeten Urteils des Landgerichts Chemnitz die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 380.345,31 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 16.09.2000 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückabtretung der am 12.03.1999 erfüllungshalber abgetretenen Forderung gegen die Gemeinde in Höhe eines weiteren Betrages von 380.345,31 DM,

2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Auch die Klägerin vertieft ihre erstinstanzliche Argumentation. Sie sieht in der Abtretungsvereinbarung ein abstraktes Schuldanerkenntnis der Beklagten. Einwendungen hiergegen könne sie deshalb nicht erheben. Auch sei der Sachvortrag nicht mit den im Urkundsprozess zulässigen Beweismitteln bewiesen. Mängel, die die Klägerin zu vertreten habe, seien bestritten, ebenso fehlendes Wissen der Beklagten darüber zum Zeitpunkt der maßgeblichen Vereinbarung.

Die Klägerin meint, mit der Prozessstandsvereinbarung habe die Beklagte die Möglichkeit erhalten, ihre Forderung gegen die Gemeinde weiter zu verfolgen. Allenfalls sei mit der Absprache ein vorübergehender Ausschluss der Klagbarkeit gewollt gewesen, jedoch nicht der Verzicht der Klägerin auf ihre Rechte bis zum Abschluss eines möglicherweise über mehrere Jahre dauernden Verfahrens.

Wegen der weiteren Einzelheiten des jeweiligen Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsschriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufungen sind zulässig, aber nur die Berufung der Klägerin hat Erfolg.

Die Klägerin kann im Wege des Urkundsprozesses (§§ 592 ff. ZPO) von der Beklagten Werklohn in Höhe von 357.904,31 EUR (700.000,00 DM) aus dem Schuldanerkenntnis vom 12.03.1999 fordern.

Der Senat teilt die Meinung des Landgerichts nicht, die Klage sei im Umfang von 319.654,69 DM derzeit unbegründet, weil die Klägerin die ihr gegen die Beklagte zustehende Forderung gestundet habe und sie deshalb primär zunächst Befriedigung aus der erfüllungshalber abgetretenen Forderung der Beklagten gegen die Gemeinde suchen müsse.

1. Die Abtretungsvereinbarung vom 12.03.1999 enthält ein Schuldanerkenntnis der Beklagten in Höhe von 3.613.052,95 DM. Das Anerkenntnis ist deklaratorisch (§ 781 BGB), denn es bestätigt lediglich die bereits bestehende Schuld der Beklagten aus der Schlussrechnung der Klägerin vom 07.12.1998 ( ) in Höhe von 3.809.161,18 DM und in Höhe von 417.234,36 DM aus dem Bauvorhaben " ", abzüglich eines noch streitigen Teils aus der Rechnung vom 07.12.1998 in Höhe von 613.342,59 DM.

Die Vertragsurkunde lässt nicht die Auslegung zu, dass die Parteien unabhängig vom dargestellten Schuldgrund eine neue selbständige Verpflichtung, i.S. eines konstitutiven Schuldanerkenntnisses, begründen wollten.

Auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen Gewährleistungsansprüchen infolge mangelhafter Bauausführung kann sich die Beklagte nicht berufen.

Erstens hat sie nur pauschal unter Verweis auf die von der Gemeinde im Hauptstreit geltend gemachten Einwendungen behauptet, dass die Leistung der Klägerin mangelbehaftet sei. An konkretem Sachvortrag hierzu fehlt es aber. Zum zweiten musste die Beklagte bei Bestreiten der Klägerin die von ihr behaupten Tatsachen mit den im Urkundsprozess zulässigen Beweismitteln (§ 595 II ZPO) beweisen. Auch das ist nicht geschehen.

Zum Dritten wären der Beklagten infolge des abgegebenen Schuldanerkenntnisses diejenigen Einwendungen abgeschnitten, die sie am 12.03.1999 bereits kannte bzw. mit denen sie rechnen musste. Bei Bestreiten der Klägerin fehlt insoweit zeitpunktbezogenes Vorbringen ebenso, wie das Angebot zulässiger Beweismittel.

2. Dem Erfolg der statthaften Teilklage stehen die Abreden der Parteien aus der Vereinbarung vom 12.03.1999 nicht entgegen. Deren Auslegung (§§ 133, 157 BGB) ergibt nämlich nicht, dass mit der Abtretung der Forderung der Beklagten gegenüber der Gemeinde an die Klägerin deren ursprüngliche Forderung bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens im Hauptstreit gestundet bzw. die Klagbarkeit bis zu diesem Zeitpunkt hinausgeschoben sein sollte.

a) Zwar ist nach h. M. in der Regel mit der Leistung erfüllungshalber eine Stundung der Grundforderung verbunden und der Gläubiger darf auf diese erst zurückgreifen, wenn der Versuch der anderweitigen Befriedigung aus dem übertragenen Gegenstand fehlgeschlagen ist (BGH NJW 1986, 426; 1992, 684; WM 1992, 159). Allgemein anerkannt ist jedoch, dass sich der Gläubiger nicht auf eine Klage mit zweifelhaften Erfolgsaussichten einlassen muss.

Der Gläubiger erlangt mit der Abtretung erfüllungshalber nur eine zusätzliche Befriedigungsmöglichkeit. Welche Rechte er aber im einzelnen erwirbt, hängt von der für den Einzelfall getroffenen Abrede ab.

Im Einzelnen:

Aus dem Wortlaut der Vertragsurkunde lässt sich nicht entnehmen, dass die Klägerin selbst Befriedigung aus der abgetretenen Forderung suchen sollte. Eine derartige Vereinbarung behauptet die Beklagte auch nicht. Ziffer III.3 räumt vielmehr der Beklagten eine Klagebefugnis gegen die Gemeinde im Wege der Prozessstandschaft ein. Zwar blieb damit auch die Möglichkeit für die Klägerin erhalten, selbst klageweise vorzugehen. Es ist aber zweifelhaft, ob das dem Willen der Parteien entsprach. Dem steht einerseits die tatsächliche Handhabung entgegen, denn die Beklagte hat ihre Werklohnforderung gegen die Gemeinde selbst zeitnah eingeklagt. Das geschah in Abstimmung mit der Klägerin, wie die Beklagte in ihrer Berufung bestätigt hat.

Zum anderen kann auch im Hinblick auf den Umfang des streitgegenständlichen Bauvorhabens und die Höhe der gegen die Gemeinde erhobenen Werklohnforderung nicht angenommen werden, dass anderes gewollt war. Abgesehen davon, dass eine Werklohnklage der Klägerin ohne federführende Mitwirkung der Beklagten nur unter größeren Schwierigkeiten durchführbar gewesen wäre, hätte die Klägerin hierdurch ein erhebliches Kostenrisiko übernommen, ohne dass absehbar gewesen wäre, wie das Verfahren ausgeht.

Es ist zwar nicht ungewöhnlich, wenn sich General- und Subunternehmer zusammentun, um gemeinsam ausstehenden Werklohn vom Bauherrn einzufordern. Klagen wird in aller Regel aber nur einer. Dass es Absprachen über das gemeinsame Vorgehen gegeben hat, auch über die Verteilung des jeweiligen wirtschaftlichen Risikos, hat keine der Parteien behauptet.

Wenn es danach bereits nicht dem Willen der Parteien entsprach, dass die Klägerin selbst den Versuch der anderweitigen Befriedigung aus der abgetretenen Forderung sucht, kann von einer Stundung der Grundforderung nicht ausgegangen werden.

Eine Stundung wäre vorliegend aber auch deshalb nicht anzunehmen, weil die Klägerin nicht verpflichtet war, sich auf eine Klage mit zweifelhaften Erfolgsaussichten einzulassen. Unstreitig hat die Gemeinde die Werklohnansprüche der Beklagten - auch in den laufenden Berufungsverfahren - dem Grunde und der Höhe nach streitig gestellt. Die Gemeinde behauptet, bei Abschluss der Verträge nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen zu sein, die Wirksamkeit zahlreicher Nachträge wird bestritten und Mängelrügen mit Mängelbeseitigungskosten in Höhe von über 1,4 Mio DM sind erhoben.

Eine Rücksprache mit dem zuständigen 21. Zivilsenat ergab, dass eine umfangreiche Beweisaufnahme, auch die Beiziehung eines Sachverständigengutachtens, bevorsteht. Nach vorsichtiger Schätzung ist mit Entscheidungsreife frühestens in ein bis zwei Jahren zu rechnen.

Dass unter diesen Umständen die Aussicht auf Erfolg der Klagen schwer abzuschätzen und damit zweifelhaft ist, liegt auf der Hand.

b) Der Senat sieht allerdings in der Vereinbarung vom 12.03.1999 schon im Grunde keine Stundungsvereinbarung, sondern ein pactum de non petendo, d. h. eine Absprache der Parteien, dass die Klägerin zeitweilig verzichtet, ihre Forderung gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Das ergibt die ergänzende Vertragsauslegung, wobei Maßstab ist, welche Regelung die Parteien bei redlicher Denkweise als einen gerechten Interessenausgleich gewollt oder akzeptiert haben würden, wenn sie bedacht hätten, dass die Gemeinde der Werklohnforderung erhebliche Einwendungen entgegenhält und ein Rechtsstreit über mehrere Instanzen geführt werden muss.

Die Beklagte hat behauptet, die Parteien hätten anlässlich der Abtretungsvereinbarung nicht bedacht, dass die Durchsetzung der Ansprüche gegenüber der Gemeinde auf derartige Schwierigkeiten stoßen werde.

Eine Verständigung darüber, wer im Weigerungsfalle die Werklohnklage anführen soll, sei nicht erfolgt.

Das hat die Klägerin nicht bestritten. Dann würde sich auch der Inhalt der Aktennotiz vom 28.04.1999 und das Schreiben der Klägerin vom 18.05.1999 erklären. Nach beiden Schreiben hat die Klägerin eine selbständige Klageerhebung gegen die Gemeinde angedroht, wenn nicht "Bewegung" in die Sache kommt.

Selbst wenn die Parteien die Entwicklung der Ereignisse nicht bedacht haben, kann nicht angenommen werden, dass sie ein Stillhalteabkommen bis zum Abschluss des im Hauptstreit laufenden Berufungsverfahrens oder darüber hinaus bis zu dessen rechtskräftigen Abschluss geschlossen hätten. Ausgangspunkt der Vereinbarung der Parteien ist gewesen, dass die Beklagte mangels liquider Mittel eine unstreitige Werklohnforderung der Klägerin in Millionenhöhe nicht begleichen und auch ausreichende Sicherheiten hierfür nicht gewähren konnte. Wegen des Zahlungsverzuges war die Klägerin bereits mit einem erheblichen Insolvenzrisiko der Beklagten belastet. Es kann nicht angenommen werden, dass sie unter diesen Umständen bereit gewesen wäre, ein mit vagen Erfolgsaussichten belastetes Verfahren auf ihre Kosten gegen die Gemeinde zu führen, abgesehen von den tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten einer Prozessführung aus Verträgen, die die Beklagte geschlossen hat. Es spricht auch nichts dafür, dass sie sich bereit erklärt hätte, auf die Klagbarkeit ihrer Forderung solange zu verzichten, bis ein von der Beklagten geführter Prozess über mehrere Instanzen abschließend entschieden ist.

Die Vereinbarung vom 12.03.1999 lässt zusammenfassend deshalb nur die Auslegung zu, dass der Anspruch der Klägerin einstweilen nicht geltend gemacht werden sollte.

Die zeitliche Begrenzung hierfür ist aber abgelaufen. Das einen wesentlichen Teil der Hauptforderung ausmachende Zivilverfahren ist seit Mitte 1999 gerichtlich anhängig, ohne dass dessen Ende abzusehen ist. Ein weiteres Abwarten hätten die Parteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Parteien nicht vereinbart, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten.

c) Die Interessenlage

Auch die Interessenlage stützt dieses Ergebnis. Die Parteien sind nicht in gleicher Weise von einer Restzahlung der Gemeinde abhängig. Die Beklagte hat unstreitig von der Gemeinde bereits Werklohn in einer Höhe erhalten, die größer ist als der gesamte Werklohnanspruch der Klägerin.

Die Klage hat deshalb im vollen Umfang Erfolg.

3. Zahlung kann die Klägerin allerdings nur Zug um Zug gegen Rückabtretung verlangen. Die Rückabtretungsverpflichtung ist, so wie tenoriert, hinreichend bestimmt. Abgetreten hat die Beklagte an die Klägerin einen erstrangigen Teilbetrag ihrer Forderung gegen die Gemeinde (5.830.835,91 DM gemäß Schlussrechnung Nr. 99/1001 vom 29.01.99, als Anlage der Vereinbarung vom 12.03.1999 beigefügt) in Höhe von 4.226.395,54 DM. Damit ist der Betrag der Rückabtretungsverpflichtung genau beziffert. Der Verweis auf die Abtretungsvereinbarung reicht. Um den ausgeurteilten Betrag reduziert sich der bezifferte Abtretungsumfang.

II.

Die Beklagte hat als unterliegende Partei die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 I ZPO).

Die Festsetzung der Beschwer beruht auf § 546 II ZPO a.F. i.V.m. § 26 Ziffer 7 EGZPO, die Anordnung zur Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 4, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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