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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 01.07.2009
Aktenzeichen: 11 U 568/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 2
BGB § 921
BGB § 922
BGB § 1004
Eine Mauer, die zwei Grundstücke auf eine Länge von 35 m voneinander trennt, ist zur Gänze eine gemeinsame Grenzeinrichtung, auch wenn nur auf eine Länge von 20 m die Grundstücksgrenze im Inneren des Mauerkörpers verläuft.
Aktenzeichen: 11 U 568/08

Verkündet am 01.07.2009

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 08.04.2009 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Söhnen, Richterin am Oberlandesgericht Albrecht und Richter am Oberlandesgericht Dr. Hanke

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 11.03.2008 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund diesen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

3. Der Gegenstandswert für die zweite Instanz ist 90.000,00 EUR.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks I..... ............ Straße .. in ....... (Flurnummer ..). Auf diesem Grundstück wurde in der Gründerzeit ein unterkellertes Gebäude errichtet, welches nach der Wiedervereinigung u. a. von der Staatsanwaltschaft des Landgerichts Zwickau genutzt wurde. Die Außenmauern zum Nachbargrundstück S........... Straße .. hin stehen an der Grundstücksgrenze. Dieses Nachbargrundstück (Flurnummer ..) gehört dem Beklagten. Es war ursprünglich zeitgleich mit dem Grundstück der Klägerin mit unterkellerten Gebäuden überbaut. Die Außenwände dieser Gebäude zum Nachbargrundstück standen ebenfalls an der Grundstücksgrenze.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob es sich dabei um gemeinsame Mauern gehandelt hat, deren Baukörper durch die Grundstücksgrenze geschnitten wurde oder ob es sich um ein mehrschaliges Mauerwerk mit einer Fuge handelte, in welcher die Grundstücksgrenze entlanglief.

Die ursprüngliche Bebauung auf dem Grundstück des Beklagten wurde während des 2. Weltkrieges zerstört. In der Nachkriegszeit wurde es mit mehreren Gebäuden und Garagen überbaut, welche die alten Außenmauern zum Grundstück des Klägers hin einbezogen. Diese Bebauung ließ der Beklagte im Jahr 2002 abreißen. Seither macht die Klägerin geltend, diejenigen Wände, die zum Grundstück des Beklagten zeigen, seien im Keller- und Erdgeschossbereich feucht geworden und müssten aufwändig saniert werden; durch den Abriss seien diese Mauern Außenmauern geworden, die gegen Witterung nicht mehr geschützt wären.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, die Kommun- und Grenzwand nach den anerkannten Regeln gegen Feuchtigkeit und Kälte dauerhaft zu schützen, auch im Kellerbereich,

2. 53.644,20 EUR nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit zu bezahlen und

3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, allen künftigen und weiteren Schaden zu ersetzen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Er hat bestritten, dass die Grenzmauer über die volle Länge eine Kommunwand gewesen sei, nur 5 m (von 35 m) seien eine Kommunwand. Im Übrigen habe er das Mauerwerk ordentlich abdichten lassen.

Das Landgericht hat zu den Feuchtigkeitsschäden und ihren Ursachen Beweis erhoben durch Sachverständigengutachten und hat danach den Beklagten verurteilt, alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Außenwand des Gebäudes der Klägerin I.................. Straße .., die an das Grundstück des Beklagten Hausnummer .. angrenzt, vor witterungsbedingten Feuchtigkeits- und Temperatureinflüssen zu schützen und festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen künftigen und weiteren Schaden zu ersetzen, der aufgrund der bislang unterlassenen Maßnahmen zu Ziffer 1 entstehen wird und

im Übrigen die Klage dem Grunde nach zugesprochen.

Die Einzelheiten finden sich in der Akte.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt.

Er behauptet auch in zweiter Instanz, nach dem Abriss der Gebäude längs der Grenzmauern alles getan zu haben, um die neuen Außenmauern der Klägerin gegen Feuchtigkeit zu schützen. Er bestreitet, dass der Abriss der Gebäude auf dem eigenen Grundstück irgendetwas mit den Feuchtigkeitsschäden im Haus der Klägerin zu tun habe, weil auch diejenigen Wände des Gebäudes der Klägerin, die keine Grenzwände zum Beklagten hin seien, massive Feuchtigkeitsschäden aufwiesen. Die einzige 5 m lange Kommunwand, die es zum Grundstück der Klägerin gegeben habe - und noch gebe -, sei beim Abbruch völlig unangetastet geblieben.

Der Beklagte verkündete dem Unternehmen, das er mit dem Abbruch der Gebäude auf der S........... Straße .. beauftragt hatte, den Streit. Die Streitverkündete trat dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten bei.

Der Senat hat zur Frage, ob die Gebäudemauern längs der Grenze zwischen der S........... Straße .. und .. eine Kommunwand bilden, den Bausachverständigen S..... gehört. Die Ergebnisse finden sich im Gutachten des Sachverständigen und im Terminsprotokoll vom 08.04.2009.

Der Beklagte und seine Streithelferin haben beantragt,

das Urteil des Landgerichts Zwickau zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

II.

Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch darauf, dass die gesamte Außenwand des Gebäudes . und ., die längs der Grundstücksgrenze zur S........... Straße .. steht, gegen Feuchtigkeit und Kälte geschützt wird (nachfolgend 1.). Sie hat auch einen Anspruch darauf, dass vorhandene Feuchtigkeitsschäden in dieser Mauer beseitigt werden (nachfolgend 2.) und sie hat schließlich einen Anspruch auf Ersatz derjenigen Schäden, die dadurch entstanden sind, dass der Beklagte die Mauer bisher nur unzureichend gegen Feuchtigkeit und Kälte geschützt hat (nachfolgend 3.).

1. Anspruch auf Schutz der 35 m langen Mauer längs der gemeinsamen Grundstücksgrenze

a) Die Außenmauer des Gebäudes der Klägerin längs der gemeinsamen Grundstücksgrenze ist rund 35 m lang. Von diesen 35 m sind rund 20 m durch Verzahnung des Mauerwerks eine Kommunwand. Das hat der Sachverständige S..... an Ort und Stelle so festgestellt. Sowohl der Sachverständige wie auch der Senat - und die Parteien - sind davon ausgegangen, dass die Außenmauern der Gebäude an den jeweiligen Flurstücksgrenzen endeten, dass also jedes Gebäude komplett auf dem dazugehörigen Flurstück stand. Die Grundstücksgrenze verlief nur in den Teilen der Mauer im Mauerwerkskörper, in denen das Mauerwerk über die Grundstücksgrenze hinweg miteinander verzahnt war. Das war auf etwa 5 m an der Nord-West-Ecke des Hauses Nr. . der Klägerin der Fall sowie an 15 m um die Süd-West-Ecke des Hauses Nr. . herum. Das hat der Sachverständige S..... so festgestellt. Das ist von den Parteien nicht angegriffen. Davon ist der Senat überzeugt.

Weil die Außenmauern längs der Grundstücksgrenze an ihren jeweiligen Endpunkten einmal 5 m und einmal 15 m miteinander verzahnt gewesen sind, ist es gerechtfertigt, die gesamten Außenmauern längs der gemeinsamen Grundstücksgrenze als eine gemeinsame Grenzeinrichtung im Sinne von § 921 BGB zu betrachten. Die Parteien haben nichts vorgetragen, was die gesetzliche Vermutung entkräftet, die Eigentümer seien zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt.

b) Die Klägerin hatte am Fortbestand der Einrichtung ein Interesse und hat das vor dem Abriss dem Beklagten auch mitgeteilt. Der Beklagte hat, wozu er berechtigt war, gleichwohl die Gebäude, die auf seinem Grundstück zur Kommunwand gehörten, abgerissen und auf diese Weise die Außenwand der Häuser . und . der Klägerin der Feuchtigkeit und der Kälte ausgesetzt. Er hat deswegen die Außenwand der Klägerin in einen Zustand zu versetzen, der sie als Außenwand so funktionstauglich macht, wie sie vor dem Abriss der Gebäude auf dem Grundstück des Beklagten gewesen war, § 922 i.V.m. § 1004 BGB. Das sieht der Bundesgerichtshof genauso: NJW 1989, 2541.

c) Es steht fest, dass diejenigen Maßnahmen, welche der Beklagte hat durchführen lassen, um die Kommunwand gegen Feuchtigkeit und Kälte zu schützen, nicht ausreichend gewesen sind. Schon der Sachverständige, der im Auftrag des Landgerichts das Gebäude der Klägerin besichtigt hat, stellte fest, dass die Kommunwand im Keller- und Erdgeschossbereich stark durchfeuchtet war und dass Ursache dieser Feuchtigkeit die unzureichende vertikale Feuchtigkeitssperre der Kommunwand war. Verstärkt hat der Beklagte den Feuchtigkeitseintrag in die Mauer noch dadurch, dass er die Kellerfußböden derjenigen Gebäude, die er längs zur Grundstücksgrenze abreißen hat lassen, im Boden belassen hatte und diese Kellerfußböden auch nicht durch einen mindestens 1/2 m breiten Streifen vom Fundamentmauerwerk der Kommunwand getrennt hatte. Der Beklagte hatte lediglich pro 15 qm ein Loch in den Boden stoßen lassen. Das reicht bei weitem nicht aus, darin waren sich sowohl der Sachverständige des Landgerichts als auch derjenige, den der Senat beauftragt hatte, einig, um zu verhindern, dass durch den Kellerfußboden sich im Erdreich Nässe anstaut, was den Feuchtigkeitseintrag in die Kommunwand erhöht.

d) Der Beklagte verteidigt sich vergeblich damit, dass neben der Kommunwand auch andere Wände im Haus der Klägerin durch Feuchtigkeit geschädigt seien. Dieser Einwand spricht dafür, dass auch die übrigen Außenwände der Klägerin gegen Feuchtigkeit nicht ausreichend gesichert sind. Das entlastet den Beklagten aber nicht von seiner Aufgabe, die bisher durch die Gebäude auf seinem Grundstück geschützte Außenwand nach dem Abriss der schützenden Gebäude gegen Feuchtigkeit zu sichern.

Der vom Landgericht beauftragte Sachverständige hat sich bereits umfassend mit dem Einwand des Beklagten auseinandergesetzt, nicht die Feuchtigkeit, die vom Grundstück des Beklagten her auf die Mauer einwirke, sei Ursache für die Durchfeuchtung der Wände, sondern aufsteigendes Grundwasser. Der Sachverständige hat das im Wesentlichen damit begründet, dass die Kellerwände im Haus der Klägerin insgesamt zwar mit Feuchtigkeit belastet seien, dass aber nirgendswo so massive Schäden aufgetreten seien wie an den Kellerwänden der Kommunwand. Der Sachverständige hielt es auch für ausgeschlossen, dass die kapilar aufsteigende Feuchtigkeit noch im Erdgeschoss massive Schäden verursachen könnte, wie von ihm festgestellt. Das hat sowohl das Landgericht wie auch den Senat überzeugt.

e) Der Sachverständige des Landgerichts hat diejenigen Arbeiten zusammengestellt, die erforderlich sind, um die Kelleraußenwände der Kommunwand zu schützen.

Zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit einer Außenwand, die bisher von intakten Gebäuden geschützt war, gehört es auch, die Außenwand so auszustatten, dass im Inneren des Nachbargebäudes kein Tauwasser auftritt.

Der Beklagte hat nicht bestritten, dass es notwendig ist, die Kommunwand zu ertüchtigen, um Tauwasserbildung im Gebäude der Klägerin zu vermeiden. Es entspricht auch der Erfahrung, dass die Außenwände von Häusern aus der Gründerzeit nicht ausreichen, um unter modernen Nutzungsbedingungen der Gebäude Tauwasserbildung an den Innenwänden zu verhindern.

Die Klägerin kann dagegen nicht verlangen - was sie auch nicht beantragt hat -, dass der Beklagte die Kommunwand mit einer Wärmedämmung versieht, die den Anforderungen der neuesten Energiesparverordnung entspricht.

2. Der Beklagte hat die ihm obliegende Sicherung der Kommunwand nach dem Abbruch der eigenen Gebäude nicht ausreichend erfüllt. Er ist deswegen zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet, § 823 Abs. 2 i.V.m. 922 BGB.

Da das Landgericht die Schadensersatzpflicht nur dem Grunde nach festgestellt hat, sind Ausführungen zur Schadenshöhe nicht veranlasst.

3. Es ist nicht auszuschließen, dass auch künftig noch Schäden aus der immer noch unzureichenden Feuchtigkeitssperre entstehen werden. Deswegen ist auch der Anspruch auf Schadensersatz für künftige Schäden dem Grunde nach gegeben.

III.

Das Rechtsmittel des Beklagten war ohne Erfolg, deswegen hat er die Kosten der Berufung zu tragen, § 97 ZPO.

Die Streithelferin des Beklagten trägt ihre Kosten selbst, § 101 ZPO.

IV.

Der Gegenstandswert setzt sich zusammen aus 50.000,00 EUR für den Schutz der Kommunwand vor Feuchtigkeit und Kälte (Klageantrag Ziffer 1), 35.000,00 EUR für den Schadensersatz dem Grunde nach (Klageantrag Ziffer 2) und 5.000,00 EUR wegen Ersatz künftiger Schäden (Klageantrag Ziffer 3).

Den Gegenstandswert für den Schutz der Wand hat der Senat orientiert am Kostenvoranschlag, den die Klägerin mit Schriftsatz vom 20.04.2009 vorgelegt hat. Aus ihm sind herausgerechnet alle Maßnahmen, die Ersatz schon eingetretenen Schadens betreffen (alle Arbeiten an den Innenwänden der Kommunwand).

V.

Der Senat weicht weder von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab, noch sieht er in der Sache besondere Bedeutung. Deswegen war die Revision nicht zuzulassen.

VI.

Die Sicherheitsleistung, mit welcher der Beklagte die Vollstreckung aus dem Urteil abwenden kann, orientiert sich an der Höhe der Kosten, welche der Beklagte der Klägerin ersetzen muss.

Da in der Hauptsache die Klägerin zum einen im Wege der Ersatzvornahme vorgeht, also selber die erforderlichen Maßnahmen ergreift, und zum anderen Pflichten des Beklagten nur dem Grunde nach festgestellt sind, kann ihm aus dem Vollzug des Urteils zunächst kein weiterer Schaden entstehen.

Ende der Entscheidung

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