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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 19.03.2003
Aktenzeichen: 11 U 851/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 144
ZPO § 531 II Ziff. 3
Wenn sich durch die angebotenen Zeugen nicht klären lässt, ob die behauptete sichtbar eingebaute Werkleistung (Türen) erbracht ist, muss das Gericht von Amts wegen einen Augenschein einnehmen, bevor es die Werklohnklage mangels Nachweis der Leistung abweist. Wenigstens muss es den Kläger vorab darauf hinweisen, dass es von Amts wegen keinen Augenschein einnehmen wird.
Oberlandesgericht Dresden

Aktenzeichen: 11 U 851/02

Verkündet am 19.03.2003

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.02.2003 durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, Richter am Oberlandesgericht und Richter am Amtsgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 22.03.2002 - Aktenzeichen: 8 O 3148/01 - im Kostenausspruch aufgehoben, im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 6.320,57 nebst 5 % Zinsen aus EUR 6.024,02 und 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG vom 01.06.1998 aus weiteren EUR 296,55 jeweils seit dem 15.05.2001 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Beklagten zur Last.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Anspruch auf Werklohn wegen Lieferung und Montage mehrerer Türen und Tore geltend.

Die Klage wurde erstinstanzlich teilweise abgewiesen, da die Klägerin die Lieferung und Montage von insgesamt 4 Türen nicht bewiesen habe. Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an die Klägerin DM 12.361,98 (EUR 6.320,57) nebst 5 % Zinsen aus DM 2.856,20 (EUR 1.460,35) seit dem 08.04.2000, aus DM 9.735,98 (EUR 4.977,92) seit dem 29.05.2000 sowie 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des DÜG vom 01.06.1998 aus DM 580,00 (EUR 296,55) seit dem 20.07.2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Klägerin ist mit Beschluss vom 21.10.2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt worden.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme des streitgegenständlichen Bauvorhabens. Wegen des Ergebnisses der Inaugenscheinnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll vom 31.01.2003.

II.

Die Berufung ist zulässig. Insbesondere wirkt sich die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht aus, da der Klägerin insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wurde. Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar, § 238 Abs. 3 ZPO.

Die Berufung hat, abgesehen von einem Teil der Zinsforderungen, auch in der Sache Erfolg. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die Klägerin auch diejenigen 4 Türen geliefert und montiert hat, die erstinstanzlich zur teilweisen Klageabweisung geführt haben.

Der Senat stützt diese Entscheidung zunächst auf die erstinstanzlich vernommenen Zeugen. Hiernach haben die Zeugen D. und L. den klägerischen Vortrag, der Zeuge S. hingegen den Beklagtenvortrag bestätigt. Zutreffend hat das Landgericht erkannt, dass es beiden Parteien nicht gelungen ist, allein durch Zeugenbeweis ihre jeweilige Position zu beweisen; denn Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen bestanden nicht. Zutreffend ging das Landgericht somit von einer non liquet Situation aus. Zu Unrecht hat jedoch das Landgericht dieses Beweisergebnis seinem Urteil zugrunde gelegt. Nach dem damaligen Parteivorbringen hätte es nämlich nahe gelegen, durch die Einnahme des Augenscheins eine Klärung des Sachverhalts herbeizuführen, denn die Frage, ob lediglich 19 oder aber die von der Klägerin behaupteten 23 Türen vor Ort montiert sind, kann ohne weiteres durch Inaugenscheinnahme beantwortet werden. Zu dem Zeitpunkt der Entscheidung durch das Landgericht war noch nicht vorgetragen, dass sich in dem streitgegenständlichen Gebäude tatsächlich mehr Türen befinden, als hier streitgegenständlich geltend gemacht werden. Eine Klärung durch Inaugenscheinnahme lag daher auf der Hand. Nach § 144 Abs. 1 ZPO kann das Gericht auch ohne entsprechenden Antrag die Einnahme des Augenscheins anordnen. Auch wenn es noch nicht ermessensfehlerhaft gewesen sein mag, dass das Landgericht dies nicht getan hat, so hätte es jedenfalls der Klägerin einen Hinweis dahingehend erteilen müssen, dass es nach der Zeugenvernehmung von einer non liquet Situation ausgeht und die Beweislast bei der Klägerin sieht und ob, ggf. warum nicht, die Klägerin die Einnahme des Augenscheins beantragt, vgl. Zöller-Greger, ZPO, 22. Aufl., § 144 Rn. 2.

Nach erfolgter Einnahme des Augenscheins geht der Senat davon aus, dass eine non liquet Situation nicht mehr besteht und die Klägerin vielmehr bewiesen hat, dass auch die restlichen 4 Türen geliefert worden sind. Zunächst hat der Ortstermin ergeben, dass insgesamt 28 Türen sichtbar im streitgegenständlichen Gebäude montiert sind, wobei davon auszugehen ist, dass 3 weitere Türen, die sich in den zum Zeitpunkt des Ortstermins verschlossenen Aufenthaltsräumen befinden sollen, tatsächlich vorhanden sind. Insgesamt befinden sich daher 31 Türen im streitgegenständlichen Gebäude. Grundsätzlich hätte damit die Klägerin einen ersten Beweis dafür erbracht, dass sämtliche 23 abgerechneten Türen auch tatsächlich geliefert und montiert wurden. Die Klägerin hat dies anhand von Montageplänen weiter konkretisiert. Anhand der Montagepläne hat die Klägerin konkret darlegen können, welche im Gebäude befindlichen Türen streitgegenständlich sind. Diese Türen konnten anhand des Planes im Rahmen der Ortsbesichtigung auch tatsächlich vorgefunden werden, mit Ausnahme der Tür mit der Pos.- Nr. 13. An der Stelle, an der sich nach dem Montageplan die Tür Nr. 13 befinden soll, befindet sich eine durchgezogene Wand.

Soweit die Türen tatsächlich vorhanden waren, hat die Klägerin somit die Lieferung und Montage der Türen beweisen können. Der gegenbeweislich erstinstanzlich vernommene Zeuge S. hilft der Beklagten nicht weiter. Der Zeuge hat ausgeführt, dass die 4 fehlenden Türen aufgrund von Planänderungen weggefallen seien und dass es auch heute noch nachvollziehbar sei, dass für diese 4 Türen keine Voraussetzungen da sind. Diese Aussage ist durch die Inaugenscheinnahme widerlegt worden. Anhand des Planes konnte nachvollzogen werden, dass sich an den im Plan vorgesehenen Stellen tatsächlich auch die Türen jeweils befinden, ausgenommen die Tür Nr. 13. Es ist also nicht so, dass 4 Türen entfallen und hierfür auch keine Voraussetzungen mehr vorhanden wären. Die Behauptung der Beklagten, dass sich die Bauherrin im Nachhinein entschlossen haben könnte, an den ursprünglich vorgesehenen, dann gestrichenen Stellen letztlich doch Türen einbauen zu lassen, ist eine Behauptung ins Blaue hinein und durch nichts belegt.

Die Klägerin hat auch die Lieferung und Montage der Tür mit der Nr. 13 bewiesen, auch wenn diese Tür vor Ort nicht mehr festgestellt werden konnte. Insoweit stützt sich der Senat auf die Aussagen der Zeugen D. und L. , die den Einbau auch dieser Tür bestätigt haben. Die Aussage des Zeugen S. kann den Beweiswert dieser beiden Aussagen nicht erschüttern, nachdem durch den Ortstermin der Zeuge S. widerlegt wurde. Die Aussage des Zeugen S. ist damit insgesamt unglaubhaft geworden. Zudem hat der Zeuge S. ausgesagt, dass eine der 4 fehlenden Türen ursprünglich in der Lagerhalle Achse 6 zwischen D und E geplant gewesen, jedoch später aufgrund einer Planänderung weggefallen sei. Sowohl der Ortstermin als auch der von der Klägerin eingereichte Montageplan zeigt, dass an der vom Zeugen S. genannten Stelle keine Tür montiert werden sollte. Es entzieht sich der Kenntnis des Senats, ob an dieser Stelle ursprünglich eine Tür eingeplant war. Die Klägerin hat eine solche Tür jedenfalls nicht in Rechnung gestellt, so dass auch eine etwaige nachträgliche Planänderung insoweit keinen Einfluss auf die streitgegenständliche Forderung haben kann. Entweder hat also der Zeuge S. die Unwahrheit gesagt oder aber er hat die gelieferten Türen anhand eines veralteten Planes überprüft und hierbei ggf. festgestellt, dass 4 Türen entfallen waren und dementsprechend auch nicht von der Klägerin geliefert worden waren. Letzteres hat dann jedenfalls keine Auswirkung auf die streitgegenständliche Forderung.

Der Berufung war daher hinsichtlich der Hauptforderung voll umfänglich stattzugeben. Hinsichtlich des Zinsanspruchs hat die Klägerin nichts vorgetragen, was einen Anspruch auf Verzugszinsen belegen könnte. Insoweit waren lediglich Prozesszinsen zuzusprechen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 in Verbindung mit § 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat nicht von obergerichtlicher Rechtsprechung abweicht. Die Entscheidung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision, weil diese Entscheidung unanfechtbar ist, § 238 Abs. 3 ZPO.



Ende der Entscheidung

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