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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 23.12.2008
Aktenzeichen: 13 U 1672/07
Rechtsgebiete: InsO, SGB IV, ZPO, BGB


Vorschriften:

InsO § 129 Abs. 1
InsO § 131 Abs. 1 Nr. 2
InsO § 133 Abs. 1
InsO § 134
InsO § 134 Abs. 1
InsO § 143
InsO § 143 Abs. 1
InsO § 143 Abs. 1 Satz 2
InsO § 143 Abs. 2 Satz 1
SGB IV § 28e Abs. 1 Satz 2
ZPO § 529
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 292 Abs. 1
BGB § 819 Abs. 1
BGB § 818 Abs. 3
BGB § 818 Abs. 4
BGB § 994
BGB § 995
1. Eine durch eine mittelbare Zuwendung des Schuldners bewirkte gläubigerbenachteiligende Vermögensverminderung kann auch darin liegen, dass dieser selbst einen Anspruch auf das dem Dritten Zugewandte gegen seinen Leistungsmittler hatte und er diesen Anspruch mit der Leistung an den Dritten verliert.

2. Der Empfänger einer mittelbaren Zuwendung kann, wenn sowohl über das Vermögen seines Schuldners wie auch über das Vermögen des Leistungsmittlers ein Insolvenzverfahren eröffnet ist, gegenüber beiden Insolvenzmassen Anfechtungsansprüchen ausgesetzt sein; im Ergebnis muss er die Leistung jedoch nur einmal zurückgewähren.

3. Die mit der Anfechtung im Zuwendungsverhältnis verbundene Folge konkurrierender Anfechtungsansprüche ist auf Rechtsfolgeebene zu lösen.

4. Gegen die Anfechtung im Zuwendungsverhältnis nach § 134 Abs. 1 InsO kann der Empfänger der unentgeltlichen Leistung eine Zahlung im Valutaverhältnis gemäß § 143 Abs. 2 Satz 1 InsO, 818 Abs. 3 BGB einwenden. Ob daneben die Zahlung im Valutaverhältnis als Aufwendung für die mit dem Anfechtungsrecht belastete Leistung nach §§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 288 Abs. 1, 292 Abs. 1, 994, 995 BGB gelten kann, lässt der Senat offen.


Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 13 U 1672/07

Verkündet am 23.12.2008

In dem Rechtsstreit

wegen Insolvenzanfechtung

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden im schriftlichen Verfahren, wobei Schriftsätze berücksichtigt worden sind, die bis zum 12.12.2008 eingereicht worden sind, durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. O......., Richter am Oberlandesgericht K........ und Richter am Oberlandesgericht S.....

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 07.09.2007, Az.: 10 O 368/06, abgeändert und - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - wie folgt neu gefasst:

a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.597,00 EUR nebst Zinsen aus diesem Betrag in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 01.04.2004 zu zahlen.

b) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 3/8 und der Kläger zu 5/8, der in diesem Umfang auch die Kosten des Nebenintervenienten zu tragen hat.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird nach Maßgabe der Gründe zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Bau......................... mbH (nachfolgend: Schuldnerin), das auf deren Antrag vom 27.01.2004 am 01.04.2004 eröffnet wurde. Diese gründete im März 1991 die ...... M..... ... GmbH (nachfolgend: Tochtergesellschaft), über deren Vermögen auf Antrag vom 07.01.2004 am 22.03.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Nebenintervenient zum Verwalter bestellt wurde. Der Kläger verlangt von der Beklagten Zahlungen auf rückständige Beiträge zur Gesamtsozialversicherung im Wege der Insolvenzanfechtung zurück, die von der Schuldnerin auf entsprechende Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft geleistet wurden.

Auf die Feststellungen des angegriffenen Urteils wird mit folgender Ergänzung Bezug genommen:

Der Nebenintervenient focht gegenüber der Beklagten ebenfalls Zahlungen auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 15.874,64 EUR an (vgl. Anlage B 1, Bl. 26 f. dA), wobei Gegenstand dieser Anfechtung - mit Ausnahme der Zahlung vom 30.09.2003 in Höhe von 4.130,24 EUR - unter weiteren auch die nunmehr vom Kläger zurückgeforderten Zahlungen waren. Die Beklagte zahlte an den Nebenintervenienten zur Abgeltung dieser Anfechtungsansprüche im Vergleichswege insgesamt 10.700,00 EUR mit der Abrede, diesen Betrag an den Kläger weiterzuleiten, wenn im Verhältnis zwischen den Insolvenzverwaltern in einem anderen Verfahren rechtskräftig festgestellt werde, wem das Anfechtungsrecht gegenüber den Zahlungsempfängern zustehe.

Das Landgericht hat der Klage gestützt auf §§ 143, 134 InsO vollständig stattgegeben.

Die Beklagte macht mit ihrer Berufung geltend, bei den angefochtenen Zahlungen handele es sich um mittelbare Zuwendungen der Tochtergesellschaft, so dass ein Anfechtungsrecht nur des Nebenintervenienten gegeben sei. Die Mittel seien der Schuldnerin von der Tochtergesellschaft zur Verfügung gestellt worden. Es habe eine Verrechnungsabrede und ein Cash-Management zwischen beiden Gesellschaften gegeben, bei dem Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der Tochtergesellschaft durch die Erfüllung von Verbindlichkeiten gegenüber dem Fiskus und der Einzugsstelle für Gesamtsozialversicherungsbeiträge ausgeglichen worden seien. Zu Unrecht habe das Landgericht zudem die Unentgeltlichkeit der Leistungen bejaht. Die Forderung der Beklagten gegenüber der Tochtergesellschaft seien nicht wertlos gewesen, weil diese nicht zahlungsunfähig gewesen sei. Im Übrigen sei die Schuldnerin selbst auch gegenüber der Beklagten zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet gewesen, weil diese die Arbeitnehmer der Tochtergesellschaft entliehen habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Dresden vom 07.09.2007, Az.: 10 O 368/06, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Bei den angefochtenen Zahlungen handele es sich nicht um mittelbare Zuwendungen, weil das von der Schuldnerin Geleistete nicht aus dem Vermögen der Tochtergesellschaft stamme. Insbesondere habe die Tochtergesellschaft die für die jeweilige Zahlung notwendigen Mittel nicht zuvor zweckgebunden zur Verfügung gestellt. Verbindlichkeiten beider Unternehmen seien zuletzt jeweils von demjenigen getilgt worden, der über die nötige Liquidität verfügt habe, und zwar dann unmittelbar aus dem Vermögen der die Zahlung ausführenden Gesellschaft. Das Bestreiten der Zahlungsunfähigkeit der Tochtergesellschaft gehe nicht substantiiert auf die hierzu vom Kläger vorgetragenen Tatsachen ein.

Der Kläger hat vom Nebenintervenienten eine Zahlung erhalten, die er in Höhe von 8.656,78 EUR auf die Hauptforderung verrechnet hat. Er hat daraufhin den Rechtsstreit in Höhe von 8.656,78 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2004 aus diesem Betrag für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen P..... und B...... Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 25.06.2008 Bezug genommen. Im Übrigen wird ergänzend auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschriften vom 13.02.2008 und 25.06.2008 Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet. Das Urteil des Landgerichts beruht auf einem Rechtsfehler, soweit es die Beklagte über einen Betrag von 4.597,00 EUR nebst Zinsen hinausgehend verurteilt hat. Der Anfechtungsanspruch ist wegen der Zahlung in Höhe von 4.130,24 EUR vom 30.09.2003 begründet. Hinsichtlich der weiteren im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Zahlungen vom 18.11.2003 und 18.12.2003 in Höhe von 3.111,74 EUR ist der Anfechtungsanspruch nur in Höhe von 466,76 EUR begründet, nachdem der Nebenintervenient diese Zahlungen im Verhältnis zur Beklagten angefochten und diese im Vergleichswege eine Zahlung in Höhe von 85 % des Nennbetrags der jeweiligen Forderung geleistet hat.

1. Die Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte unterliegen der Anfechtung gemäß §§ 143 Abs. 1, 129 Abs. 1, 134 Abs. 1 InsO.

a) Bei sämtlichen Zahlungen handelt es sich um unentgeltliche Verfügungen im Sinne des § 134 Abs. 1 InsO.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, ist die Tilgung einer nicht werthaltigen, gegen einen Dritten gerichteten Forderung unentgeltlich, weil der Empfänger der Zahlung keine ausgleichende Gegenleistung erbringt (BGH ZIP 2006, 957, 958; BGH ZIP 2008, 1385, 1386). Von der Wertlosigkeit der Forderung kann jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn der Dritte vermögenslos ist (vgl. Wittig, NZI 2005, 606, 608; Kirchhof, in: Münchner Kommentar, InsO, 2. Aufl., § 134 Rn. 31a, Henckel, in: Jäger, InsO, § 134 Rn. 25). Die Zahlungsunfähigkeit des Dritten ist ein Indiz für die Wertlosigkeit der Forderung. Ob dieses Indiz für sich genommen ausreicht, um die Wertlosigkeit der Forderung zu belegen (so wohl BGH ZIP 2006, 957, 958; BGH ZIP 2005, 767, 768; OLG Stuttgart NZI 2002, 112, 114) oder weitere für die Vermögenslosigkeit des Dritten sprechende Umstände hinzutreten müssen (vgl. Wittig, a.a.O., Kirchhof, a.a.O.) lässt der Senat offen, weil solche Umstände jedenfalls in diesem Fall vorliegen.

Die gegen die Tochtergesellschaft gerichteten Forderungen der Beklagten waren wertlos.

Die Tochtergesellschaft war zum Zeitpunkt der jeweiligen Zahlungen zahlungsunfähig. Der Kläger hat hierzu unter Vorlage von durch die Tochtergesellschaft selbst erstellten Aufzeichnungen (Anlage K 16) dargelegt, dass bereits im Sommer 2006 wesentliche Teile der Verbindlichkeiten, darunter auch solche gegenüber Sozialversicherungsträgern, nicht getilgt werden konnten. Die Aufstellung, der die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten ist, belegt, dass zum 30.09.2003 Beitragsrückstände in Höhe von 43.082,79 EUR, die zu diesem Zeitpunkt älter als 10 Wochen waren und am 15.08.2003 fällig werdende Beträge in Höhe von 93.945,84 EUR nicht beglichen waren. In dem bereits kurze Zeit nach den streitgegenständlichen Zahlungen eingeleiteten vorläufigen Insolvenzverfahren stellte der vorläufige Insolvenzverwalter kein wesentliches freies Vermögen fest, aus dem die Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft hätten gedeckt werden können (vgl. Anlage K 8). Diese - im Ergebnis für die Wertlosigkeit der Forderungen sprechenden - Indizien hat die Beklagte nicht entkräftet.

bb) Schließlich war die Schuldnerin der Beklagten nicht selbst zur Beitragszahlung verpflichtet. Ob es zwischen der Schuldnerin und ihrer Tochtergesellschaft tatsächlich zu einer Überlassung von Arbeitnehmern gekommen ist und ob aus diesem Tatbestand Beitragspflichten der Schuldnerin resultierten, kann offen bleiben. Die Beklagte vermochte keinen Sachverhalt darzulegen, aufgrund dessen der Senat dieses für die hier streitgegenständlichen Beitragszahlungen annehmen könnte.

b) Die Zahlungen benachteiligen die Gläubiger der Schuldnerin (§ 129 Abs. 1 InsO). Dies gilt auch, soweit Zahlungen an die Beklagte auf Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung geleistet wurden (BGH ZIP 2006, 290, 291). Mit der Änderung des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV zum 01.01.2008 hat sich die Rechtslage jedenfalls hier nicht geändert, weil diese Vorschrift nur auf Insolvenzverfahren Anwendung findet, die nach dem 01.01.2008 eröffnet wurden (BGH NZI 2008, 293, 294).

2. Die Zahlungen der Schuldnerin vom 08.10.2003, 18.11.2003, 27.11.2003 und 18.12.2003 in Höhe von insgesamt 11.708,52 EUR unterlagen allerdings auch der Anfechtung des Nebenintervenienten gegenüber der Beklagten gemäß §§ 143 Abs. 1, 129 Abs. 1, 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO.

a) Die von der Schuldnerin innerhalb einer Frist von drei Monaten vor dem am 07.01.2004 gestellten Insolvenzantrag aus Sicht der Beklagten als Dritte geleisteten Zahlungen waren inkongruent, weil die Beklagte sie in dieser Art nicht fordern konnte. Wie oben näher dargelegt, war die Tochtergesellschaft der Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt auch zahlungsunfähig.

b) Durch die Zahlungen der Schuldnerin werden die Gläubiger der Tochtergesellschaft auch benachteiligt. Der Senat verkennt dabei nicht, dass das Thüringer Oberlandesgericht in dem zwischen dem Kläger und dem Nebenintervenienten geführten Rechtsstreit eine Gläubigerbenachteiligung verneint hat (Urteil vom 09.11.2006, Az.: 1 U 161/06, Umdruck Seite 11) und der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 10.01.2008, IX ZR 229/06) in dem die Nichtzulassung der Revision gegen dieses Urteil betreffenden Beschwerdeverfahren angenommen hat, die von der Schuldnerin veranlassten Zahlungen seien aus deren Vermögen und nicht mittelbar aus dem Vermögen der Tochtergesellschaft geleistet worden. Auf der Grundlage der im vorliegenden Verfahren nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Feststellungen nimmt der Senat allerdings eine die Gläubiger der Tochtergesellschaft benachteiligende mittelbare Zuwendung an.

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterliegen Zahlungen, die unter Einschaltung eines Leistungsmittlers erbracht werden, als mittelbare Zuwendungen der Anfechtung, wenn diese als unmittelbar vom Schuldner erbrachte Leistungen ohne weiteres anfechtbar wären, so z.B. wenn der Schuldner einen Drittschuldner anweist, die von diesem geschuldete Leistung nicht ihm, sondern einem Gläubiger des Schuldners zu erbringen und dieser erkennen kann, dass es sich dabei um eine Leistung des Schuldners handelt (vgl. BGHZ 174, 228, 239; OLG Stuttgart NZI 2002, 112, 114). Voraussetzung für die Anfechtbarkeit einer solchen mittelbaren Zuwendung ist allerdings, dass der Schuldner eine Rechtsposition aus seinem Vermögen aufgibt, die selbst Grundlage der Anfechtung sein könnte (BGHZ 72, 39, 42; BGH WM 1955, 407, 409 f.). Hierfür genügt es, wenn der Gegenwert für den Erwerb des Anfechtungsgegners aus dem Vermögen des Schuldners stammt (BGHZ 174, 228, 237; Kirchhof, in: Münchner Kommentar, InsO, 2. Aufl., § 129 Rn. 71 m.w.N.). In dem der vorstehend zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Sachverhalt war eine mittelbare Zuwendung gegeben, weil die Schuldnerin ihrem Leistungsmittler entweder das zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten erforderliche Geld überwiesen oder ihm Gegenstände ihres Aktivvermögens übertragen hatte, damit deren Gegenwert für die Erfüllung eingesetzt werden konnte (vgl. BGH, a.a.O.). Damit sind allerdings die für eine mittelbare Zuwendung in Betracht kommenden Fallgestaltungen nicht abschließend beschrieben. Wie in den Fällen einer Anweisung auf Schuld regelmäßig, kann die durch die mittelbare Zuwendung bewirkte Vermögensminderung des Schuldners auch darin liegen, dass dieser selbst einen Anspruch auf das dem Dritten Zugewandte gegen sein Leistungsmittler hatte und er diesen Anspruch mit der Leistung an den Dritten verliert (vgl. BGHZ 72, 39, 42; BGH NJW 1998, 2592, 2599; BGHZ 142, 284, 288; BGHZ 174, 314, 316; BGH ZIP 2008, 2182; Henckel, in: Jäger, InsO, § 130 Rn. 40, 47; Kirchhof, in: Münchner Kommentar, InsO, 2. Aufl., § 19 Rn. 71).

bb) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass zwischen der Schuldnerin und ihrer Tochtergesellschaft Verrechnungskonten geführt wurden, in denen Ansprüche aus wechselseitig erbrachten Leistungen eingestellt wurden. Auf diese Weise wurden Ansprüche der Tochtergesellschaft aus für die Schuldnerin erbrachten Werkleistungen mit aus Zahlungen der Schuldnerin an Gläubiger der Tochtergesellschaft herrührenden Ausgleichsansprüchen verrechnet. Der Kläger hat diesbezüglich im Verfahren erster Instanz eingestanden (§ 288 ZPO), dass durch die Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte Forderungen der Tochtergesellschaft gegen die Schuldnerin in voller Höhe befriedigt worden sind (vgl. Schriftsatz vom 21.09.2006, Bl. 133 dA), mithin zum Zeitpunkt der jeweiligen Zahlung ein diese übersteigender Verrechungssaldo zu Gunsten der Tochtergesellschaft bestand. Gegenwert für die von der Schuldnerin erbrachten Leistungen ist danach der Verlust der der Tochtergesellschaft aus der Verrechnungsabsprache zustehenden Ansprüche. Aufgrund der Verrechnungsabrede waren beide Unternehmen auch darüber einig, dass der Gegenwert für die Zahlung an die Beklagte letztlich aus dem Vermögen der Tochtergesellschaft herrühren sollte. Ob diese oder deren Gläubiger gegen die Schuldnerin einen Anspruch auf die Vornahme dieser Zahlungen hatte, ist unerheblich. Ausreichend ist - und das steht für den Senat auf der Grundlage der Aussage des Zeugen B..... fest -, dass die Schuldnerin nach wöchentlich erfolgter Absprache die Tilgung der jeweils besonders dringlichen Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft auf deren Bitte hin übernahm.

cc) Nicht gefolgt werden kann dem Kläger in seiner, auch der Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichts zugrunde liegenden Argumentation, eine Benachteiligung der Gläubiger der Tochtergesellschaft durch diese Verfahrensweise scheide aus, weil deren Ansprüche gegen die Schuldnerin ohnehin wertlos gewesen seien. Hierauf kommt es nicht an, weil die mittelbaren Zuwendungen der Tochtergesellschaft so zu behandeln sind, als habe die Schuldnerin an diese und sie wiederum an die Beklagte geleistet (BGHZ 174, 228, 237). Damit ist für die anfechtungsrechtliche Beurteilung zu unterstellen, dass die Tochtergesellschaft die Forderung aus eigenen Mitteln beglichen hat (vgl. auch Keller, EWiR 2008, 211, 212). Ob die Tilgung der Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der Tochtergesellschaft möglicherweise ihrerseits der Insolvenzanfechtung unterlegen hätte, bleibt als hypothetische Betrachtung unerheblich.

3. Die Beklagte ist hinsichtlich der Zahlungen vom 18.11.2003 und 18.12.2003 in Höhe von insgesamt 3.111,74 EUR nur noch in Höhe von 466,76 EUR bereichert, nachdem sie an den Nebenintervenienten bereits im Vergleichswege eine Zahlung in Höhe von 10.800,00 EUR leistete.

a) Ebenso wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 16.11.2007, Az: IX ZR 194/04 (BGHZ 174, 228) geht auch der Senat im Ergebnis davon aus, dass die Beklagte nicht wegen derselben Leistung einerseits dem Kläger und andererseits dem Nebenintervenienten zur Rückerstattung verpflichtet sein kann. Der Senat verneint allerdings einen tatbestandlichen Vorrang der Anfechtung des Nebenintervenienten gegenüber derjenigen des Klägers.

aa) Ein tatbestandlicher Vorrang der Deckungsanfechtung würde den schutzwürdigen Interessen des Anfechtungsgegners nicht gerecht. Dieser ist, wie der Bundesgerichtshof zu Recht hervorgehoben hat, in jedem Fall vor doppelter Inanspruchnahme zu schützen. Dies wäre auf der Basis des tatbestandlichen Vorrangs der Deckungsanfechtung zumindest dann nicht sicher zu gewährleisten, wenn der Anfechtungsanspruch im Zuwendungsverhältnis zuerst geltend gemacht und vom Anfechtungsgegner auch erfüllt wird.

bb) Der Senat hält auch die Erklärung der Anfechtung im Valutaverhältnis letztlich nicht für ein hinreichendes Ausschlusskriterium. Zunächst ist fraglich, in welcher Weise der im Valutaverhältnis anfechtende Insolvenzverwalter seinen Anfechtungsanspruch geltend machen müsste. Reichte hier die außergerichtliche Geltendmachung, müsste eine im Zuwendungsverhältnis bereits anhängige Klage abgewiesen werden, obwohl nicht feststünde, ob und in welchem Umfang die anfechtbare Leistung später tatsächlich zurückgewährt wird. Das gleiche gilt im Übrigen selbst dann, wenn auf die klageweise Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs abgestellt würde. Eine solche Lösung vermag auch nicht abschließend zu beantworten, wie weit die Ausschlusswirkung reicht, wenn - wie hier - mit dem im Valutaverhältnis anfechtenden Insolvenzverwalter ein Vergleich geschlossen wurde.

b) Die mit der Anfechtung im Zuwendungsverhältnis verbundene Folge konkurrierender Anfechtungsansprüche ist auf Rechtsfolgenebene zu lösen. Ob diesbezüglich ein genereller Vorrang der Deckungsanfechtung anzunehmen ist oder ob sich die Frage des Vorrangs letztlich nach dem Inhalt des Deckungsverhältnisses beurteilen muss (hierfür mit beachtlichen Gründen: Brinkmann, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, 34. Lfg., Anh. I zu § 145 Rn. 58), lässt der Senat offen. Ungeachtet dessen kann der Anfechtungsgegner gegen die Anfechtung im Zuwendungsverhältnis nach § 134 Abs. 1 InsO in Höhe der tatsächlich im Valutaverhältnis geleisteten Zahlung die Entreicherung gemäß §§ 143 Abs. 2 Satz 1 InsO, 818 Abs. 3 BGB einwenden. Der Empfänger einer unentgeltlichen Verfügung ist demnach zur Rückgewähr nur verpflichtet, soweit er durch die Leistung bereichert ist. An einer solchen Bereicherung fehlt es, wenn der Anfechtungsgegner das Erlangte an den Berechtigten zurückgezahlt hat. Berechtigt an dem anfechtbar Erlangten ist aus der Perspektive der Beklagten sowohl der Kläger wie auch der Nebenintervenient. Dieser hat durch den Vergleich auf Anfechtungsansprüche im Umfang von insgesamt 12.768,52 EUR eine Zahlung von 10.800,00 EUR erhalten, mithin eine Deckung in Höhe von 85 %. In dieser Höhe kann sich die Beklagte gegenüber dem Kläger auf die Entreicherung berufen. Dass in dem Vergleich zwischen dem Nebenintervenienten und der Beklagten eine andere als die quotale Befriedigung der geltend gemachten Anfechtungsansprüche gewollt war, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Ob Zahlungen der Beklagten an den Nebenintervenienten daneben auch als Aufwendungen für die mit dem Anfechtungsrecht belastete Leistung gemäß §§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292 Abs. 1, 994, 995 BGB gelten können, bedarf keiner Entscheidung, weil die Beklagte dem Anfechtungsanspruch ebenfalls nur das tatsächlich Gezahlte entgegenhalten könnte und die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO vom Kläger nicht dargelegt werden.

4. Der Zinsanspruch beruht auf §§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291 Satz 1 Hs. 2, Satz 2, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB (BGHZ 171, 38).

III.

Die vorgenannten Grundsätze berücksichtigt, hat die Klage hinsichtlich des erledigten Teils des Rechtsstreits nur in Höhe von 15 % Aussicht auf Erfolg gehabt, nachdem bereits die Zahlung an den Nebenintervenienten zur Unbegründetheit des Anfechtungsanspruchs führte.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Entscheidung beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

V.

Die Revision wird für beide Parteien zugelassen, soweit es um die Anfechtbarkeit der Zahlungen vom 18.11.2003 und 18.12.2003 geht. Soweit der Senat die Zahlungen als mittelbare Zuwendungen der Tochtergesellschaft behandelt, dient die Zulassung der Revision der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Im Übrigen ist die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses der hier bejahten Anfechtungsansprüche von grundsätzlicher Bedeutung.

Ende der Entscheidung

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