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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 15.02.2007
Aktenzeichen: 13 U 1797/01
Rechtsgebiete: BGB, InsO, AGBG, HGB, GmbHG, AnfG


Vorschriften:

BGB § 288
BGB § 291 Satz 1
BGB § 404
BGB § 812
BGB § 819 Abs. 1
InsO § 129 Abs. 1
InsO § 131 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 131 Abs. 1 Nr. 2
InsO § 133
InsO § 133 Abs. 1
InsO § 135 Abs. 2
InsO § 135 Nr. 2
InsO § 140 Abs. 1
InsO § 140 Abs. 2
InsO § 143 Abs. 1
InsO § 143 Abs. 1 Satz 2
InsO § 145 Abs. 2 Nr. 1
AGBG § 5
HGB § 128 Satz 1
HGB § 172a
HGB § 354 a
GmbHG § 32a Abs. 3
AnfG § 3
1. Geht der Schuldner eine Verpflichtung mit dem Vorsatz ein, seine Gläubiger zu benachteiligen, so ist im Regelfall anzunehmen, dass dieser Vorsatz auch im Zeitpunkt der Erfüllung dieser Verpflichtung noch fortbesteht, selbst wenn die Verpflichtung allein nicht zu einer objektiven Benachteiligung der Insolvenzgläubiger geführt hat.

2. Dieser Grundsatz gilt entsprechend für die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners.


Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13. Zivilsenat

Aktenzeichen: 13 U 1797/01

Verkündet am 15.02.2007

In dem Rechtsstreit

wegen Anfechtung

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden im schriftlichen Verfahren auf der Grundlage der bis zum 01.02.2007 eingereichten Schriftsätze durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. ........, Richterin am Oberlandesgericht .... Richter am Oberlandesgericht ......

für Recht erkannt:

Tenor:

I.

1. Auf die Berufung des Beklagten - soweit über dieses Rechtsmittel noch nicht rechtskräftig entschieden ist - wird das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 09.07.2001, Az.: 3 O 38/00, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klägerin und die Drittwiderbeklagten zu 1) bis 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Beklagten 351.063,33 EUR nebst 4 % Zinsen aus diesem Betrag p.a. seit dem 01.11.1999 zu bezahlen.

2. Die Berufungen der Klägerin und der Drittwiderbeklagten zu 1) bis 3) werden - soweit über diese Rechtsmittel noch nicht rechtskräftig entschieden ist - zurückgewiesen.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:

1. Außergerichtliche Kosten:

a) Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte für das Verfahren erster Instanz zu 43 %, für das Verfahren zweiter Instanz zu 36 % sowie für das Verfahren dritter Instanz zu 48 %.

b) Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen für das Verfahren erster Instanz die Klägerin und die Drittwiderbeklagten zu 1) bis 3) zu 47 % als Gesamtschuldner sowie die Klägerin allein zu weiteren 11 %, für das Verfahren zweiter Instanz die Klägerin und die Drittwiderbeklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner zu 64 % und für das Verfahren dritter Instanz die Klägerin und die Drittwiderbeklagten als Gesamtschuldner zu 52 %.

c) Im Übrigen werden außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

2. Gerichtskosten:

a) Die Gerichtskosten des Verfahrens erster Instanz tragen die Klägerin und die Drittwiderbeklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner zu 47 %, die Klägerin allein zu weiteren 11 % und der Beklagte zu 42 %.

b) Die übrigen Gerichtskosten tragen die Klägerin und die Drittwiderbeklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner zu 52 % und der Beklagte zu 48 %.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner kann die Vollstreckung des jeweiligen Gläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil gegen ihn vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor der jeweilige Gläubiger in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags Sicherheit leistet.

IV.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens für die Zeit nach dem 02.02.2006 wird auf 351.063,33 EUR festgesetzt.

V.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im noch nicht rechtskräftig entschiedenen Teil des Rechtsstreits um die Anfechtung von Mietzinszahlungen, die der Beklagte widerklagend verfolgt. Wegen des bereits rechtskräftig entschiedenen Teils des Rechtsstreits wird auf das Senatsurteil vom 07.03.2003 sowie das Urteil des Revisionsgerichts vom 02.02.2006 Bezug genommen.

Die Drittwiderbeklagten sind Gesellschafter der Klägerin. Der Beklagte ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der M GmbH & co KG (im Folgenden: Schuldnerin), das das Amtsgericht Kassel auf einen am 04.08.1999 eingegangenen Insolvenzantrag hin eröffnete.

W, Kommanditist und Gesellschafter der Komplementärin der Schuldnerin, war Eigentümer des Grundstücks in Z., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Z., Grundbuch von Z., Bl., Flurstück und Grundbuch von N. Bl., Flurstück und Flurstück.

Am 15.05.1996 schlossen W. und die Schuldnerin einen Mietvertrag, mit dem er eine Fläche in einem noch zu errichtenden Einkaufszentrum auf seinem Grundstück an die Schuldnerin zum Betrieb eines Möbelmarktes vermietete. Nach § 2 des Vertrags begann die Verpflichtung zur Mietzahlung mit der Übergabe der Mietsache, spätestens jedoch mit der Eröffnung des Möbelmarkts. Der Mietzins war monatlich im Voraus bis zum dritten Werktrag auf ein vom Vermieter zu benennendes Konto zu zahlen.

Den Mietzins vereinbarten die Vertragsparteien hinsichtlich einer Fläche von 4.642,20 m² mit 16,50 DM (netto) und hinsichtlich einer weiteren Fläche von 663,57 m² mit 12,00 DM (netto). Bezüglich der weiteren mietvertraglichen Vereinbarungen wird auf den Mietvertrag vom 15.05.1996, Anlage B 1 zum Schriftsatz vom 06.03.2000, und die drei Nachträge vom 10.11.1996 und 22.10.1998, Anlage 4 a, 4 b, 4 c zum Schriftsatz vom 10.01.2000, verwiesen.

Mit notariellem Bauträgervertrag des Notars Z. vom 02.12.1996, Urkundenrollen-Nr.: 368/96, verkaufte W. an die Klägerin das oben genannte Grundstück zu einem Nettokaufpreis von 38 Mio DM. § 3 des Vertrags verpflichtete den Verkäufer W. zur Errichtung eines Möbelfachmarkts und -lagers sowie eines Einkaufs-, Sport- und Fitnesscenters. Auf den Abschluss des Mietvertrags mit der Schuldnerin sowie auf einen daneben bestehenden Mietvertrag mit der Möbel W. AG wurde hingewiesen. In § 3 Abs. 4 vereinbarten die Vertragsparteien, dass das unveränderte Fortgelten dieser Mietverträge vom Zeitpunkt der Übertragung von Besitz, Nutzung, Gefahr und Lasten auf den Erwerber Geschäftsgrundlage ist.

Bezüglich des weiteren Inhalts wird auf den notariellen Bauträgervertrag vom 02.12.1996, Anlage 1 zum Schriftsatz vom 10.01.2000, verwiesen. Am selben Tag verkaufte W. der Klägerin ein weiteres (bebautes) Grundstück in E., welches zu einem Teil an die Schuldnerin und zum anderen Teil an die H. GmbH vermietet war.

Die Auflassungsvormerkung zu Gunsten der Klägerin für das Objekt in Z. wurde am 04.12.1996 vom Notar beantragt und am 08.01.1997 im Grundbuch eingetragen. Die Klägerin zahlte im Dezember 1996 den vereinbarten Kaufpreis an W. In der Folgezeit errichtete dieser das Einkaufszentrum.

Am 07.10.1997 gewährte die GmbH & Co., vertreten durch den Drittwiderbeklagten zu 1) als Geschäftsführer und Gesellschafter, der Schuldnerin ein Darlehen über 3,5 Mio DM mit einer Laufzeit bis zum 30.12.1997. Wegen des Inhalts im Einzelnen wird auf den Darlehensvertrag vom 07.10.1997, Bl. 112 ff. dA, Bezug genommen. Die Darlehensgeberin prolongierte in der Folgezeit den Rückzahlungszeitpunkt und stockte das Darlehen am 24.07.1998 auf 6,5 Mio DM auf. Nach dem 30.10.1998 zahlte der Gesellschafter der Schuldnerin W. das Darlehen zurück.

Am 30.10.1998 wurde das errichtete Mietobjekt übergeben. Die Eintragung der Klägerin im Grundbuch erfolgte am 07.01.1999.

Die Schuldnerin, welche die übergebenen Räume nicht nutzte, zahlte im Zeitraum November 1998 bis Januar 1999 zum Fälligkeitszeitpunkt weder die Miete für das Objekt in Z. in Höhe von monatlich 98.088,60 DM brutto noch diejenige für das Objekt in E. in Höhe von 239.134,00 DM monatlich. Am 19.01.1999 kam es zu einer Besprechung zwischen der Klägerin und der Schuldnerin, in welcher diese vereinbarten, für die rückständigen Mieten Wechsel mit 90tägiger Laufzeit, beginnend ab der Fälligkeit des jeweiligen Mietzinses zu übergeben. Für den künftig fällig werdenden Mietzins vereinbarten die Parteien eine Zahlung durch entsprechende Wechsel.

Mit Schreiben vom 20.01.1999 übergab die Schuldnerin für das Objekt in Z. drei Wechsel mit Fälligkeit 05.02.1999, 05.03.1999 und 05.04.1999, welche zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt eingelöst wurden. Für die Mieten ab Februar 1999 übergab sie am 05.02.1999, 05.03.1999, 06.04.1999 und 05.05.1999 jeweils einen Dreimonatswechsel. Auch diese wurden zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt eingelöst, der letzte Wechsel vom 05.05.1999 für die Monatsmiete Mai 1999 am 05.08.1999. Dieselbe Vorgehensweise fand bezüglich des Objekts in E. statt. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Wechsel Bl. 137 ff. dA verwiesen.

Der Beklagte hat im Wege der Widerklage die Rückzahlung der für die Monate November 1998 bis Mai 1999 gezahlten Miete verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, ihm stünde bezüglich der Miete für November 1998 bis Januar 1999 ein Anspruch aus § 812 BGB zu, da § 15 des Mietvertrags vom 15.05.1996 ein Abtretungsverbot enthalte. Hilfsweise ergebe sich die Rückzahlungsverpflichtung auch aus dem Anfechtungsrecht. Alle vorgenommenen Mietzinszahlungen der Schuldnerin seien nach § 133 InsO anfechtbar, da die Übergabe der Wechsel eine inkongruente Leistung darstelle. Außerdem unterlägen die Mietzinszahlungen bis zur Eigentumsumschreibung am 07.01.1999 der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 InsO i.V.m. § 404 BGB und für die Folgezeit nach §§ 135 Nr. 2, 145 Abs. 2 Nr. 1 InsO. Nach § 140 Abs. 1 InsO sei zur Beurteilung der Anfechtungslage auf den Beginn des jeweiligen Nutzungszeitraums abzustellen. Auf § 140 Abs. 2 InsO könne sich die Klägerin nicht berufen, da diese Vorschrift nicht auf Mietzinsansprüche anwendbar sei.

Der Beklagte hat beantragt,

die Kläger gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 686.620,20 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 05.08.1999 an den Beklagten zu verurteilen.

Die Klägerin und die Drittwiderbeklagten zu 1) bis 3) beantragen,

die Widerklage abzuweisen.

Die Voraussetzungen für eine Anfechtung wegen eigenkapitalersetzender Gesellschafterleistungen lägen ebenso wenig vor, wie diejenigen für eine Vorsatzanfechtung. Eine Kenntnis von der Krise der Schuldnerin habe nicht vorgelegen. Der Gesellschafter K. habe bei der Darlehensgewährung lediglich erklärt, aufgrund des Ausscheidens der Mitgesellschafterin werde kein Darlehensvertrag mit der Bank abgeschlossen. § 15 des Mietvertrages enthalte kein Abtretungsverbot, da die Formulierungen unklar seien und damit § 5 AGBG Anwendung finde. Aufgrund der Zahlungen der Schuldnerin sei außerdem von einer konkludenten Abänderung des Mietvertrages auszugehen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen O., B. und K. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 14.05.2001, Bl. 441 ff. dA, verwiesen.

Die erste Instanz hat der Widerklage unter Abweisung im Übrigen in Höhe von 392.354,40 DM stattgegeben. Bezüglich der Miete für die Monate Februar bis Mai 1999 sei die Anfechtung aus § 131 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 InsO begründet. Für die Monate November 1998 bis Januar 1999 sei die Widerklage abzuweisen, da ein Anfechtungsgrund nicht vorliege und das mietvertragliche Abtretungsverbot nach § 354 a HGB unwirksam sei.

Gegen das Urteil haben beide Seiten Berufung eingelegt. Soweit diese sich auf den Klageanspruch und den Zinsanspruch hinsichtlich der Widerklage für die Zeit vor dem 01.11.1999 bezogen, ist der Rechtsstreit zwischenzeitlich rechtskräftig entschieden.

Der Beklagte begehrt mit seiner Berufung die Rückzahlung der Miete für die Monate November 1998 bis Januar 1999.

Die Schuldnerin sei bereits bei Abschluss des Mietvertrags, jedenfalls aber bei der Übergabe des Mietobjekts zahlungsunfähig und überschuldet gewesen, so dass die Gebrauchsüberlassung eine eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistung darstelle. Hieraus folge, dass die Mietzahlungen der Anfechtung nach §§ 135 Nr. 2 InsO, 32a GmbHG i.V.m. § 404 BGB unterlägen.

Im Übrigen seien auch die Voraussetzungen für eine Anfechtung gem. § 133 Abs. 1 InsO gegeben. Allein aufgrund der unstreitig rückständigen Mietzinsen für die Objekte Z. und E. könne die Zahlungseinstellung der Schuldnerin am 19.01.1999 angenommen werden.

Der Beklagte beantragt widerklagend,

das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 09.07.2001 - 3 O 38/00 - abzuändern und die Klägerin und die Drittwiderbeklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, insgesamt 351.063,33 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 01.11.1999 zu zahlen.

Die Klägerin und die Drittwiderbeklagten zu 1) bis 3) beantragen,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen und das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 09.07.2001 - 3 O 38/00 - bei Aufrechterhaltung des Feststellungsausspruchs erster Instanz abzuändern und die Widerklage abzuweisen, hilfsweise, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 784.708,80 DM nebst 5,825 % Zinsen auf 98.088,60 DM ab dem 05.11.1999 bis 30.04.2000, aus 98.088,60 DM ab dem 05.12.1999 bis 30.04.2000, aus 98.088,60 DM ab dem 05.01.2000 bis 30.04.2000, aus 98.088,60 DM ab dem 05.02.2000 bis 30.04.2000, aus 98.088,60 DM ab dem 05.03.2000 bis 30.04.2000, aus 98.088,60 DM ab dem 05.04.2000 bis 30.04.2000, nebst 8,42 % Zinsen aus 588.531,60 DM ab ddem 01.05.2000 bis 31.08.2000 nebst 8,42 % Zinsen aus 98.088,60 DM ab dem 05.05.2000 bis 31.08.2000, aus 98.088,60 DM ab dem 05.06.2000 bis 31.08.2000, sowie nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus 784.708,80 DM ab dem 01.09.2000 zu zahlen.

Sie behaupten, noch im Jahr 1999 sei der Schuldnerin von der K. Sparkasse ein Darlehen zu marktüblichen Konditionen gewährt worden, so dass die Gebrauchsüberlassung keinen eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt habe.

Könne aber nicht von einer eigenkapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung ausgegangen werden, erschöpfe sich die Wirkung der Wechselvereinbarung in einer Stundung. Allein die Inkongruenz der Wechselvereinbarung könne daher kein Indiz für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin und dessen Kenntnis durch die Klägerin sein. Die Vereinbarung sei wegen der Stundungswirkung allein der Schuldnerin zu Gute gekommen. Die Wechselvereinbarung sei mit der Schuldnerin getroffen worden, weil diese aufgrund der schlechten Ertragslage um eine Stundung gebeten habe. Die Klägerin habe sich darauf eingelassen, weil sich die Schuldnerin im Gegenzug verpflichtet habe, in den Objekten Z. und E. auf eigene Rechnung Hausmeistertätigkeiten ausführen zu lassen. Soweit der Beklagte seine Ansprüche nunmehr auch auf eine eigenkapitalersetzende Gebrauchsüberlassung stützt, wenden Klägerin und Drittwiderbeklagte Verjährung ein.

Der Beklagte beantragt ferner,

die Berufung der Klägerin und Drittwiderbeklagten zurückzuweisen.

Bezüglich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Protokolle verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Soweit noch nicht rechtskräftig entschieden, hat die Berufung des Beklagten Erfolg. Die Berufungen der Klägerin und der Drittwiderbeklagten sind dagegen unbegründet.

I.

Streitgegenständlich ist noch der vom Beklagten mit der Widerklage verfolgte Anspruch auf Rückzahlung der für den Zeitraum November 1998 bis Mai 1999 gezahlten Mieten in Höhe von 686.620,20 DM, mithin für sieben Monate zu je 98.088,60 DM, nebst Zinsen in Höhe von 4 % aus diesem Betrag p.a. seit dem 01.11.1999. Im Umfang der Widerklageabweisung durch das Senatsurteil vom 07.03.2002 (Zinsanspruch vor dem 01.11.1999) liegt bereits eine rechtskräftige Entscheidung vor. Der über die Widerklage hinausgehende Berufungsantrag der Klägerin und Drittwiderbeklagten ist gegenstandslos.

II.

1. Der Beklagte hat einen Anspruch auf Zahlung von 686.620,20 DM (351.063,33 EUR) gegen die Klägerin und die Drittwiderbeklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner gem. §§ 143 Abs. 1, 129 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO, 128 Satz 1 HGB analog.

a) Die Einlösung der Wechsel durch die Schuldnerin unterliegt der Anfechtung gem. §§ 129 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO.

aa) Mit der Einlösung der Wechsel hat die Schuldnerin eine die Gläubiger zumindest mittelbar benachteiligende Rechtshandlung binnen der Frist des § 133 Abs. 1 InsO vorgenommen. Erfolgt - wie hier - die Einlösung des Wechsels aus einem Kontoguthaben oder einem dem Schuldner eröffneten Kontokorrentkredit, benachteiligt dies die Gläubigergemeinschaft stets zumindest mittelbar (vgl. Kirchhof, in: MüKo, InsO, § 129 Rn. 145 m.w.N.).

bb) Die Schuldnerin nahm die Einlösung der Wechsel auch mit dem Vorsatz vor, ihre Gläubiger zu benachteiligen. Der Schuldner handelt mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn er bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt hat oder als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt und gebilligt hat (BGHZ 155, 75, 84; 162, 142, 153). Der Senat gelangt nach Würdigung des unstreitigen tatsächlichen Parteivorbringens zu der Überzeugung (§ 286 ZPO), dass ein solcher Vorsatz der Schuldnerin zum Zeitpunkt der Einlösung der Wechsel vorlag.

(1) Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Inkongruenz der Zahlungen auf die Wechsel und ein daraus folgendes Beweisanzeichen für einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nur dann angenommen werden können, wenn die Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Schuldnerin vom 19.01.1999 erfolgreich angefochten werden kann. Nach der Entscheidung des Revisionsgerichts liegt eine Gläubigerbenachteiligung nur vor, wenn sich zu Gunsten des Gläubigers die spezifischen Vorteile der Wechselbegebung bzw. - annahme auswirken. Dies zugrunde gelegt wäre von der Anfechtbarkeit der Vereinbarung vom 19.01.1999 gem. § 133 Abs. 1 InsO nur dann auszugehen, wenn die Wechselbegebung zum Ausschluss der Einrede der eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung gem. §§ 32a Abs. 3 GmbHG, 172a HGB, 404 BGB geführt hätte. Letzteres kann offen bleiben.

(2) Der Senat vermag einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin auch dann festzustellen, wenn die Einlösung der Wechsel eine kongruente Deckung gewesen sein sollte. Dabei mag der Wille des Schuldners, der eine Verbindlichkeit in der geschuldeten Art und Weise erfüllt, in aller Regel darauf gerichtet sein, seinen vertraglichen Pflichten nachzukommen (vgl. Kreft, in: HK, InsO, 4. Aufl., § 133 Rn. 14; Kirchhof, in: MüKo, InsO, § 133 Rn. 33). Soweit die die Kongruenz begründende Verpflichtung allerdings mit Benachteiligungsvorsatz eingegangen wurde, wird dessen Fortdauer im Erfüllungsstadium vermutet (RGZ 116, 134, 138; RGZ 27, 130, 136 jeweils zu § 3 AnfG; RG LZ 1914, 1912, 1913; Kirchhof, in: MüKo, InsO, § 129 Rn. 62, § 133 Rn. 33). Dies gilt nicht nur - wie das Reichsgericht für § 3 AnfG entschieden hat - wenn mit Benachteiligungsvorsatz erstmals eine Verpflichtung begründet wird, die mangels Beeinträchtigung des Gläubigerzugriffs nicht selbst der Gläubigeranfechtung unterliegt, sondern auch dann, wenn mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz eine bestehende Schuld verstärkt oder gesichert wird, die mit der Sicherung oder Verstärkung verbundenen spezifischen gläubigerbenachteiligenden Wirkungen aber ausbleiben. Die mit der Verstärkung oder Sicherung einer Schuld verbundene Besserstellung eines Gläubigers wirkt sich im Erfüllungsstadium typischerweise auch dann aus, wenn der Gläubiger von seinen zusätzlichen Rechten keinen Gebrauch machen muss. Der Schuldner wird diesen Gläubiger regelmäßig im Erfüllungsstadium deswegen eher berücksichtigen, weil ihm von anderen, nicht in gleicher Weise privilegierten Gläubigern, weniger Gefahr droht. Entgegen der Sicht der Klägerin und der Drittwiderbeklagten zu 1) bis 3) ist es auch nicht erforderlich, dass sich die Gläubigerbenachteiligung, auf die sich der Vorsatz des Schuldners bezieht, auch tatsächlich realisiert (Jaeger/Henckel, KO, 9. Aufl., § 31 Rn. 8, Rn. 10).

(2.1) Die Verpflichtung, die rückständigen und laufenden Mietzinsforderungen durch die Hingabe von Wechseln zu verstärken, ist mit dem Vorsatz begründet worden, die übrigen Gläubiger zu benachteiligen. Der Senat verweist zur weiteren Begründung auf sein Urteil vom 07.03.2002, gegen die vom Revisionsgericht in diesem Punkt nichts erinnert wurde (vgl. Seite 12 des Revisionsurteils).

(2.2) Wird danach zu Lasten der Klägerin vermutet, der bei der Begründung der Verpflichtung, für die Mietzinsforderung Wechsel zu begeben, festgestellte Gläubigerbenachteiligungsvorsatz habe zum Zeitpunkt der Einlösung der Wechsel noch fortbestanden, wäre es an ihr, einen Sachverhalt darzulegen, aufgrund dessen der Senat den Wegfall dieses Vorsatzes annehmen könnte. Die Klägerin und die Drittwiderbeklagten zu 1) bis 3) sind dem nicht nachgekommen.

cc) Der Klägerin war der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin auch bekannt. Sie kannte alle die oben unter bb) festgestellten Umstände, die auf Seiten der Schuldnerin den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz begründen.

b) Die Drittwiderbeklagten haften gem. § 128 Satz 1 HGB analog neben der Klägerin als Gesamtschuldner.

2. Der Zinsanspruch beruht auf §§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, 819 Abs. 1, 291 Satz 1, 288 BGB in der am 01.11.1999 geltenden Fassung.

III.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 100 Abs. 2, Abs. 4 Satz 1 ZPO.

IV.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

V.

Der Streitwert des Verfahrens nach der Entscheidung des Revisionsgerichts entspricht dem vom Beklagten mit der Widerklage in der Hauptsache geltend gemachten Betrag (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG).

VI.

Die Revision war gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen. Die Voraussetzungen, unter denen das Tatgericht das Fortbestehen des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes annehmen kann, sind von grundsätzlicher Bedeutung.

Ende der Entscheidung

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