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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 13.10.2005
Aktenzeichen: 13 U 2364/04
Rechtsgebiete: BGB, InsO


Vorschriften:

BGB § 398
InsO § 129
InsO § 131
InsO § 140
Zur insolvenzrechtlichen Anfechtbarkeit des "Werthaltigmachens" einer sicherungszedierten Werklohnforderung während der kritischen Zeit.
Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 13 U 2364/04

Verkündet am 13.10.2005

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01.09.2005 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht , Richterin am Oberlandesgericht .... und Richter am Oberlandesgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Bautzen - Az.: 2 O 220/04 - vom 30.11.2004 im Kostenpunkt aufgehoben und in der Hauptsache dahin abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 650,49 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Streitwert des Berufungsverfahrens: 71.107,75 EUR.

V. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

VI. Die Beschwer der Beklagten beträgt 650,49 EUR.

Gründe:

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte einen insolvenzrechtlichen Anfechtungsanspruch geltend. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Verrechnung der streitgegenständlichen Zahlungen durch die Beklagte mit deren Forderungen gegen die Insolvenzschuldnerin nicht anfechtbar sei. Die Insolvenzschuldnerin habe diese Forderungen wirksam an die Beklagte abgetreten. Auch die Abtretung unterliege nicht der Anfechtung, weil die Forderung mit Abschluss des Werkvertrags und damit außerhalb der kritischen Zeit entstanden sei.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er meint, die beiden von der GmbH an die Schuldnerin geleisteten Zahlungen seien zurückzugewähren, weil sie erst nach Antragstellung auf dem Konto der Schuldnerin eingegangen seien und eine Befriedigung darstellten, die nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar sei. Die Anfechtung scheitere nicht an fehlender Gläubigerbenachteiligung, obwohl die den Zahlungen zugrunde liegende Forderung auf Grund der Globalzession vom 23.10.2001 zu Gunsten der Beklagten zediert gewesen sei, weil auch die Begründung des Sicherungsrechts seinerseits anfechtbar sei. Dafür komme es nach § 140 InsO maßgebend darauf an, in welchem Zeitpunkt die Rechtshandlung - hier die Abtretung einer zukünftigen Forderung - wirksam werde. Das Landgericht habe fehlerhaft auf den Vertragsschluss am 30.01.2001 abgestellt. Richtigerweise entscheide aber das Werthaltigmachen der abgetretenen Forderung, was erst nach Antragstellung durch den vorläufigen Verwalter erfolgt sei.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Bautzen -Az.: 2 O 220/04 - vom 30.11.2004, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 71.107,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Betrag von 63.880,07 EUR seit dem 13.12.2002 und aus dem Betrag von 7.227,68 EUR ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt im Wesentlichen den erstinstanzlichen Vortrag.

Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, hat der Senat im Termin vom 07.04.2005 darauf hingewiesen, dass seiner Ansicht nach auf das Werthaltigmachen der zedierten Forderung ankomme und der Vortrag hierzu nicht ausreiche. Mit Beschluss vom 30.06.2005 wies der Senat den Kläger erneut auf seinen ungenügenden Vortrag zu den Voraussetzungen eines Anfechtungstatbestands hin. Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere der Stellungnahmen auf die jeweiligen Hinweise des Senats, wird auf das schriftsätzliche Vorbringen der Parteien nebst der zur Akte gereichten Anlagen und die Sitzungsniederschriften verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist zum größten Teil unbegründet, weil das Landgericht - jedenfalls im Ergebnis - zu Recht die Klage abgewiesen hat (A). Allerdings hat der Kläger einen Anspruch auf die Verwertungskostenbeiträge bezüglich der zweiten angefochtenen Zahlung (B).

A.

Der Kläger kann von der Beklagten die begehrte Zahlung nicht verlangen, weil ihm die Darlegung eines Anfechtungsanspruchs i.V.m. § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO nicht gelungen ist (1). Die Ausführungen zum verlängerten Eigentumsvorbehalt im Schriftsatz vom 18.07.2005 sind verspätet und nicht mehr zu berücksichtigen (2).

1. Der Kläger hat die Voraussetzungen nicht dargetan, unter denen die Verrechnung der beiden angefochtenen Zahlungseingänge mit Forderungen der Beklagten gem. § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unwirksam wäre. Nach dieser Vorschrift wird die zuvor erklärte Auf- oder Verrechnung mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens rückwirkend unwirksam, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Auf- oder Verrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Die Beklagte hat die Verrechnungsmöglichkeit indessen aus tatsächlichen Gründen anfechtungsfrei erworben.

Die Verrechnung des Anspruchs der Schuldnerin gegen die Beklagte aus der Gutschrift der beiden Teilüberweisungen der GmbH gegen eigene Forderungen der Beklagten gegen die Schuldnerin wäre für sich betrachtet allerdings als inkongruente Deckung in der Zeit nach dem Eröffnungsantrag ohne weiteres gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar. Dem stünde auch das Entstehen des sogenannten AGB-Pfandrechts der Beklagten am Anspruch auf die und aus den beiden Gutschriften nicht entgegen, da es - isoliert betrachtet - ebenfalls nach der genannten Vorschrift anfechtbar wäre (BGH ZIP 2002, 812).

Hier kommt jedoch hinzu, dass die den beiden Überweisungen zugrunde liegenden Forderungen der Beklagten wirksam sicherungszediert waren und diese Zession der Anfechtung nicht unterliegt, was im Ergebnis die gläubigerbenachteiligende Wirkung der Verrechnungen beseitigt. Hat nämlich der spätere Insolvenzschuldner künftige Forderungen rechtswirksam an ein Kreditinstitut abgetreten, so werden die Insolvenzgläubiger nicht benachteiligt, soweit das Kreditinstitut die bei ihm eingehenden Zahlungen der Drittschuldner gegen Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners verrechnet. Denn die Einzahlung erfolgt jeweils unmittelbar in das Vermögen des Kreditinstituts, welches den Erlös auch im Falle einer noch nicht offen gelegten Sicherungszession als wahrer Berechtigter erhält. Zwar erlischt damit der als Sicherheit dienende Anspruch des Kreditinstituts gegen den einzahlenden Drittschuldner, das seinerseits schuldrechtlich zur Herausgabe des Erlangten an den als Empfänger bezeichneten Kunden - dem späteren Insolvenzschuldner - verpflichtet ist (§ 667 BGB). Gleichzeitig erwirbt es jedoch gem. Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 ...-Banken ein Pfandrecht an dem neu entstehenden Anspruch des Kunden gegen das Kreditinstitut. Ein solcher Austausch gleichwertiger Sicherheiten wirkt nicht gläubigerbenachteiligend im Sinne des § 129 InsO (vgl. zur von der heutigen Rechtslage insoweit nicht abweichenden unter Geltung der KO: BGH ZIP 2002, 2182, 2183 f.).

Der Beklagten ist die Forderung gegen die GmbH insolvenzbeständig abgetreten worden. Die Sicherungszessin selbst ist im anfechtungsfreien Zeitraum vorgenommen worden. Dasselbe gilt für den den Anspruch gegen die GmbH begründenden Werklieferungsvertrag. Die im Grundsatz mögliche Anfechtung des "Werthaltigmachens" der sicherungszedierten Forderung nach dem Insolvenzantrag - auch unter Zustimmung des Klägers in seiner Funktion als vorläufiger Insolvenzverwalter (BGH ZIP 2005, 314, 315) - gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO (a) scheitert lediglich daran, dass der Kläger trotz eines schriftlichen und eines weiteren Hinweises des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 01.09.2005 die Höhe der Wertschöpfung im Anfechtungszeitraum nicht ausreichend dargetan hat (b).

a) Das "Werthaltigmachen" der zedierten Forderung -i.e. die (gegebenenfalls auch teilweise) gewährte Erfüllung des Werkvertrags, die eigentliche Wertschöpfung - durch den Schuldner kann in der kritischen Zeit der Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO unterliegen (vgl. zum alten Recht BGHZ 129, 336, 344).

aa) Der Beklagten ist allerdings zuzugeben, dass bei einer sicherungshalber erfolgten Vorausabtretung aller künftigen Forderungen des Schuldners gegen seine Kunden die Rechtswirkungen im Sinne von § 140 InsO eintreten, wenn die zukünftige Forderung entsteht. Damit erwirbt der Sicherungsnehmer den Anspruch und es konkretisiert sich ein schuldrechtlicher Abtretungsanspruch, der in der der Globalzession zu Grunde liegenden Sicherungsvereinbarung zu suchen ist, auf diese Forderung (OLG Karlsruhe ZIP 2005, 1248, 1249). Diese Konkretisierung führt jedoch nicht zur Kongruenz, sondern ist nach § 131 InsO anfechtbar. Vorliegend konkretisierte sich der Abtretungsanspruch mit Abschluss des Werkvertrags (vgl. BGH ZIP 1995, 926 ff.) am 30.01.2002 und damit außerhalb der kritischen Zeit. Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen einer Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO vorliegen, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Die Verrechnung wäre damit nicht anfechtbar.

bb) Gleichwohl bliebe der Verrechnung der eigenen Forderung der Beklagten und der zedierten Forderung der Erfolg versagt, wenn der Kläger die Wertschöpfung im Anfechtungszeitraum substantiiert dargetan hätte.

Der durch die Leistung der Schuldnerin nach dem Insolvenzantrag geschaffene Wert der Werkleistung hat die Sicherung und infolge auch die Befriedigung der eigenen Forderung durch Verrechnung bei der im Insolvenzanfechtungsrecht gebotenen (BGH ZIP 2003, 1506, 1508; BGHZ 124, 76, 78 f.) wirtschaftlichen Betrachtungsweise erst ermöglicht.

(1) Spätestens mit der Erweiterung der Anfechtungsmöglichkeit auf vorbereitende Maßnahmen, die eine Sicherung oder Befriedigung erst ermöglichen (vgl. amtliche Begründung der BReg zu § 145 einer InsO, BT-DruckS 12/2443, S. 157), hat der Gesetzgeber den Weg dafür geebnet, dass auch diejenigen Handlungen, die zwar selbst keine Sicherung oder Befriedigung gewähren, aber zu einer solchen führen können, ihrerseits anfechtbar sind.

Hierzu zählen sowohl prozessrechtliche Handlungen - wie beispielsweise ein Anerkenntnis oder die Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung - als auch materiell-rechtliche Handlungen - wie beispielsweise die Anweisung des Schuldners an den Drittschuldner dessen Verbindlichkeit durch Überweisung auf ein bestimmtes Konto zu tilgen.

Zur Rechtslage unter Geltung der Gesamtvollstreckungsordnung hat der BGH bereits entschieden, dass die Schaffung der Aufrechnungslage im folgenden Fall angefochten werden kann: Der Schuldner - ein Bauunternehmer - schloss mit einem seiner Gläubiger in anfechtungsfreier Zeit einen Vertrag über die Erbringung von Werkleistungen an einem Bauvorhaben und begann mit deren Ausführung. Nach dem dem Gläubiger bekannten Gesamtvollstreckungsantrag ließ der Sequester die Arbeiten fortsetzen. Streitig war, ob der Gläubiger seine Gesamtvollstreckungsforderung nach Verfahrenseröffnung gegen die Werklohnforderung des Schuldners aufrechnen konnte, soweit diese während der Sequestration erarbeitet worden war. Der BGH hat dies verneint.

Versetzt sich der Gläubiger durch eine Rechtshandlung zugleich in eine Schuldnerstellung gegenüber dem Gemeinschuldner und begründet er dadurch die Voraussetzungen für eine Aufrechnung, kann die Herstellung der Aufrechnungslage in der Weise insolvenzrechtlich angefochten werden, dass die Forderung des Schuldners durchsetzbar ist, indem der Aufrechnung keine Wirkung zukommt. Diese Voraussetzung erfüllt der Gläubiger als Besteller, indem er die Werkleistung entgegengenommen hat. Die für die Anfechtung erforderliche Gläubigerbenachteiligung wird im Verlust der Werklohnforderung durch die Aufrechnung gesehen (BGH ZIP 2001, 2055 ff.; ähnlich auch BGH WM 2001, 1470).

(2) Gleiches muss - auch für das neue Recht (§ 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO) - gelten, wenn die Schaffung der Aufrechnungslage nicht dem auftraggebenden Gläubiger begünstigt, sondern den Anfechtungsgegner, dem die Forderung, gegen die dessen eigene Forderung verrechnet werden soll, in unkritischer Zeit abgetreten worden ist. Die Erfüllung des Werkvertrags führt hier unmittelbar erst die Werthaltigkeit dieser abgetreten Werklohnforderung herbei (vgl. Kirchhof, FS Uhlenbruck, S. 269, 277, 278). Nur so kann dem Sinn und Zweck der Insolvenzordnung nach umfassenden Schutz der Gläubigerinteressen Rechnung getragen werden. Der Auftraggeber einer Werkleistung, der auf Grund der Erfüllung des Werkvertrags durch den Schuldner erst in die Lage versetzt wird, die Erfüllung der eigenen Forderung durch Aufrechnung zu erreichen, wäre sonst schlechter gestellt als derjenige, der auf Grund der Erfüllung der Werkleistung durch den Schuldner in die Lage versetzt wird, seine zur Sicherheit abgetretene Forderung zu verwerten. In beiden Fällen wird durch Erbringung der Werkleistung, die das Werthaltigmachen des Werklohnanspruchs zur Folge hat, für einen anderen die Möglichkeit geschaffen, die eigene Forderung durch Aufrechnung bzw. Verrechnung zu befriedigen. Eine Differenzierung ist weder rechtlich noch wirtschaftlich zulässig oder gar geboten, da die besondere Art der Erfüllung durch Aufrechnung der abgesonderten Befriedigung, wie hier bei der Verwertung der Sicherungszession, vergleichbar ist (BGH ZIP 2004, 1912, 1914). Wie die allein mit Abschluss des Werkvertrags entstandene Aufrechnungslage dem Auftraggeber noch keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen bringt, verharrt die Zession der Werklohnforderung im wirtschaftlich wertlosen Bereich, solange der Schuldner nichts geleistet hat, wofür eine Vergütung geschuldet wird. Den zur Aufrechnung benötigten Gegenwert erhält der vertragliche Anspruch des Unternehmers erst sukzessive mit Erbringung der Werkleistung (vgl. BGH ZIP 2001, 2055, 2056); in gleicher Weise erlangt die Sicherung für den Zedenten einen wirtschaftlichen Wert.

Im Übrigen gilt der allgemeine insolvenzrechtliche Grundsatz, dass Forderungen der Insolvenzmasse, die Gegenleistungen für Leistungen der Masse darstellen, nur in der Weise getilgt werden dürfen, dass die Masse nicht verkürzt wird (BGH ZIP 2005, 1521, 1522), insbesondere darf die Leistung der Masse nicht zur Befriedigung von Insolvenzgläubigern außerhalb der Quotenzahlungen führen. Dieser letztlich aus dem Gleichbehandlungsgebot abgeleitete Satz beansprucht bereits vor der Verfahrenseröffnung zumindest insoweit Geltung, als in der Zeit der gesetzlichen Krise ein Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil durch eine Leistung der späteren Masse, sei es an ihn oder einen Dritten, erlangt. Führt eine solche Leistung der Masse zum "Auffüllen" ansonsten wertloser Sicherheiten eines - wirtschaftlich gesehen - bis dahin ungesicherten Gläubigers, ist die Masse durch die Möglichkeit der Anfechtung dieser Wertschöpfung zu schützen (so auch Kirchhof, a.a.O., S. 269, 278; vgl. auch BGH ZIP 2001, 2055 ff.).

(3) Mit der Fertigstellung der Werkleistung hat die Schuldnerin den Werkvertrag unmittelbar gegenüber der GmbH erfüllt und damit gleichzeitig die Sicherung und später auch die Befriedigung der Beklagten wirtschaftlich durch das Werthaltigmachen der zedierten und bereits entstandenen Forderung ermöglicht (vgl. BGH ZIP 1995, 926 ff.). Diese Rechtshandlung ist bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen der §§ 129, 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar.

Danach kann dahinstehen, ob die Möglichkeit der Anfechtung der "Werthaltigmachung" sicherungszedierter Forderungen auch damit begründet werden könnte, dass in derartigen Fällen das Wirksamwerden der Zession im Sinne des § 140 Abs. 1 InsO erst in der Wertschöpfung mit Mitteln der späteren Masse gesehen wird.

cc) Ob das "Werthaltigmachen" einer Forderung, an welcher bereits ein Absonderungsrecht begründet wurde, anfechtbar ist, beurteilt sich abschließend danach, ob die Gläubiger im allgemeinen benachteiligt wurden, § 129 InsO.

(1) Die Gläubigergesamtheit ist benachteiligt, wenn entweder die zu befriedigenden Verbindlichkeiten des Schuldners ("Passivmasse") vermehrt (vgl. BGH NJW 1992, 624 ff.) oder sein Aktivvermögen verringert wurden (vgl. BGH NJW 1992, 2485, 2486; BGH NJW 1994, 449, 450). Eine Benachteiligung durch Verkürzung der Aktivmasse muss gerade aus der Veräußerung, Auf- oder Weggabe von Werten des massezugehörigen Schuldnervermögens folgen (BGH-RR 1986, 536, 538; Mü-Ko-Kirchhof, § 129 InsO Rz. 100). Danach sind die Gläubiger benachteiligt, wenn sich die Vermögenslage der späteren Insolvenzmasse, die tatsächlich eingetreten ist, schlechter darstellt als diejenige, die ohne die angefochtene Rechtshandlung bestanden hätte.

(2) Entscheidend ist mithin, was mit Mitteln der "werdenden" Masse geleistet worden ist, um der zedierten Werklohnforderung einen wirtschaftlichen Nutzen zu verschaffen. Dazu hat der Verwalter im Einzelfall darzulegen, welche Kosten rechtswirksam vermieden worden wären, wenn das Bauvorhaben nicht vollendet worden wäre. Hierbei müssen feste Kosten, die ohnehin bei der vorläufigen Masse angefallen wären, außer Betracht bleiben. Steht im Ergebnis die Insolvenzmasse durch Erbringung der Werkleistung - sofern diese nur dem Sicherungsnehmer zugute käme - schlechter dar als bei einer Einstellung des Bauvorhabens, hat das vom vorläufigen Verwalter gebilligte Verhalten des Schuldners die Insolvenzgläubiger benachteiligt. Gelingt ein solcher Nachweis, dann ist nach § 143 InsO dasjenige zurückzugewähren, was aus dem Vermögen des Schuldners weggegeben worden ist (vgl. Kirchhof in: Festschrift für Uhlenbruck a.a.O., S. 278). Für die Feststellung, was "weggegeben" worden ist, ist folglich nicht entscheidend, ob die Forderung noch formalrechtlich im Vermögen des Schuldners vorhanden oder - wie vorliegend - bereits zediert ist.

Sollte entgegen den Ausführungen des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 07.04.2005 die Zession nicht vor den bei den Zahlungen aufgedeckt worden sein, läge die Gläubigerbenachteiligung bereits im Verlust des Anspruchs auf die Gutschriften, der aus den beiden Überweisungen der GmbH dann für die Schuldnerin resultierte.

b) Gemessen an den vorgenannten Grundsätzen kann die Wertschöpfung trotz der Zession der Anfechtung unterliegen. Dem Kläger ist es indessen bereits nicht gelungen, zum Werthaltigmachen des Gewerks im maßgebenden Zeitpunkt substantiiert vorzutragen.

Für die Frage des "Werthaltigmachens" kommt es nicht auf den Aufwand an, den der Schuldner bei Durchführung des Vertrags gehabt hat. Entscheidend ist, welche Wertschöpfung das geschuldete Werk durch Handlungen des Schuldners im Anfechtungszeitraum erfahren hat (vgl. auch BGH WM 2001, 1470, 1472; BGH ZIP 2001, 2055, 2056).

Entgegen der Auffassung des Klägers ist nicht erheblich, dass die von der GmbH im Rahmen eines Werklieferungsvertrags geforderte Räumerausrüstung sich bei Antragstellung und auch bei Anordnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens noch vollständig in den Räumen der Schuldnerin befanden, die Bestellerin also noch keinerlei Leistungen seitens der Schuldnerin erhalten hatte. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass ohne die Fertigstellung und Auslieferung der Gerätschaften die sicherungszedierte Forderung völlig wertlos geblieben wäre. Darauf ist indessen nicht abzustellen. Wie zuvor ausgeführt, soll die Anfechtbarkeit der Wertschöpfung dasjenige für die Masse realisieren, was im Anfechtungszeitraum mit Mitteln der späteren Masse erarbeitet wurde. Dies ist jedoch auch bei der Herstellung einer beweglichen Sache nur die Wertsteigerung, die diese erfahren hat. Nur diese soll dem Anfechtungsgegner nicht zu Gute kommen. Soweit sie im anfechtungsfreien Zeitraum bereits geschaffen wurde, spricht nichts dagegen, ihm ihren Gegenwert zu belassen. So stellt auch der BGH (WM 2001, 1470, 1472) darauf ab, dass sich die Anfechtung nach § 30 Nr. 1 Fall 2 KO gegen die seit Zahlungseinstellung oder dem Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens (Anfechtungszeitraum) durch Wertschöpfung des Gemeinschuldners in dem später abgelieferten Werk (ebenfalls einer beweglichen Sache in den Räumen der Gemeinschuldnerin) richtet.

Die Begrenzung des Rückgewähranspruchs aus § 143 InsO auf die Wertschöpfung im Anfechtungszeitraum wird schließlich durch den Zweck der Anfechtungsmöglichkeit bestätigt. Soll, wie ausgeführt, durch die Gewährung des Anfechtungsanspruchs verhindert werden, dass entgegen dem Gebot der Gläubigergleichbehandlung mit Mitteln der Masse einzelne Gläubiger Sondervorteile erhalten oder behalten dürfen, kann sich der Anspruch auch nur auf diese Sondervorteile richten.

Für die von der Interessenlage her vergleichbare Situation bei im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung nicht voll erfüllten gegenseitigen Werklieferungsverträgen schließt die Rechtsprechung (BGH WM 2001, 1470) die Aufrechnung auch nur insoweit aus, als die Wertschöpfung nach Verfahrenseröffnung erbracht wurde.

Die Wertschöpfung im Anfechtungszeitraum ist, sofern der anfechtende Verwalter nicht einen anderen Aufteilungsmaßstab aufzeigen kann, in entsprechender Anwendung der Minderungsformel der §§ 437, 441 BGB zu berechnen (BGH WM 2001, 1470, 1471, unter Bezug auf § 472 BGB a.F.). Der Gesamtwerklohn ist danach im Zweifel in jenem Wertverhältnis zu teilen, in welchem zur Zeit der Ablieferung des fertiggestellte oder gegebenenfalls auch nur teilfertige Werk zu dem Werktorso zu Beginn des Anfechtungszeitraums stand. Hierzu ist vom darlegungs- und beweisbelasteten Kläger nichts oder jedenfalls nicht substantiiert vorgetragen worden.

Die auf Grund des Werkvertrags geschuldete Leistung war jedenfalls bei Antragstellung schon begonnen, aber noch nicht fertiggestellt. In der Klageschrift hat der Kläger vorgetragen, es seien noch keine Leistungen gegenüber der GmbH zum Zeitpunkt der Antragstellung erbracht worden. Das Gewerk sei lediglich in den eigenen Räumlichkeiten angearbeitet und die zu liefernden Teile fertiggestellt gewesen. Dies folgt auch aus dem Schreiben der Interessenvertreter der GmbH vom 11.09.2002 (Anlage K 7), in dem auf Seite 2 ausgeführt wird, dass der Auftrag offensichtlich bereits in wesentlichen Teilbereichen angearbeitet sei. Der Kläger hätte folglich darlegen müssen, welchen Wert das Gewerk bei Übernahme der vorläufigen Verwaltung hatte und welchen es durch Leistungen der Schuldnerin bis zur Eröffnung des Verfahrens erfahren hat. Hieran fehlt es.

Auch seinen Ausführungen im Schriftsatz vom 06.05.2005 lässt sich für die Feststellung der Wertschöpfung nichts Greifbares entnehmen. Er stellt hier im Einzelnen dar, welche Unternehmen er wann, mit welcher Leistung beauftragt hat. Die Aufträge sind zwar allesamt nach Antragstellung ausgelöst worden, sie besagen aber nichts über eine Wertschöpfung. Es ist durchaus denkbar, dass es sich bei den beauftragten Leistungen um umfangreiche Arbeiten handelt, die aber nur in geringem Umfang eine Wertsteigerung des Gewerks mit sich gebracht haben. Gleiches gilt für den weiteren Schriftsatz des Klägers vom 11.05.2005, in dem er den Bautenstand zum Zeitpunkt der Anordnung der vorläufigen Verwaltung mit 89.799,13 EUR netto beziffert. Denn auch dieser Betrag ist ausweislich der in diesem Schriftsatz dargestellten Aufstellung anhand der durchgeführten Aufträge ermittelt worden. Die Aufträge allein sagen aber nichts über eine eingetretene Wertsteigerung am Gewerk aus. Die Angaben des Klägers ermöglichen dem Senat daher auch keine Schätzung einer möglichen Wertschöpfung.

2. Der Kläger vermag ferner nicht mit seinem - von der Beklagten bestrittenen - Vortrag aus dem Schriftsatz vom 18.07.2005 durchzudringen, die verlängerten Eigentumsvorbehalte der Lieferanten stünden bereits einem Forderungserwerb der Beklagten entgegen.

a) Dahinstehen kann, ob die dortigen Tatsachenbehauptungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zuträfen, weil sie ein neues Angriffsmittel im Sinne von § 531 ZPO darstellen, welches nicht zuzulassen ist. In der ersten Instanz begründete der Kläger seinen Anspruch ausschließlich mit der "Werthaltigmachung" der zedierten Forderung. An keiner Stelle erfolgten Ausführungen zu verlängerten Eigentumsvorbehalten von Lieferanten, deren Rechte möglicherweise einem Forderungserwerb der Beklagten entgegenstehen könnten. Dieser neue Vortrag, der vom Kläger ansatzweise bereits im Schriftsatz vom 11.05.2005 hinsichtlich eines Teilbetrags von ca. 800,00 EUR hilfsweise ausgeführt wurde, wäre nur dann zuzulassen, wenn die Voraussetzung der allein in Betracht kommenden Bestimmungen der §§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO vorlägen. Hierzu hat der darlegungsbelastete Kläger nichts erhebliches vorgetragen.

b) Dem Landgericht ist weder ein Verfahrensfehler im Sinne von § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO unterlaufen, noch hat der Kläger den verspäteten Vortrag im Sinne von § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO entschuldigt.

Auf der Grundlage des erstinstanzlichen Vorbringens bestand für das Landgericht kein Anlass zu einer Erörterung der Auswirkungen der Lieferantenrechte auf die Rechte der Beklagten. Anhaltspunkte, die möglicherweise auf Hinweis des Gerichts zu substantiieren gewesen wären, sind nicht erkennbar. Der Kläger hat auch nicht dargetan, dass er den neuen Vortrag ohne Nachlässigkeit nicht bereits im ersten Rechtszug hätte in den Rechtsstreit einführen können. Jede Partei ist gehalten, schon im ersten Rechtszug die Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzubringen, deren Relevanz für den Rechtsstreit ihr bekannt ist oder bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt hätte bekannt sein müssen und zu deren Geltendmachung sie dort im Stande ist. Sorgfaltsmaßstab ist dabei die einfache Fahrlässigkeit (vgl. BGH NJW 2004, 2825 ff.). Der Kläger kann sich nicht damit entlasten, er habe erst auf den Hinweis des Senats vom 30.06.2005 die Akten gesichtet und erst mit Schriftsatz vom 18.07.2005 zu den Eigentumsvorbehaltslieferanten vortragen können. Veranlassung zu diesem Vortrag hatte er bereits in der ersten Instanz, weil das Landgericht vor Erlass der angefochtenen Entscheidung dargetan hat, die Klage - entgegen den gegenteiligen Ausführungen des Oberlandesgerichts in dem Beschluss vom 10.08.2004 - abzuweisen. Das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 09.11.2004 geäußert, es werde an der Rechtsauffassung festhalten, die es bereits in der PKH-Entscheidung geäußert habe. Damit war für den Kläger klar, dass er mit der Argumentation des "Werthaltigmachens" in der ersten Instanz keinen Erfolg haben wird. Einen Antrag auf Schriftsatznachlass hat der Kläger nicht gestellt.

B.

Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger 650,49 EUR zu zahlen. Für den nach Eröffnung des Verfahrens eingezogenen Teilbetrag in Höhe von 7.227,68 EUR stehen dem Kläger nach §§ 166 Abs. 2, 170 InsO Feststellungskosten in Höhe von 4 % (§ 171 Abs. 1 InsO) und Verwertungskosten in Höhe von 5 % des Verwertungserlöses (§ 171 Abs. 2 InsO) zu. 9 % des eingezogenen Betrages ergeben die zuerkannten 650,49 EUR. Dafür, dass die Beklagte die Forderung eingezogen haben könnte, ist nichts ersichtlich.

Die Zahlung auf die erste Abschlagsrechnung in Höhe von 63.880,07 EUR erfolgte am 21.10.2002 und damit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so dass eine Kostenerstattung insoweit unterbleibt. Auf die Einziehung und Verwertung von Forderungen durch den vorläufigen Verwalter finden die zuvor genannten Vorschriften jedenfalls dann keine entsprechende Anwendung, wenn ihn das Insolvenzgericht - wie hier - nicht ermächtigt hat, Gegenstände zu verwerten, die mit Absonderungsrechten belastet sind (BGH ZIP 2004, 42; BGH ZIP 2003, 632, 634 f.).

Umsatzsteuer im Sinne von § 171 Abs. 2 Satz 3 InsO ist nicht angefallen, weil es sich bei der Einziehung und Verwertung der Forderung nicht um einen umsatzsteuerpflichtigen Tatbestand handelt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Die Revision war für den Kläger zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO gegeben sind. Die Rechtssache hat im Hinblick auf die Ausführungen unter A 1) grundsätzliche Bedeutung, weil die Frage der Anfechtung des Auffüllens von Sicherheiten in einer Vielzahl von Fällen zu erwarten ist. Eine abschließende höchstrichterliche Entscheidung hierzu liegt, jedenfalls unter Geltung der Insolvenzordnung, bislang nicht vor. Im Übrigen bestand kein Anlass zur Zulassung der Revision.

Ende der Entscheidung

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