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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 26.06.2003
Aktenzeichen: 19 U 512/03
Rechtsgebiete: AGBG


Vorschriften:

AGBG § 10 Nr. 1
1. Die einseitig gesetzte Annahmefrist unterfällt der Inhaltskontrolle nach § 10 Nr. 1 AGBG.

2. Die in einem formularmäßigen notariellen Angebot zum Kauf einer Eigentumswohnung bestimmte Bindungsfrist von 10 Wochen verstößt gegen § 10 Nr. 1 AGBG.

3. Für die Frage der Angemessenheit der Bindungsfrist ist auf die Üblichkeit und Angemessenheit der Frist abzustellen.


Oberlandesgericht Dresden

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 19 U 512/03

Verkündet am 26.06.2003

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.06.2003 durch

Richter am Oberlandesgericht H , Richterin am Landgericht A und Richterin am Amtsgericht M

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Leipzig vom 13.02.2003, Az. 11-O-6642/01, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 90.000,00 Euro abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Kaufvertrages über den Erwerb einer Eigentumswohnung und die Rückzahlung des i.H.v. 79.355,75 Euro geleisteten Teilkaufpreises.

Durch das der Beklagten am 18.02.2003 zugestellte Urteil vom 13.02.2003, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), hat das Landgericht Leipzig der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die der Beklagten eingeräumte Annahmefrist von 10 Wochen sei eine vorformulierte Vertragsbedingung und unangemessen lang gem. § 10 Nr. 1 AGBG. An die Stelle dieser unwirksamen Klausel trete nach § 6 Abs. 2 AGBG die gesetzliche Bestimmung nach § 147 Abs. 2 BGB. Angemessen sei eine Annahmefrist von maximal 6 Wochen, weshalb die Annahme der Beklagten rund 8 Wochen nach Beurkundung des Angebots der Klägerin verspätet erfolgt sei. Die als neues Angebot zu wertende verspätete Annahme habe die Klägerin - zumindest formwirksam - nicht angenommen. Im Übrigen sei der Vertrag wegen arglistiger Täuschung wirksam angefochten worden. Die Beklagte habe die Klägerin über den Bautenstand getäuscht und über die mit dem Wohnungskauf und der Vollfinanzierung verbundenen finanziellen Auswirkungen weder vollständig noch richtig aufgeklärt. Die Rückzahlung des Kaufpreises könne nur Zug um Zug gegen Löschung der Auflassungsvormerkung und auch Lastenfreistellung erfolgen.

Hiergegen richtet sich die am 18.03.2003 eingelegte und - nach entsprechender Fristverlängerung - am 25.04.2003 begründete Berufung der Beklagten. Sie rügt - unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens - eine Rechtsverletzung und unzureichende sowie fehlerhafte Tatsachenfeststellung. Die Interessenabwägung unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen der Vertragspartner führe zu einer Angemessenheit der streitigen Annahmefrist. Das Landgericht habe das Beweisangebot hierfür übergangen. Der Vertrag sei auch nicht wirksam angefochten worden, weil eine Täuschungsabsicht der Beklagten weder behauptet noch vom Gericht festgestellt worden sei. Die Klägerin sei auch vollständig und richtig aufgeklärt worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 13.02.2003, Az. 11-O-6642/01, abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen. Hilfsweise den Rechtsstreit gem. § 538 Abs. 2 ZPO zur neuen Entscheidung an das Landgericht Leipzig zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt - unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens - die angefochtene Entscheidung und rügt den Vortrag der Beklagten teilweise als verspätet.

Wegen der Einzelheiten zum Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.06.2003 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.

1. Die Berufung ist - insbesondere unter Berücksichtigung der Zulässigkeitsvoraussetzung nach dem Zivilprozessreformgesetz - zulässig. Die Beklagte rügt eine Rechtsverletzung und eine unzureichende Tatsachenfeststellung unter Bezeichnung der Umstände und der konkreten Anhaltspunkte (§§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Nr. 2 und 3 ZPO).

2. Die Berufung ist indes unbegründet. Nach Auffassung des Senats ist zwischen den Parteien kein wirksamer Vertrag zustande gekommen.

2.1 Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch und das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

2.2 Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des ohne Rechtsgrund als Kaufpreis an die Beklagte gezahlten Betrages i.H.v. 79.355,75 Euro (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB).

Zwischen den Parteien ist kein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen, weil die Beklagte das Angebot der Klägerin vom 06.07.2000 nicht innerhalb der Frist des § 147 Abs. 2 BGB angenommen hat. Die Klägerin hat sich in dem streitgegenständlichen Angebot in Teil A für die Dauer von 10 Wochen an ihr Angebot gebunden, indem ein Widerruf des Angebots nicht vor Ablauf von 10 Wochen zulässig sein sollte. Danach wäre der Vertrag - ausgehend von dem notariellen Kaufvertragsangebot vom 06.07.2000 - durch notariell beurkundete Annahmeerklärung der Beklagten am 29.08.2000 zustande gekommen. Die zitierte Klausel verstößt jedoch gegen § 10 Nr. 1 AGBG und ist daher unwirksam. Diese Bestimmung, der im neuen Recht § 308 Nr. 1 BGB entspricht, findet auf das Schuldverhältnis der Parteien Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

a) Bei den Vertragsbedingungen der Beklagten handelt es sich - zwischen den Parteien unstreitig - um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Bedingungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 AGBG.

Die Vorschrift des § 10 Nr. 1 AGBG verbietet unangemessene Annahmefristen, die sich der Verwender in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorbehält. Der Kunde soll nicht in seiner Dispositionsfreiheit beschränkt werden; er soll über das Zustandekommen des Vertrages nicht im Unklaren bleiben (vgl. Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, Großkommentar zum AGB-Gesetz, Bd. II, 2. Aufl., § 10 Nr. 1 Rdn. 2; MünchKommBGB-Basedow, 4. Aufl., § 10 Nr. 1 Rdn. 1; Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 4. Aufl., § 10 Nr. 1 Rdn. 1). Als Schutzvorschrift zugunsten des Kunden erfasst § 10 Nr. 1 AGBG deshalb nur solche Fristen, die der Verwender als Empfänger des Antrags dem Kunden als Antragenden setzt. So liegt hier der Fall. Denn die Beklagte hat sich - zwischen den Parteien unstreitig - als Verwender die Annahmefrist gegenüber dem Angebot der Klägerin gewähren lassen.

Die Geltung der AGB setzt grundsätzlich das Zustandekommen des Vertrages voraus. Das ist bei Klauseln, die - wie vorliegend - die Frist zur Annahme regeln, noch nicht der Fall. Eine "Unterwerfung" des Kunden unter eine solche Klausel durch Abschluss eines Vertrags mit dem Verwender liegt deshalb nicht vor. "Vertragsabschlussklauseln" werden indes den Vertragsbedingungen gleichgestellt, weil es sich gleichfalls um vom Verwender vorformulierte Vertragsbedingungen handelt. Solche Klauseln sind - wie die Regelung des § 10 Nr. 1 AGBG zeigt - den Vertragsbedingungen gleichgestellt, denn anderenfalls hätte die Vorschrift keinen Sinn. § 10 Nr. 1 AGBG erweitert somit den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 AGBG (herrschende Meinung: vgl. Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, a.a.O., § 10 Nr. 1 Rdn. 9; Wolf/Horn/Lindacher, a.a.O., § 10 Nr. 1 Rdn. 6; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Aufl., § 10 Nr. 1 Rdn. 2; MünchKommBGB-Basedow, a.a.O., § 10 Nr. 1 Rdn. 3; Erman-Hefermehl/Werner, BGB, 10. Aufl., § 10 Nr. 1 Rdn. 2; Walchshöfer, WM 1986, 1041, 1042).

Es wurden vorliegend auch die für die Anwendbarkeit der Vertragsabschlussklausel besonderen Einbeziehungsvoraussetzungen des § 2 AGBG gewahrt.

Bei den Vertragsbedingungen der Beklagten handelt es sich um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Bedingung i.S.d. §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 24 a Nr. 2 AGBG. Da die Klägerin mit dem Kauf private Zwecke verfolgte und die Ausnahmevorschrift des § 24 Satz 1 AGBG demzufolge keine Anwendung findet, ist die streitige Klausel an § 10 Nr. 1 AGBG zu messen.

b) Für die Angemessenheit einer Fristbestimmung für die Annahme eines Angebotes sind weder allein § 147 Abs. 2 BGB mit dem Erwartungshorizont des Antragenden noch allein die Bedürfnisse des Annehmenden maßgebend. Die Unangemessenheit ist vielmehr durch Abwägung der beiderseitigen Interessen nach denselben Kriterien zu ermitteln, die im Rahmen des § 9 AGBG für die Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners Anwendung finden (Soergel-Stein, BGB, 12. Aufl., § 10 AGBG Rdn. 3; Wolf/Horn/Lindacher, a.a.O., § 10 Nr. 1 Rdn. 10). Die Entscheidung erfordert vielmehr eine wertende Abwägung der Interessen beider Verhandlungspartner unter Berücksichtigung der für den Vertragsgegenstand typischen Umstände (vgl. BGH, NJW 2001, 303; BGH, NJW 1988, 2106; BGH, NJW 1986, 1807). Unangemessenheit ist deshalb anzunehmen, wenn die Interessen des Verwenders den Wert der Interessen des Vertragspartners mehr als nur geringfügig unterschreiten oder wenn die Dauer der Frist erheblich länger ist als nach § 147 Abs. 2 BGB erforderlich und dafür keine anerkennenswerten Interessen des Verwenders sprechen (vgl. Wolf/Horn/Lindacher, a.a.O., § 10 Nr. 1 Rdn. 10; MünchKommBGB-Basedow, a.a.O., § 10 Nr. 1 AGBG Rdn. 5; BGH, NJW 1986, 1807). Dabei ist stets den jeweiligen Umständen des Einzelfalls angemessen Rechnung zu tragen, zumal § 10 Nr. 1 AGBG als typische Klausel mit Wertungsmöglichkeit verankert wurde (vgl. Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, a.a.O., § 10 Nr. 1 Rdn. 11).

c) Unter Berücksichtigung der genannten Grundsätze und in Übereinstimmung mit dem Landgericht ist die vorliegende Annahmefrist von 10 Wochen nach Überzeugung des Senats unangemessen lang i.S.v. § 10 Nr. 1 AGBG. Bei dem Kauf einer Eigentumswohnung verstößt eine Bindungsfrist von mehr als 4 Wochen regelmäßig gegen § 10 Nr. 1 AGBG (vgl. Erman-Hefermehl/Werner, a.a.O., § 10 Nr. 1 AGBG Rdn. 5; Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, a.a.O., § 10 Nr. 1 Rdn. 13; Schlosser/Coester-Waltjen, AGBG, § 10 Nr. 1 Rdn. 10; Walchshöfer, WM 1986, 1041; Wolf/Horn/Lindacher, a.a.O., § 10 Nr. 1 Rdn. 15). Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Beklagte vorliegend die Finanzierung der Klägerin vermitteln sollte.

Ohne Erfolg macht die Beklagte einen Zeitraum von insgesamt 4 Wochen geltend, in denen eine Prüfung, Zusammenstellung und Aufbereitung der im Rahmen der Verkaufsgespräche übergebenen Erklärungen und Bescheinigungen sowie Vorabsprachen mit den in Frage kommenden finanzierenden Kreditinstituten notwendig gewesen sein sollen. Denn nach den eigenen Einlassungen der Beklagten und ausweislich der Aussagen der erstinstanzlich vernommenen Zeugen H und N ist die Finanzierung bereits Gegenstand des ersten Verkaufsgespräches gewesen. Es wurde anhand der Unterlagen der Klägerin und insbesondere einer Selbstauskunft eine Berechnung erstellt. Auf der Grundlage einer EDV-Berechnung wurde der Finanzierungsverlauf über 10 Jahre im Rahmen eines Zweitgesprächs dargelegt. Diese Berechnung hat gerade dazu gedient, das Kaufinteresse der Klägerin zu wecken. Umstände, die - über den Normalfall hinausgehend - eine nochmalige Prüfung, Zusammenstellung und Aufbereitung der übergebenen Unterlagen für den Zeitraum von zwei Wochen erfordert hätten, sind für den Senat nicht ersichtlich und von der Beklagten auch nicht zwingend dargetan. Der Senat hält lediglich Vorabsprachen mit den in Frage kommenden finanzierenden Kreditinstituten für notwendig, wobei freilich eine Frist von einer Woche notwendig und auch angemessen ist.

Eine bankinterne Prüffrist von vier Wochen für die Annahme eines Darlehensantrages ist nach Auffassung des Senats zulässig, weil sachbedingt eine gewisse Überlegungs- und Bearbeitungszeit, insbesondere zur Prüfung der Kreditwürdigkeit des Antragstellers, erforderlich ist (vgl. BGH, NJW 1988, 2106; BGH, NJW 1986, 1807; Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, a.a.O., § 10 Nr. 1 Rdn. 13; Erman-Hefermehl/Werner, a.a.O., § 10 Nr. 1 AGBG Rdn. 5).

Nicht gefolgt werden kann hingegen dem Vortrag der Beklagten, dass nach Rücklauf der Unterlagen und Finanzierungszusage Verhandlungen und Koordinierungen mit den bauausführenden Unternehmen wegen der zu erbringenden Sanierungsleistungen notwendig gewesen seien und diese Prüfung einen weiteren Zeitraum von mindestens zwei Wochen in Anspruch genommen habe. Für den Senat ist nicht ersichtlich, weshalb eine Abstimmung mit den bauausführenden Unternehmen während der - immerhin vier Wochen dauernden - Prüffrist der Kreditinstitute nicht möglich gewesen sein soll. Daneben ist zu berücksichtigen, dass nach der eigenen Behauptung der Beklagten zum 21.02.2000 bereits ein Fertigstellungsgrad von 75,3 % erreicht gewesen sein soll und die Beklagte unter Ziffer 3 des Bauvertrages einen Beginn der Ausführungsleistungen zum 01.08.2000 - mithin vor Ablauf der bankinternen Prüffrist - zugesagt hat. Mag der Vortrag der Beklagten insoweit auch widersprüchlich sein, ist gleichwohl davon auszugehen, dass Bauarbeiten bereits im Gange waren. Im Hinblick darauf ist eine angemessene Frist - insbesondere von zwei Wochen - nicht zu begründen.

Einer Vernehmung des beklagtenseits benannten Zeugen G zum Beweis dafür, dass ein Zeitraum von 10 Wochen tatsächlich benötigt worden ist, hat es nicht bedurft. Denn entscheidend ist allein, ob die Frist von 10 Wochen üblich und angemessen ist und nicht, ob die Beklagte diesen Zeitraum tatsächlich in Anspruch genommen hat.

d) In Würdigung der Gesamtumstände hätte zur Überzeugung des Senats eine kürzere Annahmefrist von maximal 6 Wochen bestimmt werden müssen. Die tatsächlich vorgesehene Annahmefrist von 10 Wochen ist nach Auffassung des Senats unangemessen, weil die Interessen der Beklagten den Wert der Interessen der Klägerin mehr als nur geringfügig überschreiten und die Dauer der Frist erheblich länger ist als nach § 147 Abs. 2 BGB erforderlich und dafür keine anerkennenswerten Interessen des Verwenders sprechen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere das Interesse des Käufers zu berücksichtigen, nach angemessener Zeit Klarheit über die Annahme seines Angebotes zu bekommen. Dies gilt etwa auch für den Erwerb von Fertighäusern und Eigentumswohnungen (vgl. Walchshöfer, WM 1986, 1044). Dem Verwender ist insbesondere dann eine rasche und zügige Bearbeitung zuzumuten, wenn er selbst - wie vorliegend - einen raschen Geschäftsabschluss erstrebt.

e) An die Stelle der unwirksamen Annahmefristklausel tritt gem. § 6 Abs. 2 AGBG die gesetzliche Regelung des § 147 BGB (vgl. Wolf/Horn/Lindacher, a.a.O., § 10 Nr. 1 Rdn. 23; Erman-Hefermehl/Werner, a.a.O., § 10 Nr. 1 AGBG Rdn. 4; MünchKommBGB-Basedow, a.a.O., § 10 Nr. 1 AGBG Rdn. 10; BGH, NJW 1986, 1807). Die Annahme des Angebots durch die Beklagte am 29.08.2000 ist vorliegend verspätet erfolgt. Nach § 150 Abs. 1 BGB gilt zwar die verspätete Annahme eines Antrags als neuer Antrag. Das Landgericht führt indes zutreffend aus, dass eine Annahme - zumindest wirksam - nicht erfolgt ist. Denn eine etwaige konkludente Annahme der Klägerin durch Zahlung des Kaufpreises hätte der - vorliegend unterbliebenen - notariellen Beurkundung bedurft. Die Verpflichtung zur Veräußerung bzw. zum Erwerb von Wohnungs- und Teileigentum ist unmittelbar gem. § 313 BGB beurkundungspflichtig. Daneben ist kraft der Sondernorm des § 4 Abs. 3 WEG auch eine Verpflichtung zur Einräumung, zum Erwerb und zur Aufhebung von Sondereigentum gem. § 313 BGB formbedürftig. Der Vertrag wäre mithin gem. §§ 125, 128 BGB nichtig, weil auch eine Heilung des Formmangels nach § 313 Satz 2 BGB nicht vorliegt.

2.3 Dahinstehen kann, ob die Klägerin den Vertrag - das wirksame Zustandekommen unterstellt - wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 Abs. 1 BGB wirksam angefochten hat. Gleichwohl liegen nach Auffassung des Senats konkrete Anhaltspunkte vor, dass die Klägerin unrichtig oder jedenfalls nicht vollständig aufgeklärt worden ist. Denn ausweislich des Exposés ist die Beklagte gegenüber der Klägerin von einem Sanierungsbeginn zum 01.08.2000 und zu einem Sanierungsende am 30.12.2001 ausgegangen. Demgegenüber wird der voraussichtliche Fertigstellungszeitpunkt nach § 3 Abs. 3 des Bauvertrages auf den 30.07.2002 datiert. Hinzu kommt, dass im Zeitpunkt des notariell beurkundeten Angebots am 06.07.2000 ein einen Fertigstellungsgrad der Baumaßnahmen von 75,3 % bestätigender Bautenstandsbericht vom 21.02.2000 vorgelegen hat, der der Klägerin im Zeitpunkt der Angebotsabgabe offensichtlich noch nicht zugänglich gemacht worden war. Für den Senat ist nicht erkennbar, dass die Klägerin über die unterschiedlichen Angaben aufgeklärt oder unterrichtet worden ist. Daneben ist zu berücksichtigen, dass der Klägerin - in die Finanzierung einbezogene - Mieteinnahmen aus dem gewerblichen Zwischenmietvertrag erst bei Zahlung des gesamten Kaufpreises zugeflossen wären. Eine Berücksichtigung von Mieteinnahmen ab dem 01.08.2000 hätte daher eine vollständige Kaufpreiszahlung durch die Klägerin ohne entsprechende Gegenleistung der Beklagten vorausgesetzt. Hierüber hätte eine Aufklärungspflicht vor allem deshalb bestanden, weil es sich hierbei um Umstände handelt, die für die Willensbildung der Klägerin offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung gewesen sind. Denn die steuerlichen Vergünstigungen sowie die Mieteinnahmen sind wesentliches Motiv der Kaufentscheidung der Klägerin gewesen.

2.4 Die Klägerin kann daher Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Löschung der Auflassungsvormerkung und Lastenfreistellung der Beklagten im Hinblick auf die im vorgenannten Grundbuch eingetragenen Finanzierungsgrundschulden verlangen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens und die Beschwer der Beklagten betragen jeweils 79.355,75 Euro.

IV.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst (§ 543 Abs. 2 ZPO).



Ende der Entscheidung

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