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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 27.09.2001
Aktenzeichen: 19 U 881/01
Rechtsgebiete: HGB, DÜG, BGB, ZPO


Vorschriften:

HGB § 84
HGB § 84 Abs. 1 Satz 1
HGB § 89 b
HGB § 90 a
DÜG § 1
BGB § 611
BGB § 675
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Zur Frage der entsprechenden Anwendung des § 89b HGB auf die Rechtsbeziehungen eines Verkehrsbetriebes zu einem Werbeunternehmen aus einem Vertrag über die Nutzung von Fahrzeugen für Werbezwecke.
Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 19 U 881/01

Verkündet am 27.09.2001

In dem Rechtsstreit

wegen Ausgleichsanspruch analog § 89 b HGB

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 06.09.2001 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxxx Richterin am Oberlandesgericht xxxxxxx und Richter am Landgericht xxxxxx

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Dresden vom 06.03.2001, Az. 43-O-305/00, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Beklagte vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 25.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheit der Klägerin kann auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um einen Ausgleichsanspruch der Klägerin in entsprechender Anwendung des § 89 b HGB.

Die xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx als Rechtsvorgängerin der Beklagten und die xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx als Rechtsvorgängerin der Klägerin schlossen am 08.03.1990 einen mit "Vertrag über die Nutzung von Fahrzeugen für Werbezwecke" überschriebenen Vertrag (Anlage K 1), der u.a. Folgendes bestimmt:

"§ 1

1. xxxxx erhält das alleinige Recht, die für Werbung zugelassenen Straßenbahnen und Busse der xxx für Werbezwecke zu nutzen. Ausgeschlossen von diesem Recht sind 10 Straßenbahnfahrzeuge, die jeweils der Firma xxxxxxx, dem xxxxxxxxxxxxxx und der xxxxx zur Verfügung stehen.

...

3. xxxxx darf Eigenwerbung, die sich auf die Vermietung von Werbeflächen in oder an den Fahrzeugen bezieht, ohne Pachtzahlung anbringen, soweit und solange Werbeflächen nicht vermietet oder von den xxx in Anspruch genommen werden.

...

§ 2

1. xxxxx ist verpflichtet, alle Maßnahmen zu treffen, um eine schnelle und vollständige Nutzung aller Werbemöglichkeiten zu erreichen.

...

3. xxxxx unterrichtet die xxx über zustande gekommene Werbeverträge.

...

§ 4

...

4. Die xxx haben das Recht, sich jeden Entwurf zur Einwilligung vorlegen zu lassen.

...

§ 8

1. xxxxx legt den Werbeverträgen einen festen Tarif zugrunde, der von den xxx zu genehmigen ist.

..."

Nach § 12 des Vertrages betrug die Vertragsdauer 10 Jahre mit einer beidseitigen Kündigungsfrist von 12 Monaten zum Vertragsende. Der Vertrag erhielt die zuletzt gültige Fassung mit dem sog. "Vertrag in der 3. Fassung" vom 22.05./16.06.1992 nebst Nachtrag vom 25.04.1995 (Anlagen K 2 und K 3). Danach erhielt die Beklagte für die Überlassung der Werbeflächen bei Außenwerbung 76 % und bei Innenwerbung je nach Höhe der Umsätze 57,5 % bzw. 55 % aus dem Nettoumsatz der Klägerin.

Die Klägerin entfaltete in der Folgezeit Tätigkeiten zur Gewinnung von Werbekunden und schloss mit diesen im eigenen Namen Verträge ab, wobei sie den Verträgen ihre eigenen allgemeinen Geschäftsbedingungen (Anlage K 4) zugrunde legte. Die Beklagte erhielt die vertraglich zugesicherte Umsatzbeteiligung.

Mit Schreiben vom 22.01.1999 (Anlage K 10) kündigte die Beklagte den Vertrag zum 07.03.2000 und schrieb die Vergabe der Verkehrsmittelwerbung öffentlich aus, an der sich auch die Klägerin beteiligte. Mit Wirkung vom 08.03.2000 vergab die Beklagte den Auftrag an ein anderes Unternehmen.

Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen:

Sie sei in die Vertriebsorganisation der Beklagten mit im Wesentlichen denselben Pflichten, die einen Handelsvertreter bei dem Vertrieb von Produkten eines Unternehmens treffen, eingebunden gewesen. Die Vergütung sei, wie üblicherweise der Provisionsanspruch eines Handelsvertreters umsatzabhängig ausgestaltet gewesen. Ihr stehe deshalb ein Ausgleichsanspruch analog § 89 b HGB zu.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, 835.814,00 DM nebst Zinsen i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz gemäß § 1 Diskontsatz-Überleitungsgesetz ab Rechtshängigkeit der Klage an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

Die Klägerin habe ihre Verträge weitgehend ohne Genehmigung durch die Beklagte abschließen können. Der Kundenstamm sei nicht übertragen worden, sondern lediglich ihr Kundenpotenzial. Das Unterrichtungserfordernis habe dem Interesse an der Wahrung ihrer Unternehmensidentität gedient und sei aus Gründen der Gewährleistung der Verkehrssicherheit erforderlich gewesen. Die Verträge mit den neuen Kunden seien nach dem 08.03.2000 neu ausgehandelt und nicht übernommen worden. Bei dem Vertragsverhältnis habe es sich um einen Mietvertrag gehandelt, auf den § 89 b HGB weder direkt noch analog anwendbar sei.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 06.03.2001, der Klägerin zugestellt am 09.03.2001, auf welches wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die am 09.04.2001 eingegangene und am 09.05.2001 begründete Berufung der Klägerin. Zur Begründung trägt sie - unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens - im Wesentlichen vor:

Das Landgericht habe einen Ausgleichsanspruch analog § 89 b HGB rechtsfehlerhaft verneint. § 89 b HGB könne grundsätzlich auch auf den vorliegenden Vertrag Anwendung finden. Entscheidend sei eine vergleichbare Interessenlage, die hier gegeben sei. Der Beklagten sei der Kundenstamm überlassen worden. Die Beklagte habe jederzeit die die Vertragsverhältnisse mit Drittkunden betreffenden Aufzeichnungen, Bücher und Unterlagen einsehen und prüfen können. Sie sei in die Absatzorganisation der Beklagten eingebunden gewesen und habe eine allgemeine Interessenwahrnehmungspflicht innegehabt.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Dresden vom 06.03.2001, Az. 43-O-305/00, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 835.814,00 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 1 Diskontsatzüberleitungsgesetz ab Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen;

hilfsweise, der Klägerin nachzulassen, eine etwaige Sicherheitsleistung auch durch Beibringung der Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil. Ergänzend trägt sie vor:

Es habe ein gegenseitiger Vertrag in einem eher partnerschaftlich strukturierten Verhältnis bestanden. Die Klägerin sei in keine Absatz- und Vertriebsorganisation eingebunden gewesen. Es habe bereits keine Verkaufsorganisation der Beklagten bestanden. Der Vorbehalt, die Werbeentwürfe vorzulegen, habe ausschließlich der Sicherstellung der technischen Machbarkeit und verkehrsrechtlichen Zulässigkeit gedient. Die Dauereinnahme aus der Weitervermietung der Werbeflächen sei keine provisionsähnliche Vergütung. Eine Pflicht zur Überlassung des Kundenstammes habe nicht bestanden.

Wegen der näheren Einzelheiten des Verfahrens und des weitergehenden Parteivorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Bei § 89 b HGB handelt es sich um eine Spezialvorschrift (1.), die nur eingeschränkt analogiefähig ist (2.1). Die Bejahung einer entsprechenden Anwendung des § 89 b HGB auf das hier vorliegende Vertragsverhältnis begegnet daher bereits grundsätzlichen Bedenken (2.2). Jedenfalls aber liegen die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien für eine analoge Anwendung der Bestimmung nicht vor (2.3).

1. Die ursprüngliche Fassung des HGB enthielt noch keine Regelung über den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters. Erst das "Gesetz zur Änderung des Handelsgesetzbuches (Recht der Handelsvertreter)" vom 06.08.1953 (BGBl. I 771) führte mit der Regelung des § 89 b HGB einen Ausgleichsanspruch für den Handelsvertreter ein. Der Gesetzgeber folgte damit Vorbildern aus dem österreichischen und schweizerischen Recht, wich aber im Einzelnen erheblich von diesen Vorlagen ab (vgl. MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene, § 89 b Rdn. 1; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, HGB, 2. Aufl., § 89 b Rdn. 2; Küstner in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, § 89 b Rdn. 1 jeweils m.w.N.). Die Regelung des § 89 b HGB räumt dem Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf angemessenen Ausgleich ein.

Der persönliche Geltungsbereich der Vorschrift umfasst Handelsvertreter i.S.d. § 84 HGB. Der Begriff des Handelsvertreters ist in § 84 Abs. 1 Satz 1 HGB definiert und damit von ähnlichen Vertriebsmittlern wie Vertragshändlern, Kommissionären und Handelsmaklern abgegrenzt. Die Merkmale sind Vermittlung oder Abschluss von Geschäften für einen anderen Unternehmer, selbständiger Gewerbetreibender und ständige Betrauung mit solcher Vermittlung. Entscheidend ist die Erfüllung dieser Merkmale nach der vertraglichen Gestaltung und tatsächlichen Handhabung. Die Voraussetzungen liegen - zwischen den Parteien unstreitig - nicht vor. Insoweit ist die unmittelbare Anwendbarkeit des § 89 b HGB vorliegend ausgeschlossen.

2. Nach Auffassung des Senats ist § 89 b HGB auf die streitgegenständliche Vertragskonstellation auch nicht entsprechend anwendbar.

2.1 Das Handelsgesetzbuch kennt als Formen des mittelbaren Warenabsatzes nur den Handelsvertreter und den Kommissionär. Der Handelsvertreter wird im fremden Namen für fremde Rechnung im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses tätig, der Kommissionär dagegen nicht ständig und im eigenen Namen für fremde Rechnung. Das Rechtsleben hat Zwischenformen herausgebildet, die sich teils dem selbständigen Unternehmer annähern, der Waren kauft und im eigenen Namen für eigene Rechnung weiterverkauft, teils aber auch handelsvertreterähnliche Elemente aufweisen. Als Mischformen zwischen dem Handelsvertreter und dem selbständigen Unternehmer haben sich insbesondere der Vertragshandel und das Franchising entwickelt (vgl. Eckert, WM 1991, 1237).

a) Im Gegensatz zum Handelsvertreter wird der Vertragshändler im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig. Bei dem Vertragshändlervertrag handelt es sich deshalb um einen Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat und auf den die §§ 675, 611 BGB Anwendung finden. Eine unmittelbare Anwendung des § 89 b HGB kommt daher nicht in Betracht (MünchKomm HGB, a.a.O., § 89 b Rdn. 17).

Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine analoge Anwendung des § 89 b HGB auf Vertragshändler zulässig, wenn die Vertragsbeziehung des Händlers und des Herstellers über eine bloße Käufer-Verkäufer-Beziehung hinausgeht. Danach muss der Vertragshändler aufgrund besonderer vertraglicher Abmachungen so in die Absatzorganisation des Herstellers eingegliedert sein, dass er wirtschaftlich im weiten Umfang Aufgaben zu erfüllen hat, die sonst einem Handelsvertreter zukommen. Dazu gehört in der Regel, dass er sich für den Vertrieb der Erzeugnisse besonders einzusetzen und auch sonst Pflichten zu erfüllen hat, die für einen Handelsvertreter kraft Gesetzes gelten. Ferner muss der Vertragshändler verpflichtet sein, dem Hersteller bei Beendigung des Vertragsverhältnisses seinen Kundenstamm zu überlassen, wobei es bereits ausreicht, dass der Hersteller tatsächlich in der Lage ist, den Kundenstamm nach Beendigung der Vertragsbeziehung weiterzunutzen. Einer vertraglichen Verpflichtung zur Übertragung der Daten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses bedarf es dagegen nicht (BGHZ 68, 340, 343; BGH, BB 1993, 2399; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 84 Rdn. 10 ff.; Stumpf, NJW 1998, 12, 13). Ein Teil der Literatur lehnt einen Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers analog § 89 b HGB wegen fehlender Vergleichbarkeit von Vertragshändler und Handelsvertreter sowie der fehlenden Schutzbedürftigkeit des Vertragshändlers ab (vgl. MünchKomm HGB, a.a.O., § 89 b Rdn. 18; Eckert, WM 1981, 1237, 1242 jeweils m.w.N.). Die herrschende Literatur stimmt mit der Rechtsprechung im Wesentlichen in der ersten Voraussetzung überein, dass zur Begründung eines Ausgleichsanspruchs der Vertragshändler vertraglich wie ein Handelsvertreter in die Absatzorganisation des Unternehmers eingebunden sein muss. Die Rechtsprechung findet hingegen keine vollständige Zustimmung, was die Analogievoraussetzung der Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstamms betrifft (Stumpf, NJW 1998, 12, 13 m.w.N.).

b) Beim Franchising handelt es sich um eine Vereinbarung, in der der Franchisegeber es dem Franchisenehmer gegen finanzielle Vergütung gestattet, eine Franchise zum Zwecke der Vermarktung bestimmter Waren oder Dienstleistungen zu nutzen. Als Franchise wird eine Gesamtheit von Rechten an gewerblichem oder geistigem Eigentum wie Warenzeichen, Handelsnamen, Ladenschilder, Gebrauchsmuster, Geschmacksmuster, Urheberrechte oder Patente angesehen, die zum Zweck des Weiterverkaufs von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen an Endverbraucher genutzt wird (Eckert, WM 1991, 1237). Generelle Aussagen über die Analogiefähigkeit müssen für den Einzelfall beantwortet werden, weil Franchiseverträge in ihrer praktischen Ausgestaltung stark voneinander abweichen. Die Rechtsprechung hat bisher zwar noch nicht entschieden, ob der Franchisenehmer wie der Vertragshändler in analoger Anwendung des § 89 b HGB einen Ausgleich beanspruchen kann. Gleichwohl zeigt die Entscheidung des BGH zur analogen Anwendbarkeit des § 90 a HGB auf den Franchisenehmer (BGH, NJW-RR 1987, 612, 613), dass sich die Rechtsprechung einer analogen Anwendung der Schutzvorschriften des Handelsvertreterrechts auf den Franchisenehmer nicht verschließt. Wie beim Vertragshändler auch wird man indes eine Ausgleichsberechtigung des Franchisenehmers davon abhängig machen müssen, dass zunächst die beiden von der Rechtsprechung typisierten Analogievoraussetzungen (Eingliederung in die Absatzorganisation und Verpflichtung des Franchisenehmers zur Überlassung des Kundenstammes) gegeben sind (Küstner in Röhricht/Graf von Westphalen, a.a.O., § 89 b Rdn. 29).

2.2 Ob die analoge Anwendung des § 89 b HGB auf Vertragshändler dazu führt, einen Ausgleich auch bei sonstigen Rechtsverhältnissen zu begründen, ist zweifelhaft. Die Rechtsprechung ist dem - soweit ersichtlich - bisher entgegengetreten. So ist § 89 b HGB nicht analog anwendbar auf den Vertrag zwischen einem Künstler und seinem Manager und Promotor (BGH, NJW 1983, 1191; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, a.a.O., § 89 b Rdn. 11 m.w.N. aus der Rechtsprechung).

a) Fraglich ist bereits, ob die rechtliche und tatsächliche Situation der Klägerin mit der eines ausgeschiedenen Handelsvertreters, Vertragshändlers oder Franchisenehmers vergleichbar ist. Handelsvertretern, Vertragshändlern und Franchisenehmern ist gemeinsam, dass sie als so genannte Absatzmittler auf Dauer in die Absatz- und Vertriebsorganisation des Herstellers bzw. Franchisegebers eingegliedert sind und deren Waren bzw. Dienstleistungen am Markt anbieten und vertreiben.

b) In Übereinstimmung mit dem Landgericht geht der Senat davon aus, dass auf das streitgegenständliche Vertragsverhältnis unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und Auslegung der wesentlichen Vertragsbestimmungen Mietrecht anzuwenden ist. Die öffentlichen Unternehmen können wie jedes private Unternehmen ihre wirtschaftliche Tätigkeit durch günstige Nebengeschäfte gestalten. Die Vermietung nicht benötigter Flächen zu Werbezwecken bei Verkehrsunternehmen - so genannte Verkehrsmittelreklame - ist hierfür ein typisches Beispiel.

Die Parteien haben den Vertrag mit "Vertrag über die Nutzung von Fahrzeugen für Werbezwecke" überschrieben und damit zum Ausdruck gebracht, dass ein Vertrag mit mietrechtlichem bzw. zumindest mietrechtsähnlichem Charakter gewollt war. Es wird hieraus deutlich, dass im Verhältnis zwischen den Parteien die Nutzung der Werbeflächen gegen Entgelt durch die Klägerin und nicht die Vermittlung von Werbekunden für die Beklagte im Vordergrund stand. Nach § 1 des Vertrages wird als Vertragsgegenstand die Nutzung der für Werbung zugelassenen Straßenbahnen und Busse der xxx für Werbezwecke bezeichnet. Die Nutzung soll in der Vermietung der Werbeflächen bestehen. Nach § 4 des Vertrages haben die Parteien die - einem Mietvertrag vergleichbar - Nutzungsbedingungen der Werbeflächen geregelt. Nach § 5 Ziff. 1 des Vertrages war die Klägerin sowohl zum Anbringen als auch zum Entfernen der Werbetexte auf ihre Kosten verpflichtet. Der Klägerin war mithin auferlegt, den Vertragsgegenstand in dem überlassenen Zustand zurückzugeben. Nach Ziff. 12 des Vertrages war die Dauer des Vertrages auf 10 Jahre angelegt mit einer Kündigungsfrist von 12 Monaten zum Vertragsende. Diesem Umstand hat die Klägerin in den Verträgen mit ihren Kunden Rechnung getragen. Nach Ziff. 23 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin hat sich die Klägerin als Werbungdurchführende das Recht vorbehalten, vom Vertrag zurückzutreten oder dessen weitere Erfüllung dem Rechtsnachfolger zu übertragen, wenn vor Beendigung des Auftrags der zwischen dem Werbungdurchführenden und dem Verkehrsunternehmen abgeschlossene Vertrag aufgehoben wird. Die Klägerin ist mithin bei Beendigung der streitgegenständlichen Vertragsbeziehung auch von der Beendigung ihrer Verträge mit Werbekunden ausgegangen.

Die Klägerin hat auch keine handelsvertretertypische - einmalige - Abschlussprovision erhalten, sondern war während der Vertragslaufzeit prozentual an den fortlaufenden Einnahmen beteiligt. Die Beklagte hat mithin keine provisionsähnliche Vergütung gezahlt, sondern Dauereinnahmen aus der Vermietung der Werbeflächen erzielt. Der Annahme eines Mietzinses steht die Orientierung am Netto-Umsatz der Klägerin nicht entgegen. Die Regelung der Umsatzanteile ist vielmehr den Verhältnissen bei Vertragsschluss am 08.03.1990 in den neuen Bundesländern geschuldet. Für die Parteien war nicht vorhersehbar, wie sich der Werbemarkt entwickeln würde. Mit der 1. Änderung zum Vertrag vom 08.03.1990 wurde daher unter § 10 Ziff. 8 eine Anpassungsklausel vereinbart. Die Vermittlung der Werbekunden und die dort erzielten Werbeeinnahmen durch die Klägerin waren somit lediglich Berechnungsgrundlage für den Mietzins. Nach § 1 Ziff. 3 des Vertrages gingen die Parteien selbst von Mietzinszahlungen aus, weil die Klägerin zur Eigenwerbung in oder an den Fahrzeugen der Beklagten ohne "Pachtzahlung" berechtigt war.

c) Nach Würdigung der Gesamtumstände ist die Klägerin - auch im weiteren Sinne - nicht als Absatzmittlerin der Beklagten zu qualifizieren, weshalb die rechtliche und tatsächliche Situation der Klägerin mit der eines ausgeschiedenen Handelsvertreters, Vertragshändlers oder Franchisenehmers nicht vergleichbar ist. Die Frage, ob für eine analoge Anwendbarkeit des § 89 b HGB auf das vorliegende Vertragsverhältnis dem Grunde nach Raum ist, kann nach Auffassung des Senats indes dahinstehen, weil jedenfalls die zu fordernden allgemeinen Voraussetzungen für eine analoge Anwendung nicht bestehen.

2.3 Die Entscheidung über eine - unterstellte - analoge Anwendbarkeit des § 89 b HGB auf andere Absatzmittler hat von Rechtsnatur und Funktion dieser Vorschrift als eines besonderen Vergütungsanspruchs mit sozialem Schutzcharakter auszugehen. Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere, dass der Ausgleichsanspruch ein Fremdkörper im deutschen Rechtssystem ist. Dies schließt zwar eine analoge Anwendung des § 89 b HGB nicht aus, macht aber deren besonders sorgfältige Begründung erforderlich (Eckert, WM 1991, 1237, 1243). Die grundlegende Voraussetzung für eine entsprechende Anwendbarkeit des § 89 b HGB ist, dass der Vertriebs-/Absatzmittler selbständig ist, sich die vertraglichen Beziehungen zwischen Unternehmer und Vertriebs-/Absatzmittler nicht in einer reinen Verkäufer-Käufer-Beziehung erschöpfen, der einzelne Vertriebs-/Absatzmittler vielmehr nach Gestaltung und/oder Handhabung des Vertrages durch Pflichten, wie sie in einer Käufer-Verkäufer-Beziehung nicht bestehen, auf Dauer so in die Absatzorganisation des Unternehmers eingegliedert ist, dass er wirtschaftlich in großem Umfang einem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben erledigt, insbesondere den Absatz des Unternehmens laufend zu fördern hat und insgesamt den handelsvertretertypischen Bindungen unterliegt (vgl. Ebenroth, Boujong/Joost/Löwisch, HGB, § 89 b Rdn. 22 m.w.N.; Eckert, WM 1991, 1237, 1243, 1244, 1248). Außerdem muss, um die entsprechende Anwendung des § 89 b HGB zu rechtfertigen, die vertraglich, zumindest konkludent und spätestens bei Vertragsende begründete Verpflichtung des Vertriebsmittlers bestehen, dem Unternehmer während des Vertragsverhältnisses oder spätestens bei dessen Beendigung seinen Kundenstamm durch Übermittlung der Kundendaten so zu überlassen, dass dessen Vorteile bei Vertragsende sogleich für den Unternehmer nutzbar zu machen sind. Die vertraglich begründete regelmäßige Berichtspflicht des Vertriebs-/Absatzmittlers über alle Geschäftsabschlüsse kann dafür ausreichen (BGH, WM 2000, 877, 878). Offen bleiben kann die umstrittene Frage, ob neben den aufgezeigten Voraussetzungen eine besondere Schutzbedürftigkeit des Vertriebsmittlers, z.B. besonderer Kapitaleinsatz, Alleinvertriebsrecht, Gebietsschutz oder Wettbewerbsverbot sowie Kontroll- und/oder Berichtspflichten, für eine analoge Anwendung des § 89 b HGB erforderlich ist oder dies lediglich ein Indiz für ein handelsvertreterähnlich ausgestaltetes Rechtsverhältnis darstellt (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Löwisch, a.a.O., § 89 b Rdn. 25). Nach Überzeugung des Senats war die Klägerin nicht in dem notwendigen Maße in eine Absatzorganisation des Beklagten eingeliedert.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Ausgleichsanspruch analog § 89 b HGB dem Vertragshändler - und nicht weniger wäre vorliegend für die Klägerin zu verlangen - zuzubilligen, wenn zwischen ihm und dem Hersteller oder Lieferanten ein Rechtsverhältnis besteht, das sich nicht in einer bloßen Käufer-Verkäufer-Beziehung erschöpft, sondern den Vertragshändler aufgrund vertraglicher Abmachungen so in die Absatzorganisation des Herstellers oder Lieferanten eingliedert, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang dem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hat (BGHZ 29, 83; BGH, WM 1992, 825, 827). Dazu gehört, dass er sich für den Vertrieb der Erzeugnisse besonders einzusetzen und auch sonst Pflichten zu erfüllen hat, die für einen Handelsvertreter kraft Gesetzes gelten. Die Einbindung/Eingliederung in die Absatzorganisation des Unternehmens beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Sie zeigt sich besonders in der Verpflichtung des Vertriebs-/Absatzmittlers, dem Unternehmer/Hersteller Zutritt zu den Geschäfts- und Lagerräumen sowie Einsicht in Geschäfts- und Betriebsunterlagen zu gewähren, seine Buch- und Kontenführungen derjenigen des Unternehmers anzupassen sowie in Konkurrenzverboten, Mindestbezugs-, Informations- und Kundenbetreuungspflichten sowie einer Richtlinienkompetenz des Unternehmers (Ebenroth/Boujong/Joost/Löwisch, a.a.O., § 89 b Rdn. 24; OLG München, BB 1997, 595).

b) Die Klägerin war nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien nicht so in ein - unterstelltes - Absatzsystem der Beklagten eingebunden und mit solchen Pflichten zugunsten der Beklagten belastet, wie das für die ansprechende Anwendung des § 89 b HGB erforderlich ist.

Die Klägerin hat vorliegend keine Provision für vermittelte Verträge (Abschlussprovisionen) erhalten. Sie erhielt von ihren Werbekunden Vergütungen und war aufgrund der vertraglichen Beziehung zur Beklagten verpflichtet, hiervon einen bestimmten Prozentsatz an die Beklagte als Mietzins abzuführen. Die Klägerin hat mithin keine provisionsähnliche Vergütung erhalten, sondern dauernde Einnahmen aus der Weitervermietung der Werbeflächen erzielt.

Die Klägerin ist auch auf eigene Rechnung und weitgehend von der Beklagten unabhängig tätig geworden. Dies zeigt sich darin, dass die Klägerin den Verträgen mit Werbekunden eigene allgemeine Geschäftsbedingungen beigefügt hat.

Die vorgelegten Werbeanzeigen sind nicht geeignet, eine Einbindung/Eingliederung in eine Absatzorganisation der Beklagten zu begründen. Die Klägerin hat mit den Werbeanzeigen keine Werbung für "Produkte" der Beklagten betrieben, sondern vielmehr Werbung in eigener Sache gemacht. Nicht zuletzt hat die Klägerin - nach ihrem eigenen Vortrag - nicht nur mit der Beklagten, sondern bundesweit auch mit Verkehrsunternehmen anderer Kommunen Verträge über die Nutzung von Werbeflächen geschlossen. Die Werbung der Klägerin war mithin so ausgelegt, Werbekunden nicht beschränkt auf die Beklagte, sondern bezogen auf sämtliche Verkehrsbetriebe, mit denen vertragliche Beziehungen bestanden, zu gewinnen. Danach war die Klägerin nicht auf ein bestimmtes "Vertragsgebiet" festgelegt und verpflichtet, ausschließlich Interessen der Beklagten zu fördern.

Die Unterrichtungspflicht der Klägerin über zustande gekommene Werbeverträge gemäß § 2 Ziff. 3 des Vertrages begründet keine handelsvertretertypische Bindung an die Beklagte. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin eigenständig Werbeverträge abgeschlossen hat und nach der vertraglichen Regelung die Beklagte im Nachhinein über bereits zustande gekommene Werbeverträge unterrichten sollte. Dies gilt auch für § 4 Ziff. 4 des Vertrages, wonach der Beklagten das Recht zustand, sich jeden Entwurf zur Einwilligung vorlegen zu lassen. Die Vorlage diente bei lebensnaher Betrachtung nicht der wirtschaftlichen Kontrolle der Klägerin, sondern entsprach dem verständigen Interesse der Beklagten, die technische Machbarkeit und die verkehrsrechtliche Zulässigkeit der Werbeaufschriften zu prüfen. Eine Einbeziehung in eine Absatz- oder Vertriebsorganisation in erheblichem Umfang kann hieraus nicht abgeleitet werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Zusammenarbeit der Parteien bei der Überlassung und Nutzung der Werbeflächen und der Berechnung des Mietzinses durch die Eigenart der von der Klägerin vermieteten Sache vorgegeben war und die Art der Zusammenarbeit, insbesondere die Beschränkungen der Klägerin, nicht hinreichend aussagekräftig und für die Annahme einer handelsvertreterähnlichen Einbringung nicht ausreichend ist.

Nicht verfangen kann auch der Hinweis der Klägerin auf § 8 Ziff. 1 des Vertrages. Danach hatte die Klägerin den Werbeverträgen einen festen Tarif zugrunde zu legen, der von der Beklagten zu genehmigen war. Dem Landgericht kann darin gefolgt werden, dass die Tarife von der Klägerin eigenständig aufgestellt und festgelegt worden sind. Der Genehmigungsvorbehalt der Beklagten kann hierbei keine handelsvertreterähnliche Situation begründen. Dies betrifft auch die Regelung nach § 10 Ziff. 7 des Vertrages, der die Klägerin verpflichtet, über jeden eingehenden Auftrag Buch zu führen und die Beklagte berechtigt, alle das Vertragsverhältnis betreffenden Aufzeichnungen, Bücher und Unterlagen einzusehen und zu prüfen. Nach Auffassung des Senats kann aus der Regelung keine dauerhafte und fortlaufende - auch praktizierte - Kontroll- und Überwachungsbefugnis der Beklagten abgelesen werden. Die Regelung entspricht vielmehr dem verständigen Interesse der Beklagten wegen der Verknüpfung des Mietzinses an den Nettoumsatz der Klägerin, im Einzelfall Einsicht in Unterlagen nehmen zu können. Die unabhängige Stellung der Klägerin war dabei nicht solchermaßen berührt, dass von einer Einbindung in eine Vertriebs- oder Absatzorganisation in erheblichem Umfang gesprochen werden kann.

Letztendlich hat die Beklagte auch keine wirtschaftlich erhebliche und am Wirtschaftsleben orientierte Verkaufs- oder Absatzorganisation unterhalten, in die sich die Klägerin einzufügen gehabt hätte. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Überlassung der Werbeflächen an die Klägerin für die Beklagte lediglich ein so genanntes Nebengeschäft darstellte. Die öffentlichen Unternehmen können wie jedes private Unternehmen ihre wirtschaftliche Tätigkeit durch günstige Nebengeschäfte gestalten. Die Vermietung nicht benötigter Flächen zu Werbezwecken bei Verkehrsunternehmen ist hierfür ein typisches Beispiel. Dies ändert aber nichts daran, dass die Hauptaufgabe der Beklagten als Verkehrsunternehmen in der Beförderung der Kunden und mithin in einer öffentlich-rechtlichen Daseinsfürsorge bestand.

II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Gegenstandswert der Berufung und die Beschwer der Klägerin betragen jeweils 835.814,00 DM.

Ende der Entscheidung

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