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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 04.12.2001
Aktenzeichen: 2 U 1145/01
Rechtsgebiete: GmbHG, BGB


Vorschriften:

GmbHG § 38
GmbHG § 52
BGB § 181
BGB § 626
1. Der Geschäftsführer einer GmbH kann den über seine Abberufung vom fakultativen Aufsichtsrat gefassten Beschluss mit der Nichtigkeitsklage angreifen. Verstöße gegen Verfahrensvorschriften, die lediglich der Sicherung von verzichtbaren Rechten dienen, hat er aber unverzüglich gegenüber dem Aufsichtsrat geltend zu machen.

2. Ist ein fakultativer Aufsichtsrat über einen langen Zeitraum unterbesetzt, kann dies zur Nichtigkeit von Beschlussfassungen führen. Dies gilt allerdings nicht, wenn alle Anteile an der GmbH von einem Gesellschafter gehalten werden und daher die Unterbesetzung von vornherein die Repräsentanz von Gesellschaftergruppierungen im Aufsichtsrat nicht berührt.

3. Kommt einer GmbH die Befugnis zu, Mitglieder des Aufsichtsrats in einer anderen GmbH zu bestellen, können sich die Geschäftsführer der bestellungsbefugten GmbH auch dann selbst zu Aufsichtsratsmitgliedern benennen, wenn sie statuarisch von § 181 BGB nicht befreit sind.

4. Ist in einem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vereinbart, dass die Abberufung des Geschäftsführers nur aus wichtigem Grund erfolgen darf, bindet dies die Aufsichtsratsmitglieder bei ihrer Stimmrechtsausübung zumindest dann nicht, wenn der Anstellungsvertrag ohne Mitwirkung des Aufsichtsrats geschlossen wurde. Beruft bei einer solchen Sachlage der Aufsichtsrat den Geschäftsführer ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes ab, erwächst dem Geschäftsführer aus dem Dienstvertrag kein Anspruch auf Neubestellung.

5. Der Dienstvertrag eines Geschäftsführers kann aus wichtigem Grunde gekündigt werden, wenn er als Liquidator einer Tochtergesellschaft der GmbH ein Verhalten zeigt, das Zweifel an seiner Integrität aufkommen lässt.


Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob und ggf. mit welchen Folgen der Kläger aufgrund eines am 29.04.1999 gefassten Aufsichtsratsbeschlusses als Geschäftsführer der Beklagten abberufen wurde und ob sein Anstellungsverhältnis fortbesteht.

1. Die am 20.12.1993 errichtete Beklagte übernimmt in Teilen des M.kreises die Wasserversorgung und die Abwasserentsorgung. Ihr Stammkapital i. H. v. DM 50.000,00 wurde zunächst vom - zwischenzeitlich aufgelösten - Versorgungsverband G. als Alleingesellschafter gehalten.

Durch einen am 25.04.1995 gefassten Aufsichtsratsbeschluss wurden der Kläger und B.R. zu gemeinschaftlich vertretungsberechtigten Geschäftsführern der Beklagten bestellt. Am 20.10.1995 und am 30.04.1996 schloss diese, vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitzenden, mit dem Kläger, der bereits zuvor in den Diensten der Beklagten stand, einen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag.

Zu Beginn des Jahres 1999 entschloss sich der Versorgungsverband G., 49 % der Geschäftsanteile der Beklagten an die O. GmbH zu veräußern und dieser die Betriebsführung für die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung zu übertragen.

Im Rahmen der Vertragsverhandlungen trat die O. GmbH mit Schreiben vom 27.04.1999 an die Beklage heran und begehrte die Abberufung des Klägers sowie die Neubestellung des von ihr benannten H.W. als Geschäftsführer. Nachdem ein Aufsichtsratsmitglied einer schriftlichen Beschlussfassung hierüber seine Zustimmung versagt hatte, lud der Aufsichtsratsvorsitzende der Beklagten mit Schreiben vom 28.04.1999 zu einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung "ohne Form und Fristen aus wichtigem Grund" für den 29.04.1999, deren Tagesordnung die Abberufung und Bestellung eines Geschäftsführers der Beklagten zum Gegenstand hatte. Bei dieser Aufsichtsratsversammlung votierten die erschienenen Mitglieder - bei einer Stimmenthaltung - für die Abberufung.

2. Mit Anwaltsschreiben vom 26.05.1999 wandte sich der Kläger gegen seine Abberufung und führte zur Begründung an, dass diese nach dem Anstellungsvertrag nur aus wichtigem Grund erfolgen könne. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Beklagten übermittelte hierauf dem Kläger mit Schreiben vom 15.06.1999 eine Ausfertigung des Abberufungsbeschlusses vom 29.04.1999, ohne sich weitergehend inhaltlich mit dem Vorbringen des Klägers zu befassen.

Am 03.04.2000 hielt der - nunmehr aus sieben Mitgliedern gebildete - Aufsichtsrat eine außerordentliche Sitzung ab und beschloss, das Dienstverhältnis mit dem Kläger mit sofortiger Wirkung außerordentlich und vorsorglich zum 31.12.2000 ordentlich zu kündigen.

Im Einzelnen setzte sich der diesen Beschluss fassende Aufsichtsrat aus vier von der außerordentlichen Verbandsversammlung des Versorgungsverbandes G. durch Beschluss vom 30.06.1999 entsandten Mitgliedern, aus den beiden durch eigene Entschließung benannten damaligen Geschäftsführern H. und S. der O. GmbH sowie aus dem weiteren von dieser bestimmten Mitglied Sch. zusammen. Diese Bestellungsakte wurde von den Gesellschaftern der O. GmbH Mitte Oktober 2001 durch eine Beschlussfassung genehmigt. Weiterhin gab der nunmehr alleinige - zwischenzeitlich auch von § 181 BGB befreite - Geschäftsführer H. der O. GmbH am 05.10.2001 eine korresponierende Genehmigungserklärung ab.

3. Mit Schreiben vom selben Tage, dem Kläger durch Gerichtsvollzieher zugestellt am 07.04.2000, erklärte der Aufsichtsratsvorsitzende die Kündigung mit einem dem Protokoll vom 03.04.2000 entsprechenden Inhalt. Dieser Kündigung lag Nachstehendes zugrunde:

Neben seiner Tätigkeit für die Beklagte war der Kläger zugleich Liquidator der K. GmbH i.L., an der die Beklagte 51 % der Geschäftsanteile hält. Am 02.07.1999 entnahm er der Bar-Kasse der K. GmbH i.L. DM 77.000,00 und verwahrte hiervon DM 5.000,00 in seinem häuslichen Tresor. Den verbleibenden Betrag von DM 72.000,00 legte er am selben Tage als Festgeld bei der W. Bank e.G. an, der er für die von ihm bereits zuvor unterhaltene Bankverbindung einen Freistellungsauftrag erteilt hatte. Der seinen Angaben gemäß gefertigte Kontoeröffnungsantrag weist als Antragsteller den - "i.A." unterzeichnenden - Kläger sowie als Anschrift dessen Privatadresse aus. Der zunächst hinter seinem Namen angebrachte Vermerk "Verwalter" wurde vor Vertragsunterzeichnung wieder gestrichen.

Dieses Bankguthaben wurde auf Verlangen des hiervon Mitte September 1999 unterrichteten Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. P. der K. GmbH i.L. - nach Ablauf der Bindungsfrist - einschließlich der gezogenen Zinsen am 02.10.1999 auf ein neu eingerichtetes Abwicklungskonto der K. GmbH i.L. überwiesen. Bis dahin blieb der am 02.07.1999 entnommene Barbetrag in deren Buchungsunterlagen unter der Bezeichnung "Kasse 2" bzw. "Tresor" geführt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass der am 29.04.1999 gefasste Aufsichtsratsbeschluss aus formellen und materiellen Gründen unwirksam sei. Mit seiner am 28.12.1999 eingereichten Klage hat er u.a. begehrt, die Unwirksamkeit des Abberufungsbeschlusses festzustellen. Nachfolgend hat er zudem beantragt, die Unwirksamkeit der Kündigung seines Anstellungsvertrages festzustellen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 20.03.2001 die Klage insoweit abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg.

A.

...

B.

Der auf Feststellung der Geschäftsführerstellung, hilfsweise auf Neubestellung und Schadenersatz, gerichtete Klageantrag zu 1) erweist sich auch in der Berufungsinstanz als unbegründet (unten I.).

Ebenso erfolglos bleibt der mit dem Klageantrag zu 2) verfolgte Schadensersatzanspruch (unten II.). Teilweise begründet ist das Rechtsmittel aber insoweit, als auf den Klageantrag zu 3) festzustellen ist, dass der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag erst zum 07.04.2000 geendet hat (unten III.).

I.

Die Klage ist im Klageantrag zu 1) abzuweisen.

1. Der Hauptantrag ist zulässig.

Zwar neigt der Senat - aus den unter B.I.2.a)bb) (1.2.2.2.2) angedeuteten Gründen - nicht der Sicht zu, dass Geschäftsführer zur Wahrung von Belangen der Gesellschaft generell befugt seien, die Nichtigkeit von Aufsichtsratsbeschlüssen gerichtlich feststellen zu lassen (so allerdings: Hachenburg/Raiser, GmbHG, 8. Aufl., § 52 Rn. 83; Scholz/Uwe Schneider, GmbHG, 8. Aufl., § 52 Rn. 311 f. m.w.N.; für Vorstand der AG: Mertens, in: Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Aufl., Vorb. § 95 Rn. 18 und § 108 Rn. 89; für Nichtigkeitsklagen gegen Gesellschafterbeschlüsse der GmbH: Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG, 8. Aufl., § 45 Rn. 134 m.w.N.). Vorliegend ist dem Kläger aber ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse auf Feststellung seiner Organstellung - nicht nur des Anstellungsvertrages - erwachsen, da sein eigener Rechtskreis davon berührt wird, ob er weiterhin gesetzliches Vertretungsorgan der Beklagten ist und ihm damit selbst bei Beendigung des Anstellungsvertrages die gesetzlichen Pflichten eines Geschäftsführers obliegen.

2. Die im Antrag zu 1) verfolgten Ansprüche stehen aber dem Kläger weder im Haupt- noch im Hilfsbegehren zu.

a) Der Kläger wurde auf der Aufsichtsratssitzung der Beklagten vom 29.04.1999 wirksam als Geschäftsführer abberufen.

aa) Im Ausgangspunkt ist dem Kläger allerdings darin beizutreten, dass Aufsichtsratsbeschlüsse, die verfahrens- oder materiell-rechtlich gegen Gesetzes- oder Satzungsrecht verstoßen, stets nichtig sind und nicht einer analogen Anwendung der einschränkenden Vorschriften der §§ 241 ff. AktG unterliegen (vgl. für Aktiengesellschaft: BGHZ 135, 244 [247]; BGHZ 124, 111 [125]; BGH NJW 1993, 2307 [2309]).

bb) Eine mit normativen oder statuarischen Vorgaben unvereinbare Beschlussfassung vermag der Senat aber weder in formeller noch in inhaltlicher Hinsicht festzustellen.

(1) Der Kläger kann nicht mehr beanstanden, dass die Ladungsfrist nach § 10 Abs. 2 der Satzung nicht eingehalten, die Vorbereitungszeit für die Aufsichtsratsmitglieder zu knapp bemessen und deren Information, insbesondere zum Inhalt des Dienstvertrages, unzureichend gewesen seien.

(1.1) Zwar ist die Monatsfrist des § 246 AktG auf Angriffe gegen Beschlüsse des Aufsichtsrats wegen dessen besonderer Aufgabe sowie der von dessen Mitgliedern für die Rechtmäßigkeit ihrer Entschließungen zu übernehmenden Verantwortung nicht entsprechend anwendbar (vgl. Scholz/Uwe Schneider, GmbHG, 8. Aufl., § 52 Rn. 306 ff. m.w.N.; für Aktiengesellschaft: BGH NJW 1993, 2307 [2309]).

(1.2) Aus Gründen der Rechtssicherheit hätte es dem Kläger jedoch zur Erhaltung seiner Rechte oblegen, die von ihm nunmehr gerügten Ladungsmängel unverzüglich gegenüber dem Aufsichtsrat geltend zu machen.

(1.2.1) Es ist anerkannt, dass zumindest Aufsichtsratsmitglieder (vgl. zu deren Klageberechtigung bei Aktiengesellschaft: BGHZ 135, 244 [248] m.w.N.) gehalten sind, Verstöße gegen Verfahrensvorschriften, die lediglich der Sicherung von verzichtbaren Rechten dienen, mit aller unter den jeweiligen Gegebenheiten zumutbaren Beschleunigung geltend zu machen, um der Gesellschaft die mit einem Schwebezustand verbundene Rechtsunsicherheit zu ersparen (vgl. Scholz/Uwe Schneider, GmbHG, 8. Aufl., § 52 Rn. 311; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., § 52 Rn. 52; für Aktiengesellschaft: BGH NJW 1993, 2307 [2309]).

(1.2.2) Hieran anknüpfend kann sich auch der Kläger als Geschäftsführer auf etwaige Ladungsmängel nicht mehr berufen.

(1.2.2.1) Die von ihm als verletzt gerügten Verfahrensvorschriften sind durchweg disponibel, da es in der autonomen Entscheidung jedes einzelnen Aufsichtsratsmitgliedes liegt, ob es trotz objektiv zu kurzer Ladungsfrist oder unzulänglicher inhaltlicher Information an einer Aufsichtsratssitzung teilnehmen und sich hierdurch seiner Verfahrensrechte - auch außerhalb einer Vollversammlung - begeben will (vgl. zur korrespondierenden Situation in der Gesellschafterversammlung: Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG, 8. Aufl., § 45 Rn. 138 f. m.w.N.).

(1.2.2.2) Ohne Belang bleibt in diesem Zusammenhang, dass der Kläger nicht Aufsichtsratsmitglied, sondern Geschäftsführer der Beklagten ist.

(1.2.2.2.1) Als solcher unterliegt er zwar nicht den qualifizierten organimmanenten Verhaltenspflichten, denen Aufsichtsratsmitglieder untereinander (hiergegen in anderem Zusammenhang: Herkenrath, AG 2001, 33 [35]; Deckert, DZWir 1996, 406 [407] m.w.N.) oder der Gesellschaft gegenüber (hierzu bei Aktiengesellschaft: Mertens, a.a.O., § 116 Rn. 22 ff.) unterworfen sind. Er hat aber dennoch die allgemeinen organschaftlichen Treuepflichten zu wahren, die zwischen den jeweiligen Organen der Beklagten, mithin auch zwischen dem Kläger als Geschäftsführer und dem Aufsichtsrat, bestehen (vgl. Scholz/Uwe Schneider, GmbHG, 9. Aufl., § 43 Rn. 121; für Vorstand der Aktiengesellschaft: Mertens, a.a.O., § 93 Rn. 57 ff. m.w.N.).

(1.2.2.2.2) Treffen jedoch den Kläger gegenüber dem Aufsichtsrat gesteigerte Rücksichtnahmepflichten, hat er sich in gleicher Weise wie ein Aufsichtsratsmitglied mit aller zumutbarer Beschleunigung um Rechtssicherheit zu bemühen, wenn er aus verzichtbaren formellen Gründen heraus Bedenken gegen die Wirksamkeit einer Beschlussfassung des Aufsichtsrats erheben will.

Eine derartige Obliegenheit vermeidet, dass es durch die Verlagerung der Entscheidungskompetenz von der Gesellschafterversammlung auf den fakulativen Aufsichtsrat zu sachwidrigen Ungleichbehandlungen kommt. Wäre nämlich bei der Beklagten ein Aufsichtsrat nicht gebildet oder die Zuständigkeit für die Abberufung des Geschäftsführers bei der Gesellschafterversammlung belassen worden (vgl. BGH ZIP 1999, 1669 [1670] m.w.N.), hätten die vom Kläger geltend gemachten Verfahrensmängel keine Nichtigkeit, sondern allenfalls die Anfechtbarkeit der Beschlussfassung bewirkt (vgl. BGH ZIP 1998, 22 m.w.N. für Ladungsmangel; BGH ZIP 2000, 1336 [1337] für Tagesordnung). Dies gilt auch hinsichtlich der Wahrung der Ladungsfrist, da nach § 10 Abs. 2 der Satzung der Beklagten der Vorsitzende in "dringenden Fällen" eine kürzere als die ansonsten vorgesehene zweiwöchige Frist wählen kann.

Hätten aber die gerügten Mängel bei einer durch die Gesellschafterversammlung bewirkten Beschlussfassung lediglich Anfechtungsgründe bewirkt und wäre der Kläger dann überhaupt nicht anfechtungsbefugt gewesen (vgl. BGHZ 76, 154 [159]; zum Meinungsstand: Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG, 8. Aufl., § 45 Rn. 134 Fn. 439), ist weder einsichtig, weshalb er in Folge der Kompetenzverlagerung auf den Aufsichtsrat - wie die herrschende Auffassung meint - generell klagebefugt sein soll, noch weshalb er sich gegen die Missachtung disponibler Verfahrensvorschriften länger sollte wenden können als die Aufsichtsratsmitglieder selbst.

Nur so ist im Übrigen zu verhindern, dass Geschäftsführer weitergehend als die primär für ihre Entschließungen verantwortlichen Aufsichtsratsmitglieder etwaige Einberufungsmängel zu rügen vermögen.

(1.2.2.2.3) Hiervon ausgehend hat der Kläger die Geltendmachung von Ladungsmängeln verwirkt (wird ausgeführt).

(2) Gleichermaßen vermag der Kläger zu seinen Gunsten nichts daraus abzuleiten, dass der Aufsichtsrat der Beklagten im Zeitpunkt der Beschlussfassung die in § 9 der Satzung festgesetzte Zahl von zwölf Mitgliedern nicht erreichte.

(2.1) Zwar verweisen weder die damalige Satzung der Beklagten noch § 52 GmbHG auf § 108 Abs. 1 Satz 4 AktG. Der dieser Norm zu Grunde liegende Rechtsgedanke ist dennoch auf den Aufsichtsrat der Beklagten übertragbar, sodass dessen Handlungs- und Funktionsfähigkeit nicht durch das Ausscheiden der Mitglieder Sch. und K. beeinträchtigt wurde (vgl. BGHZ 83, 151 [153]; BGH WM 1983, 835 [836]).

(2.2) Hieran vermag letztlich auch nichts zu ändern, dass die Verringerung der Mitgliederzahl über die Beklagte nicht schicksalhaft hereingebrochen ist, sondern diese Zeit genug gehabt hätte, den Mitgliederbestand bis zur Beschlussfassung vom 29.04.1999 wieder der Satzung anzupassen.

(2.2.1) Im Ausgangspunkt tritt der Senat dem Kläger allerdings darin bei, dass ein bewusstes und langfristiges Unterschreiten der Mitgliederzahl nicht von vornherein ohne jede Auswirkung auf Beschlussfassungen des Aufsichtsrats bleiben kann (vgl. Mertens, a.a.O., § 108 Rn. 58 zur Ausnutzung einer kurzfristigen Unterbesetzung des Aufsichtsrats; zu unterbesetztem Vorstand einer Aktiengesellschaft: BGH, Urteil vom 12.11.2001 - II ZR 225/99 -). So ist etwa bei Abwägung der anerkennenswerten Belange aller Beteiligten, namentlich in einem mitbestimmten oder einzelne Gesellschaftergruppierungen nach statuarisch vorgegebenen Quoren berücksichtigenden Aufsichtsrat, durchaus zu erwägen, dass durch gezieltes Untätigwerden oder manipulatives Verhalten eintretende Verschiebungen der Mehrheitsverhältnisse trotz der damit verbundenen nachhaltigen Konsequenzen zur Nichtigkeit von Aufsichtsratsbeschlüssen führen können.

(2.2.2) Derart durchgreifende Sanktionen sind vorliegend jedoch nicht geboten.

Zwar stellt es eine grobe Verletzung der statuarischen Mitwirkungspflichten dar, dass der Versorgungsverband G. nach dem Ausscheiden der beiden Aufsichtsratsmitglieder Sch. und K. über einen Zeitraum von nahezu zwei Jahren bzw. mehr als einem Jahr eine Nachbesetzung unterlassen hat, um hierdurch die schon damals erwogene "Teil-Privatisierung" zu erleichtern. Dieses Vorgehen gebietet aber bei der notwendigen Gesamtbetrachtung noch nicht das Verdikt einer Nichtigkeit von Beschlussfassungen, da im damaligen Zeitraum der Versorgungsverband G. Alleingesellschafter der Beklagten war und hierdurch die satzungswidrige Unterbesetzung des Aufsichtsrates von vornherein keine Mehrheitsverhältnisse im Aufsichtsrat verschieben konnte. Zudem kann nicht außer Betracht bleiben, dass es der Versorgungsverband G. letztlich in der Hand gehabt hätte, durch eine Satzungsänderung - unter gewissen Voraussetzungen auch durch einen satzungsdurchbrechenden Beschluss (vgl. BGHZ 123, 15 [18 ff.]) - die gesellschaftsrechtliche Lage der tatsächlichen Handhabung anzupassen.

...

(4) Der Abberufungsbeschluss wahrt, anders als der Kläger meint, inhaltlich die statuarischen Anforderungen.

(4.1) Die durch § 38 Abs. 2 GmbHG eröffnete freie Abberufbarkeit des Klägers ist durch die Satzung der Beklagten nicht beschränkt.

(4.2) § 13 Nr. 6 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages, wonach die Abberufung durch den Aufsichtsrat nur aus wichtigem Grund zulässig sein soll, berührt den angegriffenen Beschluss nicht.

Der Senat hat sich in diesem Zusammenhang nicht näher damit zu befassen, inwieweit sich Aufsichtsratsmitglieder durch schuldrechtliche Vereinbarungen mit einem Fremd-Geschäftsführer (vgl. zu Gesellschafter-Geschäftsführer: BGH DB 1968, 2166; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 38 Rn. 11) gleichzeitig in ihrer Beschlussfassung binden können (vgl. Hachenburg/Stein, GmbHG, 8. Aufl., § 38 Rn. 29; zu Stimmbindung zwischen Gesellschaftern: BGH NJW 1983, 1910 [1911]; BGH GmbHR 1987, 94 [96]). Vorliegend scheidet nämlich eine aus einer Stimmrechtsbindung aller Aufsichtsratsmitglieder folgende Beschränkung der Abberufbarkeit schon dadurch aus, dass der Anstellungsvertrag mit dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates geschlossen wurde und ein hinreichend substantiierter Vortrag zu einer dem Beschluss über die Anstellung des Klägers immanenten Stimmbindungsvereinbarung zwischen den einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern fehlt.

Im Übrigen neigt der Senat ohnehin der Sicht zu, dass Stimmbindungsvereinbarungen zwischen Aufsichtsratsmitgliedern jedenfalls dann ohne Einfluss auf die Wirksamkeit des Beschlusses bleiben, wenn dieser in Widerspruch zur Satzung stünde und damit mangels Kompetenz des Aufsichtsrates von vornherein nicht satzungsdurchbrechend wirken könnte.

b) Der zum Klageantrag zu 1) verfolgte Hilfsantrag ist zwar zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg, da sich aus dem Anstellungsvertrag des Klägers kein Anspruch auf Wiederbestellung als Geschäftsführer ableiten lässt.

aa) Inwieweit eine derartige schuldrechtliche Verpflichtung mit § 38 Abs. 1 GmbHG vereinbar wäre (vgl. zum Meinungsstand hierzu: Scholz/Uwe Schneider, GmbHG 9. Aufl., § 38 Rn. 54; Hachenburg/Stein, GmbHG, 8. Aufl., § 38 Rn. 28; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 15. Aufl., § 38 Rn. 11; Fleck, GmbHR 1970, 221 [224]; Fleck, ZGR 1988, 104 [123]; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 13. Aufl., § 38 Rn. 13; OLG Köln GmbHR 1989, 76 [77 f.]), insbesondere ob sie wegen ihres körperschaftlichen Einschlages nicht zumindest eines satzungsdurchbrechenden Beschlusses (vgl. hierzu: BGHZ 123, 15 [18 ff.]) bedurft hätte, braucht der Senat nicht zu entscheiden.

bb) Zumindest gewährt nämlich § 13 Abs. 6 Satz 1 des Anstellungsvertrages keinen Anspruch auf Wiederbestellung, sondern allenfalls einen solchen auf Ersatz von Vermögenseinbußen.

(1) Es käme zu einem unzulässigen Eingriff in die vom Aufsichtsrat autonom zu treffende Willensentschließung und in die ausschließliche Satzungsgebungskompetenz der Gesellschafterversammlung, wenn der Kläger aus einer schuldrechtlichen Vereinbarung heraus vom Aufsichtsrat eine Neubestellung als Geschäftsführer verlangen könnte, (vgl. RGZ 170, 358 [371 f.] m.w.N.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 38 Rn. 13 a.E.; differenzierend: Scholz/Uwe Schneider, GmbHG, 9. Aufl., § 38 Rn. 40 m.w.N.).

(2) Der hieraus folgenden Beschränkung auf Sekundäransprüche steht aus den unter B.I.2.a)bb)(4.2) genannten Gründen auch nicht ein mittels des Anstellungsvertrages mit den Aufsichtsratsmitgliedern der Beklagten konkludent geschlossener Stimmrechtsbindungsvertrag entgegen.

II.

...

III.

Der vom Kläger gestellte Klageantrag zu 3) ist bei sachgerechtem Verständnis des Begehrens zulässig (unten 1.) und teilweise begründet (unten 2.).

1. Die Klage ist insoweit auf die Feststellung des Fortbestandes des Anstellungsvertrages gerichtet und in dieser Form zulässig.

Der Wortlaut des Antrages bezieht sich zwar nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, da die Wirksamkeit von Kündigungen lediglich ein unselbstständiges Element des allein rechtliche Beziehungen begründenden Anstellungsvertrages ist (vgl. zur Anfechtungserklärung: BGHZ 37, 331 [333]). Angesichts der im Schriftsatz der Klägervertreter vom 25.07.2001 enthaltenen Ausführungen ist aber davon auszugehen, dass der Kläger bei Lichte besehen ein fortbestehendes Anstellungsverhältnis festgestellt haben will.

2. Das Klagebegehren ist insoweit auch teilweise begründet, da der Anstellungsvertrag erst durch die am 07.04.2000 ausgesprochene außerordentliche Kündigung beendet wurde.

a) Die Abberufung vom 29.04.1999 ist nicht gemäß § 13 Abs. 6 Satz 3 des Anstellungsvertrages als gleichzeitige Kündigung des Anstellungsvertrages zu bewerten, weil sie sich nicht auf einen wichtigen Grund stützt.

aa) Das auf die Bestellung eines anderen Geschäftsführers gerichtete Verlangen der O. GmbH vermag einen wichtigen Grund für die Abberufung oder die Kündigung offenkundig nicht darzustellen.

bb) Fehlt es aber an einem wichtigen Grund, tritt auch die Fiktion von § 13 Abs. 6 Satz 3 des Anstellungsvertrages nicht ein.

Der Wortlaut dieser Vertragsbestimmung und deren systematische Anknüpfung an eine Abberufung aus wichtigem Grunde sprechen dafür, sie nicht auf eine "freie" Abberufung zu erstrecken, vor allem in einer solchen nicht eine konkludente Kündigung zum nächstmöglichen Termin zu sehen. Dies gilt umso mehr, als selbst eine ausdrücklich erklärte - nicht nur über § 13 Abs. 6 Satz 3 des Anstellungsvertrages fingierte - außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages nicht ohne Weiteres in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden könnte (vgl. BGH ZIP 2000, 539 [540]; BGH ZIP 1998, 509 [520]).

Bestärkt wird dieses Verständnis von § 13 Abs. 6 Satz 3 des Anstellungsvertrages zudem durch die Bestandswahrungsklausel in § 13 Abs. 2 Satz 2, die erhellt, dass die Parteien bei einer Abberufung des Klägers die schuldrechtlichen Beziehungen nicht als generell beendet erachten wollten.

...

c) Das Dienstverhältnis wurde jedoch mit der - am 07.04.2000 bewirkten - Zustellung der Kündigung vom 03.04.2000 beendet, da diese sowohl auf einem wirksamen Aufsichtsratsbeschluss als auch einem wichtigen Grund beruht.

aa) Entgegen der Sicht der Beklagten ist der auf der außerordentlichen Aufsichtsratssitzung vom 03.04.2000 gefasste Kündigungsbeschluss, der im hierzu gefertigten Protokoll des Aufsichtsratsvorsitzenden festgehalten ist, nicht aus formellen Gründen nichtig.

(1) Die Wirksamkeit des Beschlusses wird nicht von Ladungsmängeln berührt.

(1.1) Der Gegenstand der Aufsichtsratssitzung wurde im Schreiben vom 31.03.2000 mit dem Tagesordnungspunkt "Kündigung des Dienstverhältnisses von Herrn X." zulänglich angekündigt.

Dieser Hinweis umschreibt den geplanten Beschlussgegenstand hinreichend, um dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied eine sachgerechte Vorbereitung zu ermöglichen. Der Angabe der Hintergründe der beabsichtigten Kündigung bedurfte es entgegen der Meinung des Klägers nicht (vgl. zur Abberufung von Geschäftsführern durch Gesellschafterversammlung: BGH BB 1962, 110; OLG Nürnberg GmbHR 1990, 167 [169]; vgl. zur Abberufung eines Sparkassenvorstandes: BGH ZIP 2000, 1336 [1337]).

(1.2) Überdies wäre ein solcher Einberufungsmangel in entsprechender Anwendung von § 108 Abs. 4 AktG als geheilt zu betrachten, da alle Aufsichtsratsmitglieder erschienen bzw. ordnungsgemäß vertreten waren und keiner der Beschlussfassung widersprochen hat (vgl. Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 52 Rn. 55).

(2) Alle an der Beschlussfassung Mitwirkenden waren auch abstimmungsberechtigt, da die nicht anwesenden Aufsichtsratsmitglieder Sch. und S. die Wahrnehmung ihrer Rechte wirksam auf Ch. H. übertragen haben.

(2.1) Abweichend vom gesetzlichen Leitbild (§ 115 Abs. 5 AktG, § 52 Abs. 1 GmbHG) lässt es die Satzung der Beklagten in § 10 Abs. 6 zu, einem anderen Aufsichtsratsmitglied Stimmrechtsvollmacht zu erteilen.

Der Wirksamkeit einer solchen Ermächtigung steht auch nicht die fehlende Verweisung auf § 109 Abs. 3 AktG entgegen, da nichts dafür spricht, dass der Gesetzgeber bei einem fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH die Vertretungsberechtigung stärker beschränken wollte als beim Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft (vgl. Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 52 Rn. 58). Dies gilt erst recht im Hinblick darauf, dass nach § 52 Abs. 1 GmbHG den statuarischen Regelungen Vorrang vor jenen des Aktiengesetzes zukommt.

(2.2) Die Aufsichtsratsmitglieder Sch. und S. haben von dieser Möglichkeit selbst dann wirksam Gebrauch gemacht, wenn die - von keinem Anwesenden verlangten - schriftlichen Vollmachten im Zeitpunkt der Beschlussfassung dem Aufsichtsrat nicht vorgelegen haben sollten (vgl. BGHZ 49, 183 [194]; Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG, 9. Aufl., § 47 Rn. 89).

Im Übrigen kommt es für die Wirksamkeit der Stimmrechtsausübung ohnehin allein darauf an, dass am 03.04.2000 objektiv eine entsprechende Bevollmächtigung vorlag, wovon der Senat auf Grund der protokollierten Feststellungen des Aufsichtsratsvorsitzenden sowie der im Rechtsstreit vorgelegten Vollmachtsurkunden überzeugt ist (vgl. Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG, 9. Aufl., § 47 Rn. 89).

(3) Die Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrates war gegeben, weil die von § 10 Abs. 4 Satz 1 der Satzung geforderte Mindestzahl der Mitglieder erschienen war.

bb) Die Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses wird nicht von den vom Kläger gerügten Defiziten bei der Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder gehindert.

(1) Aus den unter B.I.2.a)bb)(3.1.3) und (3.2.2.2) dargelegten Erwägungen, die sinngemäß für den Bestellungsakt der Verbandsversammlung des Versorgungsverbandes G. vom 30.06.1999 gelten, ist unerheblich, dass die an der angegriffenen Beschlussfassung mitwirkenden Mitglieder von der hierfür statuarisch unzuständigen Verbandsversammlung berufen worden waren.

(2) Ebenso wenig führen Mängel bei der Bestellung der von der O. GmbH benannten Aufsichtsratsmitglieder H., S. und Sch. zur Nichtigkeit der Beschlussfassung vom 03.04.2000.

(2.1) Auch hier bedarf keiner abschließenden Entscheidung, inwieweit Fehler bei der Konstituierung des Aufsichtsrates auf die Wirksamkeit von Beschlussfassungen ausstrahlen.

(2.2) Auf Grund des insoweit unstreitigen Sachvortrags der Beklagten hat der Senat nämlich davon auszugehen, dass die Aufsichtsratsmitglieder H., Sch. und S. von der O. GmbH durch deren damals gesamtvertretungsberechtigt gewesenen Geschäftsführer H. und S. wirksam bestellt wurden.

(2.2.1) Da die Parteien nichts zu einer von § 46 GmbHG abweichenden Kompetenzverteilung zwischen der Gesellschafterversammlung und der Geschäftsführung vortragen, kam es Letzterer zu, für die O. GmbH die von dieser nach § 9 Abs. 1 der damals geltenden Satzung der Beklagten zu entsendenden Aufsichtsratsmitglieder zu benennen (vgl. zu Mitverwaltungsrechten: Scholz/Uwe Schneider, GmbHG, 9. Aufl., § 35 Rn. 34).

(2.2.2) Die Wirksamkeit des Bestellungsaktes wird nicht durch die damals fehlende Befreiung von § 181 BGB gehindert, da die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern als innerorganschaftlicher Willensbildungsakt, nicht als Rechtsgeschäft i.S.v. § 181 BGB, zu verstehen ist (vgl. zu Beschlussfassung: BGHZ 52, 316 [318]; BGHZ 33, 189 [191]; zu § 47 Abs. 4 GmbH: BGH ZIP 1990, 1194 f. ; zum Ganzen: Soergel/Leptien, BGB, 13. Aufl., § 181 Rn. 21 m.w.N.).

cc) Die am 07.04.2000 zugegangene Kündigung ist von einem wichtigen Grund getragen und innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt worden.

(1) Das von der Beklagten beanstandete Verhalten des Klägers als Liquidator der K. GmbH i.L. stellt einen wichtigen Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB dar, weil der Beklagten die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum ordentlichen Ablauf unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zugemutet werden kann (vgl. BGH DStR 2001, 861 [862]; BGH WM 1995, 2064 [2065]).

(1.1) In der Kassenentnahme vom 02.07.1999 und der sich unmittelbar anschließenden Festgeldanlage ist eine grobe Pflichtverletzung zu Lasten der K. GmbH i.L. zu sehen, die nachhaltige Zweifel daran aufkommen ließen, ob der Kläger der mit der Tätigkeit eines Geschäftsführers verbundenen hohen Verantwortung gerecht werden könne.

(1.1.1) Die in eigenem Namen und unter der Privatanschrift erfolgte Anlage des Kassenbestandes drängt auf, dass der Kläger zunächst nicht ohne Wenn und Aber beabsichtigte, den Festgeldbetrag nach Ablauf der Bindungsfrist an die K. GmbH i.L. zurückzuführen. Dies gilt umso mehr, als jeglicher Hinweis auf die K. GmbH i.L. im Kontoeröffnungsantrag fehlte und der tatsächliche Verbleib des Kassenbestandes buchhalterisch nicht erfasst war.

(1.1.2) Hieran ändert auch nichts, dass der entnommene Barbetrag in der Buchhaltung unter "Kasse 2" bzw. "Tresor" dokumentiert blieb (wird ausgeführt).

(1.2) Dieses vom Kläger begangene Vermögensdelikt hat das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien zerstört.

(1.2.1) Die Unterschlagungshandlung ist im Rahmen einer Tätigkeit vorgenommen worden, welche mit der vom Kläger gegenüber der Beklagten geschuldeten nahezu identisch ist.

Liquidatoren einerseits und Geschäftsführer andererseits obliegen gegenüber der Gesellschaft qualifizierten Loyalitäts- und Vermögenssorgepflichten, da ihnen auf Grund der uneingeschränkten Vertretungsmacht Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen eingeräumt ist und hierdurch die Gesellschaft bei beiden auf eine absolut integre Haltung angewiesen ist. Hinzu kommt, dass die gewählte Begehensart nicht etwa nur bei der K. GmbH i.L. zu einem möglichen Erfolg hätte führen können, sondern auch bei der Beklagten vergleichbare Vorgehensweisen zumindest nicht von vornherein ausschließbar gewesen wären.

(1.2.2) Bei Abwägung aller Belange war angesichts dieses gegenüber der K. GmbH i.L. gezeigten Verhaltens eine Fortsetzung des zwischen den Parteien geschlossenen Anstellungsvertrages unzumutbar.

(1.2.2.1) Es spricht viel dafür, dass der Kläger durch sein Handeln als Liquidator der K. GmbH i.L. bei jedweder Geschäftsführeranstellung das Vertrauensverhältnis zerstört hätte. Zumindest aber hat er in Anbetracht der von der Beklagten an der K. GmbH i.L. gehaltenen Mehrheitsbeteiligung mittelbar auch zum Schaden der Beklagten gehandelt und hierdurch bei dieser durchgreifende Bedenken an seiner Zuverlässigkeit aufkommen lassen....

(1.3) Angesichts der Schwere des Fehlverhaltens des Klägers durfte die Beklagte dessen einmaliges Versagen zum Anlass für eine fristlose Kündigung nehmen, ohne zuvor eine Abmahnung aussprechen zu müssen (vgl. BGH ZIP 2001, 1957 [1958]; BGH ZIP 2000, 667 [668]; BGH ZIP 2000, 508 [510]).

(1.4) Schließlich bleibt ohne Belang, inwieweit der bloße Verdacht strafbaren Vorgehens eine Kündigung des Klägers gerechtfertigt hätte.

Der Senat ist nämlich aus den dargelegten Gründen von einer vollendeten Unterschlagungshandlung i.S.v. § 246 Abs. 1 und 2 StGB überzeugt und stützt lediglich die - tatbestandlich überschießende - Bereicherungsabsicht auf die dargelegten Verdachtsgründe. Hiergegen bestehen umso weniger Bedenken, als bereits der bloße Verdacht für ein strafrechtlich relevantes Verhalten eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann (vgl. BGH ZIP 1997, 1065 [1067]; BGH ZIP 1984, 1113 [1114]; vgl. aus verfassungsrechtlichem Blickwinkel: BGH WM 1998, 993 [994] m.w.N.).

(2) Die Beklagte ist ihrer Kündigungsbefugnis nicht durch eine Verfristung gemäß § 626 Abs. 2 BGB verlustig gegangen (wird ausgeführt).

Ende der Entscheidung

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