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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 29.08.2006
Aktenzeichen: 2 U 613/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 164
Zur Darlegungs- und Beweislast bei Vertretungsgeschäft.
Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 2 U 613/06

Verkündet am 29.08.2006

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung aus Provisionsvereinbarung

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.08.2006 durch

Vizepräsident des Oberlandesgerichts Hagenloch, Richterin am Oberlandesgericht Bokern und Richter am Amtsgericht Gnad

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 16.03.2006 - 9 O 1258/05 - wird zurückgewiesen, soweit durch das angefochtene Urteil im Prozessrechtsverhältnis gegen über den Beklagten zu 1) und 2) das Versäumnisurteil des Landgerichts Leipzig vom 01.09.2005 im Hauptsacheausspruch aufrechterhalten wurde.

II. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 16.03.2006 - 9 O 1258/05 - abgeändert, soweit durch das angefochtene Urteil das Versäumnisurteil vom 01.09.2005 im Prozessrechtsverhältnis zur Beklagten zu 3) im Auskunftsanspruch aufrechterhalten wurde. In diesem Umfang wird das Versäumnisurteil des Landgerichts Leipzig vom 01.09.2005 aufgehoben und die Beklagte zu 3) verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Stückzahlen der von ihr gefertigten Fahrzeugtypen der Krankenwagen A 1 bis C aus dem Projekt Eco 02 für den Zeitraum 06.03.2003 bis 31.12.2004.

III. Im Übrigen werden auf die Berufung des Klägers das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 16.03.2006 - 9 O 1258/05 - und das Versäumnisurteil des Landgerichts Leipzig vom 01.09.2005 aufgehoben.

IV. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 2) in beiden Rechtszügen.

V. Im Umfang der weitergehenden Aufhebung wird die Sache zur anderweitigen Entscheidung - auch über die weitergehenden Kosten des Berufungsverfahrens - an das Landgericht Leipzig zurückverwiesen.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

- Streitwert des Berufungsverfahrens: EUR 10.000,00 -

Gründe:

A.

Der Kläger begehrt von den Beklagten im Wege der Stufenklage Auskunft und Provisionszahlung.

Der Kläger und der Zeuge Fxxxxxxx waren Geschäftsführer der KFB exxxxxxxxxx GmbH (im Folgenden: KFB GmbH). Die Geschäftsanteile der KFB GmbH wurden von ihren Geschäftsführern gehalten, wobei der Zeuge Fxxxxxxx dabei teilweise treuhänderisch für die Beklagten zu 1) und 2) handelte. Diese sind zudem Geschäftsführer und Gesellschafter der Beklagten zu 3), die ebenso wie die KFB GmbH auf dem Gebiet des Fahrzeugbaus tätig ist.

Die Beklagte zu 3) fertigt Fahrzeuge mit Sonderaufbauten nach dem sog. Eco 02-System, welches der Kläger konzipiert haben will. Hierbei werden sog. "Triebköpfe" von Drittherstellern mit von der Beklagten zu 3) erstellten Kofferaufbauten nebst Rahmen und Achsen verbunden und auf dieser Basis Krankenwagen gefertigt. Die so produzierten Fahrzeuge werden zum Teil an die KFB GmbH veräußert, die deren weiteren Ausbau übernimmt.

Am 06.03.2003 unterzeichneten der Kläger sowie die Beklagten zu 1) und 2) einen handschriftlichen "Provisionsvertrag" (Bl. 13 dA) mit folgendem Wortlaut:

Nach Erreichen der Gewinnzone mit dem gemeinsamen Projekt "Eco 02" und allen ähnlich gefertigten Fahrzeugtypen werden Stückprovisionen von 500,00 EUR an H. Bxxxxx, Mxxxxxx fällig. Fahrzeugtypen sind Krankenwagen der Gruppen A 1 bis C.

Der Kläger hat vorgetragen, zwischen ihm, dem Zeugen Fxxxxxxx sowie den Beklagten zu 1) und 2) sei am 06.07.2001 ins Auge gefasst worden, dass der Zeuge Fxxxxxxx für die Vermarktung von Krankenwagen auf der Grundlage des Eco 02-Systems verantwortlich sei und die Fertigung der Fahrzeuge dann von den Beklagten zu 1) und 2) über die von diesen beherrschte Beklagte zu 3) erfolge. Als Grundpreis je Produktionseinheit - ohne die Kosten für den Triebkopf - sei ein Betrag von DM 20.000,00 avisiert worden, in dem eine Gesamtprovision von DM 4.000,00 einkalkuliert worden sei, die sich quotal auf die Teilnehmer der Besprechung vom 06.07.2001 hätte verteilen sollen. Nachdem die Beklagten zu 1) und 2) den Abschluss der beabsichtigten Vereinbarung mehrfach verzögert hätten, sei es auf sein Drängen am 06.03.2003 zur Unterzeichnung der genannten Vertragsurkunde gekommen. Zumindest seit diesem Zeitpunkt veräußere die Beklagte zu 3) nach dem Eco 02-System produzierte Krankenwagen zu Preisen, die zumindest die Herstellungskosten überstiegen. Hierdurch seien ihm Provisionsforderungen erwachsen, für welche die Beklagten zu 1) und 2) als Vertragsunterzeichner sowie die Beklagte zu 3) als Produzentin und Verkäuferin eintrittspflichtig seien.

Der Kläger hat beantragt, unter Aufhebung des am 01.09.2005 ergangenen klageabweisenden Versäumnisurteils

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Stückzahlen der von den Beklagten gefertigten Fahrzeugtypen der Krankenwagen A 1 bis C aus dem Projekt "Eco 02" für den Zeitraum vom 06.03.2003 bis 31.12.2004,

2. stufenweise hierzu die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Richtigkeit der erteilten Auskunft ggf. eidesstattlich zu versichern,

3. weiterhin stufenweise, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger eine Stückprovision von EUR 500,00 je gefertigtem Fahrzeug nach Maßgabe der erteilten Auskunft zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben vorgetragen, bei Abschluss der Vereinbarung vom 06.03.2003 weder im eigenen Namen noch als Geschäftsführer der Beklagten zu 3) gehandelt zu haben. Vielmehr seien sie als treuhänderische Gesellschafter der KFB GmbH aufgetreten, welche nach dem Eco 02-System gefertigte Fahrzeuge zu Krankenwagen ausbaue und veräußere.

Nach Vernehmung des Zeugen Fxxxxxxx hat das Landgericht das klageabweisende Versäumnisurteil aufrechterhalten. Zur Begründung hat die Vorinstanz ausgeführt, gegen die Beklagte zu 3) bestehe kein Provisionsanspruch, da die Beklagten zu 1) und 2) bei Abschluss der Vereinbarung vom 06.03.2003 nicht für die Beklagte zu 3) gehandelt hätten. Aber auch eine Eintrittspflicht der Beklagten zu 1) und 2) scheide aus, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass sie für die KFB GmbH aufgetreten seien. Im Übrigen habe der Kläger nicht nachweisen können, dass es bei der Realisierung des Projekts zu einem Gewinn gekommen sei.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, in der er unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Leipzig vom 16.03.2006 sowie des Versäumnisurteils des Landgerichts Leipzig vom 01.09.2005 die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Stückzahlen der von den Beklagten gefertigten Fahrzeugtypen der Krankenwagen A1 bis C aus dem Projekt Eco 02 für den Zeitraum vom 06.03.2003 bis 31.12.2004, stufenweise hierzu, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Richtigkeit der erteilten Auskunft ggf. eidesstattlich zu versichern, weiterhin stufenweise, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger eine Stückprovision von EUR 500,00 je gefertigtem Fahrzeug nach Maßgabe der erteilten Auskunt zu erteilen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weitergehenden Vorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie die Niederschriften zu den mündlichen Verhandlungen vor dem Landgericht und dem Senat Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 3) gemäß §§ 242, 259, 260 BGB einen Anspruch auf Auskunft über die Zahl der gefertigten Fahrzeugtypen nach dem Projekt "Eco 02", da die Beklagte zu 3) aus der Vereinbarung vom 06.03.2003 verpflichtet ist (unten 1.), der Kläger sich die für die Höhe seiner Provisionen maßgeblichen Informationen nicht selbst beschaffen kann (unten 2.) und das Erreichen der Gewinnzone für die Auskunftspflicht unerheblich ist (unten 3.).

1. Vertragspartner des Klägers bei der Vereinbarung vom 06.03.2003 ist die Beklagte zu 3).

a) Die Beklagten zu 1) und 2) haben mit der Unterzeichnung der Provisionsvereinbarung erkennbar eine Vertragserklärung für die Beklagte zu 3) abgegeben.

aa) Im Ausgangspunkt ist dem Kläger zwar darin beizutreten, dass die Beklagten zu 1) und 2), die sich auf ein Vertretergeschäft berufen, ein Handeln in fremdem Namen darzulegen haben (vgl. BGH NJW 1991, 2958; BGHZ 85, 252 [258]). Auch streitet die von den Beklagten zu 1) und 2) ohne Beifügung eines Vertreterzusatzes unterzeichnete Vertragsurkunde gegen ein Auftreten für einen Dritten (vgl. BGH NJW 1999, 1702 [1703]).

bb) Aus den Gesamtumständen ergibt sich jedoch eindeutig, dass die Beklagten zu 1) und 2) für die Beklagte zu 3) gehandelt haben.

(1) Gegenstand der Provisionsvereinbarung war ein unternehmensbezogenes Geschäft, da es sich auf die Provision für die gewerbliche Herstellung und Vermarktung von Krankenwagen bezog.

Für eine einzelkaufmännische Betätigung der Beklagten zu 1) und 2) ist - über eine pauschale Behauptung des Klägers hinaus - weder auf diesem Gebiet noch ansonsten etwas Konkretes vorgetragen. Damit bezieht sich die Provisionsvereinbarung auf jenen Rechtsträger, der objektiv vom unternehmensbezogenen Geschäft betroffen ist (vgl. BGHZ 91, 148 [152]; BGH NJW 1995, 43 [44]; BGH NJW-RR 1997, 527 [528]).

(2) Dies ist vorliegend die Beklagte zu 3), die nach eigenen Darlegungen in die Realisierung des Projekts zur Herstellung und Vermarktung von Krankenwagen nach dem Eco 02-System eingebunden war.

An einem konkludenten Handeln für die Beklagte zu 3) ändert nichts, dass ein objektiver Unternehmensbezug auch zur KFB GmbH bestehen mag. Nach den Gesamtumständen ist nämlich auszuschließen, dass die Beklagten zu 1) und 2), wie von diesen behauptet, bei Abschluss der Vereinbarung vom 06.03.2003 für die KFB GmbH aufgetreten sind. Dem steht bereits entgegen, dass den Beklagten zu 1) und 2) offenkundig keine organschaftliche Vertretungsmacht für die KFB GmbH zukam und dies den Beteiligten bei Errichtung der Vertragsurkunde auch bewusst gewesen sein muss. Insbesondere ist nichts für die -objektiv gänzlich fern liegende - Erwägung zu erkennen, die an der Errichtung der Vertragsurkunde vom 06.03.2003 Beteiligten hätten die Beklagten zu 1) und 2) als Repräsentanten der KFB GmbH erachtet, obwohl der Kläger als deren Geschäftsführer die Vertragsurkunde selbst, wenn auch im eigenen Namen, mit errichtet hat. Gleichermaßen besteht keinerlei Anhalt dafür, dass die Beklagten zu 1) und 2) - wie von ihnen hilfsweise vorgebracht - einen konkludenten Gesellschafterbeschluss der KFB GmbH gefasst haben, da sie als Treuhänder weder gesellschaftsrechtliche Befugnisse ausüben konnten (vgl. BGHZ 31, 258 [264]) noch der Zeuge Fxxxxxxx als weiterer Gesellschafter an den Erklärungen vom 06.03.2003 mitgewirkt hat.

Entgegen der Sicht der Beklagten spricht gegen ein Handeln namens der Beklagten zu 3) auch nicht, dass der Kläger bei dieser das Erreichen der Gewinnzone nicht habe beeinflussen können und daher - wie die Beklagten sinngemäß meinen - für eine Provision keine Grundlage bestanden habe. Vielmehr ist ein Honorar für eine Absatz fördernde Tätigkeit auch dann plausibel, wenn der Kläger - wie von ihm vorgetragen - das Eco 02-System mit entwickelt hat und der Beklagten zu 3) hierdurch die Möglichkeit verschafft wurde, aus der Herstellung und dem Vertrieb von Fahrzeugen Gewinne zu erzielen.

b) Als Geschäftsführer der Beklagten zu 3) kam den Beklagten zu 1) und 2) auch organschaftliche Vertretungsmacht zu.

2. Der Kläger ist nicht in der Lage, sich die für die Höhe der Provision maßgebliche Information über die Zahl der nach dem Projekt "Eco 02" verkauften Fahrzeuge selbst zu beschaffen. Demgegenüber ist der Beklagten zu 3) die Auskunftserteilung hierüber ohne weiteres möglich.

3. Die hieraus folgende Auskunftspflicht (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 261 Rn. 8 ff.) besteht unabhängig davon, ob die Beklagte zu 3) bei der Realisierung des Projekts die Gewinnzone erreicht hat. Für eine Auskunftspflicht genügt vielmehr, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 3) eine vertragliche Beziehung besteht, aus der möglicherweise Ansprüche ableitbar sind (vgl. BGHZ 95, 279 [288]; BGH NJW 2002, 3771).

Ohne Belang ist, dass die vom Kläger begehrte Auskunft nicht ohne weiteres geeignet ist, um sämtliche Erkenntnisse gewinnen zu können, die erforderlich sind, um zum Bestehen von Provisionsforderungen hinreichend vortragen zu können. Insbesondere hindert einen auf die Zahl der verkauften Fahrzeuge gerichteten Auskunftsanspruch nicht, dass der Kläger zur Erfolg versprechenden Verfolgung von Zahlungsansprüchen auch Informationen über einen - wie auch immer zu ermittelnden - Gewinn benötigt, da dessen Eintritt Bedingung für das Entstehen von Zahlungsansprüchen ist und den Kläger insoweit, selbst unter Berücksichtigung einer sekundären Darlegungslast der Beklagten zu 3), zumindest gewisse Vortragspflichten treffen.

II.

Die gegen die Beklagten zu 1) und 2) gerichtete Klage ist aus den in Abschnitt B I 1. genannten Gründen erfolglos, sodass die Berufung insoweit zurückzuweisen ist.

III.

Das die Stufenklage insgesamt abweisende erstinstanzliche Urteil war im Übrigen aufzuheben. Die Sache war auf Antrag des Klägers analog § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 03.05.2006, Az.: VIII ZR 168/05, zitiert nach Juris; Albers in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 538, Rn. 16; OLG Zweibrücken WM 1998, 1776) insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

IV.

Ein Kostenausspruch kann nur hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der aus dem Rechtsstreit ausgeschiedenen Beklagten zu 1) und 2) ergehen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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