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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 09.10.2006
Aktenzeichen: 20 WF 739/06
Rechtsgebiete: ZPO, RVG


Vorschriften:

ZPO § 122
RVG § 34
Die einer bedürftigen Partei gewährte Prozesskostenhilfe kann auch dann nicht auf die Kosten einer außergerichtlichen Mediation erstreckt werden, wenn diese auf Anregung des Prozessgerichts zur Beilegung eines anhängigen Sorgerechtsverfahrens durchgeführt werden soll.
Oberlandesgericht Dresden

Aktenzeichen: 20 WF 739/06

Beschluss

des 20. Zivilsenats - Familiensenat -

vom 09.10.2006

In der Familiensache

wegen elterlicher Sorge;

hier: Prozesskostenhilfe

hat der 20. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Bastius, Richter am Oberlandesgericht Piel und Richter am Amtsgericht Angermann

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerden der Antragstellerin vom 24.09.2006 und der Mediatorin vom 22.09.2006 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Dippoldiswalde vom 31.08.2006 - 5 F 585/05 - werden zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Parteien führen einen Sorgerechtsstreit, für den der Antragstellerin ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt ist. Im Nachgang zum Gerichtstermin vom 19.05.2006 entschlossen sich die Parteien auf Empfehlung des Familiengerichts zu einer Mediation, mit der sie eine am Verfahren bislang nicht beteiligte Rechtsanwältin beauftragten. Deren Antrag, die der Antragstellerin gewährte Prozesskostenhilfe auf die Mediationskosten zu erstrecken, hat das Familiengericht mit dem angefochtenen Beschluss abgelehnt. Hiergegen haben sowohl die Mediatorin als auch die Antragstellerin, vertreten durch die ihr beigeordnete Rechtsanwältin, fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt.

II.

Die Beschwerden bleiben im Ergebnis ohne Erfolg.

1. Dabei spricht alles dafür, dass der Rechtsbehelf der Mediatorin bereits unzulässig ist. Soweit er im eigenen Namen erhoben ist (was der Wortlaut nicht zweifelsfrei erkennen lässt), wird es an der Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführerin fehlen, weil sie durch die Versagung der erweiterten Prozesskostenhilfe zum Nachteil der Antragstellerin nicht in eigenen Rechten beschwert ist. Falls die Beschwerde namens der Antragstellerin erhoben sein sollte, dürfte der Mediatorin die Vertretungsbefugnis für ein derartiges Vorgehen fehlen, weil ihre Rolle definitionsgemäß die Wahrnehmung einseitiger Parteiinteressen in einem Gerichtsverfahren grundsätzlich ausschließt und auch für den vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass sie insoweit mandatiert wäre (vgl. dazu vielmehr die Mediationsvereinbarung der Beteiligten vom 17.07.2006, Bl. 72 dA, die eine entsprechende gegenteilige Klarstellung enthält).

2. Jedenfalls ist die vorgenannte Beschwerde indes - ebenso wie der im Übrigen inhaltsgleiche Rechtsbehelf der Antragstellerin - unbegründet. Der Senat teilt die Auffassung des Familiengerichts, dass das geltende Recht keine Möglichkeit eröffnet, den Parteien entstehende Kosten einer außergerichtlichen Mediation über die ihnen bewilligte Prozesskostenhilfe abzurechnen.

Prozesskostenhilfe deckt nur die in § 122 ZPO aufgeführten Kosten, d.h. Gerichtskosten, Gerichtsvollzieherkosten und Ansprüche der zur Wahrnehmung der Parteiinteressen im Verfahren beigeordneten Rechtsanwälte. Darunter fallen die Kosten einer außergerichtlichen Mediation auch dann nicht, wenn diese auf Anraten des Gerichts und zur Beilegung eines bereits anhängigen Rechtsstreits stattfindet. Die Parteien haben sich mit der Mediation zusätzliche Chancen einer Streitbeilegung erschlossen, die bewusst außerhalb des Gerichtsverfahrens angesiedelt ist und ihr Schlichtungspotential wesentlich gerade aus dieser Tatsache bezieht. Nicht nur der Wortlaut der einschlägigen Kostenvorschriften (dazu zählt auch KV-Nr. 9005 der Anlage zum Gerichtskostengesetz, die nach dem JVEG zu zahlende Beträge an Sachverständige und Zeugen, aber eben nicht an Mediatoren zu den Gerichtskosten rechnet), sondern auch Sinn und Zweck der Mediation schließen es mithin aus, diese kostenrechtlich als Teil des Gerichtsverfahrens zu begreifen. § 34 RVG rechtfertigt schon deshalb keine gegenteilige Schlussfolgerung, weil dort lediglich Vergütungsansprüche des als Mediator tätigen Rechtsanwalts gegen die Mandanten (der Mediation) behandelt sind, nicht aber Ansprüche gegen die Staatskasse. Folgerichtig hilft auch KV-Nr. 9007 zum GKG nicht weiter, weil dort an Rechtsanwälte aus der Staatskasse zu zahlende Beträge vorausgesetzt, nicht aber entsprechende Anspruchsgrundlagen geschaffen werden: Der Gebührentatbestand regelt - wie KV-Nr. 9005 - einen Fall der Erstattung von Auslagen, die der Staatskasse nach Maßgabe anderer Vorschriften entstanden sind; es gibt aber keine Vorschrift, wonach der Justizfiskus Kosten einer außergerichtlichen Mediation für die Parteien verauslagen müsste. Im Ergebnis sind derartige Kosten daher keine Gerichtskosten, von denen eine bedürftige Partei über die Prozesskostenhilfe befreit werden könnte.

Die mit den Beschwerden angestellten verfassungsrechtlichen Erwägungen überzeugen den Senat demgegenüber nicht. Die Parteien waren und sind nicht gehindert, zur Klärung ihrer sorgerechtlichen Auseinandersetzung gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und hierfür auch Prozesskostenhilfe zu erlangen. Kommen die Parteien jedoch zu dem Schluss, dass ein nicht den Regeln und Instrumenten des gerichtlichen Verfahrens unterworfener Lösungsansatz zusätzliche Möglichkeiten der Konfliktbereinigung bietet, und lassen sie sich deshalb im Interesse der Sache - hier letztlich im Interesse des Wohls der betroffenen Kinder - auf diesen Weg freiwillig ein, so können sie die damit verbundenen Kosten auch dann nicht der Staatskasse in Rechnung stellen, wenn sie bei der (positiven) Bewertung des außergerichtlichen Lösungsansatzes mit dem ansonsten zur Entscheidung berufenen Gericht übereinstimmen. Die Beschwerden sind daher zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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