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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 23.02.2001
Aktenzeichen: 21 U 709/00
Rechtsgebiete: BoSoG, SachenRBerG, EGBGB


Vorschriften:

BoSoG § 1 Nr. 3
SachenRBerG § 11 Abs. 1
SachenRBerG § 19 Abs. 2 Satz 2
SachenRBerG § 20 Abs. 3 Satz 1
SachenRBerG § 43 Abs. 2 Nr. 2
SachenRBerG § 51
EGBGB Art. 233 § 2a Abs. 1
EGBGB Art. 233 § 2a Abs. 9
Leitsätze:

zum Urteil vom 23. Februar 2001

1. Das Moratoriumsentgelt nach Einleitung eines Verfahrens nach dem Bodensonderungsgesetz zur ergänzenden Bodenneuordnung (§ 1 Nr. 3 BoSoG) für ein Gebiet, dessen Grundstücke für Zwecke des komplexen Wohnungsbaus nach der Begriffsbestimmung in § 11 Abs. 1 SachenRBerG in Anspruch genommen worden sind, ist nach Art. 233 § 2a Abs. 1 EGBGB und nicht nach Art. 233 § 2a Abs. 9 EGBGB zu bestimmen. Dies gilt auch für solche Gebiete, die eine geringe Bauverdichtung und einen hohen Verkehrsflächenanteil ausweisen.

2. Grundlage für die Berechnung des Moratoriumszinses ist der um den Abzugsbetrag von 1/3 nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG gekürzte durchschnittliche Wert eines in dem Sonderungsgebiet belegenen baureifen Grundstücks, der grundsätzlich nach dem Bodenrichtwert zu bestimmen ist. Ein weiterer Abzug im Wege der Ermittlung eines durchschnittlichen Bodenwerts nach § 20 Abs. 3 Satz 1 SachenRBerG, bei dem ein nicht vorhandener Verkehrswert der Verkehrsflächen ermittelt wird, ist nicht vorzunehmen (Abgrenzung zu OLG Dresden, Beschluss vom 03.12.1999 - Az.: 3 W 1583/99 - VIZ 2000, 300 f. = NJ 2000, 297 f.).

3. Der Zinssatz ist nach dem für den staatlichen und genossenschaftlichen Wohnungsbau gemäß § 43 Abs. 2 Nr. 2 SachenRBerG vorgesehenen Erbbauzins zu bemessen. Die Eingangsphase nach § 51 SachenRBerG ist nach Einleitung eines Bodensonderungsverfahrens, das in der Regel zu einem Rechtsverlust für die bisherigen Eigentümer von Grundstücken in jenem Gebiet führt, nicht anzuwenden.


Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 21 U 709/00 13 O 7467/99 LG Leipzig

Verkündet am 23.02.2001

Die Urkundsbeamtin: Justizsekretärin

In dem Rechtsstreit

1.

2.

3.

- Kläger und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigter zu 1) bis 3): Rechtsanwalt

gegen

- Beklagte und Berufungsklägerin -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte

wegen Nutzungsentgeld

hat der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden im schriftlichen Verfahren nach Ablauf der Frist am 6. Februar 2001, bis zu der Schriftsätze eingereicht werden konnten, durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig - 13. Zivilkammer - vom 25. Februar 2000 wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger haben 8/19 und die Beklagte hat 11/19 der Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Kläger gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 112.000 DM abwenden, die Kläger dürfen die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 9.000 DM abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Beschwer der Beklagten beträgt 90.768,69 DM.

und beschlossen:

Der Gegenstand für das Berufungsverfahren wird für die bis zur Rücknahme der in der Berufungsinstanz geltend gemachten Klageerhöhung im Termin vom 23.11.1999 auf 181.598,75 DM und für die danach entstandenen Gebühren auf 90.768,69 DM festgesetzt.

Tatbestand:

Die Kläger waren bis zum 24.10.1997 Eigentümer eines Grundstücks in (eingetragen im Grundbuch von , Bl. , bestehend aus dem Flurstück 541) mit einer Gesamtgröße von 69.740 m² ( Ein Grundbuchauszug ist als Anlage K 1 vorgelegt worden.).

Dieses Grundstück war seit Anfang der 80er Jahre auf Grund eines Beschlusses des Rates der vom 20.06.1977 für die sog. komplexe Wohnbebauung ( ) in Anspruch genommen worden. Es wurde in der DDR-Zeit mit Gebäuden und Anlagen bebaut. Ein die Bebauung darstellender Lageplan und die Bodenrichtwertkarte für das Gebiet mit Stand vom 31.12.1995 sind von der Beklagten als Anlagen zur Klageerwiderung vom 12.10.1999 (Bl. 38 f. d.A.) zur Akte gereicht worden. Eine der Bebauung entsprechende Neuregelung der Eigentumsverhältnisse für das Baugebiet erfolgte jedoch nur teilweise. Das Grundstück der Kläger wurde nicht in das Volkseigentum überführt.

Das Grundstück der Kläger wurde nach dem 03.10.1990 von der Beklagten ( ), von der für deren Gleisanlagen sowie von zwei Wohnungsbaugenossenschaften für deren Gebäude und Anlagen nach den Bestimmungen in Art. 21, 22 Einigungsvertrag genutzt. Die Nutzung des Flurstücks ist auf der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 12.10.1999 als Anlage B 1 eingereichten Flurkarte dargestellt.

Das Vermessungsamt der Beklagten ließ u.a. auf Antrag der Beklagten und der Wohnungbaugenossenschaften im September 1995 erstmals im Amtsblatt der Stadt mitteilen, dass für das Grundstück der Kläger ein Bodensonderungsverfahren als ergänzende Bodenneuordnung zur Vermögenszuordnung der volkseigenen Grundstücke nach § 1 Nr. 3 BoSoG durchgeführt werde. In das Grundbuch der Kläger wurde auf Grund Ersuchens der Beklagten vom 19.06.1995 am 15.08.1995 in Abteilung II Nr. 4 ein Zustimmungsvorbehalt nach § 6 Abs. 4 BoSoG eingetragen. Im Anschluss an die Neuordnung der Rechtsverhältnisse an den ehemals volkseigenen Grundstücken in dem betroffen Gebiet durch den Zuordnungsbescheid des Präsidenten der Oberfinanzdirektion vom 27.03.1996 machte der Umlegungsausschuss der Beklagten im Amtsblatt der Stadt vom 14.09.1996 (Anlage K 3) bekannt, dass nach Abschluss des Zuordnungsverfahrens der Entwurf des Sonderungsplanes sowie die zu seiner Aufstellung verwendeten Unterlagen zur Einsicht ausgelegt seien.

Das Städt. Vermessungsamt erließ am 06.06.1997 einen Teilsonderungsbescheid für das Grundstück der Kläger, in dem es eine Neuaufteilung des Flurstückes 541 in insgesamt 35 Flurstücke (541/1 bis 541/35) anordnete, das Eigentum entsprechend einer Grundstücksliste den Nutzern zuwies und für die Kläger einen Ausgleich für den Rechtsverlust von 4.509.630 DM festsetzte. Der Widerspruch der Kläger gegen den Sonderungsbescheid wurde mit Bescheid des Regierungspräsidiums vom 12.01.1998 (Bl. 120 bis 128 d.A.) zurückgewiesen. Gegen den Widerspruchsbescheid haben die Kläger Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 18 BoSoG gestellt. Gegen den Beschluss des Landgerichts , dass den Bescheid dem Grunde nach bestätigte, aber den Ausgleich für den Rechtsverlust auf 5.275.206,50 DM heraufgesetzt hatte (BA. Bl. 319 bis 336), legten alle Beteiligten Beschwerde bzw. Anschlussbeschwerde ein. Über diese Beschwerden hat das Oberlandesgericht Dresden mit Beschluss vom 13.12.1999 (3 W 1583/98) dahin entschieden, dass es die Entscheidung des Landgerichtes aufgehoben und den Teilsonderungbescheid der Beklagten vom 6.06.1997 auch in Bezug auf die darin festgesetzte Höhe der Ausgleichszahlung wiederhergestellt hat.

Mit dieser Klage begehren die Kläger ein Nutzungsentgelt gem. Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 3 und Satz 8 EGBGB (jetzt in der Fassung durch das Grundstücksrechtsänderungsgesetz - GrundRÄndG vom 7.11.2000) für den Zeitraum vom 01.07.1995 bis zum 31.12.1995.

o Sie berechnen den Moratoriumszins in der Weise, dass sie auf Grund der Mitteilung des Gutachterausschusses für die Ermittlung von Grundstückswerten der Stadt vom 10.06.1996 (Anlage K 5 = Bl. 19 d.A.) für das Wohngebiet mit Blockbebauung und übergroßen Grundstücken von einem Bodenwert von 370 DM/m² ausgehen. Bei der von der Beklagten genutzten Fläche des in diesem Gebiet belegenen, jetzt der Beklagten gehörenden Grundstücks von 36.823 m² ergebe sich ein Bodenwert von 13.624.510 DM. Dieser Bodenwert sei entspr. den Vorschriften über die Bemessung des Erbbauzinses in § 43 Abs. 2 SachenRBerG zu verzinsen. Der Bodenwert sei nach § 20 Abs. 2 SachenRBerG dahin zu ermitteln, dass für alle Maßnahmen zur Baureifmachung des Grundstückes und zur Entwicklung des Gebietes ein Abzug von einem Drittel des grundsätzlich nach § 19 Abs. 5 SachenRBerG in Ansatz zu bringenden Bodenrichtwerts vorzunehmen sei. Daraus bestimme sich ein zu verzinsender Bodenwert von 9.083.006 DM. Bei einem Zinssatz von 2 % p.a. wäre dies ein Moratoriumszins von 181.660,14 DM im Jahr und 90.830,07 DM für das 2. Halbjahr 1995.

Die Beklagte wendet demgegenüber folgendes ein:

o Nicht Art. 233 § 2a Abs. 1 Sätze 4,8 EGBGB, sondern Art. 233 § 2a Abs. 9 EGBGB sei hier anzuwenden, da die Beklagte die ihr durch Bodensonderung übertragenen Grundstücke für öffentliche Zwecke nutze. Der Anspruch aus Art. 233 § 2a Abs. 9 EGBGB entstehe indessen erst mit Geltendmachung durch den Grundstückseigentümer, die in 1996 erfolgt sei. Hierauf habe die Beklagte - unstreitig - 22.400,67 DM gezahlt.

o Auch sei die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Verzinsung unrichtig, da nach § 20 Abs. 3 SachenRBerG die Ausgleichsleistung nach dem Bodenwert aller im Sonderungsgebiet belegenen Grundstücke errechnet werden müsse. Zunächst müsse der Bodenwert entsprechend der Mitteilung des Gutachterausschusses an das Rechtsamt der Stadt Leipzig vom 28.08.1998 auf 320 DM/m2 herabgesetzt werden, weil sich die Erwartung eines höheren Ertragswertes der in Seenähe befindlichen Grundstücke des Wohnkomplexes nicht realisiert habe. Vor allem aber müssten bei der Bestimmung des durchschnittlichen Bodenwertes auch die Verkehrsflächen berücksichtigt werden, die keinen Verkehrswert hätten. Diese machten im Gebiet des Teilsonderungsplanes 43 % der Fläche aus. Hierfür spräche schließlich auch, dass der 3. Zivilsenat in seinem Beschluss vom 13.12.1999 diese Flächen mit 30 DM/m² angesetzt habe und auf dieser Grundlage zu einem durchschnittlichen Bodenwert von 196,62 DM/m² gekommen sei.

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 25.02.2000 stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung, in der sie ihr erstinstanzliches Vorbringen im Wesentlichen wiederholt. Im Übrigen wird zur Darstellung des Vortrags der Klägerin in zweiter Instanz auf die Berufungsbegründung vom 15.03.2000 (Bl. 76 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

In der Berufungsinstanz haben die Kläger mit Schriftsatz vom 19.05.2000 (Bl. 95 d.A.) ein weiteres Nutzungsentgelt für das erste Halbjahr 1995 in Höhe von 90.830,06 DM beantragt. Sie haben diesen Antrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.11.2000 zurückgenommen (Protokoll, Seite 4 = Bl. 104 d.A.).

Zur Ergänzung der Darstellung des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und Anlagen sowie auf das Protokoll der Sitzung des Senats vom 23.11.2000 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die von der Beklagten form- und fristgerecht eingelegte Berufung gegen das Urteil des Landgerichts vom 25.02.2000 bleibt ohne Erfolg.

I.

Das Landgericht hat die richtige Anspruchsgrundlage (Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 4 EGBGB a.F. - jetzt Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 8 EGBGB) für den geltend gemachten Anspruch auf den Moratoriumszins herangezogen. Für die im Bereich eines Sonderungsgebiets belegenen Grundstücke ist, auch soweit diese sog. Verkehrsflächen (Straßen und Grünanlagen) sind, die Regelung in Art. 233 § 2a Abs. 9 Satz 1 EGBGB nicht anzuwenden. Diese gilt ausschließlich für zu öffentlichen Zwecken genutzte Grundstücke, die außerhalb eines nach einer einheitlichen Bebauungskonzeption bebauten Gebietes im sog. komplexen Wohnungsbau der DDR belegen sind. (A.).

Auch die Ausführungen des Landgerichts zur Bemessung der Anspruchshöhe sind rechtlich nicht zu beanstanden. Der Bodenwert, der als Bemessungsgrundlage für die Verzinsung heranzuziehen ist, ist gem. § 20 Abs. 3 SachenRBerG nach einem durchschnittlichen Bodenwert zu ermitteln. Dieser bestimmt sich nach § 20 Abs. 2 Satz 2, § 19 Abs. 2 Satz 2, § 19 Abs. 5 SachenRBerG nach dem um eine Pauschale von 1/3 (für Maßnahmen zur Entwicklung des Gebietes und zur Baureifmachung der Grundstücke im Sonderungsgebiet) verminderten durchschnittlichen Bodenrichtwert für baureife Grundstücke im Sonderungsgebiet (B.1.).

Der Zins ist jedenfalls für die Zeit nach dem 01.01.1995 für die Sonderungsgebiete, die aus einer Inanspruchnahme der Flächen in der DDR für Zwecke des sog. komplexen Wohnungsbaus oder Siedlungsbaus entstanden sind, nach dem in § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. SachenRBerG bestimmten Zinssatz für den staatlichen und genossenschaftlichen Wohnungsbau in Höhe von 2 vom Hundert jährlich zu berechnen. Dieser Zinssatz ist nicht nach § 51 Abs. 1 SachenRBerG (sog. Eingangsphase) herabzusetzen. Der Senat schließt sich (trotz möglicherweise anderer Vorstellungen des Gesetzgebers in den Materialien, insbesondere auch zum Grundstücksrechtsänderungsgesetz - GrundRÄndG - vom 02.11.2000 - BGBl. I, S. 1481) der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18.02.2000 (V ZR 324/98 - VIZ 2000, 367 f.) an (B.2.).

A.

1. Der Senat folgt der Auffassung des Landgerichts (Urteil, Seiten 8 und 9 = Bl. 103, 104 d.A.), dass das Moratoriumsentgelt für die im Bereich eines Sonderungsplanes belegenen Grundstücke nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 4 EGBGB a.F. = Satz 8 n.F. zu bestimmen ist. Der Ansicht der Beklagten, dass nicht Art. 233 § 2a Abs. 1 EGBGB (= Moratoriumszins für bauliche Nutzungen), sondern die Bestimmung in Art. 233 § 2a Abs. 9 EGBGB (= Entschädigung für die Nutzung von Grundstücken für öffentliche Zwecke oder den Gemeingebrauch) einschlägig sei, vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Für die Einschlägigkeit des Art. 233 § 2a Abs. 1 EGBGB sprechen der Wortlaut der Norm, ein gesetzessystematischer Vergleich der Regelungen über das Moratorium mit denen zur sachenrechtlichen Bereinigung, die Betrachtung des einer Bodensonderung zugrunde liegenden Lebenssachverhalts sowie schließlich auch die Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Vorschriften. Dazu ist vom Senat im Hinblick auf die Einwände der Berufung in Ergänzung zum landgerichtlichen Urteil folgendes auszuführen:

o Die Anwendbarkeit des Art. 233 § 2a Abs. 1 EGBGB für die Gebiete, deren Rechtsverhältnisse durch ein Verfahren zur Bodensonderung geregelt werden, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Bestimmungen. Absatz 1 Satz 4 a.F. (= Satz 5 n.F.) nennt ausdrücklich auch die Einleitung eines Verfahrens zur Bodensonderung nach dem BoSoG als Rechtsgrund für den Beginn eines Zinsanspruchs des Grundstückseigentümers zu den dort genannten Konditionen, während Absatz 9 die Neuregelung der Eigentumsverhältnisse nicht erwähnt. Im hier zu entscheidenden Fall hat die Sonderungsbehörde ein Verfahren (Nr. 3/95) der sog. ergänzenden Bodensonderung (§ 1 Nr. 3 BoSoG) eingeleitet, in dem das Grundstück der Kläger einbezogen wurde.

o Das Moratorium nach Art. 233 § 2a Abs. 1 EGBGB sichert - wie aus dem dortigen Satz 3 hervorgeht - mit Wirkung vom 01.01.1995 an allein noch den Besitz der Nutzer in den nach dem SachenRBerG zu regelnden Rechtsverhältnisse bis zur sachenrechtlichen Bereinigung. Art. 233 § 2a Abs. 9 EGBGB enthält dagegen eine Sonderregelung für die öffentlichen Zwecken dienenden Grundstücke. Der sog. rückständige Grunderwerb für diese Flächen ist dagegen - wie sich aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SachenRBerG ergibt - gerade nicht ein Gegenstand der sachenrechtlichen Bereinigung, sondern einem (allerdings immer noch ausstehenden) Verkehrsflächenerwerbsgesetz vorbehalten worden (dazu sogleich zur Gesetzesgeschichte). Die Regelung der Rechtsverhältnisse an den durch Maßnahmen des sog. komplexen Wohnungsbaus in Anspruch genommenen Grundstücken ist dagegen Gegenstand der Sachenrechtsbereinigung. Dies gilt nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 SachenRBerG ausdrücklich auch für die Grundstücke in diesem Gebiet, die öffentlichen Zwecken gewidmet sind oder anderen Verwaltungsaufgaben dienen.

o Die Verwendung von Grundstücken durch Überbauung eines Gebietes für Zwecke des sog. komplexen Wohnungsbaus ohne eine der baulichen Nutzung entsprechende Regelung der Eigentumsverhältnisse (sog. Herstellung der Baufreiheit nach Aufbau- und später Baulandgesetz der DDR) ist - wie auch aus der Begriffsbestimmung in § 11 SachenRBerG, der besonderen Regelung zur Bodenwertermittlung in § 20 SachenRBerG und letztendlich dem BoSoG hervorgeht - vom Gesetzgeber als eine Fallgruppe erkannt worden, die einen besonderen Regelungsaufwand begründete, der nicht durch auf einzelne Grundstücke und deren Nutzung bezogene Bestimmungen befriedigend geregelt werden konnte. Dies gilt für die Verkehrsflächen, die für den Wohnungsbau verwendeten und die gewerblich genutzten Flächen in derartigen Gebieten gleichermaßen.

o Schließlich sprechen - wie schon in der Verhandlung vor dem Senat ausgeführt - auch Gesetzesgeschichte und materialien gegen die Anwendung des Art. 233 § 2a Abs. 9 EGBGB in den Fällen der Nutzung von Grundstücken auf Grund einer Inanspruchnahme durch Maßnahmen des komplexen Wohnungsbaus. Die vorgenannte Regelung ist erst während der Beratungen des SachenRÄndG im Rechtsausschuss des Bundestages eingefügt worden, nachdem man sich dazu entschlossen hatte, die Regelung für den rückständigen Grunderwerb für die Verkehrsflächen aus dem Anwendungsbereich des SachenRBerG herauszunehmen (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 SachenRBerG). Die im sog. komplexen Wohnungsbau überbauten Grundstücke sollten aber ausdrücklich Gegenstand des SachenRBerG bleiben und für alle Grundstücke des Gebietes ein einheitlicher Bodenwert als Grundlage einer Entschädigung für den Rechtsverlust bestimmt werden. Mit dieser Reduktion des Anwendungsbereiches des SachenRBerG entstand jedoch eine Lücke für die Grundstücke, die durch Gebäude und Anlagen im Verwaltungsgebrauch oder Gemeingebrauch außerhalb des komplexen Wohnungsbaus in Anspruch genommen worden waren. Allein für diese Fälle wurde eine vorübergehende Regelung als darauf beschränkte Notordnung in Art. 233 § 2a Abs. 9 EGBGB geschaffen. Dieser Zweck der Norm ist im Bericht des Rechtsausschusses zum SachenRÄndG vom 27.04.1994, (BT-Drs. 12/7425, S. 192) ausführlich dargelegt worden.

2. Der Senat verkennt nicht, dass die Anwendung der Verzinsungsregeln des Moratoriums nach Absatz 1 und der Preis- und Erbbauzinsbestimmungen des SachenRBerG die Haushalte derjenigen Kommunen besonders belasten, auf deren Gebiet sich in großer Zahl Neubaugebiete aus dem sog. komplexen Wohnungsbau der DDR befinden, der zudem in der DDR sehr weiträumig (mit geringer Bauverdichtung) erfolgte und daher einen hohen Verkehrsflächenanteil ausweist. Der Gesetzgeber hat sich dieses Problem im Gesetzgebungsverfahren angenommen. Er hat dabei allerdings im Interesse eine gerechten Ausgleiches für den Rechtsverlust der betroffenen Grundstückseigentümer, die auf die staatlichen Bebauungskonzeptionen der DDR keinen Einfluss hatten, am Grundsatz der gebietsbezogenen einheitlichen Wertermittlung unter Anwendung des SachenRBerG festgehalten. Den Kommunen wurde jedoch die Möglichkeit zur Erhebung von Ausgleichsbeträgen zwischen den Erwerbern zum Ausgleich solcher Vor- und Nachteile aus der einheitlichen Preisbemessung und Abfindungslast eingeräumt (§ 20 Abs. 5 SachenRBerG). Es mag sein, dass diese Regelung (noch ?) nicht praktikabel ist, solange es infolge Fehlens eines Verkehrflächenerwerbsgesetzes noch keinen Maßstab für die Bewertung dieser Flächen als Grundlage für die Berechnung von Ausgleichsbeträgen zwischen den Erwerbern der Grundstücke in einem solchen Gebiet (Kommune, Wohnungsgenossenschaften, Einzelhandelsunternehmen, Verkehrsbetriebe, Versorgungsunternehmen etc.) gibt. Die Rechtsprechung kann eine solche Regelung aber nicht dadurch ersetzen, dass sie das BoSoG, das Moratorium und die anderen Teile des SachenRBerG nicht anwendet.

3. Im Übrigen liegen die Voraussetzungen für die Anwendung des Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 8 SachenRBerG für den in diesem Rechtsstreit geltend gemachten Zeitraum (2. Halbjahr 1995) vor. Zwar haben die Parteien unterschiedlich zum Beginn der Einleitung des Verfahrens nach dem BoSoG vorgetragen; sie stimmen jedoch darin überein, dass im Zeitpunkt des Ersuchens der Sonderungsbehörde an das Grundbuchamt vom 10.06.1995 um die Eintragung eines Genehmigungsvorbehalts nach § 6 Abs. 4 BoSoG in das Grundbuch das Verfahren eingeleitet war. Damit war jedenfalls im zweiten Halbjahr 1995 der Moratoriumszins aus Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 4 EGBGB a.F. zu zahlen.

B.

Die Einwendungen der Beklagten gegen die vom Landgericht angewendeten Grundlagen für die Bemessung des Moratoriumszinses (LG-Urteil Seiten 6 - 8; Bl. 101 bis 103 d.A) sind ebenfalls unbegründet.

1. Das Landgericht ist von einem Bodenrichtwert gem. § 19 Abs. 5 SachenRBerG von 370 DM/m² ausgegangen. Es hat insoweit der Entscheidung eine Mitteilung des Gutachterausschusses für die Ermittlung von Grundstückswerten vom 10.06.1996 (Anlage K 5) zugrunde gelegt. Die Beklagte meint, dass nicht der durchschnittliche Bodenrichtwert für den im Gebiet zulässigen Geschosswohnungsbau Bemessungsgrundlage für die Verzinsung sein könne, zumal dieser bei Verkehrsflächen, die bei den der Klägerin zugewiesenen Grundstücken einen Anteil von 43 % ausmachten, als Bemessungsgrundlage ungeeignet sei (Berufungsbegründung vom 15.03.2000, Seite 3 = Bl. 77 d.A.).

Dem Einwand der Berufung vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Das Landgericht hat vielmehr zutreffend dazu ausgeführt, dass die Bemessung des Bodenwertes für die in einem Gebiet des komplexen Wohnungsbaus belegenen Grundstücke nach § 20 Abs. 3 SachenRBerG einheitlich und nach § 20 Abs. 2 in Verb. mit § 19 Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 SachenRBerG nach dem für Bauland geltenden durchschnittlichen Bodenrichtwerten in dem Gebiet zu bestimmen ist. Ein dreifacher Abzug vom Bodenrichtwert

o durch Herausrechnen der lagebedingten Vorteile, die sich für Verkehrsflächen nicht auswirken, aus dem in Ansatz zu bringenden Bodenrichtwert,

o prozentuale Herabsetzung des durchschnittlichen Bodenwertes nach dem Anteil der Verkehrsflächen in dem Gebiet unter Bezugnahme auf § 20 Abs. 3 SachenRBerG sowie

o schließlich einem weiteren pauschalen Abzug von 1/3 dieses Wertes für Maßnahmen zur Baureifmachung und anderer Maßnahmen zur Entwicklung des Gebietes nach § 20 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG

findet im Gesetz keine Stütze.

Der Senat folgt der Berufung auch nicht darin, dass nach § 20 Abs. 3 SachenRBerG eine Wertermittlung erfolgen müsse, bei der der Anteil der dem Grundstücksverkehr entzogenen Flächen mit einem geringeren Wert (der in der Höhe ohne eine Regelung für den Erwerb der Verkehrsflächen aber noch nicht recht faßbar ist) wertmindernd zu berücksichtigen sei. Eine solche Wertermittlung, bei der die Verkehrsflächen mit 1/10 des Bodenrichtwertes in Ansatz gebracht worden sind, hat allerdings der 3. Zivilsenat des OLG Dresden in seinem Beschluss vom 3.12.1999 (AZ: 3 W 1583/99 - veröffentlicht in VIZ 2000, 300 f. und NJ 2000, 297 f.) vorgenommen und insoweit die entgegenstehende Entscheidung des Landgerichts aufgehoben. Das Landgericht hatte sich sowohl im vormaligen Verfahren über die Festsetzung der Entschädigungshöhe als auch jetzt zum Moratoriumszins dezidiert gegen eine solche Auslegung des § 20 Abs. 3 SachenRBerG ausgesprochen. Der jetzt für das einigungsbedingte Sachenrecht zuständige 21. Zivilsenat hält an der Auffassung des 3. Zivilsenates nicht fest und schließt sich der Ansicht des Landgerichts aus den nachstehenden Gründen an.

Für die von der Berufung herangezogene Auslegung des § 20 Abs. 3 SachenRBerG durch den 3. Zivilsenates spricht zwar der Wortlaut der Vorschrift, die bestimmt, dass für Entschädigungen in den Verfahren nach § 15 BoSoG der Bodenwert der Grundstücke im Plangebiet nach dem durchschnittlichen Bodenwert aller im Gebiet belegenen Grundstücke zu ermitteln ist. Der Regierungsentwurf zum SachenRBerG vom 27.10.1993 (BT-Drs. 12/5992) enthielt dazu eine Regelung (§ 19 Abs. 3), bei der die Verkehrsflächen mit nach einem vom Bodenwert der anderen bebauten oder unbebauten Grundstücke abweichenden Entschädigungswert bewertet werden sollten. § 19 Abs. 3 des Regierungsentwurfs (der dem jetzigen § 20 des Gesetzes entspricht) sah für die dem Gemeingebrauch dienenden Flächen eine Bewertung in Höhe des 1,3 fachen des zuletzt festgestellten Einheitswertes vor. Die Ankaufspreise für die Verkehrsflächen sollten nach den Entschädigungswerten im Entwurf des zum Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes (im folgenden: EALG) bestimmt werden. Diese waren die Untergrenze für den Ankaufspreis derjenigen Grundstücke, die infolge ihrer Nutzung als Verkehrsflächen keinen Verkehrswert haben und daher keine einigungsbedingte Wertsteigerung erfahren hatten (vgl. BT-Drs. 12/5992, S. 71). Dieser Wertansatz entsprach der Entschädigungsregelung in dem Regierungsentwurf des Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes (EALG). Diese Flächen sollten nach § 19 Abs. 4 Regierungsentwurfs zum SachenRBerG bei den im komplexen Wohnungsbau verwendeten Flächen zusammen mit den für Wohnzwecke genutzten Flächen bewertet und daraus ein durchschnittlicher Bodenwert des Gebietes gebildet werden. Einen pauschalen Abzug von 1/3 des Bodenwertes (jetziger § 20 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG) enthielt der Regierungsentwurf jedoch nicht.

Eine solche allein am Wortlaut orientierte Auslegung des § 20 Abs. 3 SachenRBerG lässt jedoch den Umstand unberücksichtigt, dass die Konzeption einer Bewertung der Verkehrsflächen nach Entschädigungswerten im Verlauf der parlamentarischen Beratung des Entwurfs des SachenRBerG aufgegeben werden musste; an dessen Stelle ist der pauschale Abzug von einem Drittel vom Bodenrichtwert für die in jenen Gebieten belegenen Verkehrsflächen getreten. Grund dafür war, dass die Regierungsvorlage zum EALG (BT-Drs. 12/4887) im Verlauf der Parlamentarischen Beratungen jenes Gesetzes in den Eckwerten für die Bemessung der Entschädigungsleistungen wesentlich verändert wurde (vgl. dazu den Bericht des Finanzausschusses des Bundestages vom 18.05.1994 mit neuer Gesetzesvorlage - BT-Drs. 12/7588; zusammenfassend dazu Motsch, Einführung zum EALG, Rd. 12,13 und 29 in Motsch/Rodenbach/Löffler/Schäfer/Zilch, Komm. zum EALG). Die Anhebung und Differenzierung der Bemessungsgrundlagen in § 3 Abs. 1 EntschG unter Koppelung an eine erhebliche soziale Degression nach § 7 EntschG führten dazu, dass das EntschG keine Bemessungsmaßstäbe mehr enthielt, die für eine Bewertung eines Preises für den Ankauf nicht in der DDR für Verkehrszwecke in Anspruch genommener, aber enteigneter Verkehrsflächen durch die öffentliche Hand geeignet gewesen wären.

Die Konzeption des Regierungsentwurfs zum SachenRBerG war daher so nicht mehr durchführbar. In den Beratungen des für das SachenRBerG federführenden Rechtsausschusses des Bundestages entschloss man sich daher, entsprechend einer Empfehlung des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 20.04.1994, die Konzeption des Regierungsentwurfes für die Bemessung der Flächen, die für den ehemaligen komplexen Wohnungsbau in Anspruch genommen worden waren, zu ändern. Für die Flächen im Gebiet des ehemaligen komplexen Wohnungsbaus sollte ein Abzug von einem Drittel vom Wert eines unbebauten, erschlossenen Grundstücks in solch einem Gebiet vorgenommen werden. In der Begründung der Vorlage des Rechtsausschusses für das Plenum vom 27.04.1994 (BT-Drs. 12/7425, S. 38) heißt es dazu, dass eine Leerverweisung auf eine noch nicht verabschiedete Regelungen im EALG zur Unanwendbarkeit des SachenRBerG in den Gebieten des komplexen Wohnungsbaus und damit zum Stillstand der Bodenneuordnung führen würde. Der Rechtsausschuss schlug daher dem Bundestagsplenum als Alternative zum Regierungsentwurf für die komplexe Überbauung eine Bewertung nach dem Wert unbebauter Grundstücke vor unter Ansatz eines pauschalen Abzuges für

o Erschließungs-, Vermessungs- und andere Maßnahmen zur Baureifmachung und

o die Einbeziehung der infolge ihrer Verwendung für den Wohnungsbau , den Bau zu öffentlichen Zwecken dienender Gebäude oder zum Gemeingebrauch geminderter oder nicht vorhandener Verkehrswerte.

Damit sollte zugleich sowohl die dem Grundstücksteigentümer nicht zurechenbare Steigerung durch den hier höheren Entwicklungs- und Erschließungsaufwand als auch der Anteil der Verkehrsflächen mit nicht vorhandenen Verkehrswert pauschal ausgeglichen werden. Dem Gesetzgeber war dabei bewusst, dass sich die vorgenannten Faktoren nur schwer rechnerisch erfassen ließen. Er wollte jedoch mit dem Abzug von einem Drittel des Bodenrichtwertes zu einer einfachen, praktikablen Regelung kommen, die er für eine schnelle sachenrechtliche Bereinigung auf der Grundlage des BoSoG für unerläßlich erachtete (dazu ausführlich BT-Drs. 12/7425, S. 67 - 69). Für die außerhalb solcher Gebiete belegenen Verkehrsflächen wurde dagegen eine Lösung nach dem SachenRBerG aufgegeben.

Insofern ist - jedenfalls de lege lata -, solange die Regelung über den rückständigen Grunderwerb für die für öffentliche Zwecke in Anspruch genommenen Grundstücke und eine mögliche Anpassung des § 20 SachenRBerG noch ausstehen, eine pauschale Bewertung nach dem gebietsbezogenen Bodenrichtwert unter Abzug einer Pauschale von einem Drittel zutreffend. Der gleichzeitige Ansatz eines Abzugs von einem Drittel und eine weitere Kürzung gemäß dem Anteil der Verkehrsflächen würde einen vom Gesetzgeber nicht gewollten, doppelten Abzug aus demselben Rechtsgrund herbeiführen.

2. Das Landgericht hat auf den so ermittelten Bodenwert den nach § 43 Abs. 2 Nr. 2 SachenRBerG für den staatlichen und genossenschaftlichen Wohnungsbau bestimmten Zinssatz angewendet. Eine Minderung auf ein Viertel hiervon nach § 51 Abs. 2 Nr. 1 SachenRBerG (sog. Eingangsphase für das Erbbaurecht) hat es nicht vorgenommen, ohne dazu allerdings in dem Urteil etwas auszuführen. Der Senat schließt sich jedoch im Ergebnis auch insoweit dem Landgericht an.

a) Dies entspricht der Entscheidung des BGH vom 18.02.2000 (V ZR 324/98 - VIZ 2000, 367 f.) zu Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 4 EGBGB a.F., jetzt Satz 8. Danach beträgt der Moratoriumszins nach Einleitung eines Bodensonderungsverfahrens 2 vom Hundert jährlich. Eine Eingangsphase ist danach nicht in Ansatz zu bringen. Der BGH hat dies mit folgenden Argumenten begründet: Die Eingangsphase nach § 51 SachenRBerG gelte nur für die Bestellung von Erbbaurechten. Der geringe Eingangszins sei hier für den Grundstückseigentümer deshalb hinzunehmen, weil dieser bei Bestellung eines Erbbaurechtes sein Eigentum am Grundstück nicht verliere und daher an einer Steigerung des Bodenwertes partizipiere. Eine Herabsetzung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG müsse dagegen bei den Verfahren nach dem BoSoG ausscheiden, an deren Ende der Eigentümer sein Eigentum am Grundstück gegen Zahlung eines Ausgleichsbetrages (§ 15 BoSoG) in der Regel verliere.

Eine Herabsetzung der Verzinsung in der ersten Stufe der Eingangsphase auf 1/4 der regelmäßigen Verzinsung im Wohnungsbau von 2 % auf 0,5 % sei insbesondere wegen der Entscheidung des BVerfG vom 08.04.1998 (1 BvR 1680/93 u.a. - NJW 1998, 3033, 3036), in der das BVerfG die Vorenthaltung einer Verzinsung für die Zeit vom 22.07.1992 bis zum 31.12.1994 als mit Art. 14 GG unvereinbar beanstandet habe, verfassungsrechtlich nicht vertretbar. Die nach dem 1.01.1995 zu entrichtende Verzinsung bis zur Regelung der Eigentumsverhältnisse müsse daher deutlich über dem Marginalzinssatz von 0,5 % liegen.

b) Die Materialien zum SachenRÄndG aus dem Jahre 1994 und die zum GrundRÄndG aus dem Jahre 2000 stützen allerdings diese Auslegung des BGH nicht. Die Begründung des Entwurfs des SachenRBerG durch die damalige Bundesregierung zu § 52 der Vorlage (= § 51 Gesetz) verweist ausdrücklich auch auf die vorgesehene Neuregelung in Art. 233 § 2a EGBGB. Die Eingangsphase wurde deshalb für erforderlich erachtet, um der gegenwärtigen wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen Ländern Rechnung zu tragen. Zudem hielt man eine einheitliche Eingangsphase, die grundsätzlich mit Ablauf des 31.12.1994 beginnen sollte, für erforderlich, um zu gleich hohen Zinsbelastungen für gleichartige Nutzungen zu kommen (vgl. BT-Drs. 12/5992, S. 80 und 144). In gleicher Weise wird in der Begründung der Vorlage des GrundRÄndG durch die die derzeitige Regierung tragenden Koalitionsfraktionen (BT-Drs. 14/3508, Seite 9) ausgeführt, dass Satz 4 auf die §§ 42 ff. SachenRBerG - also auch auf den § 51 SachenRBerG - verweise. Mit der Eingangsphase sollte angesichts der geringen Leistungsfähigkeit von Wirtschaft und Privathaushalten in den neuen Ländern ein allmählichen Übergang auf die gesetzlich vorgesehene Verzinsung sichergestellt werden.

Für eine solche Eingangsphase auch für den Erwerb durch Kommunen im Wege einer Bodensonderung in den ersten neun Jahren nach dem Inkrafttreten des SachenRBerG spricht die Erwägung, dass die Baulandpreise nach Tabelle 23.10.1 des Statistischen Jahrbuches für die Bundesrepublik Deutschland zwischen 1992 und 1995 in den neuen Ländern im Durchschnitt um 159,67 % (von 27,18 DM/m² auf 70,59 DM/m²), in den alten Ländern dagegen "nur" um 10,07 % (von 126,56 DM/m² auf 139,30 DM/m²) angestiegen waren. Die durchschnittliche Realsteuerkraft der Gemeinden in den neuen Ländern beträgt dagegen nach der Tabelle 20.16 des Statistischen Jahrbuches auch im Jahre 1997 noch nur etwa 37 % der Kommunen in den alten Ländern (490,45 zu 1.308,22). Insoweit könnte für die in den neuen Ländern belegenen Grundstücke von einem lagebedingten Nachteil ausgegangen werden, der auch für eine längere Übergangszeit die Hinnahme einer geringeren Verzinsung als in ähnlichen Situationen in den alten Ländern rechtfertigen könnte. Die jetzige Belastung aus dem rückständigen Grunderwerb in solchen Gebieten ohne ein Eingangsphase werden viele Kommunen daher voraussichtlich nicht mehr aus eigenen Einnahmen, sondern allenfalls auf Grund zusätzlicher Transfers von Steuermitteln im Wege des kommunalen Finanzausgleichs bewältigen können.

Eine solche Auslegung des Art. 233 § 2a Abs. 1 EGBGB ginge allerdings zu Lasten der Eigentümer solcher Grundstücke in Gebieten des ehemaligen komplexen Wohnungsbaus der DDR, die in den Verfahren der Bodensonderung bis zu dem endgültigen Rechtsverlust eine geringe Verzinsung hinzunehmen hätten. Der BGH hat eine solche Auslegung des Zinstatbestands in Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 4 EGBGB unter Anwendung der Eingangsphase für nicht verfassungskonform erachtet, da sie einseitig den Grundstückseigentümer belaste. Der erkennende Senat sieht gerade auf Grund der Neufassung des Absatzes 1 des Art. 233 § 2a EGBGB durch das GrundRÄndG keinen hinreichenden Grund, um von der unter a) wiedergegebenen Rechtsprechung des BGH abzuweichen.

Der Wortlaut des Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 4 EGBGB a.F. = Satz 8 n.F. ist insoweit unverändert geblieben. Es findet sich mithin im Normtext keine Regelung des Gesetzgebers, entgegen der vorstehenden Entscheidung des BGH die Vorschrift des SachenRBerG über die Eingangsphase beim Erbbaurecht durchgängig - also auch in den Verfahren nach dem BoSoG - anzuwenden. Diese Rechtsprechung des BGH war bereits vor der Beratung des GrundRÄndG ergangen und mithin während der Beratung des GrundRÄndG auch bekannt. In der öffentlichen Anhörung zu dem Entwurf des GrundRÄndG am 3.07.2000 ist auch erwähnt worden, dass Entwurfsbegründung und die BGH-Rechtsprechung zum Moratoriumszins in den Fällen der Bodensonderungsverfahren sich nicht entsprächen. Die Anwendbarkeit des § 51 SachenRBerG hätte leicht klargestellt werden können, wenn in Satz 8 n.F. wie in der Regelung für den zwischen dem 22.07.1992 bis zum 31.03.1995 zu zahlenden Zins in Satz 4 n.F. auch eine Verweisung auf den § 51 SachenRBerG aufgenommen worden wäre. Eine solche Klarstellung wäre auch zu erwarten gewesen, wenn der Gesetzgeber des GrundRÄndG von der ihm bekannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hätte abweichen wollen.

3. Der für das 2. Halbjahr 1995 eingeklagte Moratoriumszins für das Grundstück mit einer Größe von 36.823 m2 und einem Bodenrichtwert von 370 DM/m² errechnet sich daher wie folgt:

36.823 m² x 370 DM/m² x 2/3 x 2/100 x 6/12 = 90.830,07 DM.

Die Verzinsungspflicht nach Absatz 1 Satz 8 n.F. entsteht mit der Einleitung des Bodensonderungsverfahrens. Es liegt kein sog. verhaltener Anspruch vor. Im Unterschied zur Verzinsung für Verkehrsflächen in Absatz 9 ist der Beginn hier nicht davon abhängig, dass der Anspruch von dem Grundstückseigentümer geltend gemacht wird.

II.

Zinsen sind den Klägern - wie vom Landgericht zuerkannt - in Höhe des gesetzlichen Verzugszinssatzes nach § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Höhe von 4 (statt 5) vom Hundert seit Rechtshängigkeit zuzusprechen.

III.

Der Gegenstandswert ist für die Gebühren, die bis zur Rücknahme der Klageerhöhung in der Berufungsinstanz mit Schriftsatz der Kläger vom 19. Mai 2000 um 90.830,06 DM entstanden sind, auf 181.598,75 DM festzusetzen, und für die danach entstandenen (Urteils-)Gebühren allein nach der Urteilssumme der 1. Instanz auf 90.768,69 DM.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Ab. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 708 Nr. 10 in Verb. mit § 711 Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung über die Beschwer der Beklagten folgt aus § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Die Beschwer der Kläger wegen der Kosten ist im Tenor nicht angegeben, da diese nach § 99 Abs. 1 ZPO nicht zur Anfechtung des Urteils berechtigt.

Ende der Entscheidung

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