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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 18.03.2004
Aktenzeichen: 22 WF 3/04
Rechtsgebiete: FGG, ZPO


Vorschriften:

FGG § 14
FGG § 22
ZPO § 127
Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit findet gegen die erstinstanzliche Versagung von Prozesskostenhilfe die sofortige Beschwerde in der Zweiwochenfrist gemäß § 22 FGG statt (wie OLG Celle, FGPrax 2003, 30 und OLG Saarbrücken, OLGR 2003, 450).
Oberlandesgericht Dresden des 22. Zivilsenats - Familiensenat -

Beschluss

Aktenzeichen: 22 WF 0003/04

vom 18. März 2004

In der Familiensache

wegen Regelung des Umgangs

hier: Prozesskostenhilfe

hat der 22. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch

Richterin am Oberlandesgericht Maciejewski, Richter am Landgericht Tiedemann und Richterin am Amtsgericht Kohlschmid

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichtes - Familiengericht - Dresden vom 12. November 2003 wird als unzulässig verworfen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller hat mit einem am 26.09.2003 bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Dresden eingegangenen Schriftsatz einen Antrag auf Regelung des Umgangs mit seiner Tochter Lxxxx Txxxxxx gestellt und gleichzeitig um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachgesucht. Das Familiengericht hat mit Beschluss vom 12.11.2003 die begehrte Prozesskostenhilfe versagt. Dieser Beschluss ist der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 27.11.2003 zugestellt worden.

Hiergegen richtet sich die am 24.12.2003 bei dem Familiengericht eingegangene sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein erstinstanzliches Prozesskostenhilfegesuch weiterverfolgt.

Mit Beschluss vom 30.12.2003 hat das Familiengericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Dresden zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Das Rechtsmittel ist unzulässig, weil es nicht in der gesetzlichen Frist eingelegt ist.

1.1.

Bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit finden gemäß § 14 FGG die Vorschriften der ZPO, d.h. die §§ 114 ff. ZPO, entsprechende Anwendung. Diese Verweisung bedeutet aber nur, dass zur Beurteilung der Statthaftigkeit des Rechtsmittels die Regelungen der ZPO heranzuziehen sind, wohingegen sich das Verfahren im Übrigen - insbesondere hinsichtlich des zur Entscheidung über das Rechtsmittel berufenen Gerichts, der einzuhaltenden Frist und Form sowie der Beschwerdeberechtigung - nach den Vorschriften des FGG (§§ 19 ff. FGG) richtet (vgl. BayObLG, NJW 2002, 2573; OLG Celle, FGPrax 2003, 30; OLG Saarbrücken, OLGR 2003, 450, 451; OLG Bamberg, NJW-RR 2003, 1163; OLG Frankfurt, FGPrax 2003, 175; Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 14, Rdnr. 34 a).

1.2.

Nach § 127 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 ZPO i.V.m. § 567 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO in der seit dem 01.01.2002 geltenden Fassung findet gegen die erstinstanzliche Versagung der Prozesskostenhilfe die sofortige Beschwerde statt, während nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. die einfache unbefristete Beschwerde eröffnet war. Diese Einschränkung der Statthaftigkeit des Rechtsmittels ist auch im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit zu beachten. Dort ist die bei Einlegung der sofortigen Beschwerde einzuhaltende Frist in § 22 Abs. 1 FGG geregelt. Danach ist sie binnen zwei Wochen seit Bekanntmachung der Verfügung an den Beschwerdeführer, d.h. seit Zustellung (§ 16 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 FGG) einzulegen. Die in § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO i.V.m. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO für den Zivilprozess normierte Frist von einem Monat gilt nicht, weil sie die Zulässigkeit des Rechtsmittels und nicht dessen Statthaftigkeit betrifft (vgl. OLG Celle, FGPrax 2003, 30; OLG Saarbrücken, OLGR 2003, 450, 451; Demharter, NZM 2002, 233, 236). Auf diese Rechtslage hat der Senat vor Erlass der Entscheidung hingewiesen.

1.3.

Vorliegend ist die Frist von zwei Wochen nicht eingehalten, weil der angefochtene Beschluss der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers ausweislich des in der Akte befindlichen Emfangsbekenntnisses am 27.11.2003 zugestellt wurde, die sofortige Beschwerde jedoch erst am 24.12.2003 bei dem Familiengericht eingegangen ist. Das Rechtsmittel ist mithin unzulässig.

2.

Soweit der Antragsteller dagegen meint, es sei vorliegend die Beschwerdefrist des § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO anzuwenden, da für das Rechtsmittel im Hauptsacheverfahren gleichfalls eine Monatsfrist (§ 621 e Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 517 ZPO) gelte, vermag der Senat dieser Ansicht nicht zu folgen.

Die Verweisung in § 14 FGG bedeutet nicht, dass das Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in einer isolierten Familiensache zu einem Zivilrechtsstreit nach der ZPO wird. Es handelt sich vielmehr weiterhin um ein Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. OLG München, Rpfleger 1987, 456). Es gelten daher grundsätzlich die Verfahrensvorschriften des FGG. Soweit § 14 FGG die entsprechende Anwendung der Vorschriften der ZPO über die Prozesskostenhilfe (§§ 114 ff. ZPO) anordnet, sind diese Vorschriften so zu lesen, als wären sie Bestandteile des FGG. Ihre entsprechende Anwendung besteht darin, dass die Vorschriften der ZPO so angewendet werden, wie sie umzugestalten sind, um dem allgemeinen Teil des FGG zu entsprechen (vgl. BayObLGZ 1971, 358, 360; KG, NJW 1967, 1237; Jansen, FGG, 2. Aufl., Vorbem. § 19, Rdnr. 22). Gewährt mithin die ZPO in einer für entsprechend anwendbar erklärten Vorschrift die sofortige Beschwerde, so findet statt der Beschwerde nach § 567 ZPO diejenige nach § 22 FGG statt. Hieraus ergeben sich eine Reihe von Abweichungen für das Beschwerdeverfahren gegenüber den für Beschwerden nach der ZPO geltenden Vorschriften. Dabei werden die für das Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften nur durch diejenigen für entsprechend anwendbar erklärten ZPO-Vorschriften verdrängt, welche die Statthaftigkeit von Rechtsmitteln betreffen (vgl. BayObLG, NJW 2002, 2573; BayObLGZ 2002, 89, 92; BayObLGZ 1991, 414). Diese sog. Statthaftigkeitsregel (vgl. Decker, NJW 2003, 2291, 2292) gilt auch nach In-Kraft-Treten des ZPO-Reformgesetzes unverändert weiter (vgl. BayObLGZ 2002, 89, 92).

Mit der Beschränkung der entsprechenden Anwendung der ZPO-Vorschriften hinsichtlich der Rechtsmittel auf die für deren Statthaftigkeit maßgebenden Bestimmungen der ZPO ist eine eindeutige und Zweifel ausschließende Feststellung möglich, welche Regelungen des FGG-Verfahrens durch abweichende Regelungen der ZPO verdrängt werden (vgl. Demharter, NZM 2002, 233, 235). Dies entspricht zugleich dem Grundsatz der Rechtssicherheit, dem im Bereich der Freiwilligen Gerichtsbarkeit eine besondere Bedeutung zukommt (vgl. BGH, NJW 1984, 2893, 2894; BGH, NJW 1978, 1260). Dagegen erscheint es im Hinblick auf den vorstehend erwähnten Grundsatz der Rechtssicherheit - hier in Form der Rechtsmittelsicherheit - und unter Berücksichtigung des Gebotes der hinreichenden Normenklarheit bedenklich, wollte man die Erwägungen des Gesetzgebers zur Neuregelung des § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO (vgl. hierzu Decker, NJW 2003, 2291, 2293) in das Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit übertragen und die Beschwerdefrist im PKH-Verfahren jeweils anhand der für das Rechtsmittel im Hauptsacheverfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Frist bestimmen (a.A. Decker, a.a.O., 2293). Eine derartige "flexible" Anwendung des § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO findet zudem in dem Wortlaut des § 14 FGG keine Stütze. Soweit hiernach unterschiedliche Beschwerdefristen für die PKH-Beschwerde im ZPO- und FGG-Verfahren bestehen, ist dieser Unterschied nicht willkürlich, sondern beruht auf der unterschiedlichen Ausgestaltung der einzelnen Verfahrensarten. Die Beschreitung des Rechtsweges wird hierdurch nicht in unzumutbarer Weise erschwert.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist vorliegend nicht zuzulassen. Denn in einer selbstständigen Familiensache ist nach § 621 e Abs. 2 ZPO die Rechtsbeschwerde nur gegen Entscheidungen über Beschwerden gegen Endentscheidungen i.S. des § 621 e Abs. 1 ZPO eröffnet (vgl. BGH, FamRZ 2003, 232; BGH, FamRZ 2003, 748; Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 621 a, Rdnr. 42; Weber, NJW 2003, 3597, 3601). Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Die Voraussetzungen einer Divergenzvorlage nach § 28 Abs. 2 FGG sind gleichfalls nicht gegeben. Denn weder liegt hier eine weitere Beschwerde vor noch weicht die vorliegende Entscheidung, soweit ersichtlich, von der Entscheidung anderer Oberlandesgerichte oder des Bundesgerichtshofs ab. Etwas anderes folgt im Übrigen auch nicht aus der von dem Antragsteller zitierten Entscheidung des OLG Naumburg vom 19.04.2002 (Rpfleger 2002, 526). Dort wird die Rechtsfrage, welche Beschwerdefrist im PKH-Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt, weder erörtert noch ist sie ausweislich der Gründe entscheidungserheblich gewesen.

Ende der Entscheidung

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