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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 22.02.2007
Aktenzeichen: 3 W 77/07
Rechtsgebiete: VBVG


Vorschriften:

VBVG § 1 Abs. 2 S. 2
VBVG § 4 Abs. 1 S. 1
VBVG § 5 Abs. 1
VBVG § 5 Abs. 2
Zum Vergütungsschuldner und zur Vergütungshöhe bei zunächst bemitteltem, dann mittellosen Betroffenen
Oberlandesgericht Dresden

Aktenzeichen: 3 W 77/07

Beschluss

des 3. Zivilsenats

vom 22.02.2007

In dem Betreuungsverfahren

wegen Betreuervergütung

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. N , Richter am Oberlandesgericht Dr. H und Richter am Amtsgericht M

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die weitere Beschwerde des Erstbeteiligten werden der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 18.12.2006 (3 T 1061/06) und der Beschluss des Amtsgerichts Annaberg vom 26.10.2006 (XVII 189/00) aufgehoben.

Auf die Erinnerung des Erstbeteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Annaberg vom 14.06.2006 (XVII 189/00) geändert. Der dem Erstbeteiligten für die Betreuung der Betroffenen in der Zeit vom 01.07.2005 bis 30.09.2005 gegen die Staatskasse zustehende Vergütungsanspruch wird auf 364,50 EUR festgesetzt.

2. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Wert der weiteren Beschwerde: 81,00 EUR

Gründe:

I.

Die von einem Mitarbeiter des Erstbeteiligten betreute Betroffene war im Abrechnungszeitraum vermögend, ab dem Folgemonat mittellos. Der Erstbeteiligte hat zur Berechnung des Vergütungsanspruchs die Stundenzahlen des § 5 Abs. 1 VBVG angesetzt und letztlich 364,50 EUR zur Festsetzung angemeldet. Dem hat die Rechtspflegerin jedoch nur zu 283,50 EUR entsprochen. Da Vergütungsschuldnerin die Staatskasse sei, könnten zu deren Lasten nur die Stundensätze des § 5 Abs. 2 VBVG angesetzt werden.

Erinnerung und - zugelassene - Erstbeschwerde des Erstbeteiligten blieben erfolglos. Mit der vom Landgericht zugelassenen weiteren Beschwerde verfolgt er seinen Antrag auf Festsetzung von zusätzlichen 81,00 EUR gegen die Staatskasse weiter.

Letztere hat sich zur weiteren Beschwerde geäußert.

II.

Die nach § 56 g Abs. 5 S. 2 FGG statthafte, den zeitlichen und förmlichen Vorgaben der §§ 56 g Abs. 5 S. 1, 29 Abs. 2, 22 Abs. 1, 29 Abs. 1 S. 2 FGG Rechnung tragende und auch im Übrigen zulässige weitere Beschwerde hat Erfolg.

Die Erstbeschwerde des Erstbeteiligten war zulässig und begründet. Das Landgericht hätte ihr daher entsprechen müssen. Das hat der Senat nun nachzuholen.

Das Maß der anzusetzenden Stunden berechnet sich nach § 5 Abs. 1 VBVG, und nicht nach dessen Absatz 2. Zur Zeit der abzurechnenden Betreuung war die Betroffene nicht mittellos. Dieser Zeitraum ist entscheidend, auch wenn § 5 Abs. 2 VBVG zum maßgeblichen Zeitpunkt schweigt. Denn § 5 VBVG konkretisiert - wie aus §§ 1908 i Abs. 1 S. 1, 1836 Abs. 1 S. 3 BGB folgt - die dem Betreuer nach §§ 1908 i Abs. 1 S. 1, 1836 Abs. 1 S. 2 BGB zu zahlende Vergütung. Und vergütet wird er, wie erneut aus der letztgenannten Norm folgt und im Übrigen selbstverständlich ist, für die Führung der Betreuung, nicht für das Erwirken eines Festsetzungsbeschlusses. Damit geht einher, dass zum Stundenansatz die dortigen Verhältnisse, nicht aber diejenigen zur Zeit der Festsetzung maßgeblich sind.

Vergütungsschuldner ist die Staatskasse (§ 1 Abs. 2 S. 2 VBVG). Maßgeblich zur Bestimmung des Vergütungsschuldners sind die finanziellen Verhältnisse der Betroffenen zur Zeit der (letzten tatrichterlichen Entscheidung zur) Vergütungsfestsetzung. Dort war die Betroffene mittellos. Folgerichtig ist der Vergütungsanspruch einheitlich gegen die Staatskasse festzusetzen, nicht aber - auch nicht nur zum Teil - gegen die Betroffene. Das erklärt sich mit der allgemein anerkannten Erkenntnis, dass bei Fehlen abweichender gesetzlicher Vorgaben stets die Verhältnisse zur Zeit der letzten Tatsacheninstanz maßgeblich sind (BGHZ 14, 398, 400). Innert der freiwilligen Gerichtsbarkeit wird dies von § 23 FGG bestätigt.

Das ist, anders als Deinert (FamRZ 2006, 971) meint, kein Widerspruch. Zur Höhe der Vergütung gibt das Gesetz den maßgeblichen Zeitpunkt vor, zur Bestimmung des Vergütungsschuldners schweigt es insofern.

Vor diesem Hintergrund kann dem von Amts- und Landgericht eingenommenen und durchaus auch im Schrifttum (etwa: Deinert/Lütgens, Die Vergütung des Betreuers, 4. Aufl., Rz. 1049 ff.) vertretenen Standpunkt, bei einer Festsetzung zu Lasten der Staatskasse könnten stets nur die reduzierten Sätze maßgeblich sein, nur beigetreten werden, wenn das VBVG dergleichen vorgibt. Dort findet sich indes zu einer solchen Regelung nichts. Auch ist nicht verlässlich feststellbar, dass der Gesetzgeber exakt dies wollte. Denn dessen Erläuterung zu § 5 Abs. VBVG ist - bezogen auf die behandelte Frage - widersprüchlich. Zum einen stellt sie auf den geringeren Betreuungsaufwand bei Mittellosigkeit des Betroffenen ab, erklärt so - unausgesprochen - die finanziellen Verhältnisse zur Zeit der abzurechnenden Betreuungstätigkeit für maßgeblich. Zum anderen wird aber auch ausgeführt, dass die Staatskasse - wie bei der PKH-Vergütung des beigeordneten Anwalts - geschont werden soll. Für sich betrachtet geht damit einher, dass die Mittellosigkeit des Betroffenen zur Zeit der Festsetzung die Höhe des anzusetzenden Stundensatzes bestimmt. So bleibt indes offen, wie der Gesetzgeber den hier zu beurteilenden Fall behandelt wissen will.

Letztlich streitet auch die Regelung des § 5 Abs. 4 S. 2 VBVG für die hier vertretene Sichtweise. Sie bezieht eine Umstandsänderung und deren Folgen für den maßgeblichen Stundenansatz erkennbar auf den Vergütungszeitraum, nimmt dabei, das ist entscheidend, den Aspekt der Mittellosigkeit nicht aus. Nicht ohne Grund hat daher das Landgericht München I (FamRZ 2006, 79 f.) ausgeführt, allein schon hieraus folge, dass die Sätze des § 5 Abs. 1 VBVG auch im Verhältnis zur Staatskasse maßgeblich seien.

Nach alledem lässt sich nach Ansicht des Senats nicht überzeugend begründen, dass der Staat dem Betreuer vorliegend allein eine Vergütung schuldet, die sich nach den (reduzierten) Stundenansätzen des § 5 Abs. 2 VBVG berechnet (im Ergebnis ebenso: LG München I, a.a.O.; Dodegge in BtKomm, 2. Aufl., Rz. 194 f.; wohl auch: Diederichsen in Palandt, BGB, 66. Aufl., Rz. 6 zu § 5 VBVG, Anh. zu § 1836 BGB und Zimmermann, FamRZ 2005, 950, 951).

Ob anderes gilt, wenn dem Betreuer vorzuwerfen ist, er habe die Vergütung vor Eintritt der Mittellosigkeit dem Vermögen des Betroffenen entnehmen können, sei dahingestellt. Denn so liegt der Fall hier nicht. Vorliegend sind jedenfalls die Sätze des § 5 Abs. 1 VBVG anzusetzen. Das führt zu dem vom Erstbeteiligten veranschlagten Vergütungsanspruch von insgesamt 364,50 EUR. Diesen hat der Senat nun festgesetzt.

III.

Gerichtkosten fallen keine an (§ 131 Abs. 1 KostO). Zu den außergerichtlichen Kosten bleibt es bei dem Grundsatz des § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG. Der Zweitbeteiligte hat einen Standpunkt angenommen, der in Rechtsprechung und Schrifttum vertreten wird. Dann jedoch fehlt eine Rechtfertigung dafür, ihn mit den Kosten des Erstbeteiligten zu belasten (allgemein hierzu: Zimmermann in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., Rz. 18 zu § 13 a FGG m.w.N.).

IV.

Die Wertfestsetzung findet ihre Rechtsgrundlagen in §§ 131 Abs. 2, 31 Abs. 1 S. 1, 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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