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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Beschluss verkündet am 02.11.2000
Aktenzeichen: 5 W 1773/00
Rechtsgebiete: RpflG, ZPO, GKG


Vorschriften:

RpflG § 11 Abs. 1
RpflG § 104 Abs. 3 Satz 1
ZPO § 567 Abs. 2
ZPO § 577 Abs. 2
ZPO § 575
ZPO § 148
GKG § 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Dresden

Aktenzeichen: 5 W 1773/00 3 O 508/99 LG Bautzen

Beschluss

des 5. Zivilsenats

vom 02.11.2000

In dem Rechtsstreit

Kläger / Beschwerdegegner

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin

gegen

Beklagte / Beschwerdeführerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte

wegen Kostenfestsetzung

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller-Kuckelberg,

Richter am Landgericht Wittenstein und

Richter am Landgericht Wallasch

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Bautzen vom 31. Juli aufgehoben, soweit gegen die Beklagte ein höherer Betrag als 468 DM nebst anteiliger Zinsen festgesetzt worden ist.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Landgericht Bautzen zurückverwiesen.

3. Der Beschwerdewert wird auf 4.546,70 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien haben sich nach Einholung eines Sachverständigengutachtens verglichen. Nach der im Vergleich getroffenen Kostenregelung hat die Beklagte "die Gerichtskosten einschließlich der Gutachterkosten" zu tragen. Mit Beschluss vom 31. Juli 2000 hat das Landgericht die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Gerichtskosten auf 5.014,70 DM nebst Zinsen festgesetzt und dabei neben der gerichtlichen Verfahrensgebühr Auslagen für den Sachverständigen i.H.v. 4.546,70 DM in Ansatz gebracht, auf die der von dem Kläger geleistete Vorschuss verrechnet worden ist.

Mit ihrer am 8. Aug. 2000 eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen diesen Beschluss rügt die Beklagte, die - ohne Bekanntgabe der Gerichtskostenberechnung erfolgte - Festsetzung sei für sie nicht nachvollziehbar. Soweit in dem festgesetzten Betrag Gutachterkosten enthalten seien, seien diese jedenfalls nicht erstattungsfähig: Das Gutachten sei völlig unbrauchbar gewesen, so dass die Staatskasse dem Sachverständigen auch keine Vergütung zu zahlen habe.

II.

1. Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RpflG, 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 2, 577 Abs. 2 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig:

a) Allerdings richtet sich das Rechtsmittel inhaltlich gegen die Verrechnung des vom Kläger erbrachten Vorschusses auf Auslagen für den Sachverständigen und damit der Sache nach gegen den Kostenansatz (weshalb die Rechtspflegerin des Landgerichtes es auch zunächst als Erinnerung gemäß § 5 GKG angesehen hat). Vereinzelt werden derartige den Kosteneinsatz betreffende Einwendungen im Kostenfestsetzungsverfahren für unbeachtlich gehalten (OLG München, Anwaltsblatt 90, 396). Nach weit überwiegender Auffassung (vgl. Zöller, ZPO 21. Aufl., § 104 Rdn. 21 "Erfüllung" m.Nachw.) kann der Erstattungsschuldner aber im Kostenfestsetzungsverfahren ebenfalls geltend machen, der Kostenansatz sei unrichtig, der Erstattungsgläubiger sei von der Gerichtskasse zu Unrecht zur Bezahlung von Auslagen wie Zeugen- oder Sachverständigenentschädigungen herangezogen worden und könne die entsprechenden Beträge seinerseits von der Staatskasse zurückerstattet verlangen.

b) Dieser ganz herrschenden Meinung folgt auch der Senat: Sie hat zwar den Nachteil, dass die Abklärung von den Kostenansatz betreffenden Streitfragen sich durch die Kostenfestsetzungsorgane in der Regel schwieriger gestaltet als im Kostenansatzverfahren (vgl. etwa OLG Koblenz, Rechtspfleger 85, 333) und insbesondere, dass im Kostenfestsetzungsverfahren und einem nachfolgenden Kostenansatzverfahren divergierende Entscheidungen ergehen können (OLG München a.a.O.). Andererseits aber wären die Rechte des Erstattungsschuldners nach Auffassung des Senats unzumutbar verkürzt, wollte man ihm die Anfechtungsmöglichkeit im Kostenfestsetzungsverfahren versagen. Das gilt auch dann, wenn man ihm (mit OLG München a.a.O.) stattdessen eine eigene Befugnis zur Erinnerung gemäß § 5 GKG zugesteht. Denn selbst wenn der Erstatungsschuldner im Erinnerungs- und Kostenansatzverfahren des § 5 GKG letztlich erfolgreich bleibt, muss - und darf! - die Staatskasse danach zu Unrecht vereinnahmte Beträge nur an seinen Gegner - den Erstattungsgläubiger im Kostenfestsetzungsverfahren - zurük-kerstatten. Von dem Erstattungsgläubiger aufgrund eines - mit Einwendungen gegen den Kostenansatz nicht angreifbaren - Kostenfestsetzungsbeschlusses bereits eingezogene Beträge, zu deren Herausgabe der Erstattungsgläubiger nicht freiwillig bereit oder in der Lage wäre, müsste der Erstattungsschuldner deshalb ggf. erneut einklagen sowie im Wege der Zwangsvollstreckung beizutreiben versuchen und hätte dabei das Risiko der Insolvenz seines Gegners zu tragen.

2. Die mithin zulässige sofortige Beschwerde führt zur Aufhebung des Kostenfestsetzungsbeschlusses im Umfange der Anfechtung und zur Zurückverweisung an das Landgericht.

Die Beschwerdeführerin beanstandet mit Recht, dass ihr der der Verrechnung des von ihrem Gegner gezahlten Vorschusses zugrunde liegende Kostenansatz nicht bekanntgegeben worden ist. Zur Wahrung des rechtlichen Gehörs muss nämlich jedenfalls in den Fällen, in denen nicht nur die Gerichtsgebühren, sondern auch gerichtliche Auslagen in den Parteien nicht bekannter Höhe auf Vorschüsse verrechnet und gegen den Erstattungsschuldner festgesetzt werden sollen, diesem - schon vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses - nicht nur die gegnerische Kostenaufstellung, sondern auch der Gerichtskostenansatz und der sich daraus ergebende Verrechnungs- und Festsetzungsbetrag mitgeteilt werden. Nur so kann - zumal eine Abhilfemöglichkeit für den Rechtspfleger im Beschwerdeverfahren nicht mehr besteht - sichergestellt werden, dass etwaige Einwendungen des Erstattungsschuldners gegen den Kostenansatz noch im erstinstanzlichen Verfahren berücksichtigt und etwa notwendige Ermittlungen dazu noch vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses von dem Rechtspfleger und nicht erst - umständlicher und kostenträchtiger - durch das Beschwerdegericht angestellt werden.

Da auch im vorliegenden Fall zur bestrittenen Behauptung der Beschwerdeführerin, ein Vergütungsanspruch des Sachverständigen, eine entsprechende Verrechnungsmöglichkeit der Staatskasse und ein daraus resultierender Erstattungsanspruch ihres Gegners bestünden nicht, weitere Feststellungen erforderlich sind, hat der Senat die Sache gemäß § 575 ZPO an das Landgericht zurückverwiesen.

3. Zum weiteren Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

Sofern von keiner der Parteien wegen der dem Sachverständigen gezahlten Vergütung Erinnerung gegen den Kostenansatz gemäß § 5 GKG eingelegt werden sollte, muss der Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren der bestrittenen Behauptung des Beschwerdeführers nachgehen, dem Sachverständigen stehe eine Vergütung nicht zu, weshalb entsprechende Auslagen auch gegen die Beklagte nicht festgesetzt werden dürften, und dazu von den Parteien ggf. angebotene Beweise erheben (vgl. OLG Koblenz a.a.O.). Die Parteien haben jedoch auch die Möglichkeit, vor Weiterführung des Kostenfestsetzungsverfahrens Erinnerung gegen den Kostenansatz gemäß § 5 GKG einzulegen. Das liegt insbesondere für den Kläger nahe, weil ansonsten die Gefahr besteht, dass zunächst sein Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten im Kostenfestsetzungsverfahren letztinstanzlich abgelehnt wird, dann aber auch sein Ersuchen auf Rückerstattung des auf die Sachverständigenkosten gezahlten Vorschusses durch die Gerichtskasse im Kostenansatzverfahren erfolglos bleibt. Der Senat hält daneben aber auch die Beklagte für befugt, Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz gemäß § 5 GKG einzulegen, weil sie - mag der Kostenansatz auch nicht unmittelbar ihr gegenüber erfolgt sein - ebenfalls Kostenschuldner i.S. des GKG ist. Insoweit folgt der Senat den zutreffenden Erwägungen des OLG München (a.a.O.).

Sollte von einer der Parteien im Kostenansatzverfahren Erinnerung gemäß § 5 GKG eingelegt werden, wäre das Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend § 148 ZPO bis zur abschließenden Entscheidung des Kostenansatzverfahrens wegen dessen Vorgreiflichkeit auszusetzen. Denn davon, ob der Kostenansatz und die darauf beruhende Verrechnung des von dem Kläger gezahlten Vorschusses sich als richtig erweist oder nicht, hängt die Begründetheit des Beschwerdevorbringens ab, der Kläger sei von der Staatskasse zu Unrecht in Anspruch genommen worden, so dass er nur von dieser Rückzahlung seines Vorschusses, aber keine Erstattung durch die Beklagte verlangen könne.

4. Da die sofortige Beschwerde sich offensichtlich nur gegen die Inanspruchnahme wegen der Sachverständigenkosten richtet, hat der Senat die angegriffene Entscheidung nur in diesem Umfang aufgehoben und auch den Beschwerdewert nur in der entsprechenden Höhe festgesetzt. Da noch nicht abzusehen ist, ob das Rechtsmittel letztlich Erfolg haben wird, war auch die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Landgericht zu übertragen.



Ende der Entscheidung

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