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Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 18.04.2002
Aktenzeichen: 7 U 1722/01
Rechtsgebiete: AGBG, VOB/B, BGB, EGBGB, ZPO


Vorschriften:

AGBG § 1
AGBG § 9
AGBG § 1 Abs. 1
AGBG § 9 Abs. 1
VOB/B § 17
VOB/B § 8 Nr. 1
VOB/B § 9 Nr. 1a
VOB/B § 8 Nr. 1 Abs. 1
VOB/B § 8 Nr. 1 Abs. 2
VOB/B § 9 Nr. 3 Satz 2
VOB/B § 16 Nr. 1 Abs. 1
BGB § 320
BGB § 641
BGB § 632a
BGB § 324 Abs. 1 Satz 1
BGB § 324 Abs. 1 Satz 2 a.F.
EGBGB § 5 Satz 1
ZPO § 304
ZPO § 543 Abs. 2
Der Auftraggeber eines Bauvorhabens darf in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht verlangen, dass der Auftragnehmer als Sicherheit für die Vertragserfüllung eine "Bürgschaft auf erstes Anfordern" stellt.

Dies gilt umso mehr, wenn gleichzeitig eine Erfüllungsbürgschaft von 10 % der Bruttoauftragssumme verlangt wird, während sie üblicherweise nur für 5 % der Auftragssumme gestellt wird.

Das Zusammenspiel dieser Regelungen enthält eine so erhebliche Abweichung zu Lasten des Auftragnehmers von den Regelungen in § 17 VOB/B, dass sie gemäß § 9 Abs. 1 AGBG wegen unangemessener Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben unwirksam sind.


Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES GRUNDURTEIL

Aktenzeichen: 7 U 1722/01

Verkündet am 18.04.2002

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2002 durch

Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Werber, Richter am Oberlandesgericht Dr. Kazele und Richter am Amtsgericht Alberts

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Dresden, 3. Kammer für Handelssachen, vom 12.06.2001 (Az: 43-O-650/00) abgeändert.

Der Klageanspruch ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Ansprüche aufgrund der vorzeitigen Beendigung eines Bauvertrages.

Die Klägerin ist ein italienisches Unternehmen, welches Fassaden, insbesondere aus Aluminium und Glas, hergestellt und errichtet hat. Seit November 1999 befindet es sich im gerichtlichen Liquidationsvergleichsverfahren gemäß der Entscheidung des Tribunale von Trento vom 26.11.1999 (Anlage K 12).

Die Beklagte erteilte der Klägerin mit Schreiben vom 10.06.1998 (Anlage K 1) den Zuschlag für das Gewerk/Fachlos Metallfassaden/Sonnenschutz/Vitrinen/Verblechungen für das Bauvorhaben Institutsgebäude mit Mensa in . Bestandteil des Vertrages war das Besprechungsprotokoll vom 09.06.1998 mit Anlage (Anlage K 1). Der Werklohn sollte pauschal 2.113.000,00 DM betragen. Ob die Vereinbarungen zu Ziff. 12 und 13 des Besprechungsprotokolles vom 09.06.1998 individuell ausgehandelt wurden, ist zwischen den Parteien strittig.

Im Nachgang zum Vertragsschluss einigten die Parteien sich mündlich auf eine Befristung der Vertragserfüllungsbürgschaft nach Ziff. 13.2 des Vertrages bis zum 31.03.1999, was die Klägerin mit Schreiben vom 11.06.1998 (Anlage B 2) bestätigte.

Die Parteien korrespondierten zunächst wegen der Übergabe der Baubeschreibung und der Vertragsbestimmungen des Bauherren, für den die Beklagte als Generalunternehmer tätig war. Mit Schreiben vom 31.07.1998 (Anlage K 6) forderte die Beklagte die Klägerin auf, die in Ziff. 13.2 des Besprechungsprotokolles vereinbarte Vertragserfüllungsbürgschaft über 10 % der Bruttoauftragssumme vorzulegen und setzte der Beklagten eine Nachfrist bis zum 06.08.1998 unter Androhung des Rücktritts vom Vertrag. Die Klägerin stellte die geforderte Vertragserfüllungsbürgschaft nicht. Daraufhin erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 13.08.1998 (Anlage K 8) unter Berufung auf die Regelung unter Ziff. 13.2 des Besprechungsprotokolles vom 09.06.1998 den Rücktritt von dem zwischen den Parteien geschlossenen Bauvertrag. Die Klägerin wies den Rücktritt mit Schreiben vom 21.08.1998 (Anlage K 9) zurück. Zur Begründung führte sie aus, Ziff. 13 Nr. 2 des Vertrages sei in Verbindung mit Ziff. 12.2 des Vertrages wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam, so dass der Beklagten das von ihr geltend gemachte vertragliche Rücktrittsrecht nicht zugestanden habe. Die Beklagte trat dieser Rechtsauffassung mit Schreiben vom 07.09.1998 (Anlage K 13) entgegen. Sie führte darin aus, aus ihrer Sicht bleibe es daher bei der eingetretenen Vertragsaufhebung. Die Klägerin führte daraufhin eine Abrechnung auf der Grundlage von § 8 Nr. 1 VOB/B durch und bezifferte den ihr noch zustehenden Anteil an der ursprünglichen Vergütung mit Schreiben vom 09.02.1999 (Anlage K 10) auf 546.611,75 DM. Dieser Betrag setzte sich aus Aufwendungen für durchgeführte Leistungen i.H.v. 147.638,79 DM, aus Lohnkosten i.H.v. 229.932,96 DM und aus dem entgangenen Gewinn i.H.v. 169.040,00 DM zusammen. Hinsichtlich der Berechnung des entgangenen Gewinns verwies die Klägerin auf ihre mit diesem Schreiben vorgelegte Ur-Kalkulation.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin vor dem Landgericht den Gesamtbetrag i.H.v. 546.611,75 DM geltend gemacht. Sie ist der Auffassung, die Regelungen aus Ziff. 12 und 13 des Besprechungsprotokolles vom 09.06.1998 seien als allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 1 Abs. 1 AGBG anzusehen und wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam. Die Beklagte habe aus diesem Grunde kein vertragliches Rücktrittsrecht aus Ziff. 13.2 des Besprechungsprotokolles gehabt, so dass ihr Schreiben vom 13.08.1998 als Kündigung i.S.v. § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B anzusehen sei. Die Klägerin habe demzufolge noch einen Vergütungsanspruch aus § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B abzüglich der von ihr ersparten Aufwendungen, der den geltend gemachten Zahlungsbetrag umfasse.

Die Beklagte hat demgegenüber vorgetragen, die Stellung der Bürgschaft in Ziff. 13.2 des Besprechungsprotokolles vom 09.06.1998 sei zwischen den Parteien individuell ausgehandelt worden, so dass sie von den Regeln des AGBG nicht erfasst werde. Im Übrigen verstoße die vereinbarte Klausel auch nicht gegen § 9 Abs. 1 AGBG.

Wegen des weiteren Vortrages der Parteien in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteiles Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit seinem Urteil vom 12.06.2001 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei unerheblich, ob die Bestimmungen über Sicherheitsleistungen im Besprechungsprotokoll vom 09.06.1998 zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelt worden seien. Auch wenn es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 1 AGBG handele, verstießen die Bestimmungen in Ziff. 13.2 des Besprechungsprotokolles auch in Kombination mit Ziff. 12.2 nicht gegen § 9 Abs. 1 AGBG, weil sie keine unangemessene Benachteiligung der Klägerin enthielten.

Gegen das ihr am 15.06.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.07.2001 Berufung eingelegt und diese am 13.08.2001 begründet.

Sie trägt vor, bei den einzelnen Vertragsbestimmungen des Besprechungsprotokolles vom 09.06.1998 handele es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 1 Abs. 1 AGBG, wie sich bereits an deren äußerem Erscheinungsbild zeige. Die handschriftlichen Ergänzungen in den Ziff. 12 und 13 seien zum Zeitpunkt der Vorlage des Protokolles an den seinerzeitigen Geschäftsführer der Klägerin, Herrn S. B., der die Verhandlungen für die Klägerin geführt habe, bereits ausgefüllt gewesen. Eine Verhandlung über sie habe nicht mehr stattgefunden. Die Bestimmung in Ziff. 13.2 i.V.m. der Bestimmung in Ziff. 12.2 des Besprechungsprotokolles benachteilige auch die Klägerin unangemessen i.S.v. § 9 Abs. 1 AGBG. Sie führe im Ergebnis dazu, dass die Klägerin für eine 100%ige Leistung nur eine 80%ige Vergütung erhalte. In keinem Bauauftrag stecke aber heutzutage mehr ein Überschuss von 20 %. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten für eine derartige Übersicherung sei auch nicht anzuerkennen.

Mit der Berufung beschränkt sich die Klägerin auf die Geltendmachung der Teilforderung i.H.v. 169.040,00 DM für den ihr nach ihrem Vortrag entgangenen Gewinn.

Sie beantragt,

das Urteil des Landgerichts Dresden vom 12.06.2001 (Az: 43 O 650/99), soweit die Klage wegen eines Teilbetrages von 169.040,00 DM abgewiesen wurde, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 86.428,78 Euro (169.040,00 DM) nebst Zinsen i.H.v. 1 % über dem Lombardsatz der Deutschen Bundesbank seit dem 02.03.1999 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch fehle es bereits an einer Anspruchsgrundlage. Auf eine Abrechnung nach § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B könne die Klägerin ihren Anspruch nicht stützen, weil eine Kündigung der Beklagten nach § 8 Nr. 1 VOB/B gerade nicht vorliege. Die Rücktrittserklärung vom 13.08.1998 könne wegen ihres eindeutigen Wortlautes nicht als Kündigung i.S.v. § 8 Nr. 1 VOB/B verstanden werden. Dementsprechend habe die Klägerin selbst in ihrem Schreiben vom 21.08.1998 erklärt, sie könne den erklärten Rücktritt nicht als Auftragsentziehung oder Kündigung werten, sondern gehe davon aus, dass der Vertrag weiter fortbestehe.

Im Übrigen sei die Regelung in Ziff, 13.2 des Besprechungsprotokolles nicht an der Vorschrift des § 9 Abs. 1 AGBG zu messen, weil es sich um eine individuelle Vereinbarung handele. Der Inhalt der von der Klägerin zu stellenden Bürgschaft sei zwischen den Parteien individuell ausgehandelt worden. Die Klägerin habe eine befristete Bürgschaft gewünscht, worauf sich die Beklagte eingelassen habe, wie sich an dem Schreiben der Klägerin vom 11.06.1998 (Anlage B 2) zeige, in welchem von der Klägerin eine Befristung der Vertragserfüllungsbürgschaft bis zum 31.03.1999 bestätigt wurde. Das Besprechungsprotokoll sei auch nicht vor Beginn der Besprechung bereits vollständig ausgefüllt gewesen. Vielmehr sei es Punkt für Punkt durchgegangen und in Abhängigkeit des Verhandlungsgespräches ergänzt worden. Die Vertreter der Klägerin hätten sich bereit erklärt, die von der Beklagten im Interesse einer guten Absicherung gewünschte Bürgschaft auf erstes Anfordern beizubringen, was Herr B durch seine Paraphe direkt neben der Vereinbarung bestätigt habe.

Im Übrigen verkenne die Klägerin, dass nach dem Leitbild des § 641 BGB für Verträge, die vor dem Inkrafttreten von § 632a BGB geschlossen wurden, vom Auftraggeber grundsätzlich keine Abschlagszahlungen zu leisten waren.

Der Senat hat Beweis erhoben zum Zustandekommen der Regelungen im Besprechungsprotokoll vom 09.06.1998 durch die uneidliche Vernehmung der Zeugen G , B und T in der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2002. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 14.03.2002 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat zunächst teilweise Erfolg, denn die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Die Klägerin hat Anspruch auf die im Vertrag vom 09.06.1998 vereinbarte Vergütung i.H.v. 1.080.359,75 Euro (2.113.000,00 DM) aus § 9 Nr. 3 Satz 2 VOB/B i.V.m. § 324 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (a.F.), von der sie sich gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. die von ihr ersparten Leistungen abziehen lassen muss.

Der zwischen den Parteien am 09.06.1998 geschlossene Bauvertrag unterliegt gemäß Art. 27 Abs. 1 EGBGB deutschem Recht, weil die Parteien dies in Ziff. 17 des Vertrages vereinbart haben. Ferner sind gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB auf das vorliegende Rechtsverhältnis die Vorschriften des AGBG und des BGB in der vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechtes vom 11.10.2001 geltenden Fassung anzuwenden.

Die Voraussetzungen eines Anspruches der Klägerin dem Grunde nach aus § 9 Nr. 3 Satz 2 VOB/B i.V.m. § 324 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. liegen auch vor. Die Beklagte hat mit ihrem Schreiben vom 13.08.1998 der Klägerin die Erfüllung ihrer Pflichten aus dem Vertrag vom 09.06.1998 unmöglich gemacht, denn sie hat darin verbindlich erklärt, sie lasse die Vertragserfüllung durch die Klägerin nicht mehr zu. Weiterhin hat die Beklagte auch eine Drittfirma beauftragt, welche die von der Klägerin zu erbringenden Vertragsleistungen ausgeführt hat.

Das Schreiben der Beklagten vom 13.08.1998 kann auch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht als Kündigung des Vertrages vom 09.06.1998 nach § 8 Nr. 1 VOB/B gesehen werden, weil zwar von einem Willen der Beklagten zur Lösung vom Vertrag ausgegangen werden kann, nicht aber davon, dass sie die Folgen des § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B auslösen wollte (vgl. dazu Ingenstau/Korbion/Vygen, VOB-Kommentar, 14. Aufl., § 8 VOB/B, Rdn. 6 m.w.N.). Vielmehr hat die Klägerin ihrerseits den Vertrag wirksam gemäß § 9 Nr. 1a VOB/B spätestens mit ihrem Schreiben vom 09.02.1999 gekündigt, denn in diesem Schreiben berechnete sie gegenüber der Beklagten ihre Ansprüche auf der Basis einer gescheiterten Vertragsdurchführung. Aufgrund der Kündigung nach § 9 Nr. 1a VOB/B kann die Klägerin über § 9 Nr. 3 Satz 2 VOB/B den Anspruch aus § 324 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. geltend machen (vgl. dazu Vygen a.a.O., § 9 VOB/B, Rdn. 59).

Die Beklagte konnte auch nicht aufgrund der Regelung in Ziff. 13.2 des Vertrages vom 09.06.1998 mit ihrem Schreiben vom 13.08.1998 vom Vertrag zurücktreten, weil die gesamte Regelung in Ziff. 13.2 wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam ist.

Bei der Regelung in Ziff. 13.2 des Vertrages vom 09.06.1998 handelte es sich zunächst um eine allgemeine Geschäftsbedingung i.S.v. § 1 Abs. 1 AGBG. Sowohl der maschinenschriftliche Text als auch die handschriftlich eingetragene Zahl 10 zur Bestimmung des Prozentsatzes der Bruttoauftragssumme, über den die Bürgschaft erteilt werden sollte, waren vorformuliert. Hinsichtlich der eingetragenen Zahl hat der Zeuge Grabs dies in seiner Aussage vor dem Senat am 14.03.2002 ausdrücklich bekundet. Der Text der Regelung in Ziff. 13.2 war von der Beklagten auch erkennbar zur Verwendung in einer Vielzahl von Verträgen bestimmt. Die Beklagte hat ferner ihre Behauptung nicht bewiesen, die in Ziff. 13.2 geregelten Vertragsbestimmungen seien gemäß § 1 Abs. 2 AGBG zwischen den Parteien ausgehandelt worden, wofür die Beklagte bereits nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 AGBG die Beweislast trägt (ebenso BGH, Urteil vom 03.04.1998, NJW 1998, 2600).

Ein "Aushandeln" i.S.v. § 1 Abs. 2 AGBG setzt eine über die bloße Einbeziehungsabrede nach § 2 AGBG hinausgehende, besondere rechtsgeschäftliche Einigung der Vertragsparteien voraus, welche die ernsthafte und tatsächliche Bereitschaft des Verwenders, über die von ihm gestellten Vertragsbedingungen zu verhandeln und sie ggf. abzuändern erfordert, die dem Kunden gegenüber auch unzweideutig erklärt werden muss (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 1 Rdn. 45, 48; Erman/Hefermehl/Werner, BGB, 10. Aufl., § 1 AGBG, Rdn. 23 f. jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen hat die Beklagte durch die Aussage der von ihr benannten und vom Senat vernommenen Zeugen G., B. und T. zur Überzeugung des Senates nicht bewiesen.

Der Zeuge G., welcher die Besprechung vom 09.06.1998 als Verhandlungsführer der Beklagten leitete, hat ausgesagt, der Vertragstext sei der Klägerin Punkt für Punkt erläutert worden, wobei er versucht habe, die Vorstellungen der Beklagten kraft seiner Autorität durchzusetzen. An den konkreten Verlauf der Verhandlungen zu einzelnen Punkten konnte er sich nicht erinnern. Unterstellt man die Richtigkeit dieser Aussage, sind die geschilderten Vorgänge nicht als ein "Aushandeln" i.S.v. § 1 Abs. 2 AGBG zu bewerten. Die Erläuterung des Klauselwerkes gegenüber dem Kunden, der erst nach Kenntnisnahme akzeptiert, verschafft dem Kunden lediglich die notwendigen Informationen über den Vertragsschluss. Für ein "Aushandeln" fehlt es aber bei der bloßen Erläuterung an der ernsthaften Verhandlungsbereitschaft, dem Willen, die gestellte Vertragsbestimmung inhaltlich und ernsthaft zur Disposition zu stellen (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.1976, NJW 1977, 624, 625; Urteil vom 25.06.1992, NJW 1992, 2759, 2760; Ulmer, a.a.O., Rdn. 49 m.w.N.). Gerade im Bereich der für die Vertragserfüllungsbürgschaft maßgeblichen Ziff. 13.2 bestand auch nach der weiteren Aussage des Zeugen G. keine ernsthafte Verhandlungsbereitschaft der Beklagten. Sowohl die Bürgschaftssumme von 10 % der vereinbarten Vergütung als auch die Vereinbarung, die Bürgschaft müsse auf erstes Anfordern zahlbar sein, waren nach der Aussage des Zeugen G. Vorgaben der Unternehmensleitung der Beklagten, die durchgesetzt werden sollten. Eine Einzelerörterung nicht nur dieser vorgegebenen Klauseln, sondern auch von denkbaren Alternativen sollte danach nicht stattfinden und wurde vom Zeugen G. auch im konkreten Fall nicht geschildert. Die vom Zeugen erwogene Möglichkeit, der Kunde könne den vorgegebenen Klauseln widersprechen, ist für die Frage, ob die Beklagte ihrerseits die Klauseln inhaltlich zur Disposition gestellt hat, und die nach den obigen Darlegungen verneint werden muss, ohne Bedeutung. Die Aussagen der weiteren Zeugen B und T erbrachten gegenüber derjenigen des Zeugen G keine zusätzlichen Gesichtspunkte. An den konkreten Verlauf der Verhandlungen zu Ziff. 13.2 konnten sie sich ebenso wenig wie der Zeuge G erinnern. Im Übrigen schilderten sie den Ablauf des Verhandlungsgespräches in den Grundzügen wie der Zeuge G .

Die Vereinbarung der Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern durch die Klägerin über 10 % der Bruttoauftragssumme in Ziff. 13.2 des Vertrages vom 09.06.1998 ist auch wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam, weil die Klägerin durch die genannte Vorschrift entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt wird. Die Frage, ob die Vereinbarung einer Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern in den allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages gegen § 9 AGBG verstößt, ist zwar in Rechtsprechung und Literatur umstritten (für Wirksamkeit: OLG Stuttgart, Urteil vom 26.01.2000, NJW-RR 2000, 546, rechtskräftig durch den Nichtannahmebeschluss des BGH vom 25.10.2001, Az: IX ZR 65/00; OLG Jena, Urteil vom 01.11.2000, NZBau 2001, 667; gegen Wirksamkeit: OLG Dresden, Urteil vom 26.04.2001, BauR 2001, 1447; OLG Koblenz, Urteil vom 28.06.2001, IBR 2001, 483; OLG Köln, Beschluss vom 27.01.2000, BauR 2000, 1228; Sienz, BauR 2000, 1249; Leinemann, Die Bezahlung der Bauleistung, 2. Aufl., Rdn. 291 f.; Ingenstau/Korbion/Joussen, VOB-Kommentar, 14. Aufl., § 17 VOB/B, Rdn. 103). Eine unmittelbar zur Problematik ergangene Entscheidung des BGH existiert, soweit ersichtlich, mit Ausnahme des nicht veröffentlichten Nichtannahmebeschlusses vom 25.10.2001 (Az: IX ZR 65/00) nicht. Im Rahmen der gemäß § 9 AGBG vorzunehmenden Abwägung sprechen nach Auffassung des Senates allerdings die besseren Argumente dafür, eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers durch eine derartige Klausel und damit die Anwendbarkeit von § 9 AGBG anzunehmen.

Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen i.S.v. § 9 Abs. 1 AGBG, wenn der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne dessen Interessen hinreichend zu berücksichtigen und ihnen einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (vgl. BGH, Urteil vom 20.04.2000, NZBau 2000, 424 m.w.N.). Für den danach vorzunehmenden, angemessenen Interessenausgleich der Vertragsparteien sind deren schützenswerte Interessen maßgeblich. Dabei steht auf der einen Seite das Liquiditätsinteresse des Auftragnehmers und auf der anderen Seite das Sicherungsinteresse des Auftraggebers. Diesen Interessen wäre grundsätzlich ausgewogen Rechnung getragen durch die Regelung in § 17 VOB/B, welche an sich mit der Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag durch die Parteien des Rechtsstreites anwendbar wäre. Die Regelung in § 17 VOB/B ist dadurch gekennzeichnet, dass den Vertragsparteien das Recht zur Vereinbarung einer Sicherheit eingeräumt wird, die Sicherungsmittel konkret in den Nr. 1 und 2 definiert werden und der Auftragnehmer gemäß Nr. 3 ein Wahlrecht zwischen den verschiedenen Sicherungsmitteln hat. Diese Regelung haben die Parteien allerdings durch die Bestimmung in Ziff. 13.2 des Besprechungsprotokolles vom 09.06.1998 in zweifacher Hinsicht zu Lasten der Klägerin angegriffen, wodurch der vertragliche Interessenausgleich in einer Weise zu ihren Ungunsten verschoben ist, die sie i.S.v. § 9 Abs. 1 AGBG unangemessen benachteiligt.

Zum einen stellt die Bürgschaft auf erstes Anfordern in ihrer Wirkung (vgl. dazu Joussen, a.a.O., Rdn. 89 ff. m.w.N.) kein Sicherungsmittel dar, wie die in § 17 Nr. 1, 2 VOB/B bzw. § 232 BGB genannten Instrumente, sondern vielmehr bereits ein Zahlungsmittel. Weiterhin ist die Klägerin durch die Regelung in Ziff. 13.2 des Besprechungsprotokolles auf die Bürgschaft auf erstes Anfordern als einziges Sicherungsmittel verwiesen, wodurch ihr das Wahlrecht des § 17 Nr. 3 VOB/B genommen wird.

Eine Übertragung der Grundgedanken aus der Grundsatzentscheidung des BGH vom 05.06.1997 (NJW 1997, 2598) zeigt, dass infolge dieser Abweichungen des vorliegenden Vertrages von der Regelung der VOB/B eine angemessene Berücksichtigung der vertraglichen Interessen der Klägerin nicht mehr gewährleistet ist. In der zitierten Entscheidung hat der BGH eine Sicherungsklausel wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG für unwirksam gehalten, nach welcher der Auftraggeber nach Abnahme 5 % der Auftragssumme als Sicherheit für die fünfjährige Gewährleistungsfrist einbehalten und der Auftragnehmer sie nur durch die Stellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern ablösen durfte. Er führt aus, die Klausel weiche wesentlich vom gesetzlichen Leitbild des § 641 BGB, nach welchem dem Auftragnehmer nach Abnahme der volle Werklohn zustehe, ab, und diese Abweichung werde durch die Ablösungsmöglichkeit mit einer Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht angemessen ausgeglichen, weil eine solche Bürgschaft vom Auftraggeber sofort in Liquidität umgesetzt werden könne und der Auftragnehmer damit das Insolvenzrisiko des Auftraggebers auf lange Zeit trage. Letztlich diene die Bürgschaft auf erstes Anfordern damit nicht lediglich dem anzuerkennenden Sicherungsinteresse des Auftraggebers, sondern darüber hinaus seiner Liquidität, die er auf Kosten der Interessen des Auftragnehmers erlange. Der BGH hat damit aufgezeigt, dass sich die Bürgschaft auf erstes Anfordern nach ihrem Charakter wesentlich von der gewöhnlichen, sowohl in § 232 BGB als auch in § 17 VOB/B als Sicherungsmittel vorgesehenen Bürgschaft unterscheidet. Es liegt damit eine Abweichung der vertraglichen Regelung vom gesetzlichen Leitbild des § 232 BGB zu Lasten der Klägerin vor, die sich auch als wesentlich i.S.v. § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG darstellt, weil das Risiko des Nichtbestehens der gesicherten Forderung durch den Zahlungscharakter der Bürgschaft auf erstes Anfordern auf die Klägerin abgewälzt wird. Die Klägerin kann dieser Benachteiligung auch nicht durch die Stellung einer anderen Sicherheit entgehen, weil ihr ein Austauschrecht unter verschiedenen Sicherheiten nach der Regelung in Ziff. 13.2 des Besprechungsprotokolles gerade nicht eingeräumt wurde.

Diese Verschlechterung der vertraglichen Stellung der Klägerin führt auch entgegen der Auffassung des OLG Stuttgart (a.a.O.) nicht deshalb zu einer unangemessenen Benachteiligung i.S.v. § 9 Abs. 1 AGBG, weil nach der als Leitbild heranzuziehenden gesetzlichen Konzeption jedenfalls vor Inkrafttreten des § 632a BGB am 01.05.2000 der Werkunternehmer aufgrund der Regelung in § 641 BGB a.F. ohnehin vollständig vorleistungspflichtig gewesen sei. Zwar ist die Vertragsklausel über § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG nicht an der Regelung des § 17 VOB/B zu messen, weil die VOB/B keine gesetzliche Regelung i.S.v. § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG ist (BGH, Urteil vom 20.04.2000, NZBau 2000, 424 m.w.N.). Die Abweichung einer Vertragsklausel von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ist aber keine Grundvoraussetzung für das Vorliegen der Generalklausel des § 9 Abs. 1 AGBG, sondern ein Regelbeispiel für einen typischen Anwendungsfall der Generalklausel. Im Übrigen enthielt auch die Regelung in § 641 BGB a.F. keineswegs eine vollständige Vorleistungspflicht des Werkunternehmers. Seine Vorleistungspflicht betrifft vielmehr nur die Herstellung, nicht aber die Ablieferung des Werkes (ebenso Sienz, a.a.O., S. 1254). Die Ablieferung soll vielmehr nach der Regelung in § 641 BGB a.F. nur Zug um Zug gegen Zahlung des Werklohnes erfolgten, so dass dem Werkunternehmer die Einrede aus § 320 BGB zusteht. Wenn der Bauunternehmer diese Einrede in der Praxis nicht wirksam ausüben kann, so liegt das nicht an der gesetzlichen Regelung, sondern an der typischen Konstellation des Bauvertrages, in welchem der Bauunternehmer seine Leistung auf fremden Grund und Boden erbringt. Die tatsächliche Vorleistung des Bauunternehmers in Bezug auch auf die Ablieferung ist also keine Vorgabe des gesetzlichen Leitbildes aus § 641 BGB a.F., sondern das Ergebnis einer Benachteiligung durch die Gegebenheiten des typischen Bauvertrages. Folglich kann die tatsächliche Vorleistung durch den Bauunternehmer auch nicht zur Rechtfertigung einer für diesen nachteiligen Vereinbarung über die Stellung von Sicherheiten verwendet werden, sondern muss im Gegenteil bei der Frage nach dem angemessenen Interessenausgleich im Rahmen des § 9 Abs. 1 AGBG als vorhandene Belastung berücksichtigt werden.

Schließlich führt auch die Befristung der Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern bis zum 31.03.1999 nicht zu einem Ausgleich der unangemessenen Benachteiligung der Klägerin. Zwar ist die Klägerin der Belastung durch die Vertragserfüllungsbürgshaft für einen deutlich kürzeren Zeitraum ausgesetzt, als dies bei einer Gewährleistungsbürgschaft über 5 Jahre der Fall wäre. Andererseits muss aber berücksichtigt werden, dass die Stellung der Vertragserfüllungsbürgschaft gerade in den Zeitraum fällt, in welchem die Klägerin als Auftragnehmerin den höchsten Liquiditätsbedarf hat, weil sie durch die Bezahlung der Löhne und der Baustoffe vorfinanzieren muss (ebenso Leinemann, a.a.O.). Im Übrigen ist die in der Klausel zu Ziff. 13.2 des Besprechungsprotokolles vereinbarte Erfüllungsbürgschaft über einen Betrag von 10 % der Bruttoauftragssumme und damit für einen ungewöhnlich hohen Betrag zu stellen. Gewährleistungsbürgschaften werden regelmäßig nur i.H.v. 5 % der Auftragssumme vereinbart, wie auch im vorliegenden Fall unter Ziff. 13.3 des Besprechungsprotokolles vom 09.06.1998.

Während also das Liquiditätsinteresse der Klägerin als Auftragnehmerin durch die Regelung in Ziff. 13.2 des Besprechungsprotokolles nicht angemessen berücksichtigt würde, ist nicht erkennbar, inwieweit das anerkannte Sicherungsinteresse der Beklagten als Auftraggeberin eine Sicherung gerade durch die Bürgschaft auf erstes Anfordern erfordern würde. Das Sicherungsinteresse der Beklagten wäre durch eine gewöhnliche Bürgschaft ebenso abgesichert. Einen weitergehenden Schutz als denjenigen vor der Insolvenz des Auftragnehmers benötigt sie nicht.

Der Senat verkennt nicht, dass die zitierte Entscheidung des OLG Stuttgart, deren Begründung er nicht zu teilen vermag, durch den Nichtannahmebeschluss des BGH vom 25.10.2001 (Az: IX ZR 65/00) rechtskräftig geworden ist. Mit der diesem Beschluss zugrunde liegenden Rechtsauffassung des BGH kann sich der Senat aber nicht auseinandersetzen, weil eine mögliche Begründung, soweit ersichtlich, nicht veröffentlicht ist. Im Übrigen weist der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt gegenüber dem der Entscheidung des OLG Stuttgart zugrunde liegenden Sachverhalt Besonderheiten auf, welche die in der Regelung zu Ziff. 13.2 des Vertrages vom 09.06.1998 liegende Benachteiligung der Klägerin noch verstärken.

Zum einen betrug die Höhe der Bürgschaftssumme im Stuttgarter Sachverhalt lediglich 5 % der Auftragssumme, während es im vorliegenden Sachverhalt 10 % sind. Zum anderen wird das durch die Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern nach den obigen Ausführungen besonders beeinträchtigte Liquiditätsinteresse der Klägerin noch durch eine weitere Klausel des Vertrages vom 09.06.1998 erheblich belastet. So wird die Regelung in § 16 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B, nach welcher sich die Höhe der Abschlagszahlungen nach dem Wert der nachgewiesenen wertmäßigen Leistung bestimmt, durch Ziff. 12.2 des Vertrages dahin zu Lasten der Klägerin abgeändert, dass die Abschlagszahlungen nur 90 % der nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistung betragen sollen. Demzufolge wird auch durch die Regelung zu Ziff. 12.2 erheblich in das an sich ausgewogene Regelungsgefüge der VOB/B angegriffen (vgl. auch BGH, Urteil vom 17.09.1987, BGHZ 101, 357, 361; Urteil vom 21.06.1990, BGHZ 111, 394, 396 f.). Auch wenn der BGH also, entgegen der dargelegten Auffassung des Senates, die Vereinbarung einer Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern in allgemeinen Geschäftsbedingungen für vereinbar mit § 9 AGBG halten sollte, könnte er wegen der zusätzlichen Belastung der Klägerin im vorliegenden Fall durch weitere Vertragsklauseln des Vertrages vom 09.06.1998 zu einem Verstoß von Ziff. 13.2 gegen § 9 AGBG gelangen.

Der Verstoß der Sicherungsvereinbarung in Ziff. 13.2 des Besprechungsprotokolles vom 09.06.1998 gegen § 9 AGBG führt zur Unwirksamkeit der Sicherungsabrede insgesamt, weil eine Umdeutung in eine gewöhnliche Bürgschaft gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion verstoßen würde (ebenso OLG Dresden, Urteil vom 11.02.1997, BauR 1997, 671; Joussen, a.a.O., Rdn. 104 m.w.N.). Mit dem Wegfall der Sicherungsklausel entfällt auch der Rücktrittsgrund für das vertragliche Rücktrittsrecht in Ziff. 13.2 des Besprechungsprotokolles. Die Rücktrittsklausel könnte zwar gemäß § 6 Abs. 1 AGBG grundsätzlich wirksam bleiben, auch wenn einer von mehreren Rücktrittsgründen entfiele (vgl. auch Ulmer/Brandner/Hensen/H. Schmidt, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 6 Rdn. 12). In Ziff. 13.2 des Besprechungsprotokolles ist allerdings nur der eine Rücktrittsgrund der fehlenden Vorlage der Vertragserfüllungsbürgschaft vorgesehen, so dass das vertragliche Rücktrittsrecht keinen Anwendungsbereich mehr hätte.

Der Senat hat ein Grundurteil gemäß § 304 ZPO erlassen, weil die Höhe der von der Klägerin durch die Unmöglichkeit des Vertrages vom 09.06.1998 ersparten Aufwendungen zwischen den Parteien strittig ist. Die Beklagte hat ihrer Darlegungslast entsprechend (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17.07.2001, NJW 2002, 57) in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 04.04.2002 vorgetragen, die Klägerin habe durch die Unmöglichkeit ihrer Vertragsleistung aus dem Vertrag vom 09.06.1998 Aufwendungen i.H.v. 2.174.158,67 DM erspart. Bei Abzug dieses Betrages von der vereinbarten Vergütung i.H.v. 2.113.000,00 DM netto bleibe keine Restforderung der Klägerin mehr übrig. Über diesen Vortrag der Beklagten ist noch Beweis zu erheben, was voraussichtlich durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens erfolgen wird.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die vorliegende Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes erfordert. Die Rechtsfrage, ob die Vereinbarung einer Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern in allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages gegen § 9 AGBG verstößt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Eine Klärung der Rechtsfrage durch den Nichtabnahmebeschluss des BGH vom 25.10.2001 (Az: IX ZR 65/00) ist aus den bereits dargelegten Gründen nicht eingetreten.

Ende der Entscheidung

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