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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 15.11.2001
Aktenzeichen: 7 U 1956/01
Rechtsgebiete: BGB, StGB, PartG, BBankG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 723
BGB § 138
BGB § 134
BGB § 242
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
StGB § 193
StGB § 130
StGB § 241a
StGB § 187
StGB § 188
StGB § 240
StGB § 266
StGB § 111
PartG § 5
BBankG § 22
BBankG § 19 Abs. 1 Nr. 4
BBankG § 19 Abs. 1 Nr. 9
ZPO § 257
ZPO § 258
ZPO § 259
ZPO §§ 257f.
ZPO § 711
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 108 Abs. 1
ZPO § 546 Abs. 2
1. Die ordentliche Kündigung eines Girovertrages durch eine Sparkasse allein wegen einer politischen Betätigung des Kunden stellt eine unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) dar und führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.

2. Dies gilt auch, wenn der Kunde eine politische Partei ist. Art. 21 GG kommt jedenfalls dann, wenn politische Parteien auf Gewährleistungen der Daseinsvorsorge angewiesen sind, um ihre Aufgaben effektiv wahrnehmen zu können, eine Ausstrahlungswirkung auf die zivilrechtliche Generalklausel des § 242 BGB zu.

3. Die verfassungsfeindliche Zielrichtung einer politischen Partei rechtfertigt aufgrund des Parteienprivilegs (Art. 21 Abs. 2 GG) keine andere Beurteilung.


Oberlandesgericht Dresden

Im Namen des Volkes! URTEIL

Aktenzeichen: 7 U 1956/01

verkündet am 15.11.2001

In dem Rechtsstreit

hat das Oberlandesgericht Dresden - 7. Zivilsenat - aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.10. 2001 durch Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Werber,

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig, 8. Zivilkammer, vom 05.07. 2001 (Az.: 08 O 2437/01) abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehende Girovertrag (Konto-Nr.) durch die Kündigungen der Beklagten vom 22.08. 2000 und vom 26.09. 2000 sowie vom 27.09. 2000 nicht beendet worden und die Auflösung des Girokontos rechtswidrig ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/10 und die Beklagte zu 9/10.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 13.500 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheit in Form einer unwiderruflichen, unbefristeten und unbedingten selbstschuldnerischen Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen inländischen Kreditinstituts zu erbringen.

Der Wert der Beschwer des Klägers wird auf unter 60.000 DM, jene der Beklagte auf über 60.000 DM festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Fortführung eines Girokontos, hilfsweise die Feststellung, dass die von der Beklagten ausgesprochenen Kündigungen des Kontovertrages unwirksam sind.

Der Kläger, der Landesverband der N Partei, eröffnete bei der Beklagten, einer sächsischen Sparkasse, am 23.03. 1999 ein Girokonto. Die in das Vertragsverhältnis einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (Anlage AG 2 in dem Rechtsstreit 7 U 1790/01 = Bl. 64 - 68 dieser Akte) enthalten u. a. folgende Regelungen:

"Nr. 1 - Grundlagen der Geschäftsbeziehung

(1) Geschäftsbeziehung als Vertrauensverhältnis

Die Geschäftsbeziehung zwischen dem Kunden und der Sparkasse ist durch die Besonderheiten des Bankgeschäfts und ein besonderes Vertrauensverhältnis geprägt. Der Kunde kann sich darauf verlassen, daß die Sparkasse seine Aufträge mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns ausführt und das Bankgeheimnis wahrt (...).

Nr. 26 - Kündigungsrecht

(1) Ordentliche Kündigung

Sowohl der Kunde als auch die Sparkasse können die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, soweit keine abweichenden Vorschriften oder anderweitigen Vereinbarungen dem entgegenstehen. Kündigt die Sparkasse, so wird sie den berechtigten Belangen des Kunden angemessen Rechnung tragen, insbesondere nicht zur Unzeit kündigen.

(2) Kündigung aus wichtigem Grund

Ungeachtet anderweitiger Vereinbarungen können sowohl der Kunde als auch die Sparkasse die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit fristlos kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, aufgrund dessen dem Kündigenden die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung nicht zugemutet werden kann. Dabei sind die berechtigten Belange des anderen Vertragspart-ners zu berücksichtigen (...)".

Am 21.08. 2000 kam in der ARD das Politmagazin "Report" unter dem Titel "Rechtsextreme - Geschäfte mit der N Partei" zur Ausstrahlung. In der Anmoderation wurde nach dem Hinweis auf die Diskussion über die Erfolgsaussichten eines Verbotsantrages gegen die N Partei geäußert, Banken, Verlage und Druckereien machten währenddessen "seelenruhig weiter Geschäfte mit der N Partei. Wenn's ums Geld geht, haben Prinzipien keine Konjunktur (...) über Banken, die nichts dabei finden, sich eine braune Nase zu verdienen". Berichtet wurde dann zunächst über den Verkauf eines Hauses in Riesa an den die N Partei-Parteizeitung "Deutsche Stimme" herausgebenden Verlag durch die Volksbank Riesa, die auch die Finanzierung gesichert und so die Entstehung eines bundesweiten Propagandazentrums ermöglicht habe mit Musikproduktion, Verlag und Versandhandel, dessen Katalog "Tausende Artikel für den strammen Nationalisten" biete, "mit im Sortiment das rechtsterroristische Buch WERWOLF, eine Anleitung für den Kleinkrieg mit Tipps für militärische Jagdeinheiten". Nach Darstellung der Kauf- und Kreditverhandlungen durch Befragung des stellvertretenden Landesvorsitzenden der N PARTEI Sachsen folgten Interviewbeiträge von Politikern zum "Geschäft mit dem Rechtsextremisten". Anschließend wurden Bankverbindungen von N Partei-Organisationen dargestellt mit dem Hinweis, dass auf den Konten "ganz ungeniert die Gelder für Aufmärsche gegen das System gesammelt würden, und die weiteren Banken benannt wurde, die "keine Berührungsängste mit Rechtsextremisten" hätten, bevor die Kündigung einer Bankverbindung der Deutschen Bank mit dem N Partei-Kreisverband Lübeck erwähnt wurde, die erfolgt sei, "um ein demokratisches Zeichen zu setzen". Schließlich wird der Präsident des Verfassungsschutzes Sachsen zur Frage interviewt, was ein Boykott der N Partei durch alle Deutschen bewirken könnte. In der Antwort wird ein Vergleich zu einem Unternehmen gezogen und die Einschätzung abgegeben, dass dieses am nächsten Tag pleite wäre.

Mit Schreiben vom 22.08. 2000 (Bl. 12 der Akten 7 U 1790/01) kündigte die Beklagte die Geschäftsbeziehung mit dem Kläger unter Hinweis auf lfd. Nr. 26 (1) ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Ferner forderte sie den Kläger auf, ihr bis zum 15.09. 2000 eine neue Bankverbindung mitzuteilen, auf die etwaige Guthaben überwiesen werden könnten.

Der Kläger widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 24.08. 2000 (Anlage BK 2 = Bl. 5 der beigezogenen Akte 7 U 2625/00) und wandte sich im Hinblick auf die Kündigung in einem als "Offenen Brief" bezeichneten Schreiben vom 29.08. 2000 (Bl. 13 der Akten 7 U 1790/01) an die Beklagte, in dem u. a. folgendes ausgeführt wurde:

"(...) Wie Ihnen sehr wohl bekannt sein dürfte, handelt es sich bei der N PARTEI bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt um eine nach dem sog. "Grundgesetz für die brd" zugelassene Partei, die zudem vom brd-Staat Wahlkampfkostenrückerstattung erhält, wie andere Parteien auch.

Im Zeitraum der Geschäftsverbindung mit ihrem Haus gab es von unserer Seite her keinerlei Unregelmäßigkeiten oder Beanstandungen. Um so unverständlicher erscheint uns die Kündigung der Bankverbindung von ihrer Seite, die nur im Rahmen einer unglaublichen staatlich-medialen Hetz- und Verleumdungskampagne gegen unsere Bewegung erfolgt. Bei der Kontenführung für andere politische Parteien und Vereine scheint Ihr Unternehmen weniger von Bedenken getrieben zu sein.

Seien Sie abschließend versichert, daß wir diese Handlungsweise weder vergessen, noch akzeptieren und mit juristischen Mitteln dagegen vorgehen werden."

Am 11.09. 2000 beantragte der Kläger den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit welcher der Beklagten die Fortführung des streitgegenständlichen Kontos bis zum Ab-schluss eines Hauptsacheverfahrens geboten werden sollte. In einem anwaltlichen Schriftsatz des Klägers vom 22.09. 2000 (Bl. 39f. der beigezogenen Akte 7 U 2625/00) ist u. a. folgendes ausgeführt worden:

" (...)

2. Die Kündigung ist unwirksam, weil sie vom Makel der Sittenwidrigkeit behaftet ist (§ 138 BGB); sie verstößt darüber hinaus gegen die Schutzgesetze der §§ 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 130, 241a, 187, 188, 240, 266 StGB, § 134 BGB. Sollte eine Verbindung der Antragsgegnerin zu "der Presse" bestehen, wäre auch § 111 StGB zu prüfen - nicht nur durch den Generalbundesanwalt, der seitens der N PARTEI einschlägig eingeschaltet wurde.

(...)

Es muß daher als im höchsten Grade dubios im Sinne eines Angriffs auf die Rechtsstaatlichkeit empfunden werden, daß der einzige Weg zum Parteienverbot durch unlautere Machenschaften ersetzt werden soll. Als ein solches rechts- und verfassungswidriges Mittel ist die Kontokündigung und damit die Abdrosselung der Parteiarbeit aufzufassen. Und gerade das ist unabstreitbar hier gewollt!.

(...)".

Mit Schriftsatz vom 26.09. 2000 (Bl. 55 der beigezogenen Akte 7 U 2625/00) sprachen die Prozessbevollmächtigten der Beklagten unter Bezugnahme auf diesen Schriftsatz die fristlose Kündigung der Geschäftsbeziehung zum Kläger aus. Mit Schreiben vom 27.09. 2000 wiederholten sie dies unter Vorlage einer Vollmacht.

Das Landgericht Leipzig hat mit Urteil vom 06.10. 2000 in dem Verfahren 8 O 7375/00 (Bl. 93 - 108 d. A. der beigezogenen Akte 7 U 2625/00) der Beklagten im Wege einer einstweiligen Verfügung geboten, das bei ihr unterhaltene Konto des Klägers ununter-brochen in bisheriger Weise für einen Zeitraum von 6 Monaten, beginnend ab Erlass des Urteils, fortzuführen. Im Übrigen hat es den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten wurde im Rahmen des Termins zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat (Az.: 7 U 2625/00) zurückgenommen.

Am 09.04. 2001 stellte die Beklagte die Fortführung des streitgegenständlichen Kontos ein.

Unter dem 12.04. 2001 beantragte der Kläger nochmals den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit dem der Beklagte die Fortführung des Kontos bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens geboten werden sollte. Diesem Antrag gab das Landgericht Leipzig mit Beschluss vom 18.04. 2001 in dem Verfahren 8 O 2826/01 statt.

Der N Partei-Kreisverband Pirna unterhält gegenwärtig noch ein Konto bei der Kreissparkasse Freital-Pirna sowie ein weiterer N Partei-Kreisverband bei der Sparkasse Löbau-Zittau. Hinsichtlich eines weiteren Kontos bei der Stadtsparkasse Dresden verständigte sich der Kläger im Rahmen eines Vergleiches auf eine Beendigung der Geschäftsbeziehung zum 31.03. 2001.

Der Kläger hat vorgetragen, durch die Kündigungen auf Schwerste geschädigt worden zu sein. Er sei auf das Bestehen einer Bankverbindung angewiesen, da nahezu der gesamte Geldfluss bargeldlos abgewickelt werde. In diesem Zusammenhang müsse berücksichtigt werden, dass Kreditinstitute bundesweit mehr als 120 Kündigungen ausgesprochen hätten. Es handele sich um ein Vorgehen auf breiter Front. Dies zeigten auch die zahlreichen Versuche neue Konten zu eröffnen. Sie seien allesamt gescheitert. Unter Berücksichtigung dieses Gesamtzusammenhanges seien die von der Beklagten ausgesprochenen Kündigungen unwirksam.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, das bei ihr unterhaltene Konto des Klägers Nr. ununterbrochen in bisheriger Weise fortzuführen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat den Standpunkt bezogen, dass die von ihr erklärten Kündigungen wirksam seien. Zunächst trage die Einräumung einer vierwöchigen Kündigungsfrist im Schreiben vom 22.08. 2000 den berechtigten Belangen des Klägers Rechnung. Von einer Kündigung zur Unzeit könne nicht gesprochen werden. Der Kläger habe die Möglichkeit bei der Bundeszentralbank bzw. der ihr untergeordneten Landeszentralbanken einen Girovertrag abzuschliessen. Zudem gebe es die Möglichkeit, bei einer Online-Bank ein Konto zu eröffnen. Vor diesem Hintergrund sei es ihr möglich, sich im Wege der ordentlichen Kündigung von der Geschäftsbeziehung mit dem Kläger zu lösen. Die in den Medien aber auch im Zusammenhang mit dem Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht bekannt gewordenen Aktivitäten der N PARTEI machten es im Übrigen für sie unzumutbar, die Vertragsbeziehung mit dem Kläger fortzusetzen. Diese seien ihr bei Vertragsschluss nicht bekannt gewesen. Jedenfalls aber sei die außerordentliche Kündigung wirksam. Der offene Brief des Klägers vom 29.08. 2000 enthalte eine Drohung. Hinzu komme, dass der Kläger sie grundlos der Begehung von Straftaten bezichtigt habe. Abgesehen davon, dass dies geeignet sei, ihren Ruf in erheblicher Weise zu beeinträchtigen, habe der Kläger in nachhaltiger Weise das Vertrauensverhältnis zerstört.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es darauf verwiesen, dass die ordentliche Kündigung vom 22.09. 2001 ebenso wie die außerordentliche Kündigung vom 26. bzw. 29.09. 2001 unwirksam sei. Der Vorwurf der verfassungswidrigen politischen Zielrichtung des Klägers rechtfertige die Kündigung nicht. Politischen Parteien komme durch Art. 21 GG ein besonderer Status zu, der auch im Privatrechtsverkehr zu beachten sei. Angesichts des Stellenwertes der Parteien im Verfassungsgefüge und dem Gebot der Chancengleichheit müssten erwerbswirtschaftliche und ideelle Interessen der Beklagten, die ohnehin nicht konkret dargelegt worden seien, zurücktreten, zumal es sich bei dieser um eine Anstalt öffentlichen Rechts handele. Eine Partei könne ihre Aufgaben nicht mehr sachgerecht erfüllen, wenn sie über kein Girokonto verfüge. Eine zumutbare Ausweichmöglichkeit auf andere Kreditinstitute sei nicht gegeben. Auch ein Grund zur außerordentlichen Kündigung liege nicht vor. Der offene Brief sei nicht so klar, dass darin eine unverhüllte Drohung zu erblicken sei. Das schriftsätzliche Vorbringen, bei welchem auf die Verwirklichung von Straftatbeständen verwiesen worden sei, sei durch Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt. Eine Umdeutung in eine ordentliche Kündigung scheide aus.

Die Beklagte hat gegen das am 09.07. 2001 zugestellte Urteil am 07.08. 2001 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung am 21.09. 2001 begründet.

Die Beklagte rügt zunächst einer fehlerhafte und unzureichende Abwägung der betroffenen Interessen durch das Landgericht im Zusammenhang mit der Prüfung der Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung. Sie habe am Tag nach der Ausstrahlung der Report-Sendung gekündigt. An diesem Tag habe nur noch die Sparkasse in Frankfurt/Oder eine Kündigung ausgesprochen, wovon sie damals keine Kenntnis gehabt habe. Zu diesem Zeitpunkt sei für sie nicht erkennbar gewesen, dass weitere Kündigungen folgen würden. Selbst nach der Sendung hätten sich hierfür keine Anhaltspunkte ergeben. Eine Absprache zwischen den Kreditinstituten bezüglich der Kündigungen sei nicht erfolgt. Sie habe vielmehr autonom entschieden, die Geschäftsbeziehung mit dem Kläger zu beenden. Sie wolle mit einer Partei, die verfassungswidrige Ziele verfolge - diesbezüglich verweist sie auf den Inhalt des Verbotantrages der Bundesregierung vom 29.01. 2001 (Anlage BK 2) - und u. a. die Abschaffung der "kapitalistischen Zinswirtschaft" und die Anprangerung der "Zinsknechtschaft" fordere, nichts zu tun haben. Von einer willkürlichen Kündigung könne keine Rede sein. Ein Giroverhältnis könne grundsätzlich jederzeit ohne Angabe und ohne Vorhandensein von Gründen gekündigt werden. Auch habe sie den berechtigten Interessen des Klägers Rechnung getragen. Maßgebend seien insoweit die ihr zum Zeitpunkt der Kündigung bekannten Belange. Eine spätere nicht prognostizierbare Entwicklung bleibe außer Betracht. Eine Fortführungspflicht komme zudem nur zum Tragen, wenn der Kunde auf das Konto angewiesen sei, für ihn keine gleichwertige Alternative bestehe und kein sachlicher Grund für die Kündigung gegeben sei. Diese Voraussetzungen habe der Kläger nicht substantiiert vorgetragen. Aus der Report-Sendung habe sich für sie ergeben, dass der Kläger über diverse Konten verfüge und er auf das ihre nicht angewiesen sei. Seine Bestätigung finde dies auch darin, dass der Kläger seit der Konto-Auflösung am 06.04. 2001 seit fast einem halben Jahr ohne das Giro-Konto auskomme. Dies lege die Vermutung nahe, dass es noch andere Konten des Klägers gebe. Diesbezüglich habe sich der Beklagte nicht erklärt. Es werde auch bestritten, dass mehr als 120 Kündigungen von Bankverträgen erfolgt seien und es dem Kläger nicht gelungen sei, ein Ersatzkonto zu finden. Überdies stehe dem Kläger die Alternative offen, ein Konto bei der Landeszentralbank oder der Bundesbank zu eröffnen. Hinzu trete die Möglichkeit des Online-Banking und zwar auch bei einem Kreditinstitut außerhalb Deutschlands. Das Landgericht sei hier ohne hinreichende Feststellungen davon ausgegangen, dass es keine Ausweichalternative gebe. Zudem verkenne dieses auch die Reichweite des Art. 21 Abs. 2 GG. Von einem widersprüchlichen Verhalten ihrerseits könne auch keine Rede sein. Zum Zeitpunkt der Begründung der Geschäftsbeziehung mit dem Kläger habe sie nicht um das Ausmaß seiner Aktivitäten gewusst. Ansonsten wäre es auch nicht zum Abschluss des Vertrages gekommen. Insoweit sei die ordentliche Kündigung als wirksam anzusehen. Jedenfalls aber sei die außerordentliche Kündigung angesichts des Inhalts des offenen Briefes und des schriftsätzlichen Vorbringens des Klägers berechtigt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung (Bl. 63 - 110 d. A.) und des Inhalts des nicht nachgelassenen Schriftsatzes vom 26.10. 2001 (Bl. 123 -132 d. A.) sowie dem Inhalt des damit vorgelegten Verfassungsschutzberichts mit Stand vom 31.12. 2000 (Anlage BK 3) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 05.07. 2001 (Az.: 08 O 2437/01) aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise mit der Maßgabe,

festzustellen, dass der zwischen ihm und der Beklagten bestehende Girovertrag (Konto-Nr.) durch die Kündigungen der Beklagten vom 22.08. 2000 und vom 26.09. 2000 sowie vom 27.09. 2000 nicht beendet worden und die Auflösung des Girokontos rechtswidrig ist.

Der Kläger verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages das landgerichtliche Urteil. Die von der Beklagten ausgesprochenen Kündigungen seien unwirksam, da sie sitten- und treuwidrig seien. Sie seien zur Unzeit erfolgt, da es ihm unmöglich gewesen sei, ein anderweitiges Konto einzurichten, wie seine diesbezüglichen intensiven Bemühungen belegten. Eine Verpflichtung der Bundesbank bzw. der Landeszentralbanken, eine Kontoverbindung bereit zu stellen, bestehe nicht. Auch bei einer Online-Bank sei im Übrigen der Abschluss eines Vertrages erforderlich. Der Verweis auf seine politische Zielsetzung rechtfertige keine Kündigung. Diese habe sich seit seiner Gründung und Zulassung als politische Partei nicht geändert. Sie sei auch der Beklagten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt gewesen. Neu sei nunmehr lediglich, dass Verbotsanträge beim Bundesverfassungsgericht anhängig seien. Dies rechtfertige jedoch keine andere Betrachtungsweise. Solange eine Partei nicht verboten sei, stehe ihr das Recht zu, sich gegenüber ihren Wählern, Sympathisanten und sonstigen Bürgern so darzustellen, wie es ihrem Selbstverständnis entspreche. Der durch Art. 21 GG gewährleistete Verfassungsauftrag beinhalte die Möglichkeit, in einem vom Staat unabhängigen, offenen politischen Prozess im Wettbewerb mit anderen Parteien auf die Willensbildung des Volkes einzuwirken. Dabei komme dem in § 5 PartG und Art. 3 Abs. 3 GG statuierten Grundsatz der Gleichbehandlung wesentliche Bedeutung zu. Auch die Beklagte habe sie als eine Partei wie jede andere zu behandeln. Soweit er mit deutschlandweiten Gewalttaten in Verbindung gebracht werde, geschehe dies zu Unrecht. Hier fehle es an substantiiertem Vortrag und jeglichen Beweisen. Den mit der Beklagten bestehenden Vertrag habe sie nicht verletzt. Auch lägen keine Gründe vor, die eine fristlose Kündigung des Girovertrages rechtfertigten. In dem offenen Brief sei eine Drohung nicht enthalten. Auch sonst gebe es weder unberechtigte Vorwürfe noch Beleidigungen oder Drohungen gegenüber der Beklagten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungserwiderung (Bl. 112 - 119 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat nur in einem untergeordneten Umfang Erfolg.

Gemäß dem im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat formulierten Hilfsantrag des Klägers war festzustellen, dass der zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehende Girovertrag (Konto-Nr. ) durch die Kündigungen der Beklagten vom 22.08. 2000 und vom 26.09. 2000 sowie vom 27.09. 2000 nicht beendet worden und die zwischenzeitliche Auflösung des Girokontos rechtswidrig ist.

I.

Soweit der Kläger mit der Klage die Verurteilung der Beklagten zur ununterbrochenen Fortführung des streitgegenständlichen Kontos in der bisherigen Weise begehrt, hat die Klage demgegenüber keinen Erfolg.

1. Zwar ist die Weiterführung des Kontos Bestandteil der Leistungspflicht, die die Beklagte nach dem Inhalt des Girovertrages zu erbringen hat. Daher steht dem Kläger auch ein Anspruch auf Erbringung der Dienstleistungen zu, die die Abwicklung des Zahlungsverkehrs über dieses Konto ermöglichen. Die prozessualen Voraussetzungen der klageweise Geltungmachung zukünftiger Leistungen sind jedoch vorliegend nicht gegeben.

a) Zunächst sind die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 257, 258 ZPO nicht erfüllt. Eine Klage auf künftige Leistung ermöglicht § 257 ZPO bei einer nicht von einer Gegenleistung abhängigen Geldforderung. Um eine solche aber geht es hier nicht. Auch um eine wiederkehrende Leistung i. S. des § 258 ZPO handelt es sich vorliegend nicht. Wiederkehrende Leistungen sind solche einseitigen Verpflichtungen, die sich in ihrer Gesamtheit als Folge eines und desselben Rechtsverhältnisses ergeben, so dass die einzelne Leistung nur noch vom Zeitablauf abhängig ist, ohne dass aber der Umfang der Schuld von vornherein feststeht (BGH, NJW 1986, 3142f., 3142; Stein/Jonas-Leipold, ZPO, 11. Aufl., § 258 Anm. I 1). Nach ganz überwiegender Ansicht ist der Girovertrag als entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag anzusehen (Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, 1997, § 4 Rn. 10f.; Claussen, Bank- und Börsenrecht, 2. Aufl., § 7 Rn. 12). Auf seiner Grundlage ist das Kreditinsititut verpflichtet, Überweisungsaufträge auszuführen - sofern Deckung - vorhanden ist und eingehende Überweisungen gutzuschreiben. Weitere Leistungselemente sind die Bindung des Kreditinstituts an Weisungen des Kunden, die Pflicht zu jederzeitigen Auskunftserteilung und das Handeln des Kreditinstituts in fremden Interesse. Auf Seiten des Kunden tritt die Pflicht zur Zahlung des für die Leistungserbringung vereinbarten Entgelts hinzu. Unter Berücksichtigung dieser Struktur des Girovertrages ist die Erbringung der Leistung der Beklagten keineswegs lediglich vom Zeitablauf abhängig.

b) Auch die Voraussetzungen des § 259 ZPO sind nicht gegeben. Danach kann eine Klage über §§ 257f. ZPO hinausgehend auf Leistungen aller Art gerichtet sein, auch wenn sie von einer Gegenleistung abhängen. Erforderlich ist jedoch, dass die Besorgnis vorliegt, der Schuldner werde bei Fälligkeit nicht leisten. Im vorliegenden Fall geht der Streit jedoch darum, ob der Girovertrag durch die Kündigungen der Beklagten vom 22.08. 2000 sowie vom 26. bzw. 27.09. 2000 beendet wurde. In dieser Hinsicht ist die Feststellungsklage das zutreffende prozessuale Mittel, während von der Beklagten bei rechtskräftiger Klärung dieser streitigen Frage die Besorgnis der Nicht-Erfüllung der aus dem Girovertrag folgenden Verpflichtungen nicht zu erwarten steht.

2. Vor diesem Hintergrund ist das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse für den hilfsweise gestellten Feststellungsantrag gegeben. Dies gilt nicht nur in Hinblick auf die Beendigung des Vertragsverhältnisses durch die streitgegenständlichen Kündigungen, sondern auch in Bezug auf den begehrten Ausspruch der Rechtswidrigkeit der zwischenzeitlich erfolgten Kontenauflösung. Letzteres ist für die Frage des Bestehens von Schadensersatzansprüchen von Belang. II.

Zunächst ist die von der Beklagten am 22.08. 2000 ausgesprochene ordentliche Kündigung des streitgegenständlichen Girovertrages unwirksam, da diese als unzulässige Rechtsausübung i. S. des § 242 BGB anzusehen ist.

1. Im Grundsatz steht zwar einem Kreditinstitut das Recht zur ordentlichen Kündigung der Geschäftsbeziehung mit dem Kunden zu.

a) Dieses Recht folgt bereits aus dem Grundsatz, dass bei einem unbefristeten Dauerschuldverhältnis jeder Vertragspartner nach Treu und Glauben berechtigt ist, den Vertrag nach Ablauf eines gewissen Zeitraums mit Wirkung für die Zukunft zu beenden (BGH, WM 1985, 1059ff., 1061). Auch das Gesetz kennt eine fristlose Kündigung nicht nur bei Aufträgen, die wegen ihrer Unentgeltlichkeit eine Sonderstellung einnehmen, sondern auch bei mit einer Vertrauensgewährung verbundenen Dienstverhältnissen (§ 627 BGB) sowie bei Gesellschaften (§ 723 BGB). Vor diesem Hintergrund entspricht die in lfd. Nr. 26 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltene, formularmäßige Kündigungsklausel dem gesetzlichen Leitbild (vgl. nur Bunte, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 24 Rn. 10; Gößmann, in: Hellner/ Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, 49. Erg.-Lief. 2001, 1/554f.).

b) Das Recht zur ordentlichen Kündigung unterliegt jedoch Schranken. Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bildet einen allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung, die eine angemessene Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange auch des Vertragspartners gebietet (vgl. nur BAGZ 77, 128ff., 133; BGH, NJW 1970, 855f.; BGH, NJW 1986, 1928ff., 1930; BGH, NZG 2000, 1167). Die Klausel lfd. Nr. 26 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten trägt diesem allgemeinen Grundsatz ebenso wie lfd. Nr. 19 Abs. 1 AGB-Banken durch das Gebot der Rücksichtnahme auf die angemessenen Belange des Kunden und durch eine Kündigungsfrist mit dem Verbot der Kündigung zur Unzeit Rechnung (Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., 19 AGB-Banken Rn. 2). Das Kreditinstitut ist damit sowohl aufgrund dieser Geschäftsbedingungen wie auch allgemein nach § 242 BGB verpflichtet, vor Ausspruch einer Kündigung der Geschäftsbeziehung mit dem Kunden eine Angemessensheitsprüfung vorzunehmen, innerhalb derer alle für die Interessenabwägung bedeutsamen Umstände im Einzelfall gegeneinander abzuwägen und zu würdigen sind. Dabei sind die Anforderungen an die Angemessenheitsprüfung des Kreditinstituts bei der ordentlichen Kündigung so hoch, dass sie sich nur graduell von den Anforderungen an eine außerordentliche Kündigung unterscheiden (Gößmann in Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, 49. Erg.-Lief. 2001, 1/556). Der Kunde kann aufgrund der dargestellten Rücksichtnahmepflichten erwarten, dass das Kreditinstitut das ihm eingeräumte ordentliche Kündigungsrecht nicht ohne ernstlichen Anlass ausübt (st. Rspr., vgl. nur BGH, NJW 1986, 1928ff., 1930). Dies findet seine Rechtfertigung auch in dem Gesichtspunkt, dass das Bestehen einer Bankverbindung unter den heutigen Gegebenheiten ein Grundbedürfnis abdeckt. Eine Bankverbindung erst ermöglicht eine den aktuellen Rahmenbedingungen entsprechende Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Sie ist essentieller Bestandteil des modernen Wirtschafts- und Geschäftslebens und wird daher auch als einer der sozialen Eckpfeiler i. S. eines Mindeststandards einer angemessenen Lebensführung betrachtet (Gößmann in Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, 49. Erg.-Lief. 2001, 1/558).

2. Die mit Schreiben vom 22.08. 2000 ausgesprochene ordentlichen Kündigung des mit dem Kläger geschlossenen Girovertrages überschreitet die dem Kündigungsrecht gesetzten Schranken und stellt sich als unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) dar.

a) Dies folgt zunächst aus dem Umstand, dass die Beklagte die Geschäftsbeziehung mit dem Kläger allein wegen dessen politischer Zielrichtung beendet hat. Ein derartiges Motiv für den Ausspruch einer ordentlichen wie auch einer außerordentlichen Kündigung stellt grundsätzlich per se bereits eine unzulässige Rechtsausübung nach § 242 BGB dar.

aa) Indem § 242 BGB ganz allgemein auf die Verkehrssitte sowie Treu und Glauben verweist, wird von den Gerichten eine Konkretisierung am Maßstab der Wertvorstellungen verlangt, die in erster Linie von den Grundsatzentscheidungen der Verfassung bestimmt werden. Bei der Auslegung und Anwendung dieser Vorschrift sind die Grundrechte als "Richtlinie" zu beachten (BVerfGE 7, 198ff., 206; BAGZ 77, 128ff., 135). Da am Zivilrechtsverkehr gleichrangige Grundrechtsträger teilnehmen, die unterschiedliche Interessen und vielfach gegenläufige Ziele verfolgen, sind die kollidierenden Grundrechtspositionen in ihrer Wechselwirkung zu sehen und im Sinne einer praktischen Konkordanz so zu begrenzen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden (BVerfGE 89, 214ff., 232).

bb) Bei der danach gebotenen Abwägung der betroffenen Grundrechtspositionen ist auf Seiten der Beklagten das verfassungsrechtlich durch die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG garantierte Recht der Gestaltung der Rechtsverhältnisse durch den einzelnen nach seinem Willen zu berücksichtigen. Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet die Privatautonomie als Selbstbestimmung des einzelnen im Rechtsleben (BVerfG, BB 1994, 16ff., 20f.). Die Privatautonomie ist jedoch notwendigerweise begrenzt. Ihrer Ausübung stehen die Rechte gleichrangiger Grundrechtsträger gegenüber.

cc) Bei der Beantwortung der Frage, ob ein Kreditinstitut eine Geschäftsbeziehung mit einem Kunden allein wegen dessen polititscher Anschauung kündigen kann, gewinnt das Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG), dass auch einer politischen Partei zusteht (vgl. nur Maunz/Dürig/Herzog/Scholz-Herzog, GG, 38. Erg.-Lief. März 2001, Art. 5 I, II Rn. 5) und der Koalititonsfreit (Art. 9 Abs. 1 GG), welches durch Art. 21 GG bei politischen Parteien eine spezielle Regelung erfährt (Maunz/Dürig/Herzog/Scholz-Maunz, GG, 31. Erg.-Lief. 1994, Art. 21 Rn. 38), besondere Bedeutung. Der Zusammenschluss zu Vereinigungen, insbesondere auch zu politischen Parteien, ist ein unentbehrliches Mittel, Meinungen zu bilden, zu pflegen und zu verbreiten. Unter diesem Blickwinkel erweist sich Art. 9 GG ebenso wie die Versammlungsfreiheit des Art. 8 GG als eine Komplementärgarantie zu Art. 5 GG. Die Vereinigungsfreitheit ist wesentliche Voraussetzung der Bildung einer öffentlichen Meinung, der Vorformung des politischen Willens, der gleichen Chance der Minderheit und eines freien politischen Prozesses. Soweit diese Aufgaben im Wege des Zusammenschlusses zu politischen Parteien verfolgt werden, greifen ferner die besonderen Gewährleistungen des Art. 21 GG ein (Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl., § 12 I 8 a).

dd) Der besondere Stellenwert der Freiheit der politischen Betätigung nach dem Grundgesetz gebührt im Rahmen der Abwägung der vorliegend betroffenen Grundrechtspositionen grundsätzlich der Vorrang vor der Privatautonomie.

aaa) Dabei ist zunächst die Struktur der vorliegenden Geschäftsbeziehung zu berücksichtigen. Eine politische Betätigung eines Kunden eines Kreditinstituts vollzieht sich außerhalb der hier streitgegenständlichen Vertragsbeziehung. Eine Bankverbindung dient ausschließlich der Abwicklung des Zahlungsverkehrs und damit einem völlig wertneutralen Zweck. Auf einem Konto gehen öffentliche Zuwendungen, Beiträge der Mitglieder, Spenden sowie sonstige Einnahmen ein. Von ihm werden Überweisungen vorgenommen, die der Begleichung von bestehenden Verpflichtungen dienen. Eine Bedeutung als Instrument zum Zwecke der Werbung für politische Ziele kann einer Bankverbindung vor diesem Hintergrund nicht zukommen. Insoweit verbleiben lediglich mittelbare Berührungspunkte, so etwa, wenn zu Spenden aufgerufen wird und dabei - notwendigerweise - die Bankverbindung mitgeteilt wird oder diese auf Geschäftsbriefen, wie auch sonst bei Kunden üblich, erscheint. In rein objektiver Hinsicht vollzieht sich die politische Betätigung des Kunden jedoch in einem von der Bankverbindung völlig losgelösten Bereich, den dieser nach eigener Entscheidung frei gestalten kann.

bbb) Die Kündigung einer bestehenden Geschäftsbeziehung, in der vorliegend seit ihrem Bestehen unstreitig keine Störungen aufgetreten sind, alleine mit Blick auf die politische Zielrichtung des Kunden führt angesichts der großen Bedeutung einer Bankverbindung, auf die bereits hingewiesen wurde, zu einer weitreichenden Beeinträchtigung seiner Sphäre. Die damit verbundenen Nachteile, die hier durch die besondere Schwierigkeit der Begründung einer neuen Geschäftsbeziehung mit einem anderen Kreditinsitut verbunden sind, worauf an späterer Stelle noch einzugehen sein wird, sind nicht durch überwiegende schutzwürdige eigene Belange des beklagten Kreditinstituts gerechtfertigt. Die Beklagte ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts, deren Aufgabe die Sicherstellung der Versorgung ihres Geschäftsgebietes mit geld- und kreditwirtschaftlichen Mitteln ist (§ 2 Abs. 1 S. 1 SächsSparkG). Sie ist damit Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge (vgl. OLG Köln, WM 1993, 325ff., 327f.). Diese Aufgabenstellung der beklagten Sparkasse vollzieht sich damit ausschließlich auf dem Finanzsektor, so dass weltanschauliche ebenso wie etwa konfessionelle Aspekte oder aber etwa die Staatsangehörigkeit des Kunden keine Leitlinien für deren Geschäftsgebaren darstellen können. Dies bringt auch § 2 Abs. 3 SächsSparkG zum Ausdruck, wonach Sparkassen ihre Geschäfte nach kaufmännischen Grundsätzen unter Wahrung ihres öffentlichen Auftrages zu führen haben. Vor dem Hintergrund dieses Anstaltszweckes ist Sparkassen eine aktive unmittelbare Mitwirkung im Rahmen des politischen Meinungsbildungsprozesses verschlossen. Dem in § 2 SächsSparkG umschriebenen öffentlichen Auftrag entspricht es daher, dass politischen Beweggründen bei der Begründung ebenso wie bei der Beendigung von Geschäftsbeziehungen keine maßgebliche Rolle zukommen kann. Dies ist unmittelbar einsichtig, wenn man sich vom vorliegenden Fall löst, und einen Sachverhalt betrachtet, in welchem einen Kunden etwa wegen seiner führenden Beteiligung an einer Bürgerinitiative an der Verhinderung eines bestimmten Bauvorhabens die Geschäftsbeziehung gekündigt wird. Dem Kunden steht es nach den vorangegangenen Darlegung gerade frei, ob und in welcher Weise er sich in dieser Hinsicht engagiert, während der Beklagten eine politische Einflussnahme in diesem Zusammenhang schon wegen ihrer Aufgabenstellung schlicht verwehrt ist. Unabhängig von der Frage, ob dem Kunden ein anderes Kreditinstitut als Ausweichmöglichkeit zur Verfügung steht, ist die Kündigung hier wegen ihres Beweggrundes als unzulässige Rechtsausübung i. S. des § 242 BGB und damit als unwirksam anzusehen (vgl. auch Boemke, JuS 2001, 444ff., 446). Dies gilt in gleichem Maße, wenn der Kunde nicht eine natürliche Person, sondern die Bürgerinitiative als solche ein Konto unterhält.

ccc) Erst recht greifen diese Grundsätze ein, wenn eine politische Partei Kunde ist, die sich schon aufgrund ihrer Aufgabenstellung am politischen Meinungsbildungsprozess beteiligt und bezogen auf das Grundrecht auf Meinungsfreiheit Grundrechtsträger ist. Hinzu tritt die spezifische institutionelle Gewährleistung der politischen Parteien und das aus Artt. 21 Abs. 1, 3 Abs. 1 GG folgende Recht auf Chancengleichheit. Diese Verfassungsnormen haben entgegen der Ansicht der Beklagten sehr wohl im Rahmen der sog. mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte Berücksichtigung zu finden (OLG Hamburg, OLG-Report 2001, S. 85ff., 86; OLG Dresden, NJW 2001, 1433f., 1433; Boemke, NJW 2001, 43ff., 44f.). Zwar ist zutreffend, dass Art. 21 GG kein Grundrecht darstellt. Daraus folgt jedoch noch nicht, dass diese Verfassungsnorm im Rahmen der zivilrechtlichen Generalklausel gänzlich ohne Relevanz ist. Vielmehr ist die Gewährleistung politischer Parteien in Art. 21 GG als ein fundamentaler Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes und damit auch als Ausdruck eines Werteverständnisses anzusehen, welches bei der Auslegung von § 242 BGB Berücksichtigung finden muss. Insoweit ist durchaus anerkannt, dass unter bestimmten Voraussetzungen Art. 21 GG eine Ausstrahlungswirkung innerhalb der zivilrechtlichen Generalklauseln der §§ 138, 242 BGB zukommen kann (so im Übrigen auch Eicholdt, NJW 2001, 1400f., 1401 FN 6 m. w. Nw.). Streitig kann allein die Reichweite der Ausstrahlungswirkung sein. In dieser Hinsicht ist die Grenze jedenfalls dort zu ziehen, wo politische Parteien auf Gewährleistungen der Daseinsvorsorge schlechterdings angewiesen sind, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Eine funktionierende Demokratie beinhaltet den Grundsatz, dass politischen Parteien die Teilhabe an elementaren Wirkungsbedingungen des täglichen Lebens zu gewähren ist. Andernfalls wäre es Privatrechtssubjekten möglich, durch einen Leistungsentzug einzelnen Parteien die Existenzgrundlage zu entziehen. Dies ist schlechterdings mit dem Grundverständnis der Verfassung nicht in Einklang zu bringen, die gerade auf den Wettbewerb der Meinungen und die Fähigkeit, diese artikulieren zu können, abstellt. Das Abschneiden der dazu benötigten Wirkungsgrundlagen auf zivilrechtlichen Weg steht hierzu in einem evidenten Gegensatz. Die Funktionsfähigkeit des Demokratieprinzips bedingt, dass es allen Parteien - und zwar unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung - möglich sein muss, an elementaren Funktionsmechanismen des modernen Wirtschaftslebens zu partizipieren. Ansonsten ist weder eine sachgemäße Aufgabenwahrnehmung noch eine Teilnahme an dem politischen Wettbewerb denkbar. Der Entzug derartiger elementarer, für den Bestand einer Partei notwendiger Wirkungsbedingungen ist bezogen auf den Bestand einer Bankverbindung in dem Gebiet des Wirkungskreises der politischen Partei gegeben. Daher gilt auch hier der Grundsatz, dass es der Beklagten als Kreditinstitut verwehrt ist, eine Kündigung einer Geschäftsbeziehung allein wegen des politischen Standorts der Partei vorzunehmen. Allein deren politische Ausrichtung kann nach den vorangegangenen Ausführungen eine ordentliche Kündigung nicht rechtfertigen. Auch die besonderen Umstände des hier zur Beurteilung stehenden Falls führen zu keiner anderen Beurteilung.

ddd) Der Umstand, dass der Kläger verfassungsfeindlich ausgerichtet ist und gegen ihn Parteiverbotsverfahren nach Art. 21 Abs. 2 S. 2 GG anhängig sind, führt zu keiner anderen Betrachtung. Zutreffend weist das Landgericht hier auf das Parteienprivileg des Art. 21 Abs. 2 GG hin. Ob eine Partei die Voraussetzungen eines Parteiverbotes erfüllt, ist belanglos, solange sie nicht vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden ist. Nicht verbotene Parteien bleiben legal und partizipieren daher auch uneingeschränkt am Grundsatz der Parteiengleichheit (vgl. nur Grimm, in Benda/Maihofer/Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, 2. Aufl., § 14 Rn. 45, S. 629). Das nach dem Grundgesetz bestehende Entscheidungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts für die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei schliesst ein administratives Einschreiten gegen den Bestand einer politischen Partei schlechthin aus, mag sie sich der freiheitlich demokratischen Grundordnung gegenüber noch so feindlich verhalten (BVerfGE 5, 85ff., 140). Zwar hindert das Parteienprivileg nicht daran, von der Verfassungsfeindlichkeit einer politischen Partei auszugehen. Dies gilt allerdings nur, soweit eine solche Bewertung lediglich zu einer faktischen und nicht auch zu rechtlichen Nachteilen für die politische Partei führt (BVerfGE 40, 287ff., 293). Diese im Rahmen des Verhältnisses zur Exekutive geltenden Grundsätze sind Ausdruck einer Grundentscheidung des Verfassungsgebers. Sie kommen im Rahmen des Zivilrechts jedenfalls dann zum Tragen, wenn Privatrechtssubjekte bei der Erbringung für jedermann elementarer Dienste über die Privatautonomie in der Weise instrumentalisieren, dass eine Teilhabe an der für den Bestand einer Partei notwendigen Dienstleistung allein wegen deren politischen Ausrichtung erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht werden soll. Der Hinweis der Beklagten auf den Aspekt der streitbaren Demokratie berücksichtigt nicht in hinreichendem Maße die Wertentscheidung des Grundgesetzes, die auch im Privatrechtsverkehr Bedeutung erlangt. Die Auseinandersetzung mit radikalen Parteien soll sich entsprechend dem demokratischen Prinzip im politischen Wettbewerb vollziehen, an dessen Teilnahme die Beklagte aufgrund ihrer Aufgabenstellung kein Mandat hat. Ihr kommt es nicht zu, über allein politisch motivierte Maßnahmen bestimmte Personen oder Personengruppen von ihrem Dienstleistungsangebot auszuschliessen, solange dies nicht durch eigene schutzwürdige Belange gerechtfertigt ist. Ein Kreditinstitut hat den Bestand von Verträgen nicht daran auszurichten, ob eine politische Meinung opportun ist oder nicht, zumal dem ein Element subjektiver Bewertung anhaftet. Gleiches gilt in Bezug auf die Frage der Verfassungsfeindlichkeit, die vorliegend zwar durch die gestellten Verbotsanträge unterlegt ist, über die jedoch allein das Bundesverfassungsgericht zu befinden hat. Dessen Urteil kommt eine nicht nur bloß feststellende, deklaratorische, sondern eine konstitutive Wirkung zu (Maunz/Dürig/Herzog/Scholz-Klein, GG, 38. Erg.-Lief. März 2001, Art. 21 Rn. 555f.). Gerade in dem Instrument des Parteiverbots drückt sich - neben den Möglichkeiten, die das Strafrecht bei volksverhetzenden Äußerungen oder Gewalttaten bietet - das Element wehrhafter Demokratie aus. Bis zu diesem Verbot aber ist eine verfassungswidrige Partei ein vollwertiges Subjekt, dass am politischen Prozess ebenso teilnehmen kann, wie am Privatrechtsverkehr und in beiden Bereichen in rechtlicher Hinsicht keine Schlechterstellung allein wegen ihrer politischen Ausrichtung hinnehmen muss.

eee) Schließlich rechtfertigt sich die Beendigung der Geschäftsbeziehung, die wie im vorliegenden Fall lediglich das Führen eines laufenden Kontos auf Guthabenbasis zum Gegenstand hat, auch nicht schon aus einem Imageschaden, den das beklagte Kreditinstitut wegen der politischen Zielrichtung des Klägers hat.

() Zwar kann ein Imageschaden durchaus sogar die außerordentliche Kündigung einer Geschäftsbeziehung rechtfertigen. Dies ist etwa der Fall, wenn der Kontoinhaber, der wegen seines eigenen Geschäftsgebarens in der Fachpresse für äußerst negative Schlagzeilen sorgt, über ein Girokonto diese Anlagegeschäfte abwickelt. Derartige Transaktionen sind geeignet, den Ruf einer seriösen Bank zu beschädigen (OLG München, WM 1996, 1623f.; Bunte, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 24 Rn. 42). Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich jedoch in erheblichem Maße von derartigen Fallkonstellationen.

() Während die Abwicklung zwielichtiger kaufmännischer Aktivitäten eines Geschäftsmanns über ein Konto eines Kreditinstituts bei Dritten leicht den Verdacht aufkommen lässt, dass dieses in diese Geschäfte involviert ist, kann bei dem bloßen Bestehen einer Bankverbindung zu einer politischen Partei eine vergleichbare Schlussfolgerung nicht angestellt werden. Ein vernünftiger denkender Dritter wird aus dem bloßen Bestehen einer Bankverbindung, zumal - wie hier - lediglich eines laufenden Kontos auf Guthabenbasis, noch keineswegs den Schluss ziehen, dass sich das Kreditinstitut mit den politischen Zielen des Kunden, auf welchen es keinerlei Einfluss hat, identifiziert oder diese gar fördert. Banken und Sparkassen stellen ihre Dienstleistungen einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung. Speziell das Unterhalten von laufenden Konten stellt in dieser Hinsicht ein Massengeschäft dar, auf die das moderne Wirtschaftsleben angewiesen ist. Schon unter Berücksichtigung des Umfangs und der Vielfalt der bestehenden Geschäftsbeziehungen kann bei Anlegung rein rationaler Kriterien nicht davon ausgegangen werden, dass die breite Öffentlichkeit eine Identifikation des Kreditinstituts mit jedweden Zielen sämtlicher ihrer Kunden vornimmt. Abgesehen davon, dass ein Kreditinstitut mit mehreren politischen Parteien Geschäftsbeziehungen unterhalten kann, wird eine derartige Schlussfolgerung auch nicht bei der Führung von Konten gleich welcher Religionsgemeinschaften angestellt. Der Umstand, dass eine Fernsehsendung hier einen - stark tendenziös gefärbten - Zusammenhang hergestellt hat, vermag an der objektiven und rational zu beurteilenden Sachlage nichts zu ändern, zumal eine Distanzierung von den politischen Zielen sich auch in anderen Formen als einer Kündigung der Geschäftsbeziehung ausdrücken kann. Jedenfalls überwiegen die angeführten verfassungsrechtlichen Prinzipien angesichts ihres hohen Stellenwertes die Interessen der Beklagten an der Beseitigung eines durch die öffentliche Berichterstattung erlittenen Imageschadens.

b) Darüberhinaus ist die ordentliche Kündigung des Girovertrages auch deshalb unwirksam, weil dem Kläger der Abschluss eines neuen Girovertrages mit einem anderen Kreditinsitut nicht möglich und der Beklagten die Aufrechterhaltung der Geschäftsverbindung zumutbar ist.

aa) In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Kläger im Rahmen des ersten Verfahrens, in welchem er den Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrte (Az.: 7 U 2625/00), sechs Schreiben von Kreditinstituten (Bl. 60 - 65 der beigezogenen Akten 7 U 2625/00) im Zeitraum vom 18.09. bis 20.09. 2000 vorgelegt hat, die bezogen auf die Neueröffnung eines Kontos eine klare und eindeutige Aussage haben. Im Rahmen des zweiten Verfahrens, auf Erlass einer neuerlichen einstweiligen Verfügung hat der Kläger weitere 23 ablehnende Schreiben von Kreditinstituten bezogen auf den Zeitraum vom 28.02. bis 09.04. 2001 (Bl. 89 - 107, 332 - 334, 336, 338 und 339der Akten 71790/01) vorgelegt. Bezieht man weiterhin in die Betrachtung den Umstand ein, dass es bundesweit Kündigungen von N Partei-Konten gab, wie diverse veröffentlichte Entscheidungen (LG Frankfurt/Oder, NJW 2001, 82f.; OLG Brandenburg, NJW 2001, 451f.; OLG Köln, NJW 2001, 452) dokumentieren, so erschliesst sich unmittelbar, dass es dem Kläger unmöglich sein dürfte, bei einem anderen Kreditinsitut einen neuen Girovertrag abzuschliessen. Dabei gewinnt auch der Inhalt der Report-Sendung vom 21.08. 2000 besondere Bedeutung. Nach dem in der veröffentlichten Entscheidung des LG Mainz (NJW 2001, 761ff.) wiedergegebenen Tatbestand, auf dessen Inhalt sich die Beklagte im Rahmen der Berufungsbegründung bezieht, wurde auf eine schon erfolgte Kündigung einer Großbank und die Konsequenzen von Kündigungen sämtlicher deutscher Kreditinstitute hingewiesen, wie gerade dem Interviewbeitrag des Präsidenten des Verfassungsschutzes Sachsen zu entnehmen ist. Vor diesem Hintergrund sind die nach der Ausstrahlung der Sendung festzustellenden Kündigungen zu betrachten, die sich im Übrigen auch nicht nur auf die N Partei, sondern auch auf die D Partei (vgl. OLG Hamburg, OLG-Report 2001, 85ff.; OLG Dresden, NJW 2001, 1433f.) erstreckten. Unter Berücksichtigung gerade des Inhaltes dieser Sendung kann sich die Beklagte daher auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie als erste gekündigt habe und sie die Kündigung durch andere Kreditinstitute nicht in eine Abwägung der Angemessenheit der Vertragsbeendigung habe einstellen müssen. Die Tendenz der ausgestrahlten Sendung und deren Zielsetzung waren überaus klar. Sie stellte eine Initialzündung für die Kontokündigungen dar, ohne dass es noch einer zusätzlichen Absprache unter den Kreditinstituten bedurfte. Banken und Sparkassen wurden in einem Zusammenhang mit rechtsextremen Parteien gestellt, so dass es unter Berücksichtigung des Vorpreschens einer deutschen Großbank und der Aussage bezüglich des Boykotts dieser Parteien durch alle deutschen Banken, auch für die Beklagte mehr als nur nahe lag, die Konsequenzen einer Kündigung auch unter diesem Blickwinkel zu prüfen.

bb) Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang ausführt, dass der Kläger seit nunmehr über einem halben Jahr ohne das streitgegenständliche Konto auskomme, führt auch dies zu keiner anderen Betrachtung. Aus diesem Aspekt folgt nicht zwingend, dass der Kläger bei einem anderen Kreditinstitut noch über ein laufendes Konto verfügt. Vielmehr sind auch offene oder verdeckte Treuhandkonten als vorübergehende Lösungen denkbar. In diesem Zusammenhang ist es auch unerheblich, dass noch zwei Kreisverbände Bankverbindungen unterhalten. Entscheidend ist vielmehr, dass es dem klagenden Landesverband als Privatrechtssubjekt möglich sein muss, selbst an oder in der Nähe seines Sitzes, zumindest aber innerhalb des Freistaates Sachsen als seinem Wirkungsgebiet eine Bankverbindung zu unterhalten, um eine sachgemäße Abwicklung seines Zahlungsverkehrs durchzuführen. Die Aufnahme eines raschen, auch persönlichen Kontaktes mit einem Kreditinsitut entspricht den üblichen Gepflogenheiten des Bankverkehrs und definiert auch unter Berücksichtigung der zunehmenden Bedeutung des Online-Bankings einen Mindeststandard, den jeder Kunde eines Kreditinstituts erwarten kann. Daher kann der Kläger auch nicht auf ein ausländisches oder ein außerhalb des Freistaates Sachsen liegendes Kreditinstitut verwiesen werden. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das Landgericht zutreffend darauf verwiesen hat, dass die Geschäftsbeziehung zu einer Direktbank den Abschluss eines Vertrages erfordert. Nach den obigen Ausführungen aber kann auch bei einer Direktbank nicht von der Aufnahme einer entsprechenden Geschäftsbeziehung ausgegangen werden. Nach der Vorlage des ablehnenden Schreibens der Landeszentralbank in Baden-Württemberg (Bl. 339 d. A.) stellen - unabhängig von dem Gesichtspunkt, ob sich der Kläger hierauf überhaupt verweisen lassen muss - weder die Landeszentralbanken noch die Bundesbank Alternativen dar. Zwar kann die Bundesbank nach §§ 22, 19 Abs. 1 Nrn. 4 - 9 BBankG unverzinsliche Giroeinlagen von jedermann annehmen und bestimmte Bankgeschäfte ausführen. Eine Verpflichtung statuieren diese Vorschriften jedoch nicht. Vielmehr ergibt sich aus der Stellungnahme der Landeszentralbank, dass eine diesbezügliche Bereitschaft nicht vorhanden ist. Insoweit verbleiben unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs keine vernünftigen Zweifel, dass dem Kläger eine Kontoeröffnung bei anderen Kreditinstituten nicht möglich ist.

cc) Der Beklagten ist die weitere Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung auch zumutbar. In diesem Zusammenhang ist insbesondere der Gesichtspunkt von Bedeutung, dass die Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien erst am 23.03. 1999, also zu einem Zeitpunkt aufgenommen wurde, als die Diskussionen um die politische Ausrichtung des Klägers schon im vollem Gange war. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die N Partei stets als rechtsextrem eingestuft wurde und seit vielen Jahren bereits Gegenstand von Verfassungsschutzberichten war. Dort wurde sie ausdrücklich als eine Partei mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung und Betätigung bezeichnet (vgl. BVerfGE 40, 287ff., 293). Auch die in dem Verbotantrag der Bundesregierung (Anlage BK 2) enthaltenen Ausführungen nehmen teilweise auf bereits seit Anfang der 90ziger Jahre vorliegende Publikationen Bezug. Die verfassungsfeindliche Ausrichtung der N Partei ist entgegen der Ansicht der Beklagten kein novum, vielmehr lagen Anhaltspunkte seit langem vor und waren auch jedermann zugänglich. Überdies blieb sie auch der breiten Öffentlichkeit keineswegs verborgen. Sie war stets Gegenstand öffentlicher Diskussionen im Zusammenhang mit Wahlerfolgen rechtsextremer Parteien und von Demonstrationen rechtsextremer Gruppen. Die Aussage, dass erst seit Mitte des Jahres 2000 eine Änderung der Bewertung der N Partei festzustellen gewesen und zum ersten Mal einer breiten Öffentlichkeit bewusst geworden sei, dass sich die N PARTEI für gewaltbereite Neonazis eine Plattform biete (Eicholt, NJW 2001, 1400f., 1401), entspricht einem Wunschdenken und verschliesst schlicht die Augen vor den zuvor bereits in der Öffentlichkeit bekannten Umständen. Wenn vor diesem Hintergrund die Beklagte gleichwohl mit dem Kläger einen Girovertrag abgeschlossen hat, so ist ihr auch unter Berücksichtigung der Medienberichterstattung ein Fortbestand des Vertrages zuzumuten.

III.

Auch die außerordentlichen Kündigungen vom 26. bzw. 27.09. 2000 sind unwirksam, da es an dem Vorliegen eines sie rechtfertigenden Grundes fehlt.

1. Ein wichtiger Grund zur Kündigung der Geschäftsbeziehung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist ist gegeben, wenn es der Bank unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und nach einer Abwägung der Interessen der Bank und des Kunden unzumutbar ist, die Geschäftsbeziehung bis zu deren vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen (Bunte in Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 24 Rn. 28; Gößmann, in Hellner/ Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, 49. Erg.Lief. 5/2001, Rn. 1/575). Dies ist etwa der Fall bei einer schwerwiegenden Verletzung von vertraglichen Haupt- und Nebenpflichten. Ebenso können unberechtigte Vorwürfe und Beleidigungen einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen (OLG Köln, WM 1993, 325ff., 327f.; Bunte in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 24 Rn. 42).

2. Entgegen der Ansicht der Beklagten rechtfertigt zunächst der Inhalt des als offener Brief bezeichneten Schreibens des Klägers vom 29.08. 2000 nicht den Ausspruch einer außerordenltichen Kündigung. Die darin in Fettdruck hervorgehobene Formulierung des Klägers, er werde die Handlungsweise der Beklagten weder vergessen, noch akzeptieren und mit juristischen Mitteln dagegen vorgehen, enthält keine verhüllte Drohung gegen die Beklagte, worauf das Landgericht mit Recht verwiesen hat. Zwar kann in bestimmten Situationen die Formulierung, man werde etwas nicht vergessen durchaus im Sinne einer Drohung zu verstehen sein. Eine solche Situation ist hier jedoch nicht gegeben. Weder verfügt der Kläger über eine besondere Machtstellung gegenüber der Beklagten, die es etwa erlauben würde, über wirtschaftliche Sanktionen Druck auf diese auszuüben, noch kann diese dahin verstanden werden, dass diese mit gewalttätigen Mittel gegen die Beklagte vorgehen will. Diesbezüglich fehlen jegliche greifbare Anhaltspunkte. Der Kläger hat vielmehr gerade darauf hingewiesen, dass er sich mit juristischen Mitteln gegen die Kündigung zur Wehr setzen wolle. Vor diesem Hintergrund kann die vom Kläger verwandte Formulierung, er werde die Handlungsweise der Beklagten nicht vergessen, lediglich als eine Unterstreichung eines seiner Ansicht nach rechtswidrigen Verhaltens der Beklagten verstanden werden, dass er als besonders schwerwiegend erachtet und daher nicht verziehen werden könne.

3. Auch die im Schriftsatz vom 22.09. 2000 aufgelisteten Straftatbestände, gegen die die Beklagte verstossen haben solle, sind nicht geeignet, einen wichtigen Grund zu tragen, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt. Abgesehen davon, dass sich der Kläger von diesen Ausführungen seiner Prozessbevollmächtigten im weiteren Verlauf des Rechtsstreites distanziert hat (Bl. 153 der beigezogenen Akte 7 U 2625/00), hat das Landgericht zutreffend darauf verwiesen, dass die Wahrnehmung der prozessualen Rechte innerhalb berechtigter Interessen (§ 193 StGB) einer Partei die Annahme eines wichtigen Grundes nicht rechtfertigen kann. Hierin liegt ein allgemeiner Rechtfertigungsgrund, der zum Entfallen der Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden Äußerung führt. Der Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen gemäß § 193 StGB ist im Lichte des Art. 5 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Anspruch auf ein faires Verfahren auszulegen (vgl. nur BVerfG, NJW 1991, 29f.; NJW 1991, 2074ff.; NJW 2000, 3196ff.). Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistet dabei jedem das Recht, seine Meinung frei zu äußern. Dies erfasst auch Äußerungen im Rahmen eines Rechtsstreits. Der Vortrag einer Partei muss zwar mit Blick auf die konkrete Prozesssituation zur Rechtswahrung geeignet und erforderlich erscheinen sowie der Rechtsgüter- und Pflichtlage angemessen sein, wobei insbesondere auf die Ehre des Betroffenen Rücksicht zu nehmen ist. Dabei dürfen allerdings keine zu enge Grenzen gezogen werden. Wertende Äußerungen über Verhalten und Person des anderen Prozessbeteiligten stehen auch im Prozess unter den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG. Der subjektive Charakter einer gegenüber einem Gericht abgegebenen Stellungnahme bedingt, dass sich ein Verfahrensbeteiligter zu dem entscheidungserheblichen Sachverhalt und insbesondere dem Verhalten der Gegenseite unter Umständen auch mit drastischen Worten äußern darf. Im "Kampf um das Recht" darf ein Verfahrensbeteiligter auch starke, eindringliche Ausdrücke und sinnfällige Schlagworte benutzen, um seine Rechtsposition zu unterstreichen. Nicht entscheidend ist dabei, ob er seine Kritik anders hätte formulieren können, da die Form der Meinungsäußerung grundsätzlich der durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Selbstbestimmung unterliegt (BVerfG, NJW 1991, 2074ff., 2075). Unter Berücksichtigung dieses Ausgangspunktes stellen bloße Werturteile stets geschützte Meinungsäußerungen dar und zwar auch dann, wenn Elemente des Wertens mit Elementen der Tatsachenmitteilung verbunden sind (BVerfG, NJW 1991, 2074ff., 2075; NJW 2000, 3196ff., 3196, 3198). Im vorliegenden Falle war der Sachverhalt zwischen den Parteien weitgehend unstreitig. Es lag eine Kündigung der Beklagten vor, die der Kläger angesichts des Kontextes in eine gegen ihn gerichtete Kampagne einordnete. Durch die bloße Aufzählung von Normen des StGB, die nicht mit einem Subsumtionsakt verbunden war, hat er diesen Sachverhalt mit Werturteilen belegt. Die Werturteile ergaben sich dabei auch lediglich mittelbar aus der Nennung der einschlägigen Paragraphen und erschliessen sich nur einer rechtskundigen Person, die bei einer Lektüre der Straftatbestände ohnehin sogleich erkennen kann, dass diese Beurteilung des Klägers schlicht neben der Sache liegt. Die inkriminierte Darstellung des Klägers im Schriftsatz vom 22.09. 2000 bewegt sich daher im Rahmen der Wahrnehmung berechtigter Interessen nach § 193 StGB und rechtfertigt nicht die außerordentliche Kündigung des streitgegenständlichen Girovertrages.

4. Auch die angeführte programmatische Aussage des Klägers zur "Abschaffung der Zinswirtschaft" und der Anprangerung der "Zinsknechtschaft" begründet keinen wichtigen Grund, der eine außerordentliche Kündigung tragen würde. Diese Aussagen wenden sich nicht in spezifischer Weise gegen die Beklagte, sondern sind allgemeiner Natur und politische Aussagen des Klägers, die gleichfalls noch von Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt sind.

5. Zutreffend hat schließlich das Landgericht auch darauf verwiesen, dass eine Umdeutung (§ 140 BGB) der außerordentlichen Kündigungen vom 26. bzw. 27.09. 2000 in eine ordentliche Kündigung nicht in Betracht kommt, da eine solche nach den obigen Darlegungen nur bei Vorliegen überwiegender eigener schutzwürdiger Belange der Beklagten zulässig ist. Solche überwiegende eigene schutzwürdigen Belange der Beklagten sind jedoch nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 ZPO.

Die Festsetzung des Wertes der Beschwer beruht auf § 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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