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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Dresden
Urteil verkündet am 21.11.2008
Aktenzeichen: 8 U 1380/08
Rechtsgebiete: BGB, InsO


Vorschriften:

BGB § 812 Abs. 1 Satz 1
BGB §§ 1273 ff.
InsO § 48 Satz 2
1. Kehrt die durch "Pfandrecht an eigener Schuld" gesicherte Bank das an sie verpfändete Sparguthaben des Kunden an diesen aus, gerät ihr Pfandrecht infolge Erlöschens der verpfändeten Forderung ohne weiteres in Wegfall. Stellt sie nachträglich fest, dass sie nicht hätte auszahlen müssen, sondern zuvor sogar Pfandreife eingetreten war, kann sie weder das zur Erfüllung der Einlageverbindlichkeit Geleistete noch den damit verbundenen Verlust des Pfandrechtes kondizieren.

2. In der Insolvenz des Verpfänders gilt nichts anderes; die Masse ist mit Rechtsgrund bereichert. Jedenfalls dann, wenn die Bank das verpfändete Guthaben erst nach wiederholter eigener Prüfung des Vorganges und Verstreichen eines längeren Zeitraums auf entsprechende Bitte an den Insolvenzverwalter überwiesen hat, steht ihr auch kein Ersatzabsonderungsanspruch analog § 48 Satz 2 InsO zu.


Oberlandesgericht Dresden IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 8 U 1380/08

Verkündet am 21.11.2008

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 05.11.2008 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht H....., Richter am Oberlandesgericht B..... und Richter am Oberlandesgericht M....

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 18.07.2008 abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

- Streitwert der Berufung: 15.828,62 EUR -

Gründe:

A.

Die klagende Sparkasse nimmt den beklagten Insolvenzverwalter auf Erstattung des Betrages eines restlichen Sparguthabens des Insolvenzschuldners (15.828,62 EUR) in Anspruch, welches sie nach ihrer Darstellung in Verkennung eines zu ihren Gunsten bestehenden Pfandrechtes an die Masse ausgekehrt hat. Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen verwiesen wird, hat der Klage auf Zahlung dieses Betrages - nebst Verzugszinsen seit dem 12.10.2007 und vorgerichtlichen Anwaltskosten (899,40 EUR) zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen - in vollem Umfang stattgegeben. Mit der zulässigen Berufung verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

B.

Die Berufung hat Erfolg.

I.

Ohne eine konkrete Anspruchsgrundlage zu benennen, verweist das Landgericht auf den unerledigten Sicherungszweck der Verpfändung des Sparguthabens und leitet daraus einen Erstattungsanspruch der angeblich absonderungsberechtigten Klägerin ab. Die gesonderte Verpfändung habe sich nicht auf den in der Urkunde ausgewiesenen Betrag von 25.000,00 DM beschränkt, sondern die planmäßigen Folgeeinzahlungen des Insolvenzschuldners auf das Sparkonto mitumfasst. Da die Mitarbeiterin H. der Klägerin offensichtlich irrtümlich angenommen habe, das Sparkonto sei lediglich in Höhe eines Teilbetrages von 25.000,00 DM verpfändet, habe sie mit den vom Beklagten behaupteten fernmündlichen Erklärungen gegenüber dessen Mitarbeiter C. vom 22.03.2005 keinen Verzicht auf Rechte am Restguthaben ausgesprochen. Der Inhalt des Begleitschreibens der Klägerin vom 14.02.2006 zur Zahlung sei zwar wie eine Rückgabe des Sparbuches zu werten, führe aber, da zur Verpfändung die Übergabe des Sparbuches nicht erforderlich sei, nicht zum willensunabhängigen Erlöschen des Pfandrechtes kraft Gesetzes (§§ 1253, 1278 BGB).

II.

Dem kann nicht gefolgt werden. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

1. Ein Anspruch aus § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO i.V.m. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB scheidet aus, weil die Überweisung des streitgegenständlichen Hauptsachebetrages an den Beklagten im Februar 2006 keine rechtsgrundlose Leistung der Klägerin darstellte.

a) Allerdings stand der Klägerin, wie das Landgericht richtig erkannt hat, ursprünglich ein Pfandrecht an dem gesamten Sparguthaben - und nicht nur an dem zur Befriedigung gesicherter Gegenansprüche genutzten Teilbetrag von 12.782,30 EUR (= 25.000,00 DM) - zu.

Ein solches umfassendes Pfandrecht, das einem Pfandgläubiger auch "an eigener Schuld" eingeräumt werden kann (vgl. bereits RGZ 57, 363; 116, 207), ergab sich zum einen aus der ausdrücklichen Einzelverpfändung des Insolvenzschuldners vom 29.02.2000. Deren Reichweite im Sinne einer - über die Verpfändung der Ersteinlage von 25.000,00 DM hinausgehenden - rechtlich zulässigen Vorausverpfändung auch planmäßig anzusparender weiterer Beträge auf dem entsprechenden Sparkonto hat das Landgericht im Rahmen der vorzunehmenden Auslegung zutreffend bestimmt. Auch die Berufung erhebt insoweit keine Beanstandungen. Dass die Klägerin den Umfang dieser Verpfändung im ersten Rechtszug zunächst selbst anders - beschränkend - interpretiert und dargestellt hatte, war eine unbeachtliche Fehleinschätzung, die offenbar genau derjenigen entsprach, die die Mitarbeiter der Klägerin vorprozessual zur bloßen Teilverwertung und zur Auszahlung des Restguthabens veranlasst hatte.

Zum anderen folgte das Pfandrecht an der gesamten Sparkontoforderung aus Nr. 21 Abs. 1 der der bankvertraglichen Geschäftsbeziehung zugrunde gelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin. AGB-rechtlichen Wirksamkeitsbedenken begegnet diese Klausel nicht (vgl. BGH, Urteil vom 09.06.1983 - III ZR 105/82, WM 1983, 926 zur Pfandklausel in Nr. 19 Abs. 2 AGB Banken).

b) Richtig ist weiter, dass mit wirksamer fristloser Kündigung der gesamten Geschäftsverbindung gegenüber dem Insolvenzschuldner am 17.07.2002 Pfandreife eintrat und das gemäß § 1282 Abs. 1 BGB zur Einziehung berechtigende Pfandrecht der Klägerin seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.08.2002 ein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus dem Sparguthaben gab, § 50 Abs. 1 InsO. Die Klägerin hätte also nicht nur den durch - am 05.09.2003 gegenüber dem Beklagten erklärte (zur Verwertung eines Pfandrechts an eigener Schuld durch einfache Einziehungs- oder Verrechnungserklärung der Bank vgl. OLG Düsseldorf WM 1992, 1937) - Verrechnung tatsächlich genutzten Teil, sondern auch das Restguthaben zur Befriedigung ihrer unstreitig in übersteigender Höhe offenen gesicherten Forderungen gegen den Insolvenzschuldner aus dem Kontokorrentkredit verwenden können.

c) Aus den vom Landgericht zutreffend dargelegten Gründen hat die Klägerin gegenüber dem Beklagten schließlich auch nicht auf ihr Pfandrecht verzichtet, bevor oder als sie das Restguthaben im Februar 2006 an die Masse auskehrte. Eine ausdrückliche Verzichtserklärung der Klägerin behauptet selbst der Beklagte nicht. Ein konkludenter Verzicht, an dessen Vorliegen regelmäßig sehr strenge Anforderungen zu stellen sind, scheidet unter den gegebenen Umständen ebenfalls aus.

d) Einen Bereicherungsanspruch hat die Klägerin aber deshalb nicht, weil die Auszahlung keine rechtsgrundlose Mehrung der Masse bedeutete.

aa) Kehrt eine Bank in ihrer Doppelrolle als Schuldnerin und Pfandgläubigerin ein Sparguthaben, welches ihr von einem Kunden zur Sicherung von Forderungen, die sie gegen ihn oder einen Dritten hat, verpfändet wurde, an den Kunden aus, gerät ihr Pfandrecht ohne weiteres in Wegfall, weil die verpfändete Forderung - das "Pfand" - nicht mehr besteht. Stellt sie nachträglich fest, dass sie das Guthaben nicht hätte auszahlen müssen, kann sie von ihrem vormaligen Einlagengläubiger und Verpfänder nicht verlangen, dass er ihr von neuem ein Sparguthaben in nämlicher Höhe als Pfand zur Verfügung stellt und ihr dadurch nunmehr die Befriedigungsmöglichkeit eröffnet. Das gilt unabhängig davon, ob sie bei Auskehr des Guthabens einem Irrtum über das Bestehen oder die Reichweite der Verpfändung oder sonst einer Fehlvorstellung über das Vorliegen der "Freigabevoraussetzungen" (etwa versehentliche Annahme der Erfüllung der durch die Verpfändung gesicherten Ansprüche) erlegen ist. Auch in diesen Fällen bringt sie die an sie selbst verpfändete Guthabenforderung des Kunden durch Auszahlung zum Erlöschen, § 362 BGB. Das geschieht nicht ohne Rechtsgrund, sondern gerade auf der Grundlage ihrer schuldrechtlichen Verpflichtung aus dem Einlagengeschäft, an deren rechtlichem Bestand die Verpfändung als solche nichts ändert. Ob der Auszahlung ein durchsetzbarer Zahlungsanspruch des Verpfänders zugrunde lag oder nicht, ist unerheblich. Die Erfüllung der verpfändeten Forderung bewirkt eo ipso das Erlöschen des Pfandrechtes. Diese unmittelbare Folge der Erfüllungshandlung stellt einen in den Vorschriften zur Verpfändung von Forderungen (§§ 1273 ff., 1279 ff. BGB) nicht gesondert geregelten Erlöschenstatbestand kraft Gesetzes dar. Darauf, ob die Auszahlung der Bank zugleich als willentliche Aufgabe ihres Pfandrechtes (§ 1273 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1255 Abs. 1 BGB) gewertet werden kann, kommt es deshalb nicht an. Aus demselben Grunde ist es ohne Belang, dass allein die Rückgabe eines Sparbuches durch den Pfandgläubiger an den Verpfänder ein Erlöschen des Pfandrechtes gemäß § 1278 BGB deshalb nicht bewirkt, weil das Sparbuch zur Abtretung und damit auch zur Verpfändung der verbrieften Forderung nicht übergeben werden muss. Entscheidend ist allein der von einem Verzichtswillen unabhängige Untergang des Pfandrechtes im Falle der Erfüllung der verpfändeten Forderung. Weder das zur Erfüllung Geleistete noch der damit verbundene Verlust des Pfandrechtes ist kondizierbar.

bb) Diese Rechtslage beim Pfandrecht an eigener Schuld gilt in Fällen der Drittsicherung gleichermaßen wie im lediglich zweiseitigen Verhältnis, wo der Bankkunde mit der Verpfändung eines Sparguthabens - wie im Streitfall - eigene Kreditverbindlichkeiten gegenüber derselben Bank als Pfandgläubigerin sichert (vgl. ferner BGH, Urteil vom 12.02.2004 - IX ZR 98/03, WM 2004, 666: schon wenn die Bank den Kunden "nur" über sein an sie verpfändetes Kontoguthaben verfügen lässt, gibt sie insoweit ihr Pfandrecht frei). Systematisch vergleichende Überlegungen bekräftigen dies.

Der Pfandgläubiger einer fremden Sache geht seines Pfandrechtes ohne weiteres verlustig, wenn er die Sache dem Verpfänder oder dem Eigentümer willentlich zurückgibt, § 1253 Abs. 1 BGB. Auf sein Rückgabemotiv kommt es nicht an. Das Pfandrecht erlischt auch dann, wenn er keinen Willen zur Aufhebung hat oder irrtümlich annimmt, die gesicherte Forderung sei getilgt (Palandt/Bassenge, BGB, 67. Aufl., § 1253 Rn. 4 m.w.N.). Mit der Begründung, er habe sich in einem solchen Irrtum befunden, kann er das verlorene Pfand nicht zurückverlangen. Dass die durch Rückgabe bewirkte "Vermögensverschiebung" Bestand hat, folgt unmittelbar aus § 1253 Abs. 1 BGB. Eines gesonderten Rechtsgrundes, der die Rückgabe ihrerseits erklärt und rechtlich trägt, bedarf es nicht. Ausnahmsweise kann der Faustpfandgläubiger allerdings Neubestellung des Pfandrechtes oder Ersatzleistung verlangen. Das kommt namentlich in Betracht, wenn die Rückgabe und ein ihr zugrunde liegender ausdrücklicher Pfandrechtsverzicht auf einer arglistigen Täuschung des Schuldners beruhen (vgl. RG JW 1912, 459, 460 f.) oder sonst bei entsprechenden obligatorischen Vereinbarungen (Staudinger/Wiegand, BGB, 13. Aufl. § 1253 Rn. 13; MünchKomm/Damrau, BGB, 4. Aufl. § 1253 Rn. 9). Allein der bloße Irrtum etwa über Bestand oder Umfang der Verpfändung der mit Besitzaufgabewillen zurückgegebenen Sache gibt dem Faustpfandgläubiger hingegen keinen bereicherungsrechtlichen (Neubestellungs-)Anspruch gegen den Verpfänder bzw. Eigentümer. Da das Gesetz das Erlöschen des Pfandrechtes unmittelbar an die - als solche nach allgemeiner Ansicht nicht anfechtbare - Rückgabe knüpft, bildet diese vielmehr zugleich einen ausreichenden Rechtsgrund für den Verpfänder bzw. Eigentümer, die ihm zurückgegebene Sache zu behalten.

Entsprechendes gilt im Recht der Verpfändung von Rechten nach § 1278 BGB für die Rückgabe eines Papiers, welches das verpfändete Recht verbrieft und zur Verpfändung übergeben werden musste, etwa einen Hypotheken- oder Grundschuldbrief oder eine Wechselurkunde. Auch hier ordnet das Gesetz das Erlöschen des Pfandrechts infolge willentlicher Rückgabe der Urkunde unabhängig von einem Verzichtswillen des Pfandgläubigers an.

Bei wertender Betrachtung kann aber nichts anderes dann gelten, wenn - wie im Streitfall - der Pfandgläubiger einer Sparbuchforderung, die er selbst dem Verpfänder schuldet, das Guthaben bei gleichzeitiger "Entwertung" des Sparbuches auszahlt. In einem solchen Fall entäußert er sich sogar in objektiv besonders sinnfälliger Weise, wenn auch unter Umständen unbemerkt seines Forderungspfandrechtes, indem er in seiner gleichzeitigen Eigenschaft als Schuldner der verpfändeten Forderung diese erfüllt. Hat etwa die schlichte Rückgabe einer Wechselurkunde durch den Pfandgläubiger das Erlöschen des Pfandrechtes an der Wechselforderung kraft Gesetzes grundsätzlich ohne die Möglichkeit einer Kondiktion zur Folge, muss ein Bereicherungsanspruch des Pfandgläubigers, der aufgrund eigener Auszahlung des verpfändeten Sparguthabens sein Pfandrecht verliert, erst recht ausscheiden.

cc) Entgegen der Auffassung der Klägerin ändert der hier zusätzlich gegebene Eintritt von Pfandreife bereits vor Zahlung bereicherungsrechtlich nichts.

Zwar darf der Schuldner ab diesem Zeitpunkt nur noch an den seinerseits einziehungsberechtigten Pfandgläubiger leisten, § 1282 Abs. 1 Satz 1 BGB. Beim Pfandrecht der Bank an eigener Schuld kommt dieser Vorschrift indessen im vorliegenden Zusammenhang keine relevante Bedeutung zu. Sie bezweckt den weitgehenden Schutz des Pfandgläubigers, nimmt ihm aber nicht die Möglichkeit, von einer Verwertung durch Verrechnungserklärung ganz oder teilweise Abstand zu nehmen und die eigene (Rest-)Schuld durch Auszahlung an den Gläubiger/Verpfänder zu tilgen. Der vorherige Eintritt von Pfandreife macht eine solche zur Erfüllung bestimmte und geeignete Leistung nicht zu einer rechtsgrundlosen.

dd) In der im Streitfall außerdem vorliegenden Insolvenz des Verpfänders der Sparbuchforderung gilt ebenfalls nichts grundsätzlich anderes.

Der Anspruch aus dem Sparguthaben gegenüber der Bank fällt mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens in die Insolvenzmasse, § 35 Abs. 1 InsO. Das Pfandrecht gibt der Bank zwar ein Absonderungsrecht, § 50 Abs. 1 InsO. Macht sie von diesem Absonderungsrecht indessen - wie hier - keinen uneingeschränkten Gebrauch, sondern kehrt das nach Teilverwertung verbliebene Guthaben aus freien Stücken an den Insolvenzverwalter aus, erlischt zusammen mit der verpfändeten Restforderung zugleich das Pfand- und das Absonderungsrecht. Bereicherungsrechtlich zurückfordern lässt sich die Zahlung nicht. Anders als die Klägerin meint, ist dem Urteil des 13. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Dresden vom 22.03.1996 - 13 U 1443/95 (OLG-NL 1996, 208) nichts Gegenteiliges zu entnehmen. In dieser - entgegen ihrer Darstellung durch das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 17.09.1998 - IX ZR 300/97 (BGHZ 139, 319) nicht teilweise aufgehobenen - Verweisungsentscheidung wurde ein Bereicherungsanspruch des Pfandgläubigers gegen die Masse in einer gänzlich anderen Konstellation für möglich gehalten. Dort hatte die Schuldnerbank ein Festgeldguthaben des Gemeinschuldners entsprechend der Aufforderung des beklagten Gesamtvollstreckungsverwalters auf dessen Konto bei einer anderen Bank überwiesen, obwohl sie Kenntnis von der früheren Verpfändung dieser gegen sie gerichteten Einlageforderung an die dortige Klägerin hatte. Hier dagegen ist die Klägerin als Pfandgläubigerin und gleichzeitige Schuldnerin selbst diejenige gewesen, die die verpfändete Forderung erfüllt hat.

2. Entgegen ihrer Ansicht kann die Klägerin den ausgekehrten Betrag auch nicht analog § 48 Satz 2 InsO erstattet verlangen.

a) Nach dieser Vorschrift steht dem Aussonderungsberechtigten (§ 47 InsO), wenn der Insolvenzverwalter einen mit seinem Aussonderungsrecht belegten Gegenstand unberechtigt veräußert hat, ein Ersatzaussonderungsanspruch gegen die Masse zu, soweit die empfangene Gegenleistung dort noch unterscheidbar vorhanden ist. Diese Regelung gilt nach allgemeiner Ansicht, nicht anders als früher schon zu § 46 KO und auch den lückenhaften Regelungen der Gesamtvollstreckungsordnung anerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 17.09.1998 - IX ZR 300/97, BGHZ 139, 319: Sicherungseigentum der Bank an vom Gesamtvollstreckungsverwalter verwerteten Sachen; BGH, Urteil vom 06.04.2000 - IX ZR 422/98, BGHZ 144, 192: vom Sequester und späteren Insolvenzverwalter durch Scheckeinlösung bewirkte Tilgung an die Bank sicherungsabgetreter Forderungen), entsprechend auch für die Vereitelung eines Absonderungsrechtes nach §§ 50, 51 InsO durch den Insolvenzverwalter (OLG Stuttgart, Urteil vom 24.10.2001 - 9 U 28/01, ZIP 2001, 2183 unter II 1 m.N.). Da die Vorschrift voraussetzt, dass über den der Aus-/Absonderung unterliegenden Gegenstand verfügt wurde, werden je nach Gegenstand des Aus- bzw. Absonderungsrechtes Übereignung und Abtretung, aber auch das Einziehen einer schuldnerfremden Forderung der Veräußerung gleichgestellt (OLG Stuttgart, a.a.O. unter II 3 a.E.).

b) Im Streitfall fehlt es an einer unberechtigten Verfügung des Beklagten über das mit dem Absonderungsrecht der Klägerin belegte restliche Sparguthaben.

Ein einer Veräußerung im Sinne von § 48 InsO gleichzustellender Forderungseinzug hat nicht stattgefunden. Ein solcher scheidet regelmäßig aus, wenn die als Pfandgläubigerin zur Absonderung berechtigte Bank, die zugleich Schuldnerin der verpfändeten Sparbuchforderung ist, die nach eigener Prüfung und Teilverwertung im Wege der Verrechnung verbleibende Forderung aus freien Stücken gegenüber der Masse erfüllt. In einem solchen Fall bedeutet allein die vorherige Aufforderung des Insolvenzverwalters, das Restguthaben auszuzahlen, keine Vereitelungshandlung im Sinne eines für die absonderungsberechtigte Bank nicht abwendbaren Verfügens über die verpfändete Restguthabenforderung. Ob anderes gelten muss, wenn der Insolvenzverwalter vor der Zahlung einen Irrtum der Bank über das Bestehen des Pfandrechtes aktiv heraufbeschworen oder einen solchen Irrtum erkannt und missbräuchlich ausgenutzt hat, kann dahinstehen. So hat es sich hier selbst nach dem Vorbringen der Klägerin nicht verhalten. Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Klägerin vor oder bei der mit Schreiben vom 10.02.2006 erbetenen Überweisung hinsichtlich eines bestehenden oder nicht bestehenden Pfandrechtes getäuscht oder insoweit einen Wissensvorsprung erkannt und unredlich zum Vorteil der Masse ausgenutzt hat.

3. Sonstige Anspruchsgrundlagen tragen das Erstattungsbegehren der Klägerin ebenfalls nicht.

a) § 813 Abs. 1 Satz 1 BGB (i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO) greift nicht ein, weil das ursprüngliche Pfand- und Absonderungsrecht der Klägerin zwar die Verwertung durch Verrechnung gestattet hätte, ihr aber keine Einrede gab, durch welche die Geltendmachung der gegen sie gerichteten Sparbuchforderung "dauernd ausgeschlossen" war.

b) Entgegen ihrer Ansicht kann die Klägerin ihr Begehren nicht auf § 816 Abs. 2 BGB (i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO) stützen. Ob die Masse überhaupt als Nichtberechtigte im Sinne des § 816 Abs. 2 BGB angesehen werden könnte, mag dahinstehen. Jedenfalls greift die Vorschrift nicht ein, wenn der Berechtigte selbst - wie hier die Klägerin - die Leistung bewirkt.

c) Schließlich besteht auch kein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB. Anders als die Klägerin meint, kann in der Aufforderung des Beklagten, das Restguthaben auszuzahlen, schon keine Pflichtverletzung gesehen werden. Die Klägerin hatte mehr als ausreichend Zeit, die Frage, ob (auch) das Restguthaben ihrem Pfandrecht unterlag, abschließend zu klären. Nachdem sie eine Teilverwertung vorgenommen und das Restguthaben anschließend über mehrere Jahre hinweg fortgeführt hatte, war es dem Beklagten nicht zu verdenken, dass er um Auszahlung bat. Die Annahme der Klägerin, er habe damit eine (Neben-)Pflicht aus dem Kausalgeschäft verletzt, erscheint abwegig.

4. Da es für den geltend gemachten Anspruch nach allem keine Grundlage gibt, ist die Klage unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung abzuweisen. Die Klägerin wird auf eine vollständige oder weitgehende Schadloshaltung primär durch die noch nicht abgeschlossene Verwertung ihrer grundpfandrechtlichen Sicherheit hoffen müssen.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Ob das vom Gläubiger eines Pfandrechts an eigener Schuld zur Erfüllung der verpfändeten (Rest-)Forderung trotz zuvor eingetretener Pfandreife und Insolvenz des Verpfänders nach Zahlungsaufforderung des Insolvenzverwalters an die Masse Geleistete kondizierbar ist oder jedenfalls einen Ersatzabsonderungsanspruch des Pfandgläubigers auslöst, hat jeweils rechtsgrundsätzliche Bedeutung. Beide Fragen sind nach dem oben Dargelegten entscheidungserheblich, lassen sich nicht ohne weiteres klar aus dem Gesetz beantworten und bedürfen höchstrichterlicher Klärung.

Ende der Entscheidung

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